Welche Entscheidungen können Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht bezüglich pflegerische Versorgung treffen?

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Zusammenfassung

Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht können Entscheidungen über die Art, den Ort und den Umfang der pflegerischen Versorgung treffen, etwa ob eine ambulante Pflege, ein Pflegedienst oder die Unterbringung in einem Pflegeheim erfolgt. Sie dürfen auch Pflegeverträge abschließen oder kündigen und über Pflegehilfsmittel oder Leistungen der Pflegeversicherung entscheiden. Voraussetzung ist, dass die Vollmacht diese Befugnisse ausdrücklich umfasst.

Mit einer Vorsorgevollmacht legen Sie fest, wer in Ihrem Namen handeln darf, wenn Sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sind. Besonders im Bereich der pflegerischen Versorgung kann dieses Dokument entscheidend sein. Doch welche konkreten Befugnisse können Sie einem Bevollmächtigten übertragen? Dieser Artikel erklärt, welche Entscheidungen zur Pflege von Bevollmächtigten getroffen werden können und worauf Sie bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht achten sollten.

Was genau ist eine Vorsorgevollmacht?

Eine Vorsorgevollmacht ist ein rechtliches Dokument, mit dem Sie eine oder mehrere Vertrauens­personen benennen, die für Sie Entscheidungen treffen dürfen, wenn Sie dies selbst nicht mehr können. Anders als eine Betreuungs­verfügung tritt die Vorsorge­vollmacht unmittelbar in Kraft, sobald Sie nicht mehr entscheidungs­fähig sind - ohne dass ein Gericht eingeschaltet werden muss[1][3].

Wichtig zu wissen: Die Vorsorge­vollmacht wird erst dann wirksam, wenn Sie durch Unfall, Krankheit oder alters­bedingt nicht mehr selbst entscheiden können[1]. Sie können den Umfang der Vollmacht individuell bestimmen - von einzelnen Bereichen bis hin zu allen Lebens­angelegenheiten[1].

Entscheidungs­bereiche in der pflegerischen Versorgung

Mit einer Vorsorge­vollmacht können Bevollmächtigte in folgenden pflegerischen Bereichen für Sie handeln:

1. Gesundheits­fürsorge

Der Bereich der Gesundheits­fürsorge umfasst zentrale Aspekte der pflegerischen Versorgung. Bevollmächtigte dürfen hier:

  • Über ärztliche Behandlungen entscheiden: Sie können in Untersuchungen, Heil­behandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligen, diese ablehnen oder eine bereits erteilte Einwilligung widerrufen[14].
  • Medizinische Maßnahmen festlegen: Dies kann auch lebens­erhaltende oder -verlängernde Maßnahmen betreffen[14].
  • Kranken­unterlagen einsehen: Bevollmächtigte dürfen Einsicht in Ihre medizinischen Unterlagen nehmen und ärztliches Personal von der Schweige­pflicht entbinden[14].
  • Ihren in einer Patienten­verfügung festgelegten Willen durchsetzen[14].

2. Aufenthalts­bestimmung und Wohnsituation

In diesem Bereich können Bevollmächtigte entscheiden:

  • Über Ihren Wohnort: Einschließlich der Entscheidung über einen Umzug in eine Pflege­einrichtung[1][13].
  • Über Verträge mit Pflege­einrichtungen: Sie können Heim­verträge oder Verträge mit ambulanten Pflege­diensten abschließen[13].
  • Welche persönlichen Dinge Sie beispiels­weise ins Pflege­heim mitnehmen[13].

3. Vermögens­sorge für Pflege­finanzierung

Bezüglich finanzieller Aspekte der Pflege können Bevollmächtigte:

  • Finanzielle Mittel für Ihre Pflege verwalten[1].
  • Anträge bei Pflege­kassen stellen: Zum Beispiel Anträge auf Leistungen der Pflege­versicherung[9].
  • Über die Finanzierung von Pflege­leistungen entscheiden[1].

Beachten Sie: Für Bankgeschäfte verlangen viele Banken zusätzlich eine spezielle Konto­vollmacht[13].

4. Vertretung gegenüber Behörden und Versicherungen

Bevollmächtigte können Sie vertreten bei:

  • Pflege­kassen und Kranken­kassen: Sie können Anträge stellen, Widerspruch einlegen und Informationen einholen[9].
  • Behörden­angelegenheiten: Sie dürfen in Ihrem Namen mit Ämtern kommunizieren[1].
  • Versicherungen: Kontakt mit Kranken- und Pflege­versicherungen pflegen[17].

Was können Bevollmächtigte konkret tun?

Die praktischen Handlungs­möglichkeiten eines Bevollmächtigten in Pflege­angelegenheiten sind vielfältig:

Auswahl und Organisation der Pflege

Bevollmächtigte können:

  • Einen geeigneten Pflege­dienst auswählen: Sie können verschiedene Anbieter vergleichen und den passenden auswählen[8].
  • Pflege­verträge abschließen: Mit stationären Einrichtungen oder ambulanten Diensten[13].
  • Art und Umfang der Pflege­leistungen festlegen: Welche Hilfen benötigt werden, wie oft und in welchem Umfang[8].
  • Bei der Organisation der häuslichen Pflege helfen: Festlegen, welche Hilfen durch Angehörige und welche durch Pflege­dienste geleistet werden sollen[8].

Medizinische Entscheidungen

Im medizinischen Bereich dürfen Bevollmächtigte:

  • Über notwendige Pflege­maßnahmen entscheiden: Etwa bei der Grundpflege oder medizinischen Versorgung[14].
  • Den Ärzt:innen gegenüber Ihren Willen vertreten: Besonders wichtig, wenn Sie sich nicht mehr äußern können[12].
  • Über besondere medizinische Eingriffe entscheiden: In manchen Fällen ist hier zusätzlich eine gerichtliche Genehmigung erforderlich[13].

Rechtliche und finanzielle Angelegenheiten

Bevollmächtigte können:

  • Anträge auf Pflege­leistungen stellen: Etwa Anträge auf Einstufung in einen Pflege­grad[9].
  • Widerspruch gegen Entscheidungen der Pflege­kasse einlegen[9].
  • Zahlungen für Pflege­leistungen veranlassen: Etwa die Begleichung von Rechnungen für Pflege­dienste[1].

Praktische Tipps zur Gestaltung Ihrer Vorsorge­vollmacht

Damit Ihre Vorsorge­vollmacht im Pflege­fall wie gewünscht funktioniert, sollten Sie folgende Punkte beachten:

Wen als Bevollmächtigten wählen?

Die Wahl der bevollmächtigten Person ist entscheidend:

  • Vertrauen ist unerlässlich: Die Person sollte Ihr absolutes Vertrauen genießen[3][11].
  • Vorherige Absprache ist wichtig: Sprechen Sie mit der Person, ob sie bereit ist, diese verantwortungs­volle Aufgabe zu übernehmen[11].
  • Zeitliche Verfügbarkeit bedenken: Die Aufgaben können zeit­intensiv sein - Bankgeschäfte erledigen, Pflege­heim suchen, Korrespondenz mit Kranken­kassen führen etc.[11].
  • Mehrere Personen bevollmächtigen: Sie können verschiedene Aufgaben­bereiche auf mehrere Personen aufteilen, um einen Bevollmächtigten nicht zu überlasten[11][16].

Umfang der Vollmacht bestimmen

Sie können den Umfang Ihrer Vorsorge­vollmacht individuell festlegen:

  • Umfassende Vollmacht: Für alle Angelegen­heiten oder nur für bestimmte Bereiche[1].
  • Spezifische Festlegungen: Definieren Sie genau, welche Entscheidungen der Bevollmächtigte in Pflege­angelegenheiten treffen darf[1].
  • Sonder­regelungen: Für Bankgeschäfte ist oft eine separate Konto­vollmacht notwendig[13].

Schutz vor Missbrauch

Um sich vor Missbrauch der Vollmacht zu schützen, können Sie:

  • Mehrere Bevollmächtigte einsetzen: Sie können festlegen, dass bestimmte Entscheidungen nur gemeinsam getroffen werden dürfen[16].
  • Bestimmte Rechts­geschäfte ausschließen: Legen Sie fest, welche Handlungen nicht erlaubt sind[16].
  • Kontrolle einbauen: Etwa durch regelmäßige Berichte an eine weitere Vertrauens­person[16].

Form und Aufbewahrung der Vorsorge­vollmacht

Die Vorsorge­vollmacht sollte bestimmten formalen Anforderungen genügen:

  • Schriftliche Form: Grundsätzlich muss eine Vorsorge­vollmacht schriftlich erstellt werden.
  • Beglaubigung oder Beurkundung: Für bestimmte Rechts­geschäfte (z.B. Immobilien­verkauf) ist eine notarielle Beurkundung erforderlich[17].
  • Zugänglichkeit sicherstellen: Die bevollmächtigte Person muss im Bedarfs­fall Zugriff auf das Dokument haben.

Besonderheiten für pflegende Angehörige

Wenn Sie selbst pflegende:r Angehörige:r sind, sollten Sie frühzeitig an eine Vorsorge­vollmacht denken:

  • Plötzliche Verschlechterungen einplanen: Der Gesundheits­zustand kann sich unerwartet ändern[18].
  • Schnelles Handeln ermöglichen: Mit einer Vorsorge­vollmacht können Angehörige sofort handeln, ohne gerichtliche Verfahren abwarten zu müssen[18].
  • Entlastung für die Familie: Eine klare Regelung gibt allen Beteiligten Sicherheit[18].

Der Unterschied zu anderen Vorsorge­dokumenten

Eine Vorsorge­vollmacht ist nicht das einzige Dokument zur Vorsorge:

  • Patienten­verfügung: Regelt medizinische Behandlungs­wünsche, wenn Sie sich nicht mehr äußern können[12].
  • Betreuungs­verfügung: Schlägt dem Gericht eine Person als Betreuer:in vor, falls eine rechtliche Betreuung nötig wird[13].
  • Ehepartner­vertretungsrecht: Seit 1. Januar 2023 dürfen Ehe­partner:innen sich in medizinischen Notfällen gegenseitig vertreten - jedoch nur für sechs Monate[4].

Fazit: Rechtzeitig vorsorgen für den Pflege­fall

Eine Vorsorge­vollmacht ist ein wichtiges Instrument, um für den Fall vorzusorgen, dass Sie selbst keine Entscheidungen mehr treffen können. Besonders in Pflege­angelegen­heiten ermöglicht sie Vertrauens­personen, in Ihrem Sinne zu handeln - sei es bei der Auswahl eines Pflege­dienstes, dem Abschluss von Pflege­verträgen oder medizinischen Entscheidungen.

Wichtig ist, die Vorsorge­vollmacht rechtzeitig zu erstellen, solange Sie voll entscheidungs­fähig sind, und eine Person zu wählen, der Sie uneingeschränkt vertrauen. So stellen Sie sicher, dass im Ernstfall nach Ihren Wünschen gehandelt wird und vermeiden eine gerichtlich angeordnete Betreuung durch möglicherweise fremde Personen.