Können Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht aktive Sterbehilfe veranlassen?

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Zusammenfassung

Bevollmächtigte dürfen in Deutschland keine aktive Sterbehilfe veranlassen, weil diese nach § 216 StGB strafbar ist. Sie können dagegen im Rahmen einer Vorsorgevollmacht passive und indirekte Sterbehilfe anordnen, sofern Sie dies in einer Patientenverfügung festgelegt haben. Die Beihilfe zur Selbsttötung ist seit dem BVerfG-Urteil von 2020 erlaubt, wenn die sterbewillige Person selbst handelt.

Wenn Sie eine Vorsorgevollmacht erstellen, fragen Sie sich möglicherweise, welche Entscheidungen Ihre bevollmächtigte Person am Lebensende für Sie treffen darf. Besonders die Frage nach der aktiven Sterbehilfe sorgt häufig für Unsicherheit. Die Antwort ist eindeutig: Bevollmächtigte können mit einer Vorsorgevollmacht keine aktive Sterbehilfe veranlassen. Warum das so ist und welche Alternativen es gibt, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was ist aktive Sterbehilfe?

Aktive Sterbehilfe bezeichnet die gezielte Tötung eines Menschen durch eine bewusste Handlung, etwa durch die Verabreichung eines tödlichen Medikaments. Es handelt sich um einen aktiven Eingriff, der direkt zum Tod führt[1][3][4]. Im Gegensatz dazu stehen andere Formen der Sterbehilfe wie die passive Sterbehilfe (Verzicht auf lebens­verlängernde Maßnahmen) oder die Beihilfe zur Selbst­tötung.

Rechtliche Situation in Deutschland

In Deutschland ist aktive Sterbehilfe grundsätzlich verboten. Sie wird nach § 216 des Strafgesetzbuchs (StGB) als “Tötung auf Verlangen” eingestuft und mit einer Freiheits­strafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft[1][4][17]. Dieses Verbot gilt ausnahmslos - auch wenn:

  • der sterbende Mensch ausdrücklich darum gebeten hat
  • es aus Mitleid geschieht
  • das Ziel die Leidens­verkürzung ist

Der Gesetzgeber hat den Schutz des Lebens als wichtiger eingestuft als den Wunsch nach aktiver Beendigung des Lebens[1].

Vorsorgevollmacht: Befugnisse und Grenzen

Eine Vorsorgevollmacht ist ein Dokument, in dem Sie einer Person Ihres Vertrauens die Vollmacht erteilen, in Ihrem Namen zu handeln, falls Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind[7]. Diese Vollmacht kann verschiedene Bereiche umfassen:

  • Gesundheits­sorge und medizinische Entscheidungen
  • Aufenthalts­bestimmung
  • Vermögens­angelegenheiten
  • Behörden­vertretung

Wichtig: Eine Vorsorgevollmacht darf nicht mit einer Patienten­verfügung verwechselt werden[7]. Während die Vorsorgevollmacht einer Person die rechtliche Vertretungs­macht gibt, legt die Patienten­verfügung Ihre Wünsche bezüglich medizinischer Behandlungen fest.

Kann aktive Sterbehilfe durch eine Vorsorge­vollmacht legitimiert werden?

Die klare Antwort lautet: Nein. Bevollmächtigte können keine aktive Sterbehilfe veranlassen oder durchführen, weil:

  1. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland strafbar[1][3][10]
  2. Eine Vollmacht kann keine strafbaren Handlungen legitimieren[8]
  3. Die Vorsorgevollmacht kann nur rechtlich zulässige Maßnahmen umfassen

Würde ein:e Bevollmächtigte:r aktive Sterbehilfe veranlassen oder durchführen, würde er/sie sich strafbar machen - ungeachtet der Tatsache, dass die vollmacht­gebende Person dies womöglich gewünscht hätte[3][4].

Welche Formen der Sterbehilfe sind in Deutschland erlaubt?

Auch wenn aktive Sterbehilfe verboten ist, gibt es andere Formen der Sterbehilfe, die in Deutschland legal sind:

Passive Sterbehilfe

Passive Sterbehilfe ist erlaubt. Darunter versteht man den Verzicht auf oder den Abbruch von lebens­verlängernden Maßnahmen, wenn dies dem Willen des Patienten entspricht[1][6][13]. Beispiele sind:

  • Nicht-Einleitung einer künstlichen Beatmung
  • Abbruch künstlicher Ernährung
  • Verzicht auf Wieder­belebungs­maßnahmen

Ein Bevollmächtigter darf im Rahmen einer Vorsorgevollmacht solche Entscheidungen treffen, wenn die Vollmacht ausdrücklich gesundheitliche Belange umfasst[9].

Indirekte Sterbehilfe

Die indirekte Sterbehilfe ist ebenfalls erlaubt. Sie liegt vor, wenn Medikamente zur Schmerz­linderung verabreicht werden, die als Neben­wirkung die Lebens­dauer verkürzen können[1][6][13]. Der Haupt­zweck muss jedoch die Schmerz­linderung sein, nicht die Lebens­verkürzung.

Beihilfe zur Selbst­tötung

Seit einem Urteil des Bundesverfassungs­gerichts vom Februar 2020 ist die geschäfts­mäßige Förderung der Selbst­tötung nicht mehr verboten[2][6]. Das bedeutet, dass Vereine und auch Ärzt:innen Menschen beim Suizid helfen dürfen, zum Beispiel durch Bereit­stellung von Medikamenten. Entscheidend ist jedoch, dass die sterbewillige Person die letzte Handlung selbst durchführt[6].

Patienten­verfügung als Alternative

Eine Patienten­verfügung ist ein wichtiges Instrument, um Ihre Wünsche für medizinische Behandlungen am Lebens­ende festzuhalten[6][8]. In einer Patienten­verfügung können Sie:

  • Den Verzicht auf lebens­verlängernde Maßnahmen festlegen
  • Wünsche zur Schmerz­therapie äußern
  • Festlegen, ob bestimmte Behandlungen begonnen oder abgebrochen werden sollen

Wichtig: Eine aktive Sterbehilfe kann auch in einer Patienten­verfügung nicht wirksam angeordnet werden, da sie gegen geltendes Recht verstößt[8][18]. Ein entsprechender Passus in der Patienten­verfügung wäre unwirksam.

Praktische Hinweise für Ihre Vorsorge

Um Ihre Wünsche für das Lebens­ende rechtlich abzusichern, sollten Sie folgende Schritte erwägen:

  1. Erstellen Sie eine Patienten­verfügung, in der Sie konkret festlegen, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen
  2. Erteilen Sie eine Vorsorgevollmacht an eine vertrauens­würdige Person, die Ihre Wünsche kennt
  3. Sprechen Sie offen mit Ihrer bevollmächtigten Person über Ihre Vorstellungen zum Lebens­ende
  4. Lassen Sie sich beraten - idealerweise von Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt und einer rechtlichen Fachperson[6]
  5. Prüfen Sie regelmäßig, ob Ihre Verfügungen noch Ihrem aktuellen Willen entsprechen

Fazit: Klare rechtliche Grenzen

Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht können keine aktive Sterbehilfe veranlassen, da diese in Deutschland verboten ist. Sie können jedoch in Ihrem Sinne andere Entscheidungen am Lebens­ende treffen, etwa zur passiven Sterbehilfe, wenn Sie dies in Ihrer Vollmacht und Patienten­verfügung entsprechend festgelegt haben.

Die Kombination aus Vorsorgevollmacht und Patienten­verfügung bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Wünsche für das Lebens­ende so weit wie rechtlich möglich abzusichern und eine Person Ihres Vertrauens mit der Durchsetzung zu beauftragen.