Dürfen Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht Immobiliengeschäfte durchführen?
Eine Vorsorgevollmacht berechtigt nur dann zum Verkauf oder zur Belastung einer Immobilie, wenn sie ausdrücklich Grundstücksgeschäfte einschließt und Ihre Unterschrift öffentlich beglaubigt ist. Ohne diese Form muss das Betreuungsgericht übernehmen, was zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führt
- Die Vorsorgevollmacht: Grundlagen für Immobilienbesitzer:innen
- Notwendige Formvorschriften für Immobiliengeschäfte
- Der entscheidende Unterschied: Beglaubigung und Beurkundung
- Konsequenzen einer unzureichenden Vollmacht
- Praktische Hinweise zur Erstellung einer Vorsorgevollmacht für Immobilien
- Besondere Fallkonstellationen bei Immobiliengeschäften
- Wann sollten Sie zum Notar gehen?
- Checkliste: Vorsorgevollmacht für Immobiliengeschäfte
- Fazit: Handeln Sie rechtzeitig!
Mit einer Vorsorgevollmacht möchten Sie sicherstellen, dass Ihre Angelegenheiten auch dann geregelt werden, wenn Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind. Besonders bei Immobilien stellt sich die Frage: Können Bevollmächtigte Ihr Haus oder Ihre Wohnung verkaufen oder belasten? Die Antwort lautet: Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Dieser Artikel zeigt Ihnen, worauf Sie achten müssen.
Die Vorsorgevollmacht: Grundlagen für Immobilienbesitzer:innen
Eine Vorsorgevollmacht berechtigt Ihre Vertrauensperson, in Ihrem Namen zu handeln, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Bei Immobilien gilt jedoch: Nicht jede Form der Vorsorgevollmacht reicht für Grundstücksgeschäfte aus.
Eine einfache, selbst erstellte und unterschriebene Vollmacht genügt nicht, um Immobilien zu verkaufen oder zu belasten. Auch wenn Sie Ihrer Ehefrau, Ihrem Ehemann oder Ihren Kindern eine formlose Vollmacht erteilen, können diese damit keine wirksamen Immobiliengeschäfte tätigen.
Notwendige Formvorschriften für Immobiliengeschäfte
Für Immobiliengeschäfte gelten besondere Formanforderungen. Damit Ihre bevollmächtigte Person tatsächlich Ihre Immobilie verkaufen oder andere Grundstücksgeschäfte tätigen kann, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Vollmacht muss ausdrücklich Immobiliengeschäfte einschließen
- Die Unterschrift auf der Vollmacht muss öffentlich beglaubigt sein
Das Grundbuchamt akzeptiert nur Vollmachten, die diesen Anforderungen entsprechen. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 29 der Grundbuchordnung (GBO).
Der entscheidende Unterschied: Beglaubigung und Beurkundung
Für Immobiliengeschäfte stehen Ihnen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:
Option 1: Öffentliche Beglaubigung der Unterschrift
- Was wird beglaubigt? Nur Ihre Unterschrift auf der Vollmacht
- Wer kann beglaubigen? Ein Notar oder eine Betreuungsbehörde
- Kosten: Bei der Betreuungsbehörde etwa 10 Euro, beim Notar zwischen 20 und 80 Euro
Option 2: Notarielle Beurkundung der gesamten Vollmacht
- Was wird beurkundet? Die gesamte Vollmacht mit allen Inhalten
- Vorteile: Höhere Akzeptanz bei Banken und Behörden, rechtliche Beratung durch den Notar
- Kosten: Richten sich nach dem Vermögen, deutlich höher als bei der Beglaubigung
Wichtig zu wissen: Bei der Beglaubigung prüft weder der Notar noch die Betreuungsbehörde den Inhalt der Vollmacht. Es wird nur bestätigt, dass die Unterschrift tatsächlich von Ihnen stammt.
Konsequenzen einer unzureichenden Vollmacht
Was passiert, wenn Sie keine formgerechte Vollmacht für Immobiliengeschäfte hinterlegt haben? Die Folgen können schwerwiegend sein:
- Gerichtliche Betreuung wird notwendig
- Zeitliche Verzögerungen bei dringenden Entscheidungen
- Höhere Kosten durch Gerichtsverfahren und Gutachten
- Fremde Person wird möglicherweise zum Betreuer bestellt
Ein Beispiel aus der Praxis: Frau Schmitt erleidet einen Schlaganfall und muss dauerhaft ins Pflegeheim. Ihre Tochter möchte das Haus verkaufen, um die Pflegekosten zu decken. Ohne beglaubigte Vorsorgevollmacht muss erst eine Betreuung eingerichtet werden. Der Verkauf verzögert sich um Monate, und jeder Verkaufsschritt benötigt die Genehmigung des Betreuungsgerichts.
Praktische Hinweise zur Erstellung einer Vorsorgevollmacht für Immobilien
Wenn Sie möchten, dass Ihre bevollmächtigte Person Immobiliengeschäfte durchführen kann, sollten Sie folgende Punkte beachten:
Inhaltliche Aspekte:
- Nennen Sie die Immobilie konkret oder formulieren Sie allgemein die Erlaubnis zum “Verkauf von Grundstücken und Immobilien”
- Bevollmächtigen Sie eine Vertrauensperson, der Sie vollständig vertrauen
- Legen Sie fest, ob die Vollmacht sofort oder erst im Vorsorgefall gilt
- Bedenken Sie mögliche Einschränkungen (z.B. nur Verkauf, aber keine Belastung durch Hypotheken)
Formale Aspekte:
- Lassen Sie Ihre Unterschrift auf der Vollmacht beglaubigen
- Geben Sie die Vollmacht der bevollmächtigten Person im Original
- Lassen Sie die Vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister registrieren
Besondere Fallkonstellationen bei Immobiliengeschäften
Mehrere Bevollmächtigte
Sie können mehrere Personen bevollmächtigen. Hierbei sollten Sie festlegen, ob die bevollmächtigten Personen nur gemeinsam (Gesamtvollmacht) oder auch einzeln (Einzelvollmacht) handeln dürfen.
Auslandsimmobilien
Bei Immobilien im Ausland kann es sein, dass die deutsche Vorsorgevollmacht nicht anerkannt wird. Informieren Sie sich in diesem Fall über die länderspezifischen Anforderungen.
Vorsorgevollmacht und Grundschuld
Soll Ihre bevollmächtigte Person auch Grundschulden eintragen oder löschen können, muss dies ausdrücklich in der Vollmacht genannt sein.
Wann sollten Sie zum Notar gehen?
Der Gang zum Notar ist sinnvoll, wenn:
- Sie ein größeres Immobilienvermögen besitzen
- Sie rechtliche Beratung zur genauen Formulierung wünschen
- Die Vollmacht auch für andere komplexe Rechtsgeschäfte gelten soll
- Sie maximale Rechtssicherheit benötigen
Der Notar berät Sie individuell und erstellt eine auf Ihre Bedürfnisse angepasste Vollmacht.
Checkliste: Vorsorgevollmacht für Immobiliengeschäfte
☐ Vollmacht schriftlich verfassen
☐ Immobiliengeschäfte ausdrücklich einschließen
☐ Unterschrift öffentlich beglaubigen lassen
☐ Vertrauensperson sorgfältig auswählen
☐ Vollmacht im Zentralen Vorsorgeregister eintragen lassen
☐ Original sicher aufbewahren und zugänglich halten
☐ Bevollmächtigte Person informieren
Fazit: Handeln Sie rechtzeitig!
Eine gut formulierte und formgerechte Vorsorgevollmacht für Immobiliengeschäfte gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre Immobilie auch in schwierigen Lebenssituationen nach Ihren Wünschen verwaltet oder veräußert werden kann.
Die Beglaubigung Ihrer Unterschrift ist hierfür unerlässlich. Mit einer Kostenspanne zwischen 10 und 80 Euro ist diese im Vergleich zu den möglichen Folgekosten einer fehlenden Beglaubigung minimal.
Handeln Sie jetzt - nicht erst, wenn der Vorsorgefall bereits eingetreten ist. Eine vollständige und rechtlich wirksame Vorsorgevollmacht bewahrt Sie und Ihre Angehörigen vor unnötigen Belastungen in ohnehin schon schwierigen Zeiten.