Welche Kriterien sind bei der Auswahl eines Vormunds für Kinder oder pflegebedürftige Erwachsene entscheidend?
Die Auswahl eines Vormunds für Kinder oder eines Betreuers für pflegebedürftige Erwachsene orientiert sich an gesetzlichen Vorgaben, wobei das Wohl der betroffenen Person und deren Wünsche im Vordergrund stehen. Geeignete Personen aus dem familiären oder nahen Umfeld haben Vorrang, müssen jedoch bereit und fähig sein, die Verantwortung zu übernehmen. Durch frühzeitige Vorsorge, etwa über Testamente oder Vollmachten, können Sie selbst Einfluss auf diese wichtige Entscheidung nehmen.
Bei der Frage, wer für schutzbedürftige Menschen rechtliche Verantwortung übernehmen soll, steht viel auf dem Spiel. Die Auswahl der passenden Person als Vormund für ein Kind oder als Betreuer:in für pflegebedürftige Erwachsene folgt klaren Regeln. Dieser Artikel stellt die Kriterien vor, die bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen.
Vormundschaft für Kinder: Grundlagen und rechtlicher Rahmen
Eine Vormundschaft für Kinder wird nötig, wenn diese ohne elterliche Sorge aufwachsen. Der Vormund übernimmt die rechtliche Fürsorge für eine minderjährige Person und hat grundsätzlich dieselben Rechte und Pflichten wie Eltern[8]. Nur Minderjährige können unter die Aufsicht eines Vormunds gestellt werden[2].
Das Familiengericht ordnet eine Vormundschaft in folgenden Fällen an:
Wichtige Kriterien für die Auswahl eines Vormunds
Eignungskriterien nach gesetzlichen Vorgaben
Die Auswahl des Vormunds erfolgt durch das Familiengericht nach strengen Eignungskriterien[7]. Zum Vormund können nur volljährige und geschäftsfähige Personen bestellt werden[7]. Eine bestimmte berufliche Qualifikation ist nicht erforderlich[7].
Für die Eignung eines Vormunds sind folgende Aspekte zu beachten:
- Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse
- Erfahrungen und Kenntnisse
- Familiäre Situation
- Lebensalter
- Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit anderen Beteiligten[1][4]
Bei der Auswahl gilt ein zweistufiges Verfahren:
- Ermittlung des geeigneten Personenkreises für den Mündel
- Auswahl aus diesem Personenkreis[4]
Vorrangregelungen bei mehreren Kandidaten
Das Gesetz legt eine klare Reihenfolge fest: Eine Person, die geeignet und bereit ist, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen, hat Vorrang gegenüber einem Berufsvormund, Vereinsvormund oder Amtsvormund[1]. Dies basiert auf der Annahme, dass nicht berufsmäßig tätige Personen mehr Zeit, Engagement und persönliche Zuwendung aufbringen können[1].
Wichtig: Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Verwandte automatisch bevorzugt werden. Richtig ist nur, dass das Gericht im ersten Schritt prüft, ob im nahen Verwandtenkreis geeignete Personen zur Verfügung stehen[10]. Für Verwandte gelten aber die gleichen Eignungsmaßstäbe wie für alle anderen Kandidat:innen[10].
Berücksichtigung des Kindeswohls und der Kindeswünsche
Das Wohl des Kindes steht im Mittelpunkt der Entscheidung. Dabei sollten folgende Aspekte beachtet werden:
- Dem Kind muss alters- und entwicklungsgerecht die Situation erklärt werden
- Es sollte die Möglichkeit haben, seine Sichtweise und Wünsche zu äußern
- Ab dem 14. Lebensjahr muss das Kind zwingend angehört werden[1][4]
Für die Auswahl sind außerdem relevant:
- Die aktuelle Lebenswelt des Kindes
- Religion und kulturelle Hintergründe
- Lebensumstände und Perspektive des Kindes
- Persönliche Eigenschaften des Vormunds[1]
Bestimmungsrecht der Eltern
Eltern können durch eine Verfügung von Todes wegen ([Testament]((/ratgeber/testament/testament-grundlagen/was-ist-ein-testament) oder Erbvertrag) bestimmen, wer im Fall ihres Todes Vormund ihres Kindes werden soll[4][7]. Diese Entscheidung ist für das Familiengericht bindend, sofern die ausgewählte Person geeignet ist[7].
Eltern können auch bestimmte Personen von der Vormundschaft ausschließen. Das Bestimmungsrecht gilt jedoch nur für den Fall des Todes der Eltern[7].
Betreuung für pflegebedürftige Erwachsene
Seit 1992 gibt es in Deutschland keine Vormundschaft für Erwachsene mehr. Stattdessen wird von einer Betreuung gesprochen[2]. Diese kommt in Frage, wenn eine Person aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbstständig zu regeln[6].
Definition der Pflegebedürftigkeit
Als pflegebedürftig gelten Personen, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen haben oder gesundheitlich bedingte Belastungen nicht selbstständig kompensieren können[13]. Die Pflegebedürftigkeit muss voraussichtlich länger als sechs Monate andauern[16].
Kriterien für die Auswahl eines Betreuers
Das Betreuungsgericht prüft die Eignung des potenziellen Betreuers unter Berücksichtigung sowohl der persönlichen als auch der fachlichen Eignung[14]. Der Betreuer muss in der Lage sein, die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen und den erforderlichen persönlichen Kontakt zu halten[14].
Folgende Kriterien sind für das Gericht bei der Auswahl wichtig:
- Familienangehörige haben Vorrang, sofern sie nicht durch eine Verfügung ausgeschlossen wurden
- Nahestehende Personen wie Verwandte oder Freunde können als Betreuer in Frage kommen
- Bei fehlenden Kandidaten aus dem persönlichen Umfeld werden Personen eines Betreuungsvereins oder Beschäftigte der Betreuungsbehörde bestimmt[6]
Berufliche Betreuer:innen müssen sich bei der Betreuungsbehörde registrieren lassen und spezifische Kenntnisse nachweisen:
- Kenntnisse im Betreuungsrecht und Sozialrecht
- Wissen über die Kommunikation mit kranken und behinderten Menschen[6]
Berufsmäßige Betreuer:innen kommen erst in Frage, wenn alle anderen Möglichkeiten für eine ehrenamtliche Betreuung ausgeschöpft sind[6].
Berücksichtigung der Wünsche der zu betreuenden Person
Das Gericht soll den Wünschen der betroffenen Person nachkommen. Nur wenn die gewünschte Person nach Auffassung des Gerichts nicht geeignet ist, kann eine andere Person bestimmt werden[6].
Kontrolle und Aufsicht
Kontrolle von Vormündern
Ein Vormund muss dem Familiengericht regelmäßig ausführlich über das Kind berichten und über die Verwendung der Gelder des Kindes Rechenschaft ablegen. Zudem hat ein Vormund das Kind wenigstens einmal monatlich in seinem üblichen Umfeld persönlich zu treffen[3].
Kontrolle von Betreuern
Betreuer:innen werden vom Betreuungsgericht beaufsichtigt und kontrolliert. Sie müssen jährlich einen Bericht abgeben. Bei Verantwortung für die Vermögensverwaltung muss genau nachgewiesen werden, welche Transaktionen stattgefunden haben[6].
Bei Betreuung durch Eltern, Ehepartner:innen oder Kinder verzichtet das Gericht auf eine jährliche Prüfung der Finanzgeschäfte. Am Ende der Betreuung müssen jedoch alle Belege vorgelegt werden[6].
Praktische Tipps für die Vorsorge
Vorsorge für Ihre Kinder
Als Eltern können Sie durch ein Testament oder einen Erbvertrag bestimmen, wer im Fall Ihres Todes die Vormundschaft für Ihre Kinder übernehmen soll. Dies ist sinnvoll, da Sie die Bindungen Ihrer Kinder am besten kennen und eine geeignete Person auswählen können[4].
Sprechen Sie mit der Person Ihres Vertrauens über Ihre Wünsche und stellen Sie sicher, dass diese bereit ist, diese Verantwortung zu übernehmen.
Vorsorge für sich selbst
Für Ihre eigene Zukunftsvorsorge können Sie eine Betreuungsvollmacht erstellen. Darin legen Sie fest, wer im Ernstfall Ihre Interessen wahrnehmen soll[6]. Wichtig ist, eine vertrauenswürdige Person zu wählen und offen mit ihr über Ihre Wünsche zu sprechen.
Liegt eine Betreuungsverfügung oder Generalvollmacht vor, besteht keine Notwendigkeit für einen vom Gericht bestellten Betreuer[6].
Fazit
Die Auswahl eines Vormunds für Kinder oder eines Betreuers für pflegebedürftige Erwachsene folgt klaren gesetzlichen Vorgaben. Bei Kindern stehen das Kindeswohl und die altersgerechte Beteiligung im Vordergrund. Bei Erwachsenen wird die Selbstbestimmung durch die Berücksichtigung der eigenen Wünsche gewahrt.
In beiden Fällen haben Personen aus dem familiären Umfeld oft Vorrang, müssen aber für die Aufgabe geeignet sein. Durch frühzeitige Vorsorge können Sie Einfluss darauf nehmen, wer im Bedarfsfall diese wichtige Aufgabe übernimmt und Ihre Interessen oder die Ihrer Kinder vertritt.
Eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema gibt Ihnen und Ihren Angehörigen Sicherheit und Klarheit für die Zukunft.