Dürfen Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht Verträge kündigen oder abschließen?
Mit einer klar formulierten Vorsorgevollmacht können Bevollmächtigte in Ihrem Namen Verträge kündigen oder abschließen, wenn Sie das ausdrücklich festlegen. Eine schriftliche Vollmacht sowie die Vorlage des Originals oder einer beglaubigten Kopie bei den Vertragspartner:innen schafft Nachweis und Rechtssicherheit. So handeln Bevollmächtigte verbindlich, wenn Sie Ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können.
- Was bedeutet rechtliche Vertretung durch eine Vorsorgevollmacht?
- Dürfen Bevollmächtigte Verträge kündigen oder abschließen?
- Welche Arten von Verträgen können betroffen sein?
- Formale Anforderungen bei Vertragsangelegenheiten
- Was muss in der Vorsorgevollmacht stehen?
- Grenzen der Vertretungsmacht
- Rechte und Pflichten der bevollmächtigten Person
- Praktische Fragen und Antworten
- Checkliste: Verträge und Vorsorgevollmacht
- Fazit
Eine Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges Instrument, um für den Fall vorzusorgen, dass Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind. Eine zentrale Frage dabei: Dürfen Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht Verträge kündigen oder abschließen? Die kurze Antwort lautet: Ja, wenn Sie dies in der Vollmacht ausdrücklich geregelt haben. Im Folgenden erfahren Sie alles Wichtige zu diesem Thema.
Was bedeutet rechtliche Vertretung durch eine Vorsorgevollmacht?
Mit einer Vorsorgevollmacht ermächtigen Sie eine Person Ihres Vertrauens, in Ihrem Namen rechtlich bindende Entscheidungen zu treffen. Der oder die Bevollmächtigte wird dadurch zu Ihrem “Vertreter im Willen” - die Person entscheidet an Ihrer Stelle[3].
Rechtliche Grundlage: Die gesetzliche Basis für das Handeln des Bevollmächtigten findet sich in §§ 164 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Das Verhältnis zwischen Ihnen als Vollmachtgeber:in und der bevollmächtigten Person ist ein sogenanntes Auftragsverhältnis nach §§ 662 ff. BGB[3].
Dürfen Bevollmächtigte Verträge kündigen oder abschließen?
Grundsätzlich ja. Eine Vorsorgevollmacht kann alle rechtlich relevanten Handlungen umfassen, bei denen Stellvertretung zulässig ist[3]. Dazu gehören:
- Vertragsabschlüsse
- Vertragskündigungen
- Verlängerung von Verträgen
- Änderung von Vertragsbedingungen
Die bevollmächtigte Person kann dabei im Rahmen der Vollmacht in Ihrem Namen handeln. Diese Handlungen wirken unmittelbar für und gegen Sie als vertretene Person (§ 164 Abs. 1 BGB)[4].
Welche Arten von Verträgen können betroffen sein?
Mit einer entsprechend formulierten Vorsorgevollmacht können Bevollmächtigte verschiedene Arten von Verträgen verwalten:
- Mietverträge: Kündigung oder Abschluss von Wohnungsmietverträgen[10]
- Versicherungsverträge: Abschluss, Änderung oder Kündigung von Versicherungen
- Dienstleistungsverträge: z.B. Pflegedienste, Haushaltshilfen
- Bankgeschäfte: Kontoeröffnungen, -kündigungen
- Telekommunikationsverträge: Handyverträge, Internetanschlüsse[6]
- Versorgungsverträge: Strom, Gas, Wasser
Formale Anforderungen bei Vertragsangelegenheiten
Wenn Bevollmächtigte in Ihrem Namen Verträge kündigen oder abschließen, sind einige formale Aspekte zu beachten:
- Nachweis der Bevollmächtigung: Bei Vertragskündigungen sollte stets das Original oder eine beglaubigte Kopie der Vollmacht vorgelegt werden[9].
- Zurückweisungsrecht: Ein Vertragspartner kann eine Kündigung unverzüglich zurückweisen, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt (§ 174 BGB)[6].
- Formfreiheit: Grundsätzlich gilt für Vollmachten Formfreiheit (§ 167 BGB), aber die schriftliche Form wird dringend empfohlen[17].
- Ausnahmen: Für bestimmte Rechtsgeschäfte sind notarielle Beglaubigungen oder Beurkundungen erforderlich, etwa bei Grundstücksverkäufen[18].
Was muss in der Vorsorgevollmacht stehen?
Damit Ihre Vertrauensperson wirksam Verträge kündigen oder abschließen kann, sollten Sie folgende Punkte in der Vorsorgevollmacht regeln:
- Eindeutige Benennung der bevollmächtigten Person(en)
- Konkreter Umfang der Vertretungsmacht im Bereich Verträge
- Spezifische Bereiche (z.B. “Die Bevollmächtigte ist berechtigt, alle meine Vertragsverhältnisse zu verwalten, einschließlich Kündigungen, Abschlüsse und Änderungen.”)
- Einschränkungen (falls gewünscht, z.B. Wertgrenzen bei Vertragsabschlüssen)
Ein Beispiel für eine Formulierung in der Kündigung könnte lauten:
“Hiermit kündige ich, (Name des Bevollmächtigten), in meiner Eigenschaft als rechtlicher Vorsorgebevollmächtigter von (Name des Vollmachtgebers), den zwischen (Name des Vollmachtgebers) und Ihnen bestehenden Vertrag…”[10]
Grenzen der Vertretungsmacht
Es gibt Bereiche, in denen auch mit einer Vorsorgevollmacht keine Vertretung möglich ist:
- Höchstpersönliche Rechtsgeschäfte wie Eheschließung, Testament oder Ausübung des Wahlrechts[3][7]
- Besondere Bereiche wie medizinische Behandlungen, freiheitsentziehende Unterbringung oder Vertretung in gerichtlichen Verfahren müssen in der Vollmacht ausdrücklich geregelt sein[3]
- Eine allgemeine Generalvollmacht umfasst diese besonderen Bereiche nicht automatisch[3]
Rechte und Pflichten der bevollmächtigten Person
Als Bevollmächtigte:r haben Sie sowohl Rechte als auch Pflichten:
Rechte:
- Handeln im Namen des Vollmachtgebers
- Ausübung der in der Vollmacht festgelegten Befugnisse
Pflichten:
- Treuepflicht gegenüber dem Vollmachtgeber
- Handeln im Sinne und Interesse des Vollmachtgebers
- Sorgfältige Ausführung der übertragenen Aufgaben
- Rechenschaftspflicht über durchgeführte Maßnahmen
Praktische Fragen und Antworten
Können Angehörige automatisch Verträge kündigen?
Nein. In Deutschland dürfen nahe Angehörige - wie Ehepartner:innen, Geschwister, Kinder oder Eltern - nicht automatisch rechtsverbindliche Entscheidungen für Sie treffen, wenn Sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind[18].
Ausnahme: Seit dem 1. Januar 2023 gilt ein eingeschränktes Notvertretungsrecht für Ehegatten. Dieses ist jedoch auf akute medizinische Notsituationen beschränkt, gilt nur für sechs Monate und umfasst keine Vermögensangelegenheiten wie Vertragskündigungen[20].
Ab wann darf der Bevollmächtigte Verträge kündigen?
Die Vorsorgevollmacht tritt erst dann in Kraft, wenn Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind - also Ihren Willen nicht mehr äußern oder verstehen können[18].
Wenn Sie es in der Vollmacht so festlegen, kann die bevollmächtigte Person aber auch sofort nach Erstellung der Vollmacht handeln[4].
Wie kann man Missbrauch verhindern?
Um sicherzustellen, dass die Vollmacht nicht missbraucht wird, können Sie:
- Mehrere Bevollmächtigte einsetzen, die nur gemeinsam handeln dürfen (Vier-Augen-Prinzip)[3]
- Kontrollbevollmächtigte benennen, die die Handlungen des Hauptbevollmächtigten überwachen
- Rechenschaftspflichten in die Vollmacht aufnehmen
- Die Vollmacht mit einer Innenverhältnisregelung versehen, die festlegt, wann und wie die Vollmacht eingesetzt werden darf[11]
Kann der Bevollmächtigte die Vollmacht niederlegen?
Ja, ein Bevollmächtigter kann die Vollmacht niederlegen. Nach § 671 BGB kann der Beauftragte das Auftragsverhältnis jederzeit kündigen[12]. Der Rücktritt sollte:
- Schriftlich erfolgen
- An den Vollmachtgeber gerichtet sein (bei Geschäftsunfähigkeit an das Betreuungsgericht)
- Allen Stellen mitgeteilt werden, bei denen die Vollmacht vorgelegt wurde[12]
Checkliste: Verträge und Vorsorgevollmacht
- Vollmacht eindeutig formulieren: Klare Berechtigung zum Kündigen und Abschließen von Verträgen
- Originale oder beglaubigte Kopien bereithalten
- Bevollmächtigte Person über bestehende Verträge informieren
- Liste aller Verträge erstellen und zugänglich aufbewahren
- Banken und Versicherungen über die Existenz der Vollmacht informieren
- Zeitlichen Vorlauf einplanen: Bei Kündigungen durch Bevollmächtigte kann die Bearbeitung mehr Zeit in Anspruch nehmen[6]
Fazit
Bevollmächtigte können mit einer Vorsorgevollmacht in Ihrem Namen Verträge kündigen oder abschließen, sofern Sie diese Befugnis ausdrücklich in der Vollmacht geregelt haben. Für ein reibungsloses Funktionieren sollten Sie die Vollmacht sorgfältig formulieren und alle formalen Anforderungen beachten. Eine gut durchdachte Vorsorgevollmacht gibt Ihnen und Ihren Angehörigen Sicherheit für den Fall, dass Sie selbst keine Entscheidungen mehr treffen können.