Sind Banken verpflichtet, eine Vorsorgevollmacht anzuerkennen?

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Zusammenfassung

Banken sind rechtlich verpflichtet, eine gültige Vorsorge­vollmacht anzuerkennen, die Vermögens­angelegen­heiten einschließt. In der Praxis kommt es jedoch häufig zu Problemen, da viele Kredit­institute zusätzliche Anforderungen stellen. Um Schwierigkeiten zu vermeiden, empfiehlt sich die frühzeitige Erteilung einer speziellen Bank­vollmacht auf den Formularen der jeweiligen Bank.

Viele Menschen erstellen eine Vorsorge­vollmacht, damit eine vertraute Person ihre Angelegen­heiten regeln kann, falls sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Doch gerade bei Finanzen gibt es häufig Probleme: Banken erkennen solche Vollmachten nicht immer an. Dies führt zu einer erheblichen Unsicherheit bei Betroffenen und ihren Angehörigen. Der folgende Text klärt, wie die Rechtslage tatsächlich aussieht und was Sie in der Praxis beachten sollten.

Die rechtliche Grundlage: Banken müssen Vorsorge­vollmachten grundsätzlich akzeptieren

Nach den gesetzlichen Vorgaben des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind Vollmachten formlos gültig (§§ 164 ff., besonders § 167 Abs. 2 BGB)[1][4]. Eine umfassende Vorsorge­vollmacht, die Vermögens­angelegen­heiten einschließt, berechtigt den:die Bevollmächtigte:n auch zur Verfügung über Bankkonten des Vollmacht­gebers - selbst wenn keine spezielle Bank­vollmacht vorliegt[6].

Diese Rechtslage wurde durch mehrere Gerichts­entscheidungen bestätigt. So urteilte das Landgericht Detmold (Urteil vom 14.01.2015 - 10 S 110/14), dass eine Vollmacht für Vermögens­angelegen­heiten den:die Bevollmächtigte:n auch dann zur Verfügung über ein Bankkonto berechtigt, wenn keine gesonderte Bank­vollmacht erteilt wurde[6][8]. Die Bank muss demnach die Vorsorge­vollmacht akzeptieren.

Warum Banken dennoch oft zögern

Trotz der klaren Rechtslage weigern sich viele Kredit­institute, eine Vorsorge­vollmacht als ausreichende Legitimation anzuerkennen[1][3]. Die Gründe dafür:

  • Haftungs­befürchtungen: Banken sorgen sich, für Schäden haften zu müssen, falls sie Geld aufgrund einer fehlerhaften oder gefälschten Vollmacht herausgeben[1][4].

  • Risiko­minimierung: Kredit­institute stellen hohe Hürden auf, um ihre eigenen Risiken zu minimieren.

  • Unzulässige Begründungen: Häufig werden Argumente angeführt wie “die Geschäfts­fähigkeit des Vollmacht­gebers bei Unterschrift sei nicht bewiesen”, “es würden nur hauseigene Formulare anerkannt” oder “es würden nur notarielle oder beglaubigte Vollmachten anerkannt”[1].

Diese Argumente sind rechtlich nicht haltbar. Das Argument der Geschäfts­fähigkeit ist unsachlich, da Banken auch bei anderen Verträgen nicht überprüfen, ob die Unterschrift des Kunden ärztlich bestätigt wurde[1]. Auch die Forderung nach hauseigenen Formularen ist rechtlich nicht zulässig, da Vollmachten gemäß BGB formlos gültig sind[1].

Rechtsfolgen bei unberechtigter Ablehnung

Wenn eine Bank eine gültige Vorsorge­vollmacht unberechtigt zurückweist, kann sie für entstandene Schäden haftbar gemacht werden[6][8]. Das Landgericht Detmold hat in seinem Urteil festgestellt, dass eine Bank, die die Verfügung des Vorsorge­bevollmächtigten über ein Bankkonto trotz Vorliegens der Vorsorge­vollmacht von unberechtigten Bedingungen abhängig macht, dem Vollmacht­geber für den entstandenen Schaden haftet[6].

Im konkreten Fall ging es um die Kosten für einen Rechts­anwalt, der eingeschaltet werden musste, weil die Bank die Vorsorge­vollmacht nicht anerkannte[6][8]. Die Bank wurde verurteilt, diese Kosten zu erstatten.

Wann dürfen Banken eine Vorsorge­vollmacht ablehnen?

Es gibt Situationen, in denen Banken berechtigt sind, eine Vorsorge­vollmacht genauer zu prüfen oder sogar abzulehnen:

  • Wenn konkrete und begründete Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht bestehen[6].
  • Bei Unklarheiten, ob die Vorsorge­vollmacht widerrufen, eingeschränkt oder geändert wurde[6].

Allerdings muss die Bank in solchen Fällen ihre Zweifel oder Bedenken gegenüber dem:der Bevollmächtigten kommunizieren. Sie darf nicht einfach die Anerkennung verweigern, ohne ihre Gründe zu nennen[6].

Praktische Lösungen für den Alltag

Um Probleme mit Banken zu vermeiden, können Sie folgende Schritte unternehmen:

Zusätzliche Bank­vollmacht erteilen

Obwohl eine Vorsorge­vollmacht rechtlich ausreichen sollte, wird sie in der Praxis von vielen Banken nicht ohne Weiteres akzeptiert[3]. Daher kann es sinnvoll sein, zusätzlich eine spezielle Bank­vollmacht auf den Formularen Ihrer Bank zu erteilen[3][5][7].

Gestaltungs­möglichkeiten von Bank­vollmachten

Für eine Bank­vollmacht gibt es keine gesetzlichen Vorgaben[3]. Sie können als Konto­inhaber:in frei entscheiden:

  • Welche Personen Zugang zu Ihrem Bankkonto erhalten sollen[5].
  • Ob die Vollmacht nur bei Fürsorge­bedürftigkeit (prämortal), nach Ihrem Tod (postmortal) oder in beiden Fällen (transmortale Vollmacht) gelten soll[5].
  • Ob die Vollmacht für bestimmte Konten begrenzt oder als General­vollmacht für sämtliche Bank­geschäfte gelten soll[3].

Befugnisse der bevollmächtigten Person

Wenn nicht anders festgelegt, darf ein:e Bevollmächtigte:r grundsätzlich:

  • Über das Geld auf dem Konto des Vollmacht­gebers und dessen Kredit­rahmen verfügen[5].
  • Devisen und Wertpapiere kaufen und verkaufen[5].
  • Konto­auszüge, Post und Depot­auszüge erhalten[5].

Ohne ausdrückliche Erlaubnis dürfen Bevollmächtigte jedoch nicht:

  • Konten eröffnen, kündigen oder umschreiben[5].
  • Unter­vollmachten ausstellen[5].
  • Kredit­verträge abschließen oder ändern[5].
  • Kredit­karten oder Debit-Karten beantragen[5].

Frühzeitig mit der Bank sprechen

Idealerweise sollten Sie gemeinsam mit der von Ihnen bevollmächtigten Person Ihre Bank aufsuchen, um die Vollmacht zu besprechen - bevor der Vorsorge­fall eintritt. So können mögliche Probleme frühzeitig erkannt und gelöst werden.

Unterschied zwischen Bank­vollmacht und Vorsorge­vollmacht

Es ist wichtig, die Unterschiede zwischen diesen beiden Vollmachts­arten zu verstehen:

  • Bank­vollmacht: Gilt ausschließlich für Bank­geschäfte und die Konto­führung[5].
  • Vorsorge­vollmacht: Umfasst neben finanziellen Angelegen­heiten auch andere Bereiche wie Wohnsituation, gesundheitliche Versorgung und behördliche Angelegen­heiten[5].

Eine Vorsorge­vollmacht ist somit wesentlich umfassender als eine Bank­vollmacht. Da viele Banken eine Vorsorge­vollmacht jedoch nicht ohne Weiteres akzeptieren, empfiehlt sich in der Praxis eine Kombination beider Vollmachts­formen[3].

Fazit: Voraus­schauend planen und absichern

Rechtlich sind Banken verpflichtet, eine korrekt erstellte Vorsorge­vollmacht anzuerkennen, die Vermögens­angelegen­heiten einschließt. In der Praxis kommt es jedoch häufig zu Schwierig­keiten. Um diese zu vermeiden, ist es ratsam, zusätzlich eine spezielle Bank­vollmacht auf den Formularen Ihrer Bank zu erteilen.

Sollte eine Bank Ihre Vorsorge­vollmacht dennoch unberechtigt zurückweisen, können Sie auf die klare Rechtslage und entsprechende Gerichts­urteile verweisen. Bei anhaltenden Problemen kann die Einschaltung rechtlicher Hilfe notwendig werden - deren Kosten die Bank im Fall einer unberechtigten Ablehnung möglicherweise erstatten muss.

Die beste Strategie ist jedoch, voraus­schauend zu handeln: Klären Sie die Vollmachts­frage mit Ihrer Bank, solange Sie noch selbst handlungs­fähig sind, und sorgen Sie dafür, dass Ihre bevollmächtigte Person im Notfall schnell und problemlos handeln kann.