Kann ich im Innenverhältnis auch die Reihenfolge der Handlungen der Bevollmächtigten festlegen?

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Zusammenfassung

Ja, Sie können im Innen­verhältnis festlegen, in welcher Reihen­folge Ihre Bevoll­mächtigten handeln sollen. Dies kann durch eine Rangfolge, Aufgaben­verteilung oder die Einsetzung eines Kontroll­bevoll­mächtigten geregelt werden. Wichtig ist, dass diese Regelungen schriftlich dokumentiert und praktikabel gestaltet werden, um Konflikte zu vermeiden und die Handlungs­fähigkeit sicherzustellen.

Bei einer Vorsorge­vollmacht können Sie nicht nur bestimmen, wer für Sie handeln darf, sondern auch, in welcher Reihen­folge mehrere Bevoll­mächtigte tätig werden sollen. Das Innen­verhältnis bietet Ihnen hierzu viel­fältige Gestaltungs­möglichkeiten.

Was bedeutet das Innen­verhältnis bei einer Vorsorge­vollmacht?

Wenn Sie eine Vorsorge­vollmacht erstellen, unterscheidet man zwischen zwei wichtigen Bereichen:

  1. Das Außen­verhältnis regelt, was Ihre Bevoll­mächtigten rechts­gültig für Sie tun können (das rechtliche “Können”). Diese Vollmacht ist für Banken, Behörden, Ärzt:innen und andere erkennbar.

  2. Das Innen­verhältnis legt fest, was Ihre Bevoll­mächtigten für Sie tun dürfen (das rechtliche “Dürfen”). Es handelt sich um eine private Vereinbarung zwischen Ihnen und Ihren Bevoll­mächtigten.[1][7]

Diese Unter­scheidung ist besonders wichtig, wenn Sie mehrere Personen bevoll­mächtigen möchten.

Reihen­folge der Bevoll­mächtigten - Was ist möglich?

Ja, Sie können im Innen­verhältnis die Reihen­folge festlegen, in der Ihre Bevoll­mächtigten handeln sollen. Diese Regelung betrifft nur Ihr persönliches Verhältnis zu den Bevoll­mächtigten und bleibt für Außen­stehende unsichtbar.[6]

Folgende Möglich­keiten stehen Ihnen zur Verfügung:

1. Rangfolge der Bevoll­mächtigten

Sie können anordnen, dass ein zweiter Bevoll­mächtigter erst dann handeln darf, wenn der erste Bevoll­mächtigte verhindert ist. In einem Formular könnte dies so formuliert sein:

“Der/Die 2. Bevoll­mächtigte darf nur dann von der Vollmacht Gebrauch machen, wenn der/die 1. Bevoll­mächtigte verhindert ist, meine Angelegen­heiten zu besorgen.”[3]

2. Verteilung nach Aufgaben­bereichen

Sie können festlegen, wer für welche Aufgaben zuständig sein soll. Zum Beispiel:

  • Eine Person für Gesundheits­fragen und persönliche Angelegen­heiten
  • Eine andere Person für finanzielle und geschäftliche Fragen

Dies kann besonders für Selbst­ständige sinnvoll sein, die für ihren Betrieb eine andere Person bevoll­mächtigen möchten als für ihre privaten Angelegen­heiten.[2]

3. Kontroll­bevoll­mächtigter

Sie können auch einen Kontroll­bevoll­mächtigten bestimmen, der tätig wird, wenn es Schwierig­keiten bei der Umsetzung der Vollmacht durch den primär Bevoll­mächtigten gibt.[1]

Vor- und Nachteile einer festgelegten Reihen­folge

Vorteile

  • Klare Struktur: Jeder Bevoll­mächtigte kennt seine Aufgaben und Zuständig­keiten.
  • Mehr Schutz: Das Risiko eines Voll­machts­missbrauchs wird verringert, wenn mehrere Personen kontrollierend eingebunden sind.[9]
  • Konflikt­vermeidung: Durch klare Regeln können Streitig­keiten zwischen Bevoll­mächtigten minimiert werden.

Nachteile und Risiken

  • Praktische Kompli­kationen: Im Notfall muss nach­gewiesen werden, dass der Ersatz­bevoll­mächtigte handeln darf, weil der Haupt­bevoll­mächtigte verhindert ist. Dies kann den Einsatz der Vollmacht erheblich verzögern.[1]
  • Eingeschränkte Handlungs­fähigkeit: Wenn zu viele Abstimmungen notwendig sind, kann dies zu Verzögerungen führen, besonders in dringenden Situationen.
  • Rechts­unsicherheit: Die Unter­scheidung zwischen Innen- und Außen­verhältnis kann für manche Bevoll­mächtigte verwirrend sein.

Wie sollte die Innen­verhältnis­regelung dokumentiert werden?

Die Regelung des Innen­verhältnisses sollte unbedingt schriftlich erfolgen, obwohl keine besondere Form vorgeschrieben ist.[2] Eine sorgfältige Dokumentation hilft, Miss­verständnisse zu vermeiden.

Ihre Innen­verhältnis­regelung sollte enthalten:

  • Namen von Vollmacht­geber und Bevoll­mächtigten
  • Beginn der Vertretung (z.B. erst bei Geschäfts­unfähigkeit oder sofort)
  • Wer welche Aufgaben erfüllen soll
  • Die Reihen­folge, in der die Bevoll­mächtigten tätig werden sollen
  • Umfang, Grenzen und Handlungs­rahmen der Vollmacht
  • Regelungen zur Rechen­schafts­pflicht (z.B. Vorlage von Rechnungen)[2]
  • Eventuell Regelungen zur Vergütung der Bevoll­mächtigten

Die Innen­verhältnis­regelung sollte von Ihnen und allen Bevoll­mächtigten unterschrieben werden.[2]

Praktische Empfehlungen für die Gestaltung

Balance zwischen Sicherheit und Praktikabilität

Finden Sie einen guten Mittelweg: Zu strenge Regelungen können die Handlungs­fähigkeit Ihrer Bevoll­mächtigten einschränken, zu lockere Regelungen bieten weniger Schutz vor Missbrauch.

Beachten Sie: Im Außen­verhältnis (also gegenüber Banken, Ärzten, Behörden) sollten Ihre Bevoll­mächtigten möglichst ohne Einschränkungen handeln können. Sonst besteht die Gefahr, dass die Vollmacht nicht akzeptiert wird und ein gericht­licher Betreuer bestellt werden muss.[9]

Gespräch mit den Bevoll­mächtigten führen

Führen Sie mit allen Bevoll­mächtigten ein ausführliches persönliches Gespräch über Ihre Wünsche und Vor­stellungen. So stellen Sie sicher, dass im Ernst­fall wirklich in Ihrem Sinne gehandelt wird.[2]

Bei Verstößen gegen die Innen­verhältnis­regelung

Wenn ein Bevoll­mächtigter gegen Ihre internen Anweisungen verstößt, bleibt die Vollmacht nach außen trotzdem wirksam. Im Innen­verhältnis können jedoch Schaden­ersatz­ansprüche entstehen.[2]

Bei schwerwiegenden Verstößen sollten Sie die Vorsorge­vollmacht widerrufen und zurückfordern.[2]

Besonderheiten für Selbst­ständige

Für Selbst­ständige ist eine detaillierte Innen­verhältnis­regelung besonders wichtig. Sie sollten überlegen:

  • Einen Bevoll­mächtigten für den Betrieb einzusetzen (z.B. einen Mitarbeiter oder Kollegen, der das Geschäft kennt)
  • Einen anderen Bevoll­mächtigten für private Angelegen­heiten zu bestimmen
  • Genaue Anweisungen zu geschäft­lichen Entscheidungen zu geben (z.B. Einholen mehrerer Angebote vor größeren Anschaffungen)[2]

Fazit: Klare Regelungen schaffen Sicherheit

Die Fest­legung einer Reihen­folge im Innen­verhältnis ist möglich und kann sinnvoll sein. Achten Sie jedoch darauf, dass Ihre Regelungen praktikabel bleiben und die Handlungs­fähigkeit Ihrer Bevoll­mächtigten nicht zu stark einschränken.

Eine gut durch­dachte Innen­verhältnis­regelung gibt sowohl Ihnen als auch Ihren Bevoll­mächtigten Sicherheit: Sie wissen, dass Ihre Wünsche respektiert werden, und Ihre Bevoll­mächtigten können nach­weisen, dass sie in Ihrem Sinne handeln.

Sprechen Sie mit einer fach­kundigen Person (Notar:in, Rechts­anwält:in oder Betreuungs­verein), um eine für Ihre persönliche Situation passende Lösung zu finden.