Muss der Widerruf einer Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt sein?
Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht muss nicht notariell beglaubigt werden, auch wenn die ursprüngliche Vollmacht notariell beurkundet wurde. Eine notarielle Beglaubigung wird jedoch empfohlen, um die Beweiskraft zu erhöhen und den Widerruf gegenüber Dritten wie Banken oder Behörden durchzusetzen. Wichtig ist, die bevollmächtigte Person schriftlich zu informieren, alle Vollmachtsurkunden zurückzufordern und relevante Institutionen zu benachrichtigen.
- Rechtliche Grundlagen zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht
- Formvorschriften - Muss der Widerruf notariell beglaubigt sein?
- Praktisches Vorgehen beim Widerruf einer notariellen Vorsorgevollmacht
- Besondere Situationen beim Widerruf
- Praktische Empfehlungen für den Alltag
- Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Eine Vorsorgevollmacht ist jederzeit widerrufbar, solange Sie geschäftsfähig sind - und zwar grundsätzlich auch formlos. Bei notariell beurkundeten Vollmachten ist eine erneute notarielle Beglaubigung des Widerrufs nicht zwingend gesetzlich vorgeschrieben, dennoch aus praktischen Gründen sehr empfehlenswert. Die Beweiskraft des Widerrufs wird deutlich erhöht, wenn Sie den gleichen Formweg wählen wie bei der ursprünglichen Vollmachtserteilung. Besonders wichtig ist in jedem Fall die Information des ursprünglichen Notars sowie das Zurückfordern aller Vollmachtsurkunden vom Bevollmächtigten.
Rechtliche Grundlagen zum Widerruf einer Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht stellt ein wichtiges Instrument zur Absicherung Ihrer persönlichen und finanziellen Angelegenheiten im Falle von Krankheit oder Unfall dar. Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt in den §§ 166 bis 173 die Grundlagen für die Erteilung und den Widerruf von Vollmachten. Nach diesen Bestimmungen können Sie als Vollmachtgeber:in die erteilte Vollmacht jederzeit widerrufen, solange Sie nicht durch eine vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Regelung zur Fortführung der Vollmacht verpflichtet sind[1]. Die Geschäftsfähigkeit zum Zeitpunkt des Widerrufs ist dabei eine grundlegende Voraussetzung - ohne sie ist ein Widerruf durch Sie persönlich nicht möglich[3].
Der Widerruf wird rechtlich erst wirksam, wenn er der bevollmächtigten Person tatsächlich zugegangen ist. Daher sollten Sie den Widerruf auf jeden Fall schriftlich und nachweisbar zustellen, beispielsweise per Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein[4]. Ohne diesen Zugang entfaltet Ihr Widerrufswunsch keine rechtliche Wirkung.
Formvorschriften - Muss der Widerruf notariell beglaubigt sein?
Die zentrale Frage, ob ein Widerruf einer Vorsorgevollmacht notariell beglaubigt sein muss, lässt sich grundsätzlich verneinen. Eine Vollmacht kann prinzipiell formlos widerrufen werden - dies gilt auch für notariell beurkundete Vollmachten. Eine neue notarielle Urkunde ist rechtlich nicht zwingend erforderlich[6][7].
Dennoch gibt es gute Gründe für die notarielle Beglaubigung des Widerrufs:
Bei einer notariellen Vollmacht ist es dringend ratsam, den Widerruf ebenfalls notariell beurkunden zu lassen, um die Beweiskraft gegenüber Dritten zu erhöhen[1][5]. Als Faustregel gilt: Der Widerruf sollte in der gleichen Form erfolgen wie die ursprüngliche Vollmachtserteilung[5]. Dies erleichtert die Durchsetzung des Widerrufs gegenüber Banken, Behörden und anderen Institutionen erheblich.
Bei Bankvollmachten besteht zudem eine Besonderheit: Aufgrund von § 172 Abs. 2 BGB ist hier die Schriftform zwingend erforderlich[5]. Dies stellt sicher, dass die Bank den Widerruf auch tatsächlich anerkennt und umsetzen kann.
Praktisches Vorgehen beim Widerruf einer notariellen Vorsorgevollmacht
Wenn Sie eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht widerrufen möchten, sollten Sie systematisch vorgehen. Hier sind die wichtigsten Schritte:
1. Kontakt zum ursprünglichen Notar aufnehmen
Besonders wichtig: Informieren Sie unbedingt den Notar, der die ursprüngliche Vollmacht beurkundet hat, über Ihren Widerrufswunsch[2][4][6]. Dies verhindert, dass der Notar in Unwissenheit dem ursprünglich Bevollmächtigten weitere Ausfertigungen der Vollmacht erteilt. Der Notar kann den Widerruf auf der bei ihm verbliebenen Urschrift der Urkunde vermerken[6].
2. Notarielle Beurkundung des Widerrufs erwägen
Obwohl nicht zwingend erforderlich, ist eine notarielle Beurkundung des Widerrufs empfehlenswert. Der Notar kann Sie über das Widerrufsverfahren informieren und einen Termin zur Beurkundung vereinbaren[1]. Dadurch erhöht sich die Beweiskraft Ihres Widerrufs gegenüber Dritten.
3. Eintragung im zentralen Vorsorgeregister
War Ihre Vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer eingetragen, sollten Sie auch den Widerruf dort eintragen lassen[1][2]. Dies dient der Information Dritter über den Widerruf. Sie können den Widerruf unter Angabe der Register- und Buchungsnummer schriftlich oder per Telefax melden[2].
4. Benachrichtigung der bevollmächtigten Person
Informieren Sie die bevollmächtigte Person schriftlich und nachweisbar über den Widerruf der Vollmacht[1][4]. Ein Einwurf-Einschreiben oder Einschreiben mit Rückschein bietet Ihnen hier die nötige Sicherheit, dass der Widerruf nachweislich zugegangen ist.
5. Rückforderung aller Vollmachtsurkunden
Besonders wichtig: Verlangen Sie unbedingt die Rückgabe aller Originalvollmachten und sämtlicher Kopien[3][4]. Sie haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Herausgabe dieser Dokumente gemäß § 175 BGB. Dies verhindert, dass die bevollmächtigte Person trotz Widerrufs weiterhin mit der Vollmacht handeln kann.
6. Benachrichtigung relevanter Institutionen
Informieren Sie alle betroffenen Banken, Behörden und sonstige Stellen, bei denen die Vollmacht hinterlegt sein könnte, über den Widerruf[1][5]. Die Benachrichtigung sollte schriftlich erfolgen, um im Streitfall einen Nachweis zu haben.
Besondere Situationen beim Widerruf
Was tun, wenn die Zustellung des Widerrufs nicht möglich ist?
Falls das Widerrufsschreiben der bevollmächtigten Person nicht zugestellt werden kann, etwa weil die Person unauffindbar ist, sieht das Gesetz eine “Kraftloserklärung durch öffentliche Bekanntmachung” vor[3]. Hierfür müssen Sie einen schriftlichen Antrag beim Amtsgericht stellen. Nach der Veröffentlichung darf die bevollmächtigte Person Ihre Vorsorgevollmacht nicht mehr einsetzen.
Widerruf bei Geschäftsunfähigkeit
Wenn Sie als Vollmachtgeber:in bereits geschäftsunfähig sind, können Sie die Vollmacht nicht mehr persönlich widerrufen. In solchen Fällen kann jedoch ein vom Betreuungsgericht bestellter Kontrollbetreuer den Widerruf vornehmen[5]. Dies ist allerdings nur möglich, wenn das Betreuungsgericht den Betreuer ausdrücklich für die Überwachung der bevollmächtigten Person bestellt hat.
Praktische Empfehlungen für den Alltag
Vorsorgende Maßnahmen treffen
Idealerweise überprüfen Sie Ihre Vorsorgevollmacht regelmäßig - am besten einmal jährlich zusammen mit Ihrer Patientenverfügung. Fragen Sie sich kritisch: Vertraue ich der bevollmächtigten Person weiterhin? Ist sie noch in der Lage, mich im Ernstfall zu vertreten? So können Sie frühzeitig handeln, bevor eine mögliche Geschäftsunfähigkeit eintritt.
Kleinere Änderungen statt komplettem Widerruf
Wenn Sie nur Teile Ihrer Vorsorgevollmacht ändern möchten, ist ein vollständiger Widerruf nicht immer nötig. Bei einer privatschriftlichen Vollmacht können Sie Änderungen im Original vornehmen und diese mit Ort und Datum unterschreiben. Bei einer notariellen Vorsorgevollmacht sollten Sie den Notar die Änderungen übernehmen lassen.
Gleichzeitige Erteilung einer neuen Vollmacht
Die Beratung durch einen Notar bei einem Widerruf ist grundsätzlich sinnvoll, denn in der Regel sollten Sie den Widerruf einer bestehenden Vollmacht mit der Erteilung einer neuen Vollmacht an eine oder mehrere Vertrauenspersonen verknüpfen[6]. So stellen Sie sicher, dass Sie auch nach dem Widerruf weiterhin abgesichert sind.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht muss nicht zwingend notariell beglaubigt werden, auch wenn die ursprüngliche Vollmacht notariell beurkundet wurde. Aus praktischen Gründen und zur Erhöhung der Beweiskraft ist eine notarielle Beurkundung des Widerrufs jedoch empfehlenswert.
Für einen wirksamen Widerruf beachten Sie bitte:
- Informieren Sie den ursprünglichen Notar
- Stellen Sie den Widerruf der bevollmächtigten Person nachweisbar zu
- Fordern Sie alle Originale und Kopien der Vollmacht zurück
- Lassen Sie den Widerruf im Zentralen Vorsorgeregister eintragen
- Informieren Sie alle relevanten Institutionen
- Erwägen Sie die gleichzeitige Erteilung einer neuen Vollmacht
Mit diesen Schritten können Sie sicherstellen, dass Ihr Widerruf rechtlich wirksam ist und von allen Beteiligten anerkannt wird. Bei Unsicherheiten ist eine rechtliche Beratung durch einen Notar oder eine:n Rechtsanwält:in immer empfehlenswert.