Dürfen Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht psychiatrische Behandlungen genehmigen?

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Zusammenfassung

Bevollmächtigte dürfen psychiatrische Behandlungen nur dann genehmigen, wenn die schriftliche Vorsorgevollmacht diese Befugnis ausdrücklich nennt und die betroffene Person nicht mehr einwilligungsfähig ist. Bei freiheitsentziehenden oder zwangsweisen Maßnahmen ist zusätzlich die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich. Eine ergänzende psychiatrische Patientenverfügung hilft, Ihren individuellen Willen verbindlich festzulegen.

Die Frage, ob Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht psychiatrische Behandlungen genehmigen dürfen, ist für viele Menschen von großer Bedeutung. Wenn Sie oder Ihre Angehörigen eine psychische Erkrankung haben oder befürchten, in Zukunft nicht mehr selbst entscheiden zu können, ist es wichtig zu wissen, welche Rechte und Pflichten mit einer Vorsorgevollmacht verbunden sind.

Grundlegendes zur Vorsorgevollmacht bei psychiatrischen Behandlungen

Eine Vorsorgevollmacht ist ein Dokument, mit dem Sie einer Person Ihres Vertrauens die rechtliche Vertretung für bestimmte Bereiche übertragen können, falls Sie selbst nicht mehr entscheidungs­fähig sein sollten. Dies kann auch Entscheidungen über psychiatrische Behandlungen umfassen.

Wichtig zu wissen: Ein:e Bevollmächtigte:r darf nur dann über psychiatrische Behandlungen entscheiden, wenn die betroffene Person aktuell nicht einwilligungs­fähig ist und die Vollmacht diese Befugnis ausdrücklich enthält[1][13].

Was muss die Vollmacht für psychiatrische Behandlungen enthalten?

Nicht jede Vorsorgevollmacht berechtigt automatisch zur Einwilligung in psychiatrische Behandlungen. Für besondere medizinische Situationen gelten strenge gesetzliche Vorgaben:

  1. Die Vollmacht muss schriftlich erteilt sein[13][17]
  2. Bestimmte Maßnahmen müssen ausdrücklich genannt werden[11][17]

Nach § 1820 Abs. 2 BGB müssen folgende Maßnahmen in der Vollmacht ausdrücklich benannt sein:

  • Gefährliche medizinische Eingriffe, die mit Lebensgefahr oder schweren gesundheitlichen Schäden verbunden sein können[11]
  • Freiheits­entziehende Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung[17]
  • Freiheits­entziehende Maßnahmen wie Fixierungen, Bettgitter oder sedierende Medikamente[11]
  • Ärztliche Zwangs­maßnahmen gegen den natürlichen Willen der betroffenen Person[9][14]

Ärztliche Zwangs­maßnahmen - besonders strenge Regelungen

Eine der sensibelsten Fragen betrifft die Einwilligung in ärztliche Zwangs­maßnahmen. Hierunter fallen Behandlungen gegen den natürlichen Willen einer einwilligungs­unfähigen Person.

Für Bevollmächtigte gilt:

  • Sie dürfen nur in Zwangs­maßnahmen einwilligen, wenn die Vollmacht dies ausdrücklich vorsieht[9][14]
  • Zusätzlich ist immer eine Genehmigung des Betreuungs­gerichts erforderlich[6][7]
  • Zwangs­behandlungen sind nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig:
    • Es muss ein drohender erheblicher gesundheitlicher Schaden abgewendet werden
    • Alternative Maßnahmen müssen geprüft worden sein
    • Der zu erwartende Nutzen muss die Risiken deutlich überwiegen
    • Die Behandlung muss im stationären Rahmen erfolgen[7]

Zusammenspiel mit Patienten­verfügung

Eine Patienten­verfügung kann die Vorsorgevollmacht sinnvoll ergänzen. Darin legen Sie fest, welche Behandlungen Sie in bestimmten Situationen wünschen oder ablehnen.

Wichtig: Der:die Bevollmächtigte ist an Ihre Patienten­verfügung gebunden und muss Ihrem darin festgelegten Willen Geltung verschaffen[3][16]. Die Patienten­verfügung hat Vorrang vor der Einschätzung des Bevollmächtigten.

Eine psychiatrische Patienten­verfügung kann ausdrücklich festlegen:

  • Welche Medikamente Sie ablehnen oder bevorzugen
  • Ob und unter welchen Bedingungen Sie mit einer Unterbringung einverstanden sind
  • Welche alternativen Behandlungs­methoden Sie wünschen[4][16]

Wann kann eine Vollmacht unwirksam sein?

Eine Vorsorgevollmacht kann vom Betreuungs­gericht für unwirksam erklärt werden, wenn:

  • Sie mit dem ausdrücklichen Ziel erteilt wurde, jede ärztliche Behandlung einer psychischen Erkrankung zu verhindern[12]
  • Der:die Bevollmächtigte den Willen der betroffenen Person ohne Rücksicht auf deren Wohl durchsetzt[12]
  • Es konkrete Anhaltspunkte gibt, dass der:die Bevollmächtigte nicht im Sinne der betroffenen Person handelt[2][10]

In diesen Fällen kann das Gericht:

  • Einen Kontroll­betreuer bestellen[2][10]
  • Die Ausübung der Vollmacht untersagen[10]
  • Die Vollmacht aufheben lassen[10]

Praxistipps für Vollmacht­geber:innen und Bevollmächtigte

Für Vollmacht­geber:innen:

  1. Wählen Sie sorgfältig aus, wem Sie vertrauen.
    Bevollmächtigte haben weitreichende Befugnisse - überlegen Sie gut, wem Sie diese anvertrauen[18].

  2. Formulieren Sie Ihre Wünsche klar und detailliert.
    Je genauer Sie Ihre Vorstellungen zur psychiatrischen Behandlung formulieren, desto besser können Ihre Wünsche berücksichtigt werden[3].

  3. Erstellen Sie ergänzend eine psychiatrische Patienten­verfügung.
    Diese sollte Ihre Behandlungs­wünsche für Krisensituationen genau beschreiben[4][19].

  4. Aktualisieren Sie Ihre Vollmacht regelmäßig.
    Eine Überprüfung alle zwei Jahre mit erneuter Datierung und Unterschrift wird empfohlen[18].

Für Bevollmächtigte:

  1. Informieren Sie sich über die Erkrankung der vollmacht­gebenden Person.
    Für gute Entscheidungen ist Wissen über die Erkrankung und frühere Erfahrungen mit Behandlungen wichtig[3].

  2. Halten Sie sich an die Patienten­verfügung.
    Sie sind verpflichtet, dem vorher festgelegten Willen Geltung zu verschaffen[3][16].

  3. Holen Sie für Zwangs­maßnahmen immer die Genehmigung des Betreuungs­gerichts ein.
    Ohne diese Genehmigung dürfen keine Zwangs­maßnahmen durchgeführt werden[7][9].

Fazit: Was Sie mitnehmen sollten

Bevollmächtigte dürfen mit einer Vorsorgevollmacht über psychiatrische Behandlungen entscheiden, wenn:

  • Die Vollmacht schriftlich erteilt wurde
  • Die betreffenden Maßnahmen ausdrücklich in der Vollmacht genannt sind
  • Die betroffene Person aktuell nicht einwilligungs­fähig ist

Für Zwangs­maßnahmen und freiheits­entziehende Maßnahmen ist zusätzlich immer die Genehmigung des Betreuungs­gerichts erforderlich.

Eine gut durchdachte Kombination aus Vorsorgevollmacht und psychiatrischer Patienten­verfügung stellt sicher, dass Ihre Wünsche auch in Krisensituationen respektiert werden. Sprechen Sie frühzeitig mit Ihren Angehörigen und Vertrauens­personen über Ihre Vorstellungen für den Fall einer psychischen Krise.