Dürfen Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht Immobiliengeschäfte durchführen?

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Zusammenfassung

Eine Vorsorgevollmacht berechtigt nur dann zum Verkauf oder zur Belastung einer Immobilie, wenn sie ausdrücklich Grundstücks­geschäfte einschließt und Ihre Unterschrift öffentlich beglaubigt ist. Ohne diese Form muss das Betreuungs­gericht übernehmen, was zu Verzögerungen und zusätzlichen Kosten führt

Mit einer Vor­sorge­voll­macht möchten Sie sicher­stellen, dass Ihre An­gelegen­heiten auch dann geregelt werden, wenn Sie selbst nicht mehr handlungsfähig sind. Besonders bei Immobilien stellt sich die Frage: Können Bevollmächtigte Ihr Haus oder Ihre Wohnung verkaufen oder be­lasten? Die Antwort lautet: Ja, aber nur unter bestimmten Voraus­setzungen. Dieser Artikel zeigt Ihnen, worauf Sie achten müssen.

Die Vorsorgevollmacht: Grundlagen für Immobilien­besitzer:innen

Eine Vor­sorge­voll­macht berechtigt Ihre Vertrauens­person, in Ihrem Namen zu handeln, wenn Sie selbst nicht mehr entscheiden können. Bei Immobilien gilt jedoch: Nicht jede Form der Vorsorge­vollmacht reicht für Grund­stücks­geschäfte aus.

Eine einfache, selbst erstellte und unterschriebene Vollmacht genügt nicht, um Immobilien zu verkaufen oder zu be­lasten. Auch wenn Sie Ihrer Ehefrau, Ihrem Ehemann oder Ihren Kindern eine formlose Vollmacht erteilen, können diese damit keine wirksamen Immobilien­geschäfte tätigen.

Notwendige Formvorschriften für Immobiliengeschäfte

Für Immobilien­geschäfte gelten besondere Form­anforderungen. Damit Ihre bevollmächtigte Person tatsächlich Ihre Immobilie verkaufen oder andere Grund­stücks­geschäfte tätigen kann, müssen zwei Voraus­setzungen erfüllt sein:

  1. Die Vollmacht muss ausdrücklich Immobilien­geschäfte einschließen
  2. Die Unterschrift auf der Vollmacht muss öffentlich beglaubigt sein

Das Grund­buch­amt akzeptiert nur Vollmachten, die diesen Anforderungen entsprechen. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 29 der Grund­buch­ordnung (GBO).

Der entscheidende Unterschied: Beglaubigung und Beurkundung

Für Immobilien­geschäfte stehen Ihnen zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

Option 1: Öffentliche Beglaubigung der Unterschrift

  • Was wird beglaubigt? Nur Ihre Unterschrift auf der Vollmacht
  • Wer kann beglaubigen? Ein Notar oder eine Betreuungs­behörde
  • Kosten: Bei der Betreuungs­behörde etwa 10 Euro, beim Notar zwischen 20 und 80 Euro

Option 2: Notarielle Beurkundung der gesamten Vollmacht

  • Was wird beurkundet? Die gesamte Vollmacht mit allen Inhalten
  • Vorteile: Höhere Akzeptanz bei Banken und Behörden, rechtliche Beratung durch den Notar
  • Kosten: Richten sich nach dem Vermögen, deutlich höher als bei der Beglaubigung

Wichtig zu wissen: Bei der Beglaubigung prüft weder der Notar noch die Betreuungs­behörde den Inhalt der Vollmacht. Es wird nur bestätigt, dass die Unterschrift tatsächlich von Ihnen stammt.

Konsequenzen einer unzureichenden Vollmacht

Was passiert, wenn Sie keine form­gerechte Vollmacht für Immobilien­geschäfte hinterlegt haben? Die Folgen können schwerwiegend sein:

  • Gerichtliche Betreuung wird notwendig
  • Zeitliche Verzögerungen bei dringenden Entscheidungen
  • Höhere Kosten durch Gerichts­verfahren und Gutachten
  • Fremde Person wird möglicherweise zum Betreuer bestellt

Ein Beispiel aus der Praxis: Frau Schmitt erleidet einen Schlaganfall und muss dauerhaft ins Pflegeheim. Ihre Tochter möchte das Haus verkaufen, um die Pflege­kosten zu decken. Ohne beglaubigte Vorsorge­vollmacht muss erst eine Betreuung eingerichtet werden. Der Verkauf verzögert sich um Monate, und jeder Verkaufs­schritt benötigt die Genehmigung des Betreuungs­gerichts.

Praktische Hinweise zur Erstellung einer Vorsorgevollmacht für Immobilien

Wenn Sie möchten, dass Ihre bevollmächtigte Person Immobilien­geschäfte durchführen kann, sollten Sie folgende Punkte beachten:

Inhaltliche Aspekte:

  • Nennen Sie die Immobilie konkret oder formulieren Sie allgemein die Erlaubnis zum “Verkauf von Grundstücken und Immobilien”
  • Bevollmächtigen Sie eine Vertrauens­person, der Sie vollständig vertrauen
  • Legen Sie fest, ob die Vollmacht sofort oder erst im Vorsorgefall gilt
  • Bedenken Sie mögliche Einschränkungen (z.B. nur Verkauf, aber keine Belastung durch Hypotheken)

Formale Aspekte:

  • Lassen Sie Ihre Unterschrift auf der Vollmacht beglaubigen
  • Geben Sie die Vollmacht der bevollmächtigten Person im Original
  • Lassen Sie die Vollmacht im Zentralen Vorsorge­register registrieren

Besondere Fallkonstellationen bei Immobiliengeschäften

Mehrere Bevollmächtigte

Sie können mehrere Personen bevollmächtigen. Hierbei sollten Sie festlegen, ob die bevollmächtigten Personen nur gemeinsam (Gesamt­vollmacht) oder auch einzeln (Einzel­vollmacht) handeln dürfen.

Auslandsimmobilien

Bei Immobilien im Ausland kann es sein, dass die deutsche Vorsorge­vollmacht nicht anerkannt wird. Informieren Sie sich in diesem Fall über die länderspezifischen Anforderungen.

Vorsorgevollmacht und Grundschuld

Soll Ihre bevollmächtigte Person auch Grund­schulden eintragen oder löschen können, muss dies ausdrücklich in der Vollmacht genannt sein.

Wann sollten Sie zum Notar gehen?

Der Gang zum Notar ist sinnvoll, wenn:

  • Sie ein größeres Immobilien­vermögen besitzen
  • Sie rechtliche Beratung zur genauen Formulierung wünschen
  • Die Vollmacht auch für andere komplexe Rechts­geschäfte gelten soll
  • Sie maximale Rechts­sicherheit benötigen

Der Notar berät Sie individuell und erstellt eine auf Ihre Bedürfnisse angepasste Vollmacht.

Checkliste: Vorsorgevollmacht für Immobiliengeschäfte

☐ Vollmacht schriftlich verfassen
☐ Immobilien­geschäfte ausdrücklich einschließen
☐ Unterschrift öffentlich beglaubigen lassen
☐ Vertrauens­person sorgfältig auswählen
☐ Vollmacht im Zentralen Vorsorge­register eintragen lassen
☐ Original sicher aufbewahren und zugänglich halten
☐ Bevollmächtigte Person informieren

Fazit: Handeln Sie rechtzeitig!

Eine gut formulierte und form­gerechte Vorsorge­vollmacht für Immobilien­geschäfte gibt Ihnen die Gewissheit, dass Ihre Immobilie auch in schwierigen Lebens­situationen nach Ihren Wünschen verwaltet oder veräußert werden kann.

Die Beglaubigung Ihrer Unterschrift ist hierfür unerlässlich. Mit einer Kosten­spanne zwischen 10 und 80 Euro ist diese im Vergleich zu den möglichen Folge­kosten einer fehlenden Beglaubigung minimal.

Handeln Sie jetzt - nicht erst, wenn der Vorsorge­fall bereits eingetreten ist. Eine vollständige und rechtlich wirksame Vorsorge­vollmacht bewahrt Sie und Ihre Angehörigen vor unnötigen Belastungen in ohnehin schon schwierigen Zeiten.