Was bedeutet eine Innenverhältnisregelung?

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Zusammenfassung

Die Innen­verhältnis­regelung ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Vollmacht­geber:in und bevollmächtigter Person, die festlegt, wann und wie die Vollmacht genutzt werden soll. Sie ergänzt die Vorsorge­vollmacht, indem sie interne Vorgaben wie Aufgaben, Befugnisse und Rechenschafts­pflichten definiert, um sicherzustellen, dass im Sinne der Vollmacht­geber:in gehandelt wird. Eine klare Regelung schützt vor Missbrauch, gibt Sicherheit und vermeidet Konflikte.

Bei einer Vorsorge­vollmacht vertrauen Sie einer anderen Person weitreichende Befugnisse an. Diese Person kann in Ihrem Namen handeln, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind. Doch wie stellen Sie sicher, dass Ihre persönlichen Wünsche und Vorgaben dabei beachtet werden? Hier kommt die Innen­verhältnis­regelung ins Spiel - ein oft übersehenes, aber entscheidendes Element einer umfassenden Vorsorge.

Was ist eine Innen­verhältnis­regelung?

Die Innen­verhältnis­regelung ist eine Vereinbarung zwischen Ihnen als Vollmacht­geber:in und Ihrer bevollmächtigten Person. Sie regelt die interne Beziehung zwischen Ihnen beiden und legt fest, wie die Vollmacht konkret genutzt werden soll[1]. Während die Vorsorge­vollmacht selbst das “Außen­verhältnis” bestimmt - also was die bevollmächtigte Person nach außen hin tun darf (gegenüber Banken, Behörden, Ärzt:innen) - definiert die Innen­verhältnis­regelung das “Innen­verhältnis”: Was die Person in Ihrem Sinne tun soll[4].

Diese Vereinbarung hat ein klares Ziel: Sie stellt sicher, dass die Vollmacht in Ihrem Interesse genutzt wird und beugt möglichem Missbrauch vor[1].

Unterschied zwischen Außen- und Innen­verhältnis

Für das richtige Verständnis ist es hilfreich, den wesentlichen Unterschied zwischen dem Außen- und Innen­verhältnis zu kennen:

Das Außen­verhältnis

Im Außen­verhältnis ist die Vorsorge­vollmacht meist unbeschränkt wirksam. Das bedeutet: Sobald Ihre bevollmächtigte Person die Vollmacht vorlegt, kann sie damit handeln - und zwar unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für deren Nutzung (z.B. Ihre eigene Handlungs­unfähigkeit) tatsächlich vorliegen[5]. Ein Bankmitarbeiter oder eine Behörde prüft nicht, ob die Person gemäß Ihren internen Absprachen handelt.

Das Innen­verhältnis

Die Innen­verhältnis­regelung legt fest, wann und wie die bevollmächtigte Person von der Vollmacht Gebrauch machen darf und soll. Typischerweise wird hier bestimmt, dass die Vollmacht erst dann genutzt werden darf, wenn Sie aufgrund von Krankheit, Alter oder anderen Umständen nicht mehr selbst handeln können[5][6].

Was gehört in eine Innen­verhältnis­regelung?

Eine sinnvolle Innen­verhältnis­regelung sollte folgende Punkte abdecken:

Zeitpunkt der Nutzung

Legen Sie fest, wann Ihre bevollmächtigte Person von der Vollmacht Gebrauch machen darf:

  • Nur wenn Sie es ausdrücklich anweisen?
  • Wenn Sie durch Krankheit oder Alter nicht mehr selbst handeln können?
  • Oder auch in bestimmten anderen Situationen (z.B. bei längerer Abwesenheit)?[5][6]

Aufgaben und Befugnisse

Definieren Sie genau, welche Aufgaben die bevollmächtigte Person übernehmen soll und in welchem Umfang[1]:

  • Welche finanziellen Entscheidungen darf die Person treffen?
  • Wie soll mit Ihrem Vermögen umgegangen werden?
  • Darf Ihre Wohnung aufgelöst werden? Unter welchen Bedingungen?
  • Welche medizinischen Entscheidungen darf die Person treffen?

Rangfolge bei mehreren Bevollmächtigten

Wenn Sie mehrere Personen bevollmächtigt haben, ist es wichtig festzulegen:

  • Wer ist primär zuständig?
  • Wann darf die Ersatz­person tätig werden?
  • Sollen bestimmte Personen für bestimmte Bereiche zuständig sein?[1][6]

Vergütung und Auslagen­ersatz

Regeln Sie, ob und in welcher Höhe Ihre bevollmächtigte Person eine Vergütung erhalten soll und wie mit Auslagen (z.B. Fahrtkosten) umgegangen wird[1][4].

Rechenschafts­pflichten

Legen Sie fest, ob und in welcher Form die bevollmächtigte Person Rechenschaft ablegen soll:

  • Müssen Rechnungen und Quittungen aufbewahrt werden?
  • Soll regelmäßig über die getätigten Geschäfte informiert werden?
  • Wer erhält diese Informationen?[1]

Konkrete Wünsche und Anweisungen

Hier können Sie spezifische Vorgaben machen, die Ihnen persönlich wichtig sind:

  • Wie soll mit Schenkungen an Familien­mitglieder umgegangen werden?
  • Sollen regelmäßige Spenden an bestimmte Organisationen fortgeführt werden?
  • Wie soll die Pflege im Fall der Pflege­bedürftigkeit gestaltet werden?
  • Welche Wünsche haben Sie im Fall eines notwendigen Umzugs in eine Pflege­einrichtung?[4][6]

Form der Innen­verhältnis­regelung

Im Gegensatz zur Vorsorge­vollmacht selbst gibt es für die Innen­verhältnis­regelung keine strengen Formvorschriften. Dennoch sollten Sie einige Punkte beachten:

Schriftliche Dokumentation

Die Innen­verhältnis­regelung sollte unbedingt schriftlich festgehalten werden, um später Unklarheiten zu vermeiden[1].

Wichtige Inhalte

Folgende Angaben sollten mindestens enthalten sein:

  • Ihr vollständiger Name (Vollmacht­geber:in)
  • Name der bevollmächtigten Person(en)
  • Zeitpunkt, ab wann die Vertretung beginnen soll
  • Detaillierte Beschreibung des Aufgaben­bereichs[1]

Unterschriften

Die Innen­verhältnis­regelung sollte sowohl von Ihnen als auch von Ihrer bevollmächtigten Person unterschrieben werden. Dies dokumentiert, dass beide Seiten die Vereinbarung kennen und akzeptieren[1][6].

Besonderheiten für Selbst­ständige

Wenn Sie selbst­ständig tätig sind, ist eine Innen­verhältnis­regelung besonders wichtig. Hier sollten Sie zusätzlich bedenken:

Unterschiedliche Zuständigkeits­bereiche

Es kann sinnvoll sein, verschiedene Bevollmächtigte für unterschiedliche Bereiche einzusetzen:

  • Eine Person für private und gesundheitliche Angelegenheiten (z.B. Partner:in oder enge:r Freund:in)
  • Eine andere Person für betriebliche Fragen (z.B. Mitarbeitende oder Geschäfts­partner:in, die mit Ihrem Unternehmen vertraut sind)[1]

Konkrete Anweisungen für das Geschäft

Legen Sie fest, wie Ihr Unternehmen weitergeführt werden soll:

  • Wer darf welche geschäftlichen Entscheidungen treffen?
  • Welche Verfahren sind bei Einkäufen oder Vertrags­abschlüssen einzuhalten?
  • Soll das Unternehmen fortgeführt oder abgewickelt werden?[1]

Rechtliche Folgen bei Verstößen

Die Weisungen, die Sie in der Innen­verhältnis­regelung festlegen, sind von Ihrer bevollmächtigten Person einzuhalten. Der Bundes­gerichtshof hat dies bereits 2014 bestätigt[1].

Pflichtwidriges Handeln

Handelt die bevollmächtigte Person entgegen Ihren Anweisungen, ist dies pflichtwidrig[6]. Dies kann haftungs­rechtliche Konsequenzen haben.

Keine Auswirkung auf die Gültigkeit von Rechts­geschäften

Wichtig zu wissen: Auch wenn die bevollmächtigte Person gegen Ihre internen Absprachen verstößt, bleiben die nach außen geschlossenen Rechts­geschäfte in der Regel wirksam. Dritte (wie Banken oder Vertrags­partner) sind durch die Vollmacht geschützt, solange sie nichts von dem Verstoß wussten[3][5].

Praktische Tipps für Ihre Innen­verhältnis­regelung

Offenes Gespräch führen

Führen Sie vor der Erstellung der Innen­verhältnis­regelung ein ausführliches Gespräch mit Ihrer bevollmächtigten Person. Erklären Sie Ihre Wünsche und Vorstellungen und stellen Sie sicher, dass die Person diese versteht und mittragen kann[1].

Regelmäßige Aktualisierung

Überprüfen Sie Ihre Innen­verhältnis­regelung in regelmäßigen Abständen und passen Sie sie bei Bedarf an - besonders nach einschneidenden Lebens­ereignissen wie Heirat, Scheidung, Geburt von Kindern oder größeren Vermögens­änderungen.

Aufbewahrung

Bewahren Sie die Innen­verhältnis­regelung zusammen mit Ihrer Vorsorge­vollmacht auf. Geben Sie Ihrer bevollmächtigten Person eine Kopie oder das Original zur Aufbewahrung.

Dritten nicht mitteilen

Es ist nicht notwendig und meist nicht ratsam, Dritten (wie Geschäfts­partnern) den Inhalt der Innen­verhältnis­regelung mitzuteilen. Diese müssen nur von der Existenz der Vollmacht wissen[1].

Warum eine sorgfältige Innen­verhältnis­regelung wichtig ist

Die Innen­verhältnis­regelung schützt letztlich beide Seiten:

Schutz für Sie als Vollmacht­geber:in

Sie stellen sicher, dass Ihre Wünsche und Vorstellungen auch dann umgesetzt werden, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, diese zu äußern oder durchzusetzen.

Sicherheit für die bevollmächtigte Person

Ihre bevollmächtigte Person erhält klare Handlungs­anweisungen und kann sich darauf verlassen, in Ihrem Sinne zu handeln. Dies gibt Sicherheit und vermeidet spätere Vorwürfe durch andere Angehörige.

Vermeidung von Konflikten

Eine klare Innen­verhältnis­regelung kann helfen, Konflikte zwischen verschiedenen Bevollmächtigten oder zwischen Bevollmächtigten und anderen Angehörigen zu vermeiden, da die Handlungs­anweisungen transparent und nachvollziehbar sind[4].

Fazit

Die Innen­verhältnis­regelung ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer vollständigen Vorsorge­vollmacht. Sie definiert die Spielregeln für Ihre bevollmächtigte Person und stellt sicher, dass Ihre Vorstellungen und Wünsche auch dann respektiert werden, wenn Sie selbst nicht mehr für sich sprechen können.

Nehmen Sie sich Zeit für die Erstellung dieser Regelung und sprechen Sie offen mit Ihrer bevollmächtigten Person über Ihre Erwartungen. Ein gut durchdachtes Innen­verhältnis schafft Klarheit für alle Beteiligten und gibt Ihnen die Gewissheit, dass auch in schwierigen Zeiten in Ihrem Sinne gehandelt wird.

Falls Sie unsicher sind, wie Sie eine Innen­verhältnis­regelung formulieren sollen, kann eine rechtliche Beratung durch Anwält:innen mit Schwerpunkt Vorsorgerecht oder Notar:innen hilfreich sein.