Was kann ich mit einer Vorsorgevollmacht nicht regeln?
Mit einer Vorsorgevollmacht können Sie keine höchstpersönlichen Angelegenheiten wie Eheschließung, Scheidung oder das Verfassen eines Testaments regeln. Auch bestimmte medizinische Entscheidungen, Immobiliengeschäfte oder die Nachlassverteilung nach dem Tod erfordern zusätzliche Dokumente oder besondere Formvorschriften. Für eine umfassende Vorsorge empfiehlt sich die Kombination mit Patientenverfügung, Testament und - bei Bedarf - weiteren Vollmachten.
- Höchstpersönliche Angelegenheiten bleiben ausgeschlossen
- Medizinische Entscheidungen: Nicht ohne weitere Dokumente
- Nach dem Tod: Begrenzte Handlungsmöglichkeiten
- Vermögensgeschäfte mit erhöhten Formerfordernissen
- Ersatz eines Testaments ist nicht möglich
- Verantwortung und Risiken der bevollmächtigten Person
- Grenzen der Vertretungsbefugnis bei bestimmten Situationen
- Keine automatische gerichtliche Kontrolle
- Alternative und ergänzende Vorkehrungen
- Praxistipp: So sorgen Sie wirksam vor
- Fazit
Eine Vorsorgevollmacht ist ein mächtiges Instrument für Ihre selbstbestimmte Zukunftsplanung. Sie ermöglicht es Ihnen, eine Vertrauensperson zu bevollmächtigen, die in Ihrem Namen handelt, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind. Doch trotz ihrer Stärken hat die Vorsorgevollmacht klare Grenzen. Diese zu kennen ist für eine wirksame Vorsorge unerlässlich.
Höchstpersönliche Angelegenheiten bleiben ausgeschlossen
Bestimmte Handlungen sind so persönlich, dass sie nicht auf andere Personen übertragen werden können - selbst mit einer umfassenden Vorsorgevollmacht nicht.
Nicht übertragbar sind insbesondere:
- Eheschließung oder Scheidung: Ihre bevollmächtigte Person kann für Sie keine Ehe eingehen oder sich scheiden lassen[10]
- Testament erstellen oder ändern: Das Verfassen eines Testaments ist höchstpersönlich und kann nicht delegiert werden[10]
- Adoptionen: Die Entscheidung, ein Kind zu adoptieren, kann nicht durch Bevollmächtigte getroffen werden
Diese Grenzen sind gesetzlich festgelegt und nicht verhandelbar. Eine entgegenstehende Vereinbarung in Ihrer Vorsorgevollmacht wäre unwirksam[10].
Medizinische Entscheidungen: Nicht ohne weitere Dokumente
Bei medizinischen Entscheidungen bestehen wichtige Einschränkungen:
- Eine Vorsorgevollmacht allein reicht nicht aus, um Ihre Behandlungswünsche festzulegen
- Für konkrete Behandlungsanweisungen benötigen Sie zusätzlich eine Patientenverfügung[1]
- In der Patientenverfügung können Sie regeln, welche ärztlichen Maßnahmen Sie im Ernstfall wünschen und welche nicht[1]
Beachten Sie: Ohne klare Anweisungen in einer Patientenverfügung müssen Ihre Bevollmächtigten versuchen, Ihren mutmaßlichen Willen zu ermitteln. Das kann zu schwierigen Situationen führen.
Nach dem Tod: Begrenzte Handlungsmöglichkeiten
Was mit Ihrer Vorsorgevollmacht nach Ihrem Tod passiert, hängt von ihrer Art ab:
- Eine Standard-Vorsorgevollmacht erlischt grundsätzlich mit dem Tod, wenn nichts anderes festgelegt wurde[4][13]
- Eine transmortale Vollmacht gilt über den Tod hinaus und ermöglicht dem Bevollmächtigten weiterhin zu handeln[4]
- Eine postmortale Vollmacht tritt erst mit dem Tod in Kraft und ist speziell für die Nachlassregelung gedacht[4][14]
Wichtig: “Für den Fall, dass man sich für eine Vorsorgevollmacht entscheidet, gilt diese bereits ab Errichtung und sie gilt grundsätzlich auch über den Tod hinaus, es sei denn, man hat dies ausdrücklich ausgeschlossen.”[9]
Wollen Sie, dass Ihre Vollmacht nach Ihrem Tod fortgilt, sollten Sie dies ausdrücklich in der Vollmacht festhalten, z.B. mit dem Satz: “Ich will, dass die Vollmacht über den Tod hinaus bis zum Widerruf durch die Erben fortgilt.”[13]
Vermögensgeschäfte mit erhöhten Formerfordernissen
Nicht alle Vermögensgeschäfte können mit einer einfachen Vorsorgevollmacht geregelt werden:
- Für Grundstücks- und Immobiliengeschäfte benötigen Sie eine notariell beurkundete Vollmacht oder eine öffentlich beglaubigte Unterschrift[3]
- Gleiches gilt für die Ausschlagung einer Erbschaft[3]
- Ohne diese Formvorschriften kann Ihr:e Bevollmächtigte:r keine rechtswirksamen Entscheidungen in diesen Bereichen treffen
Ersatz eines Testaments ist nicht möglich
Eine Vorsorgevollmacht kann Ihr Testament nicht ersetzen:
- Sie regelt nicht, wer Ihr Vermögen nach dem Tod erhalten soll
- Erbrechtliche Fragen müssen durch Testament oder Erbvertrag geregelt werden
- Die Vorsorgevollmacht kann jedoch durch eine postmortale Vollmacht ergänzt werden, um den Erben Mühen bei der Nachlassabwicklung zu ersparen[14]
Verantwortung und Risiken der bevollmächtigten Person
Bevollmächtigte tragen eine erhebliche Verantwortung und sind mit Risiken konfrontiert:
- Haftungsrisiken: Bevollmächtigte haften für Pflichtverletzungen und können sogar mit ihrem eigenen Vermögen zur Verantwortung gezogen werden[8]
- Rechenschaftspflicht: Nach dem Tod des Vollmachtgebers müssen Bevollmächtigte gegenüber den Erben Auskunft geben und Rechenschaft ablegen[8]
- Anfechtungsrisiko: Bei Zweifeln am korrekten Handeln kann das Betreuungsgericht eingeschaltet werden[6]
Achtung: Das Risiko besteht auf beiden Seiten - sowohl für die bevollmächtigende als auch für die bevollmächtigte Person.
Grenzen der Vertretungsbefugnis bei bestimmten Situationen
Selbst mit einer Vorsorgevollmacht können Bevollmächtigte nicht alle Aufgaben in gleicher Weise erfüllen:
- Persönliche Betreuungsaufgaben: Bevollmächtigte sind zur rechtlichen Vertretung, nicht aber zur persönlichen Pflege verpflichtet, es sei denn, dies wurde ausdrücklich in der Vollmacht angeordnet[5]
- Räumliche Distanz: Lebt der:die Bevollmächtigte weit entfernt, kann dies in der Praxis zu Problemen führen, auch wenn rechtlich keine Einschränkung besteht[6]
- Auslandsregelungen: In anderen Ländern wird eine deutsche Vorsorgevollmacht möglicherweise nicht anerkannt[4]
Keine automatische gerichtliche Kontrolle
Anders als bei einer gesetzlichen Betreuung:
Alternative und ergänzende Vorkehrungen
Da die Vorsorgevollmacht allein nicht alle Bereiche abdeckt, sollten Sie zusätzliche Vorkehrungen treffen:
- Patientenverfügung: Für konkrete medizinische Behandlungswünsche
- Testament/Erbvertrag: Für die Regelung Ihres Nachlasses
- Betreuungsverfügung: Falls eine gerichtlich bestellte Betreuung nötig wird
- Transmortale oder postmortale Vollmacht: Für spezifische Regelungen nach dem Tod
Praxistipp: So sorgen Sie wirksam vor
Um die Grenzen der Vorsorgevollmacht zu überwinden:
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Kombinieren Sie verschiedene Vorsorgeinstrumente: Erstellen Sie neben der Vorsorgevollmacht auch eine Patientenverfügung und ein Testament
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Wählen Sie vertrauenswürdige Person:en: Da keine automatische Kontrolle erfolgt, ist die Auswahl der bevollmächtigten Person entscheidend
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Formvorschriften beachten: Für Immobiliengeschäfte und bestimmte andere Handlungen ist eine notarielle Form nötig
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Klare Anweisungen geben: Trennen Sie die Vollmacht vom Grundverhältnis - legen Sie in einer separaten Vereinbarung fest, wann und wie die Vollmacht genutzt werden soll[13]
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Regelmäßige Aktualisierung: Überprüfen Sie Ihre Vorsorgevollmacht regelmäßig - die einmal erstellte Vollmacht ist nicht zwangsläufig für die Ewigkeit gültig[1]
Fazit
Die Vorsorgevollmacht ist ein wertvolles Instrument für Ihre selbstbestimmte Vorsorge, hat jedoch klare Grenzen. Höchstpersönliche Angelegenheiten, bestimmte Vermögensgeschäfte und die Nachlassregelung benötigen ergänzende Dokumente. Nur mit einer durchdachten Kombination verschiedener Vorsorgeinstrumente können Sie für alle Lebenslagen angemessen vorsorgen.
Nehmen Sie sich Zeit für diese wichtigen Entscheidungen und lassen Sie sich bei Bedarf fachkundig beraten. So stellen Sie sicher, dass Ihre Wünsche auch dann respektiert werden, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können.