Endet die Vorsorgevollmacht automatisch durch Tod des Vollmachtgebers?

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Zusammenfassung

Eine Vorsorgevollmacht endet grundsätzlich mit dem Tod des Vollmachtgebers, es sei denn, sie wurde ausdrücklich als transmortale Vollmacht ausgestaltet. Eine solche Vollmacht bleibt über den Tod hinaus gültig und ermöglicht es der bevollmächtigten Person, nahtlos weiter in Ihrem Sinne zu handeln, bis die Erb:innen die Vollmacht widerrufen. Dies kann bürokratische Verzögerungen vermeiden und praktische Angelegenheiten wie die Nachlassverwaltung erleichtern.

Die Vorsorgevollmacht ist ein zentrales Element der persönlichen Absicherung. Viele Menschen fragen sich jedoch, ob diese Vollmacht mit dem Tod der Person, die sie erteilt hat, automatisch erlischt. Die Antwort ist nicht so einfach - es kommt auf die genaue Gestaltung der Vollmacht an. Dieser Artikel erklärt, unter welchen Umständen eine Vorsorgevollmacht endet und welche Möglichkeiten Sie haben, ihre Geltung über den Tod hinaus zu regeln.

Was passiert mit der Vorsorgevollmacht beim Tod?

Die grundsätzliche Regel lautet: Eine gewöhnliche Vorsorgevollmacht erlischt mit dem Tod des Vollmachtgebers[1]. Das bedeutet, dass Ihr:e Bevollmächtigte:r nach Ihrem Ableben keine rechtlichen Handlungen mehr in Ihrem Namen vornehmen kann. In diesem Fall geht die Verfügungsbefugnis über Ihren Nachlass direkt auf Ihre Erb:innen über[3].

Diese Regelung kann jedoch zu praktischen Schwierigkeiten führen. Nach dem Erbfall müssen Ihre Erb:innen zunächst einen Erbschein beantragen, um sich als rechtmäßige Nachfolger:innen auszuweisen. Bis zur Ausstellung dieses Erbscheins kann es mehrere Wochen oder sogar Monate dauern[2]. In dieser Zeit kann niemand rechtswirksam über den Nachlass verfügen - es entsteht ein Handlungsvakuum[2].

Die transmortale Vollmacht: Geltung über den Tod hinaus

Um dieses Problem zu vermeiden, können Sie festlegen, dass Ihre Vorsorgevollmacht auch nach Ihrem Tod weiterhin gültig bleibt. Eine solche Vollmacht wird als “transmortale Vollmacht” bezeichnet[1][5]. Mit ihr kann die bevollmächtigte Person auch nach Ihrem Ableben in Ihrem Sinne handeln, und zwar so lange, bis Ihre Erb:innen die Vollmacht widerrufen[6].

Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch. Nach §§ 672, 675 BGB führt der Tod des Erblassers in der Regel nicht automatisch zum Erlöschen einer Vollmacht[4]. Allerdings nimmt die Rechtsprechung für Vorsorgevollmachten im Zweifel an, dass diese mit dem Tod enden, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes festgelegt wurde[4].

Es ist daher unbedingt erforderlich, in Ihrer Vorsorgevollmacht klar und unmissverständlich zu formulieren, dass diese über Ihren Tod hinaus gelten soll[4][7].

Wie unterscheidet sich eine transmortale von einer normalen Vollmacht?

Während eine normale Vorsorgevollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers endet, bleibt die transmortale Vollmacht darüber hinaus bestehen. Dabei ist sie von der sogenannten “postmortalen Vollmacht” zu unterscheiden, die erst mit dem Tod wirksam wird[5][7]. Die transmortale Vollmacht hingegen gilt bereits zu Lebzeiten und behält ihre Wirksamkeit nach dem Tod bei[7].

Bei einer transmortalen Vollmacht handelt der oder die Bevollmächtigte nach dem Tod des Vollmachtgebers nicht mehr in dessen Namen, sondern im Namen der Erb:innen. Die rechtlichen Wirkungen der von dem oder der Bevollmächtigten vorgenommenen Handlungen treten in der Person der Erb:innen ein, ohne dass diese namentlich benannt werden müssen[7].

Vorteile einer transmortalen Vollmacht

Die Erteilung einer transmortalen Vollmacht bietet zahlreiche Vorteile:

  • Lückenlose Handlungsfähigkeit: Der oder die Bevollmächtigte kann ohne Unterbrechung in Ihrem Sinne handeln - auch in der Zeit zwischen Ihrem Tod und der Ausstellung des Erbscheins[1][2].

  • Praktische Angelegenheiten: Laufende Verpflichtungen können weiter erfüllt werden, etwa Mietzahlungen oder die Begleichung von Rechnungen. Auch die Bezahlung der Beerdigung ist möglich[8].

  • Vermeidung von Bürokratie: Ihre Erb:innen müssen nicht sofort einen Erbschein beantragen, was Zeit, Geld und Nerven spart[2].

  • Besonders hilfreich bei Auslandsbezug: Wenn Ihre Erb:innen im Ausland leben, kann die transmortale Vollmacht längere Verzögerungen bei der Nachlassabwicklung vermeiden[2].

  • Vermeidung eines Nachlasspflegers: Ohne transmortale Vollmacht müsste unter Umständen ein Nachlasspfleger bestellt werden, was mit erheblichen Kosten verbunden sein kann[2].

So richten Sie eine transmortale Vollmacht ein

Um eine wirksame transmortale Vollmacht zu erteilen, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Eindeutige Formulierung: Nehmen Sie in die Vollmacht explizit den Zusatz auf, dass diese auch über Ihren Tod hinaus gelten soll[1][7]. Gebräuchliche Formulierungen sind beispielsweise: “Diese Vollmacht soll über den Tod hinaus gültig sein” oder “Die Vollmacht gilt über den Tod hinaus”[7].

  2. Form der Vollmacht: Grundsätzlich ist für eine Vorsorgevollmacht keine besondere Form vorgeschrieben. Aus Beweisgründen ist jedoch die Schriftform dringend zu empfehlen[7].

  3. Beglaubigung: Für bestimmte Rechtsgeschäfte, insbesondere im Zusammenhang mit Immobilien, ist eine öffentliche Beglaubigung der Unterschrift durch einen Notar erforderlich[7]. Beachten Sie: Seit dem 1. Januar 2023 gilt, dass eine von einer Betreuungsbehörde beglaubigte Vorsorgevollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers wirkungslos wird. Für eine transmortale Vollmacht sollten Sie daher die Beglaubigung durch einen Notar wählen[4].

  4. Vertrauenswürdige Person: Wählen Sie als bevollmächtigte Person jemanden, dem Sie vollständig vertrauen. Diese Person sollte nicht wesentlich älter sein als Sie selbst, damit sie mit hoher Wahrscheinlichkeit noch lebt, wenn die Vollmacht benötigt wird[2].

  5. Ersatzbevollmächtigte: Benennen Sie unbedingt auch eine ersatzbevollmächtigte Person für den Fall, dass Ihr:e Hauptbevollmächtigte:r ausfällt oder verstirbt[2].

Risiken und Herausforderungen

Eine transmortale Vollmacht bietet viele Vorteile, bringt aber auch Risiken mit sich:

  • Weitreichende Befugnisse: Der oder die Bevollmächtigte erhält umfassende Handlungsmöglichkeiten, die auch Ihre Erb:innen betreffen[5]. Die Entscheidung für eine transmortale Vollmacht sollte daher wohlüberlegt sein.

  • Rechenschaftspflicht: Die bevollmächtigte Person muss den Erb:innen gegenüber Rechenschaft über ihre Handlungen ablegen[5].

  • Besondere Risiken für Nacherb:innen: Bei einer Nacherbschaft können sich besondere Schwierigkeiten ergeben. Die Nacherb:innen erhalten zunächst nur einen Überblick über den Nachlass durch das vom Vorerben erstellte Verzeichnis. Wenn ein:e Inhaber:in einer transmortalen Vollmacht Nachlassgegenstände verkauft, ohne dass der Vorerbe davon Kenntnis hat, kann dieses Verzeichnis unvollständig sein[5].

  • Widerruf durch Erb:innen: Die Erb:innen können die transmortale Vollmacht nach dem Erbfall widerrufen[1]. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn die bevollmächtigte Person nicht mit den Erb:innen identisch ist.

Was passiert, wenn der oder die Bevollmächtigte selbst Erbe wird?

Ein interessanter Sonderfall tritt ein, wenn der oder die Bevollmächtigte zugleich Alleinerbe ist. Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt erlischt die Vollmacht in diesem Fall nicht durch Konfusion (Zusammenfallen von Gläubiger und Schuldner), sondern behält ihre Legitimationswirkung[7]. Das bedeutet, dass die bevollmächtigte Person weiterhin auf Grundlage der Vollmacht handeln kann, ohne zunächst einen Erbschein beantragen zu müssen.

Fazit: Brauchen Sie eine transmortale Vollmacht?

Ob Sie Ihre Vorsorgevollmacht als transmortale Vollmacht gestalten sollten, hängt von Ihrer persönlichen Situation ab. Eine transmortale Vollmacht ist besonders sinnvoll, wenn:

  • Sie eine lückenlose Handlungsfähigkeit nach Ihrem Tod sicherstellen möchten
  • Sie Ihren Erb:innen bürokratischen Aufwand ersparen wollen
  • Ihre Erb:innen im Ausland leben
  • Sie komplexe Vermögensverhältnisse haben

Die Entscheidung für oder gegen eine transmortale Vollmacht sollte gut durchdacht sein. In vielen Vordrucken für Vorsorgevollmachten kann die postmortale Wirkung durch das einfache Ankreuzen eines Kästchens festgelegt werden[5]. Diese scheinbar kleine Entscheidung kann jedoch weitreichende Folgen haben.

Für eine umfassende Beratung zu diesem Thema können Sie sich an eine:n Notar:in oder eine:n Rechtsanwalt:in mit Schwerpunkt im Erb- und Vorsorgerecht wenden.

Mit der richtigen Gestaltung Ihrer Vorsorgevollmacht können Sie die Weichen dafür stellen, dass Ihre Angelegenheiten auch nach Ihrem Tod in Ihrem Sinne geregelt werden.