Welche Haftungsrisiken bestehen für Treuhänder bei Fehlinvestitionen?

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Zusammenfassung

Treuhänder:innen haften für Fehlinvestitionen, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten verletzen, etwa durch unzureichende Prüfung oder grobe Fahrlässigkeit. Entscheidend ist, ob die Entscheidungen unter den Umständen vertretbar waren. Um Haftungsrisiken zu minimieren, sollten sie sorgfältig prüfen, transparent kommunizieren und klare vertragliche Regelungen treffen.

Als Treuhänder tragen Sie eine besondere Verantwortung: Sie verwalten fremdes Vermögen und müssen dabei stets im besten Interesse des Treugebers handeln. Doch was passiert, wenn Investitionen nicht den gewünschten Erfolg bringen? Wann haften Sie persönlich für finanzielle Verluste? Dieser Artikel beleuchtet die recht­lichen Grundlagen und praktischen Aspekte der Treuhänder­haftung.

Was bedeutet es, als Treuhänder:in zu handeln?

Ein Treuhand­verhältnis entsteht, wenn eine Person (Treugeber) einer anderen Person (Treuhänder) Vermögens­werte oder Rechte anvertraut, damit diese sie im Interesse des Treugebers verwaltet. Der Treuhänder wird rechtlich betrachtet zum Eigentümer des Vermögens, ist aber verpflichtet, nach den Vorgaben des Treugebers zu handeln.

Das Treuhand­verhältnis wird rechtlich als Geschäfts­besorgungs­vertrag gemäß § 675 Abs. 1 BGB eingeordnet[7]. Dies hat wichtige Konsequenzen für die Haftung: Als Treuhänder:in sind Sie zur sorgfältigen Ausführung Ihrer Aufgaben verpflichtet, ohne jedoch ein bestimmtes Ergebnis garantieren zu müssen.

Wann haften Treuhänder:innen für Fehlinvestitionen?

Die Frage der Haftung bei Fehlinvestitionen lässt sich nicht pauschal beantworten. Entscheidend sind mehrere Faktoren:

1. Vertragliche Pflichten

Ihre Haftung wird zunächst durch die im Treuhand­vertrag festgelegten Pflichten bestimmt. Als Treuhänder:in müssen Sie:

  • Die Interessen des Treugebers wahren
  • Nach dessen Weisungen handeln
  • Regelmäßig über den Stand der Vermögens­verwaltung informieren
  • Sorgfältig mit dem anvertrauten Vermögen umgehen

Wichtig: Je detaillierter die Pflichten im Vertrag geregelt sind, desto klarer ist Ihr Handlungs­rahmen definiert[5].

2. Rechtsprechung zur Treuhänder­haftung

Die Gerichte haben in verschiedenen Urteilen die Haftung von Treuhänder:innen konkretisiert:

  • Der BGH hat in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass Treuhänder für Vermittler und deren Unter­vermittler haften können, wenn diese den Anleger fehlerhaft beraten haben[3].
  • Das OLG Frankfurt am Main lehnte hingegen eine Haftung eines Traders bei Fehlinvestitionen in Krypto­währungen für einen Freund ab, da es sich um einen abgesprochenen Freundschafts­dienst handelte und dabei Gewinne erzielt wurden[1].

Diese unterschiedlichen Urteile zeigen: Die konkrete Art der Beziehung zwischen Treugeber und Treuhänder spielt eine entscheidende Rolle für die Haftungs­frage.

Die Abgrenzung: Legitime Entscheidung oder Fahrlässigkeit?

Die zentrale Frage bei Fehlinvestitionen ist: War die Entscheidung unter den gegebenen Umständen vertretbar oder liegt eine Sorgfalts­pflichtverletzung vor?

Einfache Fahrlässigkeit

Einfache Fahrlässigkeit liegt vor, wenn Sie als Treuhänder:in die “im Verkehr erforderliche Sorgfalt” außer Acht lassen (§ 276 Abs. 2 BGB)[13]. Dies bedeutet:

  • Sie haben bei Ihrer Entscheidung nicht so sorgfältig gehandelt, wie es von einer vernünftigen, in diesem Bereich tätigen Person zu erwarten wäre
  • Der Schaden wäre bei sorgfältigem Handeln vermeidbar gewesen

Beispiel: Sie investieren in eine Anlage, ohne zuvor die grundlegenden Kennzahlen oder Markt­entwicklungen zu prüfen.

Grobe Fahrlässigkeit

Schwerwiegender ist die grobe Fahrlässigkeit. Sie liegt vor, wenn Sie:

  • Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzen
  • Ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellen
  • Sich über offensichtliche Risiken hinwegsetzen[4]

Gerichte beschreiben grobe Fahrlässigkeit als “schlechthin unentschuldbare Pflicht­verletzung”[4]. Bei Vorliegen grober Fahrlässigkeit ist die Haftung nahezu unausweichlich.

Beispiel: Sie investieren trotz deutlicher Warnzeichen und negativer Experten­meinungen das gesamte Treugut in ein hoch­spekulatives Einzelprojekt.

Vorsatz

Die schwerste Form ist der Vorsatz, der in zwei Ausprägungen vorkommt:

  • Direkter Vorsatz: Sie handeln bewusst zum Nachteil des Treugebers
  • Bedingter Vorsatz (Eventualvorsatz): Sie nehmen einen möglichen Schaden zumindest billigend in Kauf[13]

Die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit ist oft schwierig, aber rechtlich bedeutsam.

Schutzmechanismen für Treuhänder:innen

Als Treuhänder:in sollten Sie proaktiv handeln, um Ihr Haftungs­risiko zu minimieren:

1. Freistellungs­ansprüche kennen und nutzen

Als Treuhänder:in haben Sie einen gesetzlichen Freistellungs­anspruch gegen den Treugeber aus §§ 675 Abs. 1, 670, 257 BGB[7]. Dies bedeutet: Wenn Sie im Rahmen Ihrer Treuhänder­tätigkeit von Dritten in Anspruch genommen werden, kann der Treugeber verpflichtet sein, Sie freizustellen.

Der BGH hat bestätigt, dass Treuhänder:innen diese Freistellungs­ansprüche auch an Dritte abtreten können[7].

2. Sorgfältige Dokumentation und Due Diligence

Um sich gegen Haftungs­ansprüche zu schützen, empfiehlt sich:

  • Gründliche Due-Diligence-Prüfung vor jeder Investition
  • Lückenlose Dokumentation aller Entscheidungs­prozesse
  • Transparente Kommunikation mit dem Treugeber
  • Risiko­aufklärung vor jeder Investitions­entscheidung

Das OLG Oldenburg hat klargestellt: “Solange keine gesicherten Erkenntnisse über das zu erwerbende Unternehmen vorhanden sind, wird eine Due Diligence durchzuführen sein. Wird dies unterlassen, kommt bei einer zu erheblichen Verlusten führenden Fehlinvestition eine Haftung in Betracht.”[12]

3. Vertragliche Absicherung

Eine sorgfältige vertragliche Gestaltung kann Ihr Haftungs­risiko erheblich reduzieren:

  • Klare Definition Ihrer Pflichten und Befugnisse
  • Festlegung von Haftungs­höchstgrenzen
  • Vereinbarung eines angemessenen Risiko­profils
  • Regelungen zur Berichterstattung und Konsultation

Achten Sie darauf, dass diese Vereinbarungen die gesetzlichen Grenzen nicht überschreiten - bestimmte Haftungen können nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

Fallbeispiele aus der Rechtsprechung

Der “Freundschaftsdienst” (OLG Frankfurt a.M.)

Ein Kläger hatte seinen Freund beauftragt, Erlöse aus einem Hauskauf in Krypto­währungen zu investieren. Der Beklagte wechselte einen Teil der erworbenen Ethereum in Bitcoin. Als der Ethereum-Kurs später stieg, verklagte der Kläger seinen Freund auf den entgangenen Gewinn.

Das OLG Frankfurt a.M. (Urteil v. 19.04.2023) wies die Klage ab und begründete:

  • Es handelte sich um einen Freundschafts­dienst
  • Der Kläger hatte zuvor dem Wechsel von Krypto­währungen zugestimmt
  • Es wurden trotz des Wechsels erhebliche Gewinne erzielt
  • Der Kläger konnte nicht beweisen, dass der erneute Wechsel untersagt war[1]

Der BGH zur Beratungshaftung

In verschiedenen Urteilen hat der BGH festgestellt, dass Treuhänder für Vermittler und deren Untervermittler haften, wenn diese den Kapitalanleger fehlerhaft beraten haben. Die Übergabe eines Prospekts entbindet den Vermittler nicht von der Pflicht zu korrekter Beratung[3].

Praktische Handlungs­empfehlungen für Treuhänder:innen

Um sich vor Haftungs­risiken zu schützen, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Sorgfältig prüfen: Führen Sie vor jeder Investition eine angemessene Prüfung durch und dokumentieren Sie diese

  2. Transparent kommunizieren: Halten Sie den Treugeber über alle wesentlichen Schritte auf dem Laufenden

  3. Risiken offenlegen: Weisen Sie auf bestehende Risiken hin und holen Sie ggf. die Zustimmung des Treugebers ein

  4. Vertrag genau definieren: Legen Sie Ihre Pflichten und Befugnisse im Treuhand­vertrag klar fest

  5. Externer Rat: Ziehen Sie bei komplexen Entscheidungen Fach­leute hinzu

  6. Diszipliniertes Risiko­management: Streuen Sie das Anlage­risiko entsprechend den Vorgaben

  7. Versicherungs­schutz: Prüfen Sie den Abschluss einer Berufs­haftpflicht­versicherung

Fazit: Balance zwischen Handlungs­freiheit und Verantwortung

Als Treuhänder:in bewegen Sie sich im Spannungs­feld zwischen unternehmerischem Handeln und treuhänderischer Sorgfalts­pflicht. Nicht jede Fehlinvestition führt automatisch zu einer Haftung. Entscheidend ist, ob Sie bei Ihren Entscheidungen die gebotene Sorgfalt haben walten lassen.

Die Recht­sprechung zeigt: Solange Sie Ihre Pflichten ernst nehmen, Investitionen sorgfältig prüfen und transparent mit dem Treugeber kommunizieren, ist Ihr Haftungs­risiko überschaubar. Die bewusste Auseinander­setzung mit möglichen Risiken und deren Dokumentation schützt Sie in den meisten Fällen vor persönlicher Haftung.

Denken Sie daran: Der beste Schutz liegt in einer Kombination aus sorgfältiger Arbeit, transparenter Kommunikation und einer passgenauen vertraglichen Gestaltung Ihres Treuhand­verhältnisses.