Wie können Familienstreitigkeiten über die Vormundschaft durch klare Testamentsklauseln vermieden werden?

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Zusammenfassung

Klare Testamentsklauseln zur Vormundschaft verhindern Familienstreitigkeiten, indem sie festlegen, wer im Todesfall die Verantwortung für minderjährige Kinder übernimmt. Eltern sollten eine geeignete Person als Vormund sowie eine Ersatzperson benennen, diese Entscheidung schriftlich begründen und regelmäßig aktualisieren. Eine notariell beurkundete Regelung bietet zusätzliche Sicherheit und sorgt dafür, dass die Wünsche der Eltern respektiert werden.

Die Frage, wer die Verantwortung für minderjährige Kinder übernimmt, wenn beide Eltern­teile versterben, gehört zu den schwersten Entscheidungen überhaupt. Ohne klare Testament­regelungen können schmerzhafte Konflikte zwischen Familien­mitgliedern entstehen, die das Wohl der Kinder gefährden. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Sie durch präzise Formulierungen im [Testament]((/ratgeber/testament/testament-grundlagen/was-ist-ein-testament) Klarheit schaffen und möglichen Streit vermeiden können.

Warum die testament­arische Regelung der Vormundschaft so wichtig ist

Wenn Eltern keine Vorsorge treffen, entscheidet das Familien­gericht, wer im Todes­fall die Vormundschaft für minderjährige Kinder übernimmt. Dies geschieht nach Anhörung von Verwandten und dem Jugend­amt[1]. Ohne Ihre persönlichen Vorgaben besteht das Risiko, dass:

  • eine Person zum Vormund bestellt wird, die Sie nicht bevorzugt hätten
  • zwischen verschiedenen Verwandten Streit um die Vormundschaft entsteht
  • Ihre Kinder in einer Übergangs­phase vorübergehend unter die Obhut des Jugend­amtes kommen

Die frühzeitige Regelung der Vormundschaft ist ein Akt der Verantwortung und Fürsorge für Ihre Kinder - und zugleich ein Mittel, um Familie und Angehörige vor belastenden Konflikten zu schützen[7].

Rechtliche Grundlagen: Das sollten Sie wissen

Wer darf einen Vormund benennen?

Das Benennungs­recht steht Ihnen als Eltern zu, wenn:

  • Ihnen zum Zeitpunkt Ihres Todes die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes zusteht[3]
  • Sie gemeinschaftlich sorge­berechtigt sind oder das alleinige Sorgerecht besitzen[1]

Wichtig: Das Benennungs­recht entfällt, wenn:

  • Ihnen die elterliche Sorge entzogen wurde
  • Die Vermögens­sorge und Personen­sorge zwischen den Eltern aufgeteilt ist[7]

Bei einer Teil­beschränkung der elterlichen Sorge, etwa wenn einem Eltern­teil nur das Aufenthalts­bestimmungs­recht übertragen wurde, bleibt das Benennungs­recht bestehen[7].

Was passiert, wenn beide Eltern unterschiedliche Vormünder benennen?

Haben Vater und Mutter in ihren Testamenten verschiedene Personen als Vormund benannt, gilt die Benennung durch den zuletzt verstorbenen Eltern­teil[3]. Um Konflikte zu vermeiden, ist es daher ratsam, dass sich Eltern auf einen gemeinsamen Vormund einigen.

So wählen Sie den geeigneten Vormund aus

Die Wahl des Vormunds sollte sorgfältig überlegt sein. Folgende Aspekte können Ihnen bei der Entscheidung helfen:

Familiäre Bindungen berücksichtigen

Das Bundes­verfassungs­gericht hat entschieden, dass Großeltern aufgrund ihrer familiären Bindung zu ihren Enkel­kindern bei der Auswahl eines Vormunds vorrangig berücksichtigt werden sollten[4]. Diese natürliche Verbindung kann für Ihre Kinder besonders wertvoll sein.

Lebens­umstände und Werte bedenken

Stellen Sie sich folgende Fragen:

  • Welche Person teilt Ihre Erziehungs­vorstellungen und Werte?
  • Wer verfügt über ausreichend Zeit und Energie für die Betreuung?
  • Wer hat eine stabile Lebens­situation (Wohnung, Finanzen, Beruf)?
  • Bei welcher Person fühlen sich Ihre Kinder bereits heute wohl?

Alternative Vormünder benennen

Menschen­leben verändern sich: Der von Ihnen gewünschte Vormund könnte im Ernst­fall vielleicht nicht zur Verfügung stehen. Benennen Sie daher immer auch eine Ersatz­person als alternativen Vormund[7].

So formulieren Sie klar und eindeutig in Ihrem Testament

Eine präzise Formulierung hilft, Interpretations­spielräume und damit potenzielle Konflikte zu vermeiden.

Muster­formulierung für die Vormundschafts­regelung

Eine klare Formulierung könnte so aussehen:

"Wir, [vollständige Namen der Eltern], bestimmen, dass im Fall unseres gemeinsamen Ablebens die Vormundschaft für unsere Kinder [vollständige Namen und Geburts­daten der Kinder] von [vollständiger Name, Geburts­datum und aktuelle Adresse des gewünschten Vormunds] übernommen werden soll.

Für den Fall, dass die genannte Person die Vormundschaft nicht übernehmen kann oder will, benennen wir als Ersatz­vormund [vollständiger Name, Geburts­datum und aktuelle Adresse des Ersatz­vormunds]."[5][7]

Begründung Ihrer Entscheidung

Fügen Sie eine nachvollziehbare Begründung hinzu, warum Sie sich für diese Person entschieden haben. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Familien­gericht Ihrem Wunsch entspricht[7]:

“Die von uns benannte Person ist aus folgenden Gründen besonders geeignet: [Erläuterung der persönlichen Beziehung zum Kind, gemeinsame Werte, Erziehungs­vorstellungen, räumliche Nähe, bisherige Einbindung in die Erziehung etc.].”

Besondere Situationen rechtssicher regeln

Gemeinsame Vormundschaft von Paaren

Nicht nur Ehe­paare, sondern auch Personen in eingetragenen Lebens­partnerschaften können gemeinsam zu Vormündern bestellt werden[6]. Formulieren Sie in diesem Fall:

“Wir bestimmen, dass [vollständige Namen des Paares] gemeinsam die Vormundschaft für unsere Kinder übernehmen sollen.”

Ausschluss bestimmter Personen von der Vormundschaft

Manchmal ist es ebenso wichtig festzulegen, wer auf keinen Fall Vormund werden soll:

“Wir legen ausdrücklich fest, dass [vollständiger Name] nicht als Vormund für unsere Kinder in Betracht kommen soll, weil [sachliche Begründung].”[7]

Über die Vormundschaft hinaus denken: Ergänzende Maßnahmen

Kombination mit Testaments­vollstreckung

Es kann sinnvoll sein, den Vormund auch zum Testaments­vollstrecker zu ernennen[3]. Dies erleichtert insbesondere:

  • die Verfügung über Grund­besitz
  • die Verwaltung des Vermögens auch über die Vollendung des 18. Lebens­jahres hinaus

Beachten Sie aber: Es können rechtliche Komplikationen durch diese Doppel­stellung entstehen[3].

Vollmacht für die Übergangs­zeit

Um eine Versorgungs­lücke zwischen Ihrem Tod und der Eröffnung des Testaments zu vermeiden, sollten Sie dem designierten Vormund bereits zu Lebzeiten eine Vollmacht erteilen. So stellen Sie sicher, dass die elterliche Sorge lücken­los gewährleistet ist und das Jugendamt nicht unnötig eingeschaltet werden muss[7].

Vertrauens­person für die Kinder bestimmen

Seit der Reform des Vormundschafts­rechts 2023 steht das Kind als Person im Mittelpunkt. Es soll an Entscheidungen, die sein Wohl betreffen, beteiligt werden[8]. Benennen Sie daher auch eine Person, die Ihre Kinder bereits gut kennen und der sie vertrauen, als Ansprech­partner:in für den Vormund.

Praktische Checkliste: So vermeiden Sie Streit um die Vormundschaft

Gemeinsame Entscheidung treffen: Einigen Sie sich als Eltern auf dieselbe Person als Vormund

Vormund informieren: Sprechen Sie mit der Person, die Sie als Vormund vorsehen, und holen Sie ihr Einverständnis ein

Ersatz­vormund benennen: Legen Sie eine Alternative fest, falls die erste Wahl ausfällt

Entscheidung schriftlich festhalten: Formulieren Sie die Vormund­benennung präzise in Ihrem Testament oder Erbvertrag

Begründung beifügen: Erklären Sie nachvollziehbar, warum Sie sich für diese Person entschieden haben

Vollmacht für Übergangs­zeit erteilen: Sorgen Sie für eine lücken­lose rechtliche Vertretung Ihrer Kinder

Testament regelmäßig aktualisieren: Überprüfen Sie Ihre Entscheidung in regelmäßigen Abständen auf Aktualität

Notariell beurkunden lassen: Ein notariell beurkundetes Testament bietet zusätzliche Rechts­sicherheit

Fazit: Voraus­schauend handeln schützt Ihre Familie

Die Regelung der Vormundschaft im Testament ist mehr als eine juristische Formalität - sie ist ein Akt der Fürsorge für Ihre Kinder und Ihre Familie. Durch klare Festlegungen können Sie:

  • Ihren Kindern die traumatische Erfahrung von Familien­streitigkeiten nach dem Verlust der Eltern ersparen
  • sicherstellen, dass Ihre Erziehungs­vorstellungen weitergeführt werden
  • verhindern, dass ein Gericht ohne Kenntnis Ihrer Wünsche entscheiden muss

Handeln Sie jetzt - Ihre Vorsorge gibt Ihnen die Gewissheit, dass für Ihre Kinder auch in schweren Zeiten bestmöglich gesorgt ist.