Sollte man Zeugen bei der Erstellung einer Vor­sorge­voll­macht hinzuziehen?

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Zusammenfassung

Zeugen sind bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht rechtlich nicht zwingend erforderlich, aber sie können die Beweiskraft und Akzeptanz der Vollmacht erheblich erhöhen, insbesondere bei möglichen Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit oder bei familiären Konflikten. Besonders sinnvoll ist ihre Hinzuziehung bei älteren Menschen, gesundheitlichen Einschränkungen oder umfangreichen Vermögensangelegenheiten. Für maximale Rechts­sicherheit empfiehlt sich zusätzlich eine notarielle Beurkundung.

Die Erstellung einer Vor­sorge­voll­macht ist ein wichtiger Schritt für Ihre persönliche Absicherung. Eine Frage, die sich viele dabei stellen: Sind Zeugen bei der Erstellung not­wendig? Diese Ent­scheidung kann die spätere Rechts­sicherheit Ihrer Voll­macht maß­geblich be­ein­flussen. Der folgende Artikel hilft Ihnen, die richtige Ent­scheidung zu treffen.

Rechtliche Bedeutung von Zeugen bei der Vor­sorge­voll­macht

Aus rechtlicher Sicht ist die Anwesenheit von Zeugen bei der Erstellung einer Vor­sorge­voll­macht nicht zwingend erforderlich. Eine Vor­sorge­voll­macht ist auch ohne Zeugen rechts­wirksam[7]. Dennoch kann die Hinzu­ziehung von Zeugen im Ernstfall entscheidende Vorteile bieten.

Zeugen können mit ihrer Unterschrift be­stätigen, dass:

  • der Voll­macht­geber zum Zeitpunkt der Erstellung voll­ständig geschäfts­fähig war
  • die Voll­macht dem tatsächlichen Willen des Voll­macht­gebers entsprach
  • der Voll­macht­geber die recht­lichen und tat­säch­lichen Folgen seiner Ent­scheidung erkannt hat[1]

Wann sind Zeugen besonders sinnvoll?

Bei Zweifeln an der Geschäfts­fähigkeit

Vor allem wenn später Zweifel an der Geschäfts­fähigkeit des Voll­macht­gebers aufkommen könnten, ist die Anwesenheit von Zeugen besonders empfehlens­wert. Dies gilt ins­besondere in folgenden Situationen:

  • Bei fortgeschrittenem Alter
  • Bei beginnender Demenz
  • Bei schwerer Krankheit
  • Bei fami­liären Konflikten, die später zu An­fechtungen führen könnten[4]

Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Burandt betont die Wichtigkeit, eine Vor­sorge­voll­macht vor einem, zwei oder besser drei Zeugen zu erstellen, die in der Urkunde auch benannt werden sollten[1].

Bei umfang­reichen Vermögens­angelegenheiten

Wenn die Vor­sorge­voll­macht auch Entscheidungen über größere Vermögens­werte um­fassen soll, erhöhen Zeugen­unterschriften die Akzeptanz bei Banken und Behörden. Aller­dings sollten Sie beachten: Für Grund­stücks­geschäfte oder die Aufnahme von Darlehen ist eine notarielle Be­urkundung gesetzlich vor­geschrieben[13].

Wer kann als Zeuge fungieren?

Als Zeugen kommen verschiedene Personen in Frage:

  • Fami­lien­angehörige
  • Freunde
  • Ärzt:innen (besonders hilfreich bei Fragen der Geschäfts­fähigkeit)
  • Ver­mittler:innen (z.B. Rechts­anwält:innen oder Steuer­berater:innen)[6]

Wichtig zu wissen: Die Person, die als Bevoll­mächtigte ein­gesetzt werden soll, sollte nicht gleichzeitig als Zeuge fungieren, da dies zu Interessen­konflikten führen könnte.

Wie viele Zeugen sind zu empfehlen?

Die Anzahl der Zeugen ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Rechts­experten empfehlen jedoch:

  • Mindestens ein Zeuge
  • Besser zwei Zeugen
  • In kritischen Fällen drei Zeugen[1]

Je mehr Zeugen die Vor­sorge­voll­macht mit ihrer Unterschrift bestätigen, desto höher ist die Beweis­kraft im Streitfall.

Alternativen und Ergänzungen zur Zeugen­unterschrift

Öffentliche Beglaubigung

Eine öffentliche Beglaubigung durch eine Behörde (z.B. Betreuungs­behörde) be­stätigt die Echtheit der Unterschrift des Voll­macht­gebers. Dies bietet mehr Rechts­sicherheit als Zeugen­unterschriften allein, ist aber mit einer geringen Gebühr verbunden[3].

Notarielle Beurkundung

Die höchste Rechts­sicherheit bietet die notarielle Be­urkundung. Der Notar prüft dabei:

  • Die Identität des Voll­macht­gebers
  • Die Geschäfts­fähigkeit
  • Den Inhalt der Voll­macht auf rechtliche Korrektheit[3]

Eine notarielle Be­urkundung ist für bestimmte Rechts­geschäfte (z.B. Grund­stücks­verkäufe) zwingend not­wendig und kann nach­trägliche Zweifel an der Geschäfts­fähigkeit minimieren[12].

Formale Anforderungen an die Zeugen­schaft

Die Zeugen sollten auf der Vor­sorge­voll­macht Folgendes dokumentieren:

  • Ihre vollständigen Namen und ggf. Kontakt­daten
  • Das Datum ihrer Unter­schrift
  • Eine Erklärung, dass sie die Voll­stand­gabe der Erklärung durch den Voll­macht­geber bestätigen
  • Sofern möglich, eine Be­stätigung der Geschäfts­fähigkeit des Voll­macht­gebers[7]

Praktische Tipps für die Hinzu­ziehung von Zeugen

  1. Planen Sie die Unter­schrift im Voraus: Laden Sie die Zeugen gezielt ein und erklären Sie ihnen ihre Rolle.

  2. Dokumen­tieren Sie den Prozess: Ein kurzes Protokoll über den Ablauf kann zusätzliche Beweis­kraft entfalten.

  3. Medizinische Absicherung: Bei Zweifeln an der Geschäfts­fähigkeit kann ein ärztliches Attest sinnvoll sein, das die Geschäfts­fähigkeit zum Zeitpunkt der Unter­zeichnung bestätigt[4].

  4. Original­voll­macht aufbewahren: Geben Sie dem Bevoll­mächtigten eine Kopie und bewahren Sie das Original selbst auf. Die Original­urkunde wird erst im Bedarfs­fall übergeben, da nur mit dem Original die Vertretungs­befugnis nach­gewiesen werden kann[12].

  5. Hinter­legung im Vorsorge­register: Registrieren Sie Ihre Vor­sorge­voll­macht beim Zentralen Vorsorge­register der Bundes­notar­kammer. So wird sicher­gestellt, dass das Betreuungs­gericht im Ernstfall von Ihrer Voll­macht erfährt[4].

Die Beweis­kraft von Zeugen richtig ein­schätzen

Es ist wichtig zu verstehen: Zeugen erhöhen das Vertrauen in die Voll­macht, entfalten aber keine eigene Rechts­wirkung[6]. Sie können im Streit­fall lediglich bestätigen, dass der Voll­macht­geber bei klarem Verstand war und freiwillig gehandelt hat.

Die end­gültige Beurteilung der Geschäfts­fähigkeit kann letztlich nur durch medizinische Fach­leute (Neurolog:innen oder Psychotherapeut:innen) erfolgen[2].

Fazit: Zeugen als sinnvolle Absicherung

Zeugen bei der Erstellung einer Vor­sorge­voll­macht sind recht­lich nicht zwingend erforderlich, aber in vielen Fällen dringend zu empfehlen. Sie erhöhen die Beweis­kraft und können nach­trägliche Zweifel an der Wirk­samkeit aus­räumen. Besonders sinnvoll ist die Hinzu­ziehung von Zeugen bei:

  • Personen in fort­geschrittenem Alter
  • Bestehenden gesund­heitlichen Ein­schränkungen
  • Erwartbaren fami­liären Konflikten
  • Umfang­reichen Vermögens­werten

Für manche Rechts­geschäfte (wie Grund­stücks­angelegenheiten) bleibt dennoch eine notarielle Be­urkundung unerlässlich. Die Kombi­nation aus Zeugen­unterschriften und amt­licher oder notarieller Beglaubigung bietet den höchsten Grad an Rechts­sicherheit für Ihre Vor­sorge­voll­macht.

Denken Sie daran: Die beste Vor­sorge­voll­macht nützt nichts, wenn sie später ange­zweifelt wird. Zeugen können dazu bei­tragen, dass Ihr Wille im Ernstfall auch wirklich respektiert wird.