Welche rechtlichen Pflichten haben Bevollmächtigte einer Vorsorgevollmacht?

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Zusammenfassung

Bevoll­mäch­tig­te einer Vorsorgevollmacht sind verpflichtet, stets im Sinne und nach dem mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers zu handeln, dessen Vermögen sorgfältig zu verwalten und Entscheidungen in Gesundheitsangelegenheiten verantwortungsvoll zu treffen. Sie müssen finanzielle und persönliche Interessen des Vollmachtgebers wahren, klare Anweisungen beachten und können bei Pflichtverletzungen haftbar gemacht werden. Besonders wichtig ist eine transparente Dokumentation und die Trennung von eigenem und fremdem Vermögen.

Die Vorsorgevollmacht ist ein zentrales Instrument der rechtlichen Vorsorge in Deutschland. Sie gibt einer Vertrauensperson das Recht, im Namen des Vollmachtgebers zu entscheiden, wenn dieser dazu selbst nicht mehr fähig ist. Doch mit dieser Befugnis gehen auch zahlreiche Pflichten einher. Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Verpflichtungen, die Bevoll­mäch­tig­te beachten müssen.

Grund­le­gen­de Rechts­stel­lung des Bevoll­mäch­tig­ten

Eine Vorsorgevollmacht überträgt weitreichende Befugnisse an die bevoll­mäch­tig­te Person. Anders als bei einer rechtlichen Betreuung werden Bevoll­mäch­tig­te nicht vom Gericht bestellt und kontrolliert[1]. Sie müssen dem Betreuungsgericht in der Regel keine jährliche Rechenschaft ablegen[1]. Diese Freiheit bedeutet aber auch eine große Verantwortung.

Wichtig: Als Bevoll­mäch­tig­te:r haben Sie die Aufgabe, alle Entscheidungen im Sinne des Vollmachtgebers zu treffen[6]. Sie handeln nicht nach Ihren eigenen Wünschen, sondern sind an die Interessen und den mutmaßlichen Willen der Person gebunden, die Ihnen die Vollmacht erteilt hat.

Wann darf die Voll­macht genutzt werden?

Eine der grundlegendsten Pflichten eines Bevoll­mäch­tig­ten ist zu wissen, ab wann die Vorsorgevollmacht überhaupt eingesetzt werden darf.

Die Vollmacht darf erst dann genutzt werden, wenn der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln[4]. Der Bevoll­mäch­tig­te muss also prüfen, ob der “Vorsorgefall” tatsächlich eingetreten ist. Eine vorzeitige Nutzung der Vollmacht kann rechtliche Konsequenzen haben und stellt einen Missbrauch dar.

Praktisches Beispiel:

Frau Schmidt hat ihrem Sohn eine Vorsorgevollmacht erteilt. Obwohl sie noch vollständig entscheidungsfähig ist, möchte der Sohn bereits Bankgeschäfte für sie erledigen. Dies wäre nicht zulässig, da der Vorsorgefall noch nicht eingetreten ist.

Pflicht zum Handeln im Interesse des Voll­macht­ge­bers

Als Bevoll­mäch­tig­te:r haben Sie die zentrale Pflicht, stets im Interesse des Vollmachtgebers zu handeln. Dies bedeutet konkret:

  • Sie müssen Entscheidungen so treffen, wie es der Vollmachtgeber selbst getan hätte[6]
  • Sie haben die Wünsche und Wertvorstellungen des Vollmachtgebers zu beachten
  • Sie müssen Vermögensinteressen wahren und dürfen sich nicht selbst bereichern

Beachten Sie: Die Vollmacht gibt Ihnen nicht das Recht, nach Ihren eigenen Vorstellungen zu handeln. Sie sind verpflichtet, die Werte und Überzeugungen des Vollmachtgebers in den Mittelpunkt zu stellen.

Pflichten in finan­zi­el­len Angelegen­hei­ten

Bei der Verwaltung von Finanzen und Vermögen bestehen besonders hohe Anforderungen an die Sorgfalt des Bevoll­mäch­tig­ten:

Ver­mö­gens­ver­wal­tung und Rech­nungs­le­gung

Als Bevoll­mäch­tig­te:r müssen Sie:

  • Das Vermögen des Vollmachtgebers sorgfältig verwalten
  • Vermögen des Vollmachtgebers von Ihrem eigenen getrennt halten
  • Über Einnahmen und Ausgaben Buch führen
  • Belege aufbewahren
  • Keine risikoreichen Geldanlagen ohne ausdrückliche Erlaubnis tätigen

Auch wenn Sie keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegen, sind Sie dennoch verpflichtet, mit dem Vermögen des Vollmachtgebers verantwortungsvoll umzugehen. Dies schließt eine ordnungsgemäße Dokumentation ein, da Sie später möglicherweise Rechenschaft ablegen müssen[4].

Ver­bot der Selbst­kon­tra­hie­rung

Eine wichtige Einschränkung: Als Bevoll­mäch­tig­te:r dürfen Sie grundsätzlich keine Verträge mit sich selbst im Namen des Vollmachtgebers abschließen. Dies gilt, sofern die Vollmacht nicht ausdrücklich von diesem Verbot befreit (§ 181 BGB).

Pflichten bei der Gesund­heits­sor­ge

Im Bereich der Gesundheitssorge tragen Bevoll­mäch­tig­te besondere Verantwortung:

  • Sie müssen medizinische Entscheidungen im Sinne des Vollmachtgebers treffen
  • Bei schwerwiegenden Entscheidungen (etwa Operationen mit Lebensgefahr) müssen Sie unter Umständen die Genehmigung des Betreuungsgerichts einholen
  • Die Patientenverfügung des Vollmachtgebers muss beachtet werden
  • Der mutmaßliche Wille des Vollmachtgebers ist zu ermitteln, wenn keine klaren Vorgaben existieren

Besonders wichtig: Bei Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen oder risikoreiche Behandlungen ist besondere Sorgfalt geboten. Hier geht es um fundamentale Persönlichkeitsrechte des Vollmachtgebers.

Das Innen­ver­hält­nis: Zusätz­li­che Pflichten

Zwischen Vollmachtgeber und Bevoll­mäch­tig­tem besteht ein sogenanntes “Innenverhältnis”[5]. Dieses regelt, wie die Vollmacht im Detail ausgeübt werden soll. Oft werden hier zusätzliche Pflichten festgelegt, die nicht direkt aus der Vollmacht ersichtlich sind[4].

Je genauer Vollmachtgeber und Bevoll­mäch­tig­te wissen, was die Erteilung einer Vorsorgevollmacht bedeutet, welche Rechte und Pflichten sie begründet und was bei ihrer Ausübung zu beachten ist, desto reibungsloser wird die rechtliche Vorsorge gelingen[4].

Tipp: Sprechen Sie als Bevoll­mäch­tig­te:r ausführlich mit dem Vollmachtgeber über dessen Wünsche und Vorstellungen, solange dieser noch entscheidungsfähig ist. Machen Sie sich Notizen und lassen Sie sich möglichst konkrete Anweisungen geben.

Haftung bei Pflicht­ver­let­zung

Als Bevoll­mäch­tig­te:r können Sie für Schäden haftbar gemacht werden, die durch Pflichtverletzungen entstehen[7]. Dies gilt besonders bei:

  • Vorsätzlicher oder fahrlässiger Schädigung des Vollmachtgebers
  • Missbrauch der Vollmacht für eigene Interessen
  • Nichtbeachtung klarer Anweisungen des Vollmachtgebers
  • Unterlassen notwendiger Maßnahmen

Die Haftung umfasst sowohl den Ersatz materieller Schäden als auch mögliche strafrechtliche Konsequenzen bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen.

Grenzen der Vollmacht

Es gibt Bereiche, in denen auch Bevoll­mäch­tig­te nicht ohne Weiteres handeln dürfen:

  • Höchst­per­sön­li­che Rechtsgeschäfte: Testament, Eheschließung oder Scheidung können nicht vom Bevoll­mäch­tig­ten vorgenommen werden
  • Freiheitsentziehende Maßnahmen: Unterbringung in geschlossenen Einrichtungen oder freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bettgitter benötigen in der Regel die Genehmigung des Betreuungsgerichts
  • Schwerwiegende medizinische Eingriffe: Bei bestimmten risikoreichen Eingriffen kann eine gerichtliche Genehmigung erforderlich sein

Praktische Hinweise für Bevoll­mäch­tig­te

Als Bevoll­mäch­tig­te:r sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Dokumentieren Sie Ihre Entscheidungen: Führen Sie Aufzeichnungen über wichtige Entscheidungen und deren Gründe
  2. Trennen Sie Vermögen: Vermischen Sie niemals Ihr eigenes Vermögen mit dem des Vollmachtgebers
  3. Holen Sie sich Unterstützung: Bei komplexen Entscheidungen kann fachlicher Rat sinnvoll sein
  4. Kommunizieren Sie mit Angehörigen: Transparentes Handeln beugt Konflikten vor
  5. Informieren Sie sich: Machen Sie sich mit den rechtlichen Grundlagen vertraut

Beachten Sie: Eine Vorsorgevollmacht ist ein großer Vertrauensbeweis. Diese Verantwortung sollten Sie mit der nötigen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit wahrnehmen.

Fazit: Verantwortungsvolle Aufgabe mit klaren Pflichten

Als Bevoll­mäch­tig­te:r einer Vorsorgevollmacht übernehmen Sie eine verantwortungsvolle Aufgabe mit klaren rechtlichen Verpflichtungen. Sie handeln stets im Interesse des Vollmachtgebers und sind an dessen Wünsche und Wertvorstellungen gebunden.

Die Freiheit von gerichtlicher Kontrolle, die eine Vorsorgevollmacht bietet, bedeutet gleichzeitig eine hohe Verantwortung. Durch gewissenhafte Pflichterfüllung tragen Sie dazu bei, dass der Vollmachtgeber auch in Zeiten eingeschränkter Handlungsfähigkeit würdevoll vertreten wird.

Wenn Sie gut informiert sind und Ihre Pflichten kennen, können Sie dieser wichtigen Aufgabe gerecht werden und das in Sie gesetzte Vertrauen erfüllen[1][4].