Wer benötigt eine Vorsorgevollmacht?

veröffentlicht am
aktualisiert am
Zusammenfassung

Eine Vorsorge­vollmacht ist für alle voll­jährigen Personen sinnvoll, da sie ermöglicht, eine vertraute Person für wichtige Entscheidungen zu bevoll­mächtigen, falls man selbst nicht mehr handlungs­fähig ist. Ohne eine solche Vollmacht entscheiden nicht automatisch Angehörige, sondern das Gericht bestellt eine:n Betreuer:in. Wer frühzeitig vorsorgt, schützt sich und seine Angehörigen vor Unsicherheiten in Krisen­situationen.

Eine Vorsorge­vollmacht bietet Sicherheit für den Fall, dass Sie durch Krankheit, Unfall oder im Alter nicht mehr selbst entscheiden können. Mit diesem Dokument bestimmen Sie im Voraus, wer in Ihrem Namen handeln darf - für viele Menschen ein beruhigender Gedanke. Doch für wen ist eine solche Vollmacht sinnvoll, und was sollten Sie bei der Erstellung beachten?

Grund­sätzliches zur Vorsorge­vollmacht

Eine Vorsorge­vollmacht ist ein rechtliches Dokument, mit dem Sie eine Person Ihres Vertrauens bevoll­mächtigen, in Ihrem Namen zu handeln und Entscheidungen zu treffen. Sie kommt zum Tragen, wenn Sie selbst - etwa durch einen Unfall, eine schwere Erkrankung oder alters­bedingte Ein­schränkungen - nicht mehr in der Lage sind, Ihre Angelegenheiten selbst zu regeln[1].

Ohne Vorsorge­vollmacht entscheidet das Betreuungs­gericht, wer als gesetzlicher Betreuer für Sie handelt. Auch wenn das Gericht dabei oft Familien­angehörige auswählt, haben Sie ohne Vollmacht keinen direkten Einfluss darauf, wer diese Aufgabe übernimmt[5].

Jeder Mensch kann betroffen sein

Grund­sätzlich benötigt jede erwachsene Person eine Vorsorge­vollmacht. Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass ihm oder ihr nichts zustoßen wird[6]. Ein verbreiteter Irrtum: Viele glauben, dass nur ältere Menschen eine Vorsorge­vollmacht brauchen. Doch auch jüngere Menschen können durch Unfälle oder schwere Krankheiten plötzlich nicht mehr entscheidungs­fähig sein[6].

Folgende Personen­gruppen sollten besonders über eine Vorsorge­vollmacht nachdenken:

  • Menschen ab 18 Jahren (rechtliche Volljährigkeit)
  • Personen mit risiko­reichen Berufen oder Hobbys
  • Menschen mit chronischen Erkrankungen
  • Ältere Personen
  • Eltern mit minder­jährigen Kindern
  • Allein­lebende Personen ohne nahe Angehörige
  • Paare in nicht-ehelichen Lebens­gemeinschaften

Ein weit verbreiteter Irrtum: Familie darf nicht automatisch entscheiden

Ehe­partner:innen, Kinder oder andere Familien­angehörige dürfen nicht automatisch stellvertretend Entscheidungen treffen[5]. Viele Menschen wissen nicht, dass selbst engste Angehörige keine rechtliche Befugnis haben, für Sie zu entscheiden - sei es bei medizinischen Fragen, Bank­geschäften oder anderen rechtlichen Angelegen­heiten.

Dies gilt auch für Ehe­partner:innen: Ohne Vorsorge­vollmacht hat Ihr:e Ehe­partner:in keine automatische Vollmacht, für Sie zu handeln, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind[5]. Das Gericht muss in diesem Fall einen rechtlichen Betreuer bestellen, was Zeit kosten kann und möglicherweise nicht Ihren Wünschen entspricht.

Was regelt eine Vorsorge­vollmacht?

Mit einer Vorsorge­vollmacht können Sie festlegen, wer Sie in bestimmten Bereichen vertreten darf. Die Vollmacht kann umfassend sein oder sich auf einzelne Bereiche beschränken[1]. Typische Bereiche sind:

  • Gesundheits­sorge: Einwilligung in medizinische Behandlungen, Auswahl von Ärzten, Gespräche mit medizinischem Personal[2]
  • Aufenthalts­bestimmung: Entscheidung über Pflege­einrichtung oder häusliche Pflege[2]
  • Vermögens­angelegenheiten: Verwaltung von Konten, Immobilien, Verträgen[3]
  • Behörden­vertretung: Vertretung bei Ämtern, Versicherungen und anderen Institutionen[2]
  • Wohnungs­angelegenheiten: Kündigung oder Verkauf der Wohnung, wenn nötig[7]

Die ideale Person als Bevoll­mächtigte:r

Die Auswahl der bevoll­mächtigten Person ist von großer Bedeutung. Sie sollte Ihr volles und unein­geschränktes Vertrauen genießen[4]. Bedenken Sie:

  • Die Person erhält weitreichende Befugnisse über Ihre persönlichen Angelegen­heiten.
  • Der:Die Bevoll­mächtigte steht - anders als ein:e gerichtlich bestellte:r Betreuer:in - nicht unter gerichtlicher Aufsicht[7].
  • Bevoll­mächtigte Personen sollten Ihre Wünsche und Wertvorstellungen gut kennen.

Mögliche Bevoll­mächtigte können sein:

  • Ehe­partner:innen oder Lebens­partner:innen
  • Kinder oder andere nahe Verwandte
  • Enge Freund:innen
  • In Ausnahme­fällen auch vertraute Fach­personen

Tipp: Sie können auch mehrere Personen bevoll­mächtigen und die Aufgaben aufteilen. So könnte beispiels­weise Ihr:e Ehe­partner:in für Gesundheits­fragen zuständig sein, während Ihr Kind die Vermögens­verwaltung übernimmt[1].

Vorteile gegenüber einer gesetzlichen Betreuung

Eine Vorsorge­vollmacht bietet im Vergleich zur gesetzlichen Betreuung mehrere Vorteile:

  • Selbst­bestimmung: Sie entscheiden, wer für Sie handelt[4].
  • Zeit­ersparnis: Der:Die Bevoll­mächtigte kann sofort handeln, ohne auf ein gerichtliches Verfahren warten zu müssen[7].
  • Kosten­ersparnis: Ein gerichtliches Betreuungs­verfahren verursacht Kosten[7].
  • Vertrauens­person: Die von Ihnen ausgewählte Person kennt Ihre Wünsche und Werte[7].

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Vorsorge­vollmacht?

Der beste Zeitpunkt ist jetzt - solange Sie geistig fit und entscheidungs­fähig sind. Für eine gültige Vorsorge­vollmacht müssen Sie bei deren Erstellung voll geschäfts­fähig sein[1]. Je früher Sie vorsorgen, desto besser.

Form und Aufbewahrung einer Vorsorge­vollmacht

Eine Vorsorge­vollmacht muss grund­sätzlich nicht notariell beurkundet werden[4]. Eine schriftliche Form mit Ihrer Unterschrift ist in vielen Fällen ausreichend. Allerdings gibt es Ausnahmen:

  • Für Immobilien­geschäfte ist eine notarielle Beurkundung erforderlich[4].
  • Banken verlangen häufig eine notarielle Beglaubigung oder eigene Vollmachts­formulare[6].
  • Bei umfang­reichen Vermögens­werten kann eine notarielle Beurkundung sinnvoll sein[5].

Für die Aufbewahrung gilt:

  • Bewahren Sie das Original an einem sicheren, aber zugänglichen Ort auf.
  • Geben Sie dem:der Bevoll­mächtigten eine Kopie oder teilen Sie mit, wo das Original zu finden ist.
  • Eine Registrierung im Zentralen Vorsorge­register der Bundes­notarkammer ist möglich und empfehlens­wert[1].

Praktische Beispiele

Beispiel 1: Frau Müller (72) lebt allein und hat eine Vorsorge­vollmacht für ihre Tochter erstellt. Als Frau Müller nach einem Schlag­anfall ins Krankenhaus kommt und nicht mehr ansprechbar ist, kann ihre Tochter sofort mit den Ärzten sprechen und medizinische Entscheidungen treffen.

Beispiel 2: Herr Schmidt (45) hat für seine Ehe­partnerin eine Vorsorge­vollmacht für finanzielle Angelegen­heiten erteilt. Nach einem schweren Unfall kann seine Frau die laufenden Rechnungen bezahlen und seine Geschäfte weiter­führen, ohne dass erst ein Betreuer bestellt werden muss.

Regelmäßige Überprüfung nicht vergessen

Eine Vorsorge­vollmacht ist kein Dokument für die Ewigkeit. Lebens­umstände ändern sich, und damit können sich auch Ihre Wünsche bezüglich Ihrer Vertretung ändern[6]. Gründe für eine Überprüfung können sein:

  • Die bevoll­mächtigte Person ist selbst erkrankt oder verstorben.
  • Veränderte familiäre Verhältnisse (Scheidung, Trennung, Familien­zuwachs).
  • Neue gesetzliche Regelungen.

Prüfen Sie Ihre Vorsorge­vollmacht alle paar Jahre und passen Sie sie bei Bedarf an.

Das Not-Vertretungs­recht für Ehe­leute

Seit 2023 gibt es ein sogenanntes Not-Vertretungs­recht für Ehe­partner:innen. Dieses erlaubt Eheleuten, für einen begrenzten Zeitraum von sechs Monaten in gesundheit­lichen Notlagen füreinander zu entscheiden[3]. Trotzdem ersetzt dies keine Vorsorge­vollmacht, da es zeitlich begrenzt ist und nicht alle Lebens­bereiche abdeckt.

Erste Schritte zur eigenen Vorsorge­vollmacht

  1. Überlegen Sie, welche Person(en) Sie bevoll­mächtigen möchten.
  2. Sprechen Sie mit diesen Personen über Ihre Wünsche und Vorstellungen.
  3. Entscheiden Sie, für welche Bereiche die Vollmacht gelten soll.
  4. Nutzen Sie Muster­formulare (z.B. von Verbraucher­zentralen oder dem Justiz­ministerium).
  5. Erwägen Sie eine rechtliche Beratung, besonders bei komplexen Vermögens­verhältnissen.
  6. Unterschreiben Sie die Vollmacht (ggf. notariell beglaubigen lassen).
  7. Bewahren Sie das Dokument sicher auf und informieren Sie relevante Personen.

Eine Vorsorge­vollmacht ist ein Akt der Fürsorge - für sich selbst und für Ihre Angehörigen. Sie schafft Klarheit in schwierigen Lebens­situationen und gibt allen Beteiligten Sicherheit. Nehmen Sie sich die Zeit, diese wichtige Vorsorge zu treffen.