Muss der Widerruf einer Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt sein?

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Zusammenfassung

Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht muss nicht notariell beglaubigt werden, auch wenn die ursprüngliche Vollmacht notariell beurkundet wurde. Eine notarielle Beglaubigung wird jedoch empfohlen, um die Beweiskraft zu erhöhen und den Widerruf gegenüber Dritten wie Banken oder Behörden durchzusetzen. Wichtig ist, die bevollmächtigte Person schriftlich zu informieren, alle Vollmachtsurkunden zurückzufordern und relevante Institutionen zu benachrichtigen.

Eine Vorsorgevollmacht ist jederzeit widerrufbar, solange Sie geschäftsfähig sind - und zwar grundsätzlich auch formlos. Bei notariell beurkundeten Vollmachten ist eine erneute notarielle Beglaubigung des Widerrufs nicht zwingend gesetzlich vorgeschrieben, dennoch aus praktischen Gründen sehr empfehlenswert. Die Beweiskraft des Widerrufs wird deutlich erhöht, wenn Sie den gleichen Formweg wählen wie bei der ursprünglichen Vollmachtserteilung. Besonders wichtig ist in jedem Fall die Information des ursprünglichen Notars sowie das Zurückfordern aller Vollmachtsurkunden vom Bevollmächtigten.

Rechtliche Grundlagen zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht stellt ein wichtiges Instrument zur Absicherung Ihrer persönlichen und finanziellen Angelegenheiten im Falle von Krankheit oder Unfall dar. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt in den §§ 166 bis 173 die Grundlagen für die Erteilung und den Widerruf von Vollmachten. Nach diesen Bestimmungen können Sie als Vollmachtgeber:in die erteilte Vollmacht jederzeit widerrufen, solange Sie nicht durch eine vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Regelung zur Fortführung der Vollmacht verpflichtet sind[1]. Die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt des Widerrufs ist dabei eine grundlegende Voraussetzung - ohne sie ist ein Widerruf durch Sie persönlich nicht möglich[3].

Der Widerruf wird rechtlich erst wirksam, wenn er der bevollmächtigten Person tatsächlich zugegangen ist. Daher sollten Sie den Widerruf auf jeden Fall schriftlich und nachweisbar zustellen, beispielsweise per Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein[4]. Ohne diesen Zugang entfaltet Ihr Widerrufswunsch keine rechtliche Wirkung.

Form­vor­schriften - Muss der Widerruf notariell beglaubigt sein?

Die zentrale Frage, ob ein Widerruf einer Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt sein muss, lässt sich grundsätzlich verneinen. Eine Vollmacht kann prinzipiell formlos widerrufen werden - dies gilt auch für notariell beurkundete Vollmachten. Eine neue notarielle Urkunde ist rechtlich nicht zwingend erforderlich[6][7].

Dennoch gibt es gute Gründe für die notarielle Beglaubigung des Widerrufs:

Bei einer notariellen Vollmacht ist es dringend ratsam, den Widerruf ebenfalls notariell beurkunden zu lassen, um die Beweiskraft gegenüber Dritten zu erhöhen[1][5]. Als Faustregel gilt: Der Widerruf sollte in der gleichen Form erfolgen wie die ursprüngliche Vollmachtserteilung[5]. Dies erleichtert die Durchsetzung des Widerrufs gegenüber Banken, Behörden und anderen Institutionen erheblich.

Bei Bankvollmachten besteht zudem eine Besonderheit: Aufgrund von § 172 Abs. 2 BGB ist hier die Schriftform zwingend erforderlich[5]. Dies stellt sicher, dass die Bank den Widerruf auch tatsächlich anerkennt und umsetzen kann.

Praktisches Vorgehen beim Widerruf einer notariellen Vorsorgevollmacht

Wenn Sie eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht widerrufen möchten, sollten Sie systematisch vorgehen. Hier sind die wichtigsten Schritte:

1. Kontakt zum ursprünglichen Notar aufnehmen

Besonders wichtig: Informieren Sie unbedingt den Notar, der die ursprüngliche Vollmacht beurkundet hat, über Ihren Widerrufswunsch[2][4][6]. Dies verhindert, dass der Notar in Unwissenheit dem ursprünglich Bevollmächtigten weitere Ausfertigungen der Vollmacht erteilt. Der Notar kann den Widerruf auf der bei ihm verbliebenen Urschrift der Urkunde vermerken[6].

2. Notarielle Beurkundung des Widerrufs erwägen

Obwohl nicht zwingend erforderlich, ist eine notarielle Beurkundung des Widerrufs empfehlenswert. Der Notar kann Sie über das Widerrufsverfahren informieren und einen Termin zur Beurkundung vereinbaren[1]. Dadurch erhöht sich die Beweiskraft Ihres Widerrufs gegenüber Dritten.

3. Eintragung im zentralen Vorsorge­register

War Ihre Vollmacht im Zentralen Vorsorge­register der Bundesnotar­kammer eingetragen, sollten Sie auch den Widerruf dort eintragen lassen[1][2]. Dies dient der Information Dritter über den Widerruf. Sie können den Widerruf unter Angabe der Register- und Buchungs­nummer schriftlich oder per Telefax melden[2].

4. Benachrichtigung der bevollmächtigten Person

Informieren Sie die bevollmächtigte Person schriftlich und nachweisbar über den Widerruf der Vollmacht[1][4]. Ein Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein bietet Ihnen hier die nötige Sicherheit, dass der Widerruf nachweislich zugegangen ist.

5. Rückforderung aller Vollmachts­urkunden

Besonders wichtig: Verlangen Sie unbedingt die Rückgabe aller Original­vollmachten und sämtlicher Kopien[3][4]. Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Herausgabe dieser Dokumente gemäß § 175 BGB. Dies verhindert, dass die bevollmächtigte Person trotz Widerrufs weiterhin mit der Vollmacht handeln kann.

6. Benachrichtigung relevanter Institutionen

Informieren Sie alle betroffenen Banken, Behörden und sonstige Stellen, bei denen die Vollmacht hinterlegt sein könnte, über den Widerruf[1][5]. Die Benachrichtigung sollte schriftlich erfolgen, um im Streitfall einen Nachweis zu haben.

Besondere Situationen beim Widerruf

Was tun, wenn die Zustellung des Widerrufs nicht möglich ist?

Falls das Widerrufs­schreiben der bevollmächtigten Person nicht zugestellt werden kann, etwa weil die Person unauffindbar ist, sieht das Gesetz eine “Kraftlos­erklärung durch öffentliche Bekannt­machung” vor[3]. Hierfür müssen Sie einen schriftlichen Antrag beim Amtsgericht stellen. Nach der Veröffentlichung darf die bevollmächtigte Person Ihre Vorsorge­vollmacht nicht mehr einsetzen.

Widerruf bei Geschäfts­unfähigkeit

Wenn Sie als Vollmachtgeber:in bereits geschäfts­unfähig sind, können Sie die Vollmacht nicht mehr persönlich widerrufen. In solchen Fällen kann jedoch ein vom Betreuungs­gericht bestellter Kontroll­betreuer den Widerruf vornehmen[5]. Dies ist allerdings nur möglich, wenn das Betreuungs­gericht den Betreuer ausdrücklich für die Überwachung der bevollmächtigten Person bestellt hat.

Praktische Empfehlungen für den Alltag

Vorsorgende Maßnahmen treffen

Idealerweise überprüfen Sie Ihre Vorsorge­vollmacht regelmäßig - am besten einmal jährlich zusammen mit Ihrer Patienten­verfügung. Fragen Sie sich kritisch: Vertraue ich der bevollmächtigten Person weiterhin? Ist sie noch in der Lage, mich im Ernstfall zu vertreten? So können Sie frühzeitig handeln, bevor eine mögliche Geschäfts­unfähigkeit eintritt.

Kleinere Änderungen statt komplettem Widerruf

Wenn Sie nur Teile Ihrer Vorsorge­vollmacht ändern möchten, ist ein vollständiger Widerruf nicht immer nötig. Bei einer privat­schriftlichen Vollmacht können Sie Änderungen im Original vornehmen und diese mit Ort und Datum unterschreiben. Bei einer notariellen Vorsorge­vollmacht sollten Sie den Notar die Änderungen übernehmen lassen.

Gleichzeitige Erteilung einer neuen Vollmacht

Die Beratung durch einen Notar bei einem Widerruf ist grundsätzlich sinnvoll, denn in der Regel sollten Sie den Widerruf einer bestehenden Vollmacht mit der Erteilung einer neuen Vollmacht an eine oder mehrere Vertrauens­personen verknüpfen[6]. So stellen Sie sicher, dass Sie auch nach dem Widerruf weiterhin abgesichert sind.

Zusammen­fassung der wichtigsten Punkte

Der Widerruf einer Vorsorge­vollmacht muss nicht zwingend notariell beglaubigt werden, auch wenn die ursprüngliche Vollmacht notariell beurkundet wurde. Aus praktischen Gründen und zur Erhöhung der Beweiskraft ist eine notarielle Beurkundung des Widerrufs jedoch empfehlenswert.

Für einen wirksamen Widerruf beachten Sie bitte:

  • Informieren Sie den ursprünglichen Notar
  • Stellen Sie den Widerruf der bevollmächtigten Person nachweisbar zu
  • Fordern Sie alle Originale und Kopien der Vollmacht zurück
  • Lassen Sie den Widerruf im Zentralen Vorsorge­register eintragen
  • Informieren Sie alle relevanten Institutionen
  • Erwägen Sie die gleichzeitige Erteilung einer neuen Vollmacht

Mit diesen Schritten können Sie sicherstellen, dass Ihr Widerruf rechtlich wirksam ist und von allen Beteiligten anerkannt wird. Bei Unsicherheiten ist eine rechtliche Beratung durch einen Notar oder eine:n Rechts­anwält:in immer empfehlenswert.