Wie wird die Notwendigkeit eines Kontrollbevollmächtigten festgestellt?

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Zusammenfassung

Ein Kontroll­bevoll­mächtigter wird benötigt, wenn Zweifel an der Redlichkeit oder Tauglichkeit des Haupt­bevoll­mächtigten bestehen oder ein Missbrauch der Vorsorge­vollmacht droht. Die Not­wendigkeit kann präventiv durch die Benennung in der Vollmacht oder durch das Betreuungs­gericht festgestellt werden. Eine frühzeitige Festlegung schafft Sicherheit und schützt Ihre Interessen.

Die Vorsorge­vollmacht ist ein wichtiges Instrument, um selbst­bestimmt Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Doch was passiert, wenn die bevoll­mächtigte Person Ihr Vertrauen miss­braucht oder nicht in Ihrem Sinne handelt? In solchen Fällen kann ein Kontroll­bevoll­mächtigter eine sinnvolle Ergänzung sein. Dieser Artikel erklärt, wann und wie die Not­wendigkeit einer solchen Kontroll­instanz festgestellt wird.

Was ist ein Kontroll­bevoll­mächtigter?

Ein Kontroll­bevoll­mächtigter ist eine Person, die Sie in Ihrer Vorsorge­vollmacht zusätzlich zum Haupt­bevoll­mächtigten benennen. Seine Aufgabe besteht darin, die Tätig­keit des Haupt­bevoll­mächtigten zu über­wachen und sicher­zu­stellen, dass dieser in Ihrem Sinne handelt. Diese Rolle ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, sondern ergibt sich aus der freien Gestaltungs­möglichkeit einer Vorsorge­vollmacht[1].

Anders als ein Kontroll­betreuer, der vom Betreuungs­gericht bestellt und über­wacht wird, bestimmen Sie als Vollmacht­geber:in den Kontroll­bevoll­mächtigten selbst. Sie legen auch dessen Befugnisse in Ihrer Vorsorge­vollmacht fest[1].

Wann wird ein Kontroll­bevoll­mächtigter benötigt?

Die Frage nach der Not­wendigkeit eines Kontroll­bevoll­mächtigten stellt sich in verschiedenen Situationen:

1. Präventive Feststellung durch den Vollmacht­geber

Die sicherste Methode besteht darin, bereits bei der Erstellung der Vorsorge­vollmacht einen Kontroll­bevoll­mächtigten zu benennen. Sie treffen diese Entscheidung auf Basis Ihrer persönlichen Risiko­einschätzung und Ihres Sicherheits­bedürfnisses[5].

Gründe für eine präventive Benennung können sein:

  • Bedenken über mögliche Interessen­konflikte
  • Sehr große Vermögens­werte, die verwaltet werden müssen
  • Komplexe familiäre Verhältnisse
  • Generelle Vorsicht bei weit­reichenden Vollmachten

2. Anzeichen für die Not­wendigkeit im laufenden Vollmachts­verhältnis

Oft wird die Not­wendigkeit eines Kontroll­bevoll­mächtigten erst erkennbar, wenn die Vorsorge­vollmacht bereits aktiv ist. Folgende Anzeichen können auf einen Kontroll­bedarf hindeuten:

  • Der Bevoll­mächtigte erscheint mit den Aufgaben überfordert[2]
  • Es bestehen Bedenken gegen die Redlichkeit oder Tauglichkeit des Bevoll­mächtigten[2]
  • Der Bevoll­mächtigte handelt nicht im Einklang mit den Interessen des Vollmacht­gebers[2]
  • Es gibt konkrete Anhalts­punkte für einen möglichen Vollmachts­missbrauch[2]

Wichtig: Ein bereits erfolgter Missbrauch muss nicht nachgewiesen werden - begründete Zweifel reichen aus[2].

Unterschied zwischen Kontroll­bevoll­mächtigten und Kontroll­betreuer

Kontroll­bevoll­mächtigter und Kontroll­betreuer erfüllen ähnliche Funktionen, unterscheiden sich jedoch grundlegend:

Der Kontroll­bevoll­mächtigte:

  • Wird von Ihnen selbst bestimmt
  • Seine Befugnisse legen Sie in Ihrer Vorsorge­vollmacht fest
  • Unterliegt keiner gerichtlichen Aufsicht
  • Kann nach Ihren Vorgaben handeln[3]

Der Kontroll­betreuer:

  • Wird vom Betreuungs­gericht bestellt
  • Seine Aufgaben bestimmt das Gericht
  • Steht unter gerichtlicher Aufsicht
  • Muss dem Gericht regelmäßig Bericht erstatten[1]

Der wesentliche Vorteil eines Kontroll­bevoll­mächtigten besteht darin, dass Sie selbst die Person auswählen können. Dies schafft bereits eine psychische Hemm­schwelle für den Haupt­bevoll­mächtigten und kann Missbrauch vorbeugen[3].

Wie wird die Not­wendigkeit eines Kontroll­betreuers festgestellt?

Wenn kein Kontroll­bevoll­mächtigter in der Vorsorge­vollmacht benannt wurde, kann die Not­wendigkeit einer Kontrolle durch folgende Schritte festgestellt werden:

1. Anregung an das Betreuungs­gericht

Angehörige, Freunde oder andere nahestehende Personen können beim Betreuungs­gericht anregen, einen Kontroll­betreuer zu bestellen. Dies ist seit 2023 in § 1820 Absatz 3 BGB ausdrücklich vorgesehen[3].

2. Prüfung durch das Betreuungs­gericht

Das Betreuungs­gericht prüft daraufhin die Erforderlich­keit einer Kontroll­betreuung. Die Prüfung erfolgt durch den Rechts­pfleger, was allerdings rechtlich umstritten ist, da es sich um einen erheblichen Eingriff in die Selbst­bestimmung handelt[5].

Für die Bestellung eines Kontroll­betreuers muss ein hinreichend durch tatsächliche Anhalts­punkte unter­mauerter Verdacht vorliegen, dass mit der erteilten Vollmacht dem Betreuungs­bedarf nicht ausreichend Rechnung getragen wird[2].

3. Entscheidung über die Bestellung

Bei aus­reichenden Anhalts­punkten bestellt das Gericht einen Kontroll­betreuer. Dieser erhält die Aufgabe, die Rechte des Betreuten gegenüber dem Bevoll­mächtigten wahr­zu­nehmen[2].

Praktisches Beispiel zur Verdeutlichung

Situation: Frau Meier hat eine Vorsorge­vollmacht für ihren Sohn Thomas erstellt. Nach einem Schlag­anfall ist sie nicht mehr in der Lage, ihre Angelegen­heiten selbst zu regeln. Thomas beginnt, größere Geld­beträge vom Konto seiner Mutter abzuheben, ohne erkennbaren Bezug zu deren Wohl.

Feststellung der Not­wendigkeit: Die Pflege­fachkraft im Senioren­heim bemerkt die auffälligen Abhebungen und infor­miert die Tochter von Frau Meier. Diese regt beim Betreuungs­gericht die Bestellung eines Kontroll­betreuers an.

Prüfung: Das Betreuungs­gericht prüft die Konto­bewegungen und stellt fest, dass tatsächlich ungewöhnliche Transaktionen statt­gefunden haben. Es gibt keinen Nachweis, dass diese Gelder für Frau Meier verwendet wurden.

Ergebnis: Das Gericht bestellt einen Kontroll­betreuer, der die finanzielle Situation prüft und feststellt, dass Thomas Gelder für eigene Zwecke verwendet hat. Der Kontroll­betreuer kann dann die Vollmacht entziehen lassen.

Wie können Sie vorsorglich einen Kontroll­bevoll­mächtigten benennen?

Um spätere Probleme zu vermeiden, können Sie bereits in Ihrer Vorsorge­vollmacht einen Kontroll­bevoll­mächtigten benennen:

1. Auswahl einer geeigneten Person

Wählen Sie eine Person, die:

  • dem Haupt­bevoll­mächtigten auf Augenhöhe begegnen kann
  • unabhängig vom Haupt­bevoll­mächtigten ist
  • Ihr volles Vertrauen genießt
  • über aus­reichend Zeit und Kenntnis verfügt, um die Kontrolle aus­zuüben[7]

2. Festlegung der Befugnisse

In der Vorsorge­vollmacht sollten Sie klar definieren, welche Rechte der Kontroll­bevoll­mächtigte haben soll:

  • Auskunfts­recht gegenüber dem Haupt­bevoll­mächtigten
  • Recht auf Einsicht in alle relevanten Unterlagen
  • Zustimmungs­vorbehalt bei bestimmten Entscheidungen (z.B. Immobilien­verkäufe)
  • Recht zum Widerruf der Haupt­vollmacht bei Missbrauch[8]

3. Formulierung in der Vorsorge­vollmacht

Eine mögliche Formulierung könnte lauten: “Der Kontroll­bevoll­mächtigte kann die mir gegenüber meinem Bevoll­mächtigten zustehenden Rechte ebenso geltend machen wie ein vom Betreuungs­gericht nach § 1896 BGB bestellter Kontroll­betreuer.”[7]

Befugnisse und Grenzen eines Kontroll­bevoll­mächtigten

Ein Kontroll­bevoll­mächtigter hat je nach Ausgestaltung der Vollmacht verschiedene Möglichkeiten:

Befugnisse:

  • Auskunfts­verlangen gegenüber dem Haupt­bevoll­mächtigten
  • Rechen­schafts­legung einfordern
  • Bei bestimmten Entscheidungen kann seine Zustimmung erforderlich gemacht werden
  • In schwer­wiegenden Fällen kann er die Vollmacht widerrufen[3][8]

Grenzen:

  • Er handelt nur im Rahmen der in der Vorsorge­vollmacht festgelegten Befugnisse
  • Er kann keine eigenen Entscheidungen treffen, sondern nur kontrollieren
  • Er unterliegt keiner gerichtlichen Aufsicht, was ein Risiko darstellen kann[3]

Alternativ: Die bedingte Vollmacht

Neben der Benennung eines Kontroll­bevoll­mächtigten gibt es auch die Möglichkeit, in der Vorsorge­vollmacht bestimmte Entscheidungen an die Zwei-Personen-Regel zu knüpfen:

“Bei Entscheidungen über Vermögens­geschäfte ab 5.000 Euro / bei der Auflösung meines Haus­halts / bei Entscheidungen über meine Unterbringung müssen mein Haupt­bevoll­mächtigter und mein Kontroll­bevoll­mächtigter gemeinsam entscheiden.”

Dies kann eine sinnvolle Ergänzung sein, um die wichtigsten Bereiche besonders zu schützen.

Fazit: Wer entscheidet über die Not­wendigkeit?

Die Not­wendigkeit eines Kontroll­bevoll­mächtigten kann auf drei Wegen festgestellt werden:

  1. Präventiv durch Sie selbst - die beste Variante, da sie Ihrem Selbst­bestimmungs­recht am besten entspricht
  2. Durch das Betreuungs­gericht, wenn kein Kontroll­bevoll­mächtigter benannt wurde und Anhalts­punkte für einen möglichen Missbrauch vorliegen
  3. Durch gesetzliche Regelungen, wenn bestimmte Interessen­konflikte oder Risiko­situationen erkennbar werden

Die frühzeitige Benennung eines Kontroll­bevoll­mächtigten in Ihrer Vorsorge­vollmacht ist der sicherste Weg, um späteren Problemen vorzubeugen und gleichzeitig Ihr Selbst­bestimmungs­recht zu wahren. Sie sollten diese Entscheidung treffen, solange Sie geschäfts­fähig sind und Ihre Wünsche klar äußern können[4].

Bedenken Sie: Eine Vorsorge­vollmacht basiert auf Vertrauen, aber manchmal ist eine zusätzliche Kontrolle sinnvoll, um dieses Vertrauen abzusichern. Wie das Sprichwort sagt: “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!”[6]