Dürfen Bevollmächtigte ein Familien­mitglied sein?

Zusammenfassung

Ja, Sie dürfen ein Familien­mitglied als Bevoll­mächtigte:n einsetzen, was oft sinnvoll ist, da familiäre Nähe und Vertrauen wichtige Vorteile bieten. Dennoch sollten Sie die hohe Verantwortung und mögliche Heraus­forderungen wie Interessen­konflikte oder Zeit­aufwand berücksichtigen. Eine klare Kommunikation und sorgfältige Gestaltung der Vorsorge­vollmacht sind entscheidend, um Missverständnisse und Probleme zu vermeiden.

In Deutschland können Sie selbst festlegen, wer Ihre Angelegenheiten regelt, wenn Sie dazu nicht mehr in der Lage sind. Eine Person, die Sie dafür bevollmächtigen, nennt man Bevollmächtigte:r. Viele Menschen fragen sich, ob Familien­mitglieder als Bevollmächtigte eingesetzt werden dürfen. Die Antwort lautet: Ja, Sie dürfen Familien­mitglieder als Bevollmächtigte einsetzen. Dies ist sogar eine häufige und oft sinnvolle Wahl.

Wer kann Bevollmächtigte:r werden?

Grundsätzlich können Sie jede Person Ihres Vertrauens als Bevollmächtigte:r in Ihrer Vorsorge­vollmacht benennen. Dazu müssen Sie nicht miteinander verwandt sein[2]. Häufig werden folgende Personen als Bevollmächtigte gewählt:

  • Ehepartner:innen
  • Erwachsene Kinder
  • Andere Verwandte
  • Enge Freund:innen
  • Nachbar:innen

Gut zu wissen: Auch Ehepartner:innen dürfen nicht automatisch füreinander entscheiden. Auch in diesem Fall ist eine Vorsorge­vollmacht nötig[11].

Vorteile familiärer Bevollmächtigter

Die Benennung von Familien­mitgliedern als Bevollmächtigte hat mehrere Vorteile:

Vertrauens­verhältnis: Zu Familien­mitgliedern besteht oft ein besonderes Vertrauens­verhältnis, das für eine Bevoll­mächtigung grundlegend ist.

Nähe und Erreichbarkeit: Familien­mitglieder kennen Ihre persönlichen Wünsche und Lebens­umstände häufig sehr gut[2]. Zudem sind sie in Notfall­situationen oft leichter erreichbar als andere Personen.

Vermeidung einer gerichtlich angeordneten Betreuung: Durch die Bevoll­mächtigung eines Familien­mitglieds können Sie eine gerichtlich angeordnete Betreuung durch eine möglicherweise fremde Person vermeiden[9][15].

Verteilung von Verantwortung: Die oft erhebliche Verantwortung und der große Aufwand, die mit einer Bevoll­mächtigung einhergehen, verteilen sich auf mehrere Schultern[1].

Überlegungen und mögliche Heraus­forderungen

Trotz der Vorteile gibt es einige Aspekte, die Sie berücksichtigen sollten, wenn Sie Familien­mitglieder als Bevollmächtigte einsetzen:

Hohe Verantwortung: Die bevollmächtigte Person übernimmt Verantwortung für Ihre rechtlichen, finanziellen und medizinischen Angelegenheiten. Dies erfordert Verantwortungs­bewusstsein und Einfühlungs­vermögen[5].

Haftungs­risiko: Mit der Vorsorge­vollmacht geht die bevollmächtigte Person ein erhebliches Haftungs­risiko ein. Im Ernstfall haftet sie mit ihrem gesamten Vermögen[5][10].

Mögliche Interessen­konflikte: Bevollmächtigte können leicht in Interessen­konflikte geraten. Sie müssen stets im Sinne des Vollmacht­gebers handeln, auch wenn dies gegen eigene Interessen geht[5][10].

Hoher Zeit­aufwand: Die Wahrnehmung der Aufgaben als Bevollmächtigte:r erfordert oft viel Zeit, besonders wenn es um finanzielle, medizinische und rechtliche Angelegenheiten geht[5][7].

Familiäre Konflikte: Eine Bevoll­mächtigung kann zu Spannungen innerhalb der Familie führen, besonders wenn nicht alle Familien­mitglieder mit den Entscheidungen der bevollmächtigten Person einverstanden sind[15].

Mehrere Familien­mitglieder als Bevollmächtigte

Es ist möglich und manchmal sinnvoll, mehrere Personen in einer Vorsorge­vollmacht zu benennen[1][2][7][12]. Dies kann auf verschiedene Weise erfolgen:

Aufgaben­teilung: Sie können verschiedenen Familien­mitgliedern unterschiedliche Aufgaben­bereiche zuweisen. Zum Beispiel könnte Ihre Tochter für finanzielle Angelegenheiten zuständig sein, während Ihr Sohn sich um gesundheitliche Fragen kümmert[1][7].

Haupt- und Ersatz­bevollmächtigte: Sie können eine Rangfolge festlegen, z.B. Ihren Ehepartner als Haupt­bevollmächtigten und Ihre erwachsenen Kinder als Ersatz­bevollmächtigte[1][7].

Unabhängige Vertretung oder gemeinsame Entscheidung: Sie können festlegen, ob die Bevollmächtigten Sie unabhängig voneinander vertreten können oder ob sie Entscheidungen gemeinsam treffen müssen[1][7][12].

Zu beachten: Bei der Gestaltung einer Vorsorge­vollmacht für mehrere Personen gibt es einige rechtliche Fallstricke. Im schlimmsten Fall ist die Vollmacht nicht funktions­fähig, und es wird dennoch eine gerichtliche Betreuung notwendig[1].

Rechtliche Grundlagen

Die rechtliche Basis für die Vorsorge­vollmacht findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 164 ff. BGB[4]. Gemäß § 1896 Abs. 2 BGB ist eine rechtliche Betreuung nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten einer Person durch einen Bevollmächtigten ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können[7].

Praktische Empfehlungen

Wenn Sie Familien­mitglieder als Bevollmächtigte einsetzen möchten, sollten Sie folgende Punkte beachten:

Persönliches Gespräch führen: Besprechen Sie Ihre Absicht mit der Person, die Sie bevollmächtigen möchten. Für diese Aufgabe benötigt man Zeit und Kraft[7].

Innen­verhältnis und Außen­verhältnis unterscheiden: Im Außen­verhältnis (für Dritte sichtbare Bestimmungen) sollte jeder Bevollmächtigte möglichst ohne Einschränkungen handlungs­fähig sein. Einschränkungen und Anweisungen (z.B. über Rangfolgen oder Absprachen) sollten im Innen­verhältnis (zwischen Ihnen und den Bevollmächtigten) getroffen werden[1].

Wohnort­nähe beachten: Bevollmächtigte sollten möglichst in der Nähe wohnen, da oft schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen[2].

Notarielle Beurkundung erwägen: Besonders bei weitreichenden Befugnissen (z.B. für Grundstücks­geschäfte) ist eine notarielle Beurkundung sinnvoll oder sogar notwendig[12].

Bank­angelegenheiten gesondert regeln: Banken und Sparkassen verlangen oft eine gesonderte Konto­vollmacht zusätzlich zur allgemeinen Vorsorge­vollmacht[12].

Schluss­gedanken

Familien­mitglieder als Bevollmächtigte einzusetzen ist nicht nur erlaubt, sondern in vielen Fällen auch sinnvoll. Wesentlich ist jedoch, dass ein Vertrauens­verhältnis besteht und alle Beteiligten die Verantwortung und mögliche Heraus­forderungen kennen. Mit einer gut durchdachten Vorsorge­vollmacht können Sie für Sicherheit sorgen, dass Ihre Angelegenheiten im Ernstfall nach Ihren Wünschen geregelt werden.