Dürfen Bevollmächtigte mit einer Vorsorgevollmacht digitale Vermögenswerte verwalten?
Mit einer Vorsorgevollmacht dürfen Bevollmächtigte digitale Vermögenswerte wie Online-Konten, E-Mail-Postfächer oder Kryptowährungen verwalten, sofern dies ausdrücklich in der Vollmacht geregelt ist. Es empfiehlt sich, eine detaillierte Übersicht der digitalen Konten zu erstellen und klare Anweisungen zu hinterlegen, damit die bevollmächtigte Person im Ernstfall handlungsfähig bleibt. So lassen sich digitale Werte und persönliche Erinnerungen nach den eigenen Wünschen sichern und Angehörige entlasten.
- Was gehört zum digitalen Nachlass?
- Rechtslage: Können Bevollmächtigte digitale Vermögenswerte verwalten?
- Vorteile einer digitalen Vorsorgevollmacht
- So erstellen Sie eine Vorsorgevollmacht für digitale Vermögenswerte
- Praktische Umsetzung: So gehen Sie vor
- Besonderheiten bei verschiedenen digitalen Diensten
- Checkliste: Das sollten Sie bei der digitalen Vorsorge beachten
- Warum digitale Vorsorge so bedeutsam ist
- Fazit
Mit einer Vorsorgevollmacht können Bevollmächtigte digitale Vermögenswerte verwalten und im Sinne der vollmachtgebenden Person handeln. Dies gilt sowohl bei vorübergehender Handlungsunfähigkeit als auch nach dem Tod. Die rechtliche Grundlage bietet das Erbrecht, wonach digitale Nachlässe genauso vererbt werden wie physische Güter.
Was gehört zum digitalen Nachlass?
Der digitale Nachlass ist längst ein großer Teil unseres persönlichen Erbes. Er besteht aus allem, was Sie im Internet oder digital hinterlassen[9]:
- Soziale Medien-Profile (Facebook, Instagram, LinkedIn)
- E-Mail-Konten
- Online-Banking und Finanzkonten
- Dokumente auf dem Computer
- Cloud-Speicher mit privaten Fotos und Dateien
- Streaming-Dienste und andere Abonnements
- Digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen
- Online-Shops und Kundenkonten
- Digitale Rechte und Lizenzen
Nach aktueller Rechtslage werden auch diese digitalen Hinterlassenschaften von den gesetzlichen oder testamentarisch festgelegten Erb:innen übernommen[1][10]. Doch ohne Zugangsdaten oder klare Handlungsanweisungen kann die Abwicklung für Hinterbliebene zur zeitaufwendigen und emotional belastenden Aufgabe werden[1].
Rechtslage: Können Bevollmächtigte digitale Vermögenswerte verwalten?
Ja, Bevollmächtigte können mit einer entsprechenden Vorsorgevollmacht digitale Vermögenswerte verwalten. Der Bundesgerichtshof hat 2018 in einem Grundsatzurteil bestätigt, dass der digitale Nachlass der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge unterliegt[10]. Dies bedeutet:
- Erben treten in alle Rechtsverhältnisse des Verstorbenen ein - auch in digitale Verträge und Konten
- Eine spezielle Vorsorgevollmacht kann zusätzlich eine Vertrauensperson zur Verwaltung der digitalen Güter ermächtigen[6]
- Diese Vertrauensperson kann dann z.B. Verträge kündigen, Konten löschen oder in einen Gedenkstatus versetzen[2][4]
Besonders vorteilhaft: Eine Vorsorgevollmacht kann nicht nur für den Todesfall, sondern auch bei vorübergehender Handlungsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall gelten[6][5].
Vorteile einer digitalen Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht speziell für digitale Vermögenswerte bietet folgende Vorteile[6][2]:
- Autorisierung gegenüber Dienstanbietern: Der Bevollmächtigte kann sich gegenüber Online-Diensten legitimieren
- Flexibilität: Die Vollmacht kann jederzeit widerrufen oder angepasst werden
- Sofortige Handlungsfähigkeit: Im Gegensatz zur Betreuungsverfügung muss kein gerichtliches Verfahren abgewartet werden[8]
- Freie Wahl der Vertrauensperson: Sie entscheiden selbst, wer Ihre digitalen Angelegenheiten regeln soll
- Individuelle Festlegungen: Sie können detailliert festlegen, was mit einzelnen Konten passieren soll[2]
So erstellen Sie eine Vorsorgevollmacht für digitale Vermögenswerte
Um eine rechtssichere Vorsorgevollmacht für digitale Vermögenswerte zu erstellen, sollten Sie folgende Punkte beachten:
1. Inhalte der Vollmacht
Eine wirkungsvolle Vorsorgevollmacht für digitale Vermögenswerte sollte folgende Angaben enthalten[5][6]:
- Persönliche Daten der vollmachtgebenden Person (Name, Geburtsdatum, Adresse)
- Persönliche Daten der bevollmächtigten Person
- Klare Benennung der digitalen Vermögenswerte und Konten
- Konkrete Befugnisse: Was darf die bevollmächtigte Person tun? (Zugriff auf Konten, Kündigung von Verträgen, Löschen oder Bewahren von Daten)
- Geltungsdauer: Die Vollmacht sollte ausdrücklich “über den Tod hinaus” gelten[2]
- Datum und Unterschriften beider Parteien
2. Format und Aufbewahrung
Die Vorsorgevollmacht kann auf unterschiedliche Weise erstellt und aufbewahrt werden:
- Papierform: Klassisch, aber sicher - vermerken Sie, wo die Dokumente aufbewahrt werden[4]
- Digitaler Notfallkoffer: Eine sichere digitale Ablage für wichtige Dokumente[5]
- Notarielle Beglaubigung: Erhöht die Akzeptanz bei Banken und Behörden[11]
3. Erstellung einer Übersicht aller digitalen Konten
Führen Sie eine Liste aller Online-Konten mit Zugangsdaten. Diese Liste ist nicht Teil der Vollmacht selbst, sondern wird separat an einem sicheren Ort hinterlegt[2][4]. Die Liste sollte enthalten:
- Name des Dienstes (z.B. Facebook, Amazon, PayPal)
- Benutzernamen und E-Mail-Adresse für den Login
- Passwörter oder Hinweise auf den Passwort-Manager
- Konkrete Anweisungen, was mit dem jeweiligen Konto geschehen soll
Praktische Umsetzung: So gehen Sie vor
Schritt 1: Bestandsaufnahme machen
Machen Sie eine vollständige Bestandsaufnahme Ihrer digitalen Identität[1][2]:
- Welche Online-Konten besitzen Sie?
- Welche haben finanziellen Wert?
- Welche enthalten persönliche Erinnerungen?
- Welche laufenden Verträge bestehen digital?
Schritt 2: Person des Vertrauens auswählen
Wählen Sie sorgfältig aus, wer Ihre digitalen Angelegenheiten regeln soll[2][5]:
- Person sollte technisch versiert sein
- Vertrauenswürdigkeit ist essentiell
- Bereitschaft, die Aufgabe zu übernehmen
- Im Idealfall jünger als Sie selbst
Schritt 3: Dokumente erstellen
Erstellen Sie die notwendigen Dokumente[6][2]:
- Vorsorgevollmacht mit Bezug auf digitale Vermögenswerte
- Separate Liste mit Konten und Zugangsdaten
- Gegebenenfalls ergänzende Festlegungen im Testament
Schritt 4: Regelmäßige Aktualisierung
Die digitale Welt verändert sich schnell - halten Sie Ihre Unterlagen aktuell[12]:
- Überprüfen Sie die Dokumentation mindestens einmal jährlich
- Aktualisieren Sie Passwörter und Kontenlisten
- Informieren Sie Ihre Vertrauensperson über Änderungen
Besonderheiten bei verschiedenen digitalen Diensten
Viele Online-Dienste bieten inzwischen eigene Vorsorgeoptionen an[1][2]:
- Facebook ermöglicht die Einrichtung eines Nachlasskontakts
- Google bietet den “Inaktivitäts-Manager”
- Microsoft erlaubt die Kontolöschung nach Inaktivität
- Apple bietet “Digital Legacy” für iCloud-Inhalte
Diese dienstspezifischen Möglichkeiten können eine sinnvolle Ergänzung zur Vorsorgevollmacht sein, ersetzen diese aber nicht vollständig.
Checkliste: Das sollten Sie bei der digitalen Vorsorge beachten
- [ ] Vollständige Erfassung aller digitalen Konten und Vermögenswerte
- [ ] Auswahl einer geeigneten Vertrauensperson
- [ ] Erstellung einer Vorsorgevollmacht mit klaren Befugnissen
- [ ] Sichere Aufbewahrung von Zugangsdaten
- [ ] Klare Anweisungen, was mit welchem Konto passieren soll
- [ ] Regelmäßige Aktualisierung der Dokumentation
- [ ] Information der bevollmächtigten Person über Aufbewahrungsort
Ohne diese Vorkehrungen müssten Ihre Angehörigen jeden einzelnen Anbieter kontaktieren und oft langwierige Nachweisverfahren durchlaufen, um Zugriff zu erlangen oder Konten zu schließen[1][4].
Warum digitale Vorsorge so bedeutsam ist
Laut einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom haben bisher nur etwa 40% der Deutschen Vorkehrungen für ihren digitalen Nachlass getroffen[11], obwohl inzwischen fast jeder Mensch zahlreiche digitale Spuren hinterlässt.
Eine fehlende Regelung des digitalen Nachlasses kann zu mehreren Problemen führen:
- Fortlaufende Kosten durch weiterbestehende Abonnements
- Identitätsmissbrauch durch Hackerangriffe auf inaktive Konten
- Verlust wertvoller Erinnerungen wie Fotos und Nachrichten
- Ungewolltes Fortbestehen in sozialen Netzwerken
- Verlust finanzieller Werte wie Guthaben oder Kryptowährungen
Die rechtzeitige Regelung Ihres digitalen Nachlasses durch eine Vorsorgevollmacht schützt nicht nur Ihre persönlichen Daten, sondern erleichtert Ihren Angehörigen in schwierigen Zeiten die Abwicklung Ihrer Angelegenheiten[9].
Fazit
Ja, mit einer Vorsorgevollmacht können Bevollmächtigte digitale Vermögenswerte verwalten - sowohl bei vorübergehender Handlungsunfähigkeit als auch nach dem Tod. Die Vorsorgevollmacht stellt sicher, dass Ihre digitalen Werte und Erinnerungen nach Ihren Wünschen behandelt werden.
Ein gut geplanter digitaler Nachlass verhindert, dass wertvolle digitale Vermögenswerte verloren gehen oder unnötige Komplikationen entstehen[9]. Die sorgfältige Auswahl einer vertrauenswürdigen Person und die klare Dokumentation Ihrer Wünsche sind dabei der Schlüssel zum Erfolg.