Unterliegen Treuhänder besonderen ethischen oder rechtlichen Standards?

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Zusammenfassung

Treuhänder:innen unterliegen besonderen rechtlichen und ethischen Standards, insbesondere der Treuepflicht, Verschwiegenheitspflicht und der Vermeidung von Eigeninteressen. Sie müssen stets im Interesse des Treugebers handeln, sensible Informationen schützen und Interessenkonflikte vermeiden. Diese Pflichten sind gesetzlich geregelt und bilden die Grundlage für ein vertrauensvolles Treuhandverhältnis.

Ein Treuhandverhältnis bedeutet, dass eine Person (der Treuhänder) Rechte oder Vermögen für jemand anderen (den Treugeber) verwaltet. Als Treuhänder:in tragen Sie große Verantwortung und müssen dabei hohe ethische und rechtliche Standards einhalten. Welche besonderen Pflichten für Sie gelten und wie Sie diesen gerecht werden können, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was genau ist ein Treuhandverhältnis?

Ein Treuhandverhältnis entsteht, wenn jemand Rechte oder Eigentum an eine andere Person überträgt, die diese dann im Interesse des Übergebenden verwaltet[1]. Dieses Verhältnis beruht auf drei Grundpfeilern:

  • Treugeber: Die Person, die Rechte oder Eigentum überträgt
  • Treuhänder: Die Person, die im Vertrauen für den Treugeber handelt
  • Treugut: Die Rechte oder das Eigentum, das verwaltet wird[1]

Treuhänder:innen kommen in vielen Bereichen zum Einsatz: bei der Verwaltung von Erbschaften, Unternehmensanteilen, Ver­mö­gens­werten oder bei der Sanierung von Unternehmen in der Krise[3].

Rechtliche Grundlagen für Treuhänder:innen

Als Treuhänder:in müssen Sie verschiedene gesetzliche Regelungen beachten:

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)

Obwohl das BGB keine ausdrücklichen Bestimmungen zum Treuhandverhältnis enthält, regelt es viele wichtige Aspekte:

  • Treuhand als Auftrag (§§ 662 ff. BGB)
  • Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB)
  • Vollmachtsregelungen (§ 164 ff. BGB)[1]

Im Erbrecht und Gesellschaftsrecht

Wenn Sie als Treuhänder:in eine Erbschaft verwalten, gelten besondere Regeln zur Testaments­voll­streckung (§§ 2197 ff. BGB) und zur Vermächtnis­treuhand (§ 2151 ff. BGB)[1].

Im Gesellschafts­recht sind Sie als Treuhänder:in oft mit der Verwaltung von GmbH-Anteilen oder Aktien betraut[1].

Die drei zentralen Pflichten von Treuhänder:innen

1. Treuepflicht: Im Interesse des Treugebers handeln

Die Treuepflicht bildet das Fundament jeder Treuhandschaft und verlangt von Ihnen höchste Loyalität gegenüber dem Treugeber[5]. Als Treuhänder:in müssen Sie:

  • Mit “hoher Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen” handeln[1]
  • Das Treugut im Sinne des Treugebers verwalten
  • Ihre eigenen Interessen zurückstellen
  • Regelmäßig Rechenschaft über Ihre Tätigkeiten ablegen[1]

Die Treuepflicht ist keine bloße Empfehlung, sondern eine rechtlich verbindliche Verpflichtung. Bei Verletzung dieser Pflicht können Sie als Treuhänder:in haftbar gemacht werden[1].

2. Verschwiegenheitspflicht: Vertrauliche Informationen schützen

Als Treuhänder:in erhalten Sie Zugang zu sensiblen persönlichen oder geschäftlichen Informationen. Ihre Verschwiegenheitspflicht ist daher besonders wichtig:

  • Sie müssen alle Informationen über den Treugeber und das Treugut vertraulich behandeln
  • Diese Pflicht gilt gegenüber allen Personen, selbst gegenüber Angehörigen des Treugebers[6]
  • Bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht drohen strafrechtliche Konsequenzen nach § 203 StGB[6]

Wichtig: Als Treuhänder:in müssen Sie auch Ihre Mit­ar­bei­ter:in­nen zur Verschwiegenheit verpflichten[6]. Ein Beispiel für eine solche Verpflichtung finden Sie in den entsprechenden Berufs­ord­nun­gen, etwa für Steuerberater:innen.

3. Vermeidung von Eigeninteressen: Interessenkonflikte verhindern

Ein wesentlicher ethischer Standard für Treuhänder:innen ist die Vermeidung von Interessenkonflikten:

  • Sie müssen Situationen meiden, in denen Ihre eigenen Interessen mit denen des Treugebers in Konflikt geraten könnten
  • Potenzielle Interessenkonflikte müssen Sie transparent offenlegen[4]
  • Bei nicht lösbaren Interessenkonflikten sollten Sie sich von der Aufgabe zurückziehen[12]

Ethische Standards für Treuhänder:innen

Neben den rechtlichen Vorgaben gibt es auch ethische Standards, die Sie als Treuhänder:in befolgen sollten:

  • Transparenz und Offenlegung: Informieren Sie den Treugeber über alle relevanten Aspekte des Treuhandverhältnisses[4]
  • Unparteilichkeit und Fairness: Nehmen Sie eine neutrale Haltung ein, besonders bei doppelseitigen Treuhandverhältnissen[4]
  • Kompetenz und Professionalität: Stellen Sie sicher, dass Sie über das nötige Fachwissen für Ihre Aufgabe verfügen[4]
  • Rechtmäßigkeit: Halten Sie alle geltenden Gesetze ein[12]
  • Rücksichtnahme: Behandeln Sie andere mit Respekt und Rücksicht[12]

Die Internationale Ethik­standards­koalition hat ethische Grund­prin­zi­pien für ver­schie­dene Berufe entwickelt, die auch für Treuhänder:innen gelten[12].

Folgen bei Pflichtverletzungen

Wenn Sie als Treuhänder:in Ihre Pflichten verletzen, kann dies schwerwiegende Konsequenzen haben:

  • Zivilrechtliche Haftung: Sie können für entstandene Schäden haftbar gemacht werden, etwa nach § 280 BGB (Haftung aus Vertrag)[1]
  • Deliktische Haftung: Auch außerhalb des Vertrags­ver­hält­nisses können Sie nach § 823 BGB haftbar sein[1]
  • Strafrechtliche Konsequenzen: Bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht drohen Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder Geldstrafen (§ 203 StGB)[6]
  • Reputationsverlust: Eine schlecht ausgeführte Treuhand kann Ihr berufliches Ansehen nach­haltig schädigen[4]

Checkliste: Worauf Sie bei der Wahl eines Treuhänders achten sollten

Wenn Sie selbst einen Treuhänder suchen, helfen Ihnen diese Kriterien bei der Auswahl:

  • Vertrauenswürdigkeit: Die Person sollte höchstes persönliches Vertrauen genießen
  • Erfahrung und Kompetenz: Achten Sie auf fachliche Expertise im jeweiligen Bereich
  • Kommunikationsfähigkeit: Gute Treuhänder:innen kommunizieren offen und regelmäßig
  • Finanzielle Solidität: Die Person sollte finanziell abgesichert sein
  • Referenzen und Ruf: Erkundigen Sie sich nach früheren Treuhandschaften[1]

Tipps für Treuhänder:innen: So erfüllen Sie Ihre Pflichten

Als Treuhänder:in können Sie mit diesen Maßnahmen Ihre Pflichten besser erfüllen:

  • Führen Sie genaue Aufzeichnungen über alle Handlungen im Zusammenhang mit dem Treugut
  • Halten Sie regelmäßigen Kontakt zum Treugeber und informieren Sie ihn über wichtige Entwicklungen
  • Trennen Sie das Treugut strikt von Ihrem eigenen Vermögen
  • Lassen Sie sich bei komplexen Fragen von Fach­leuten beraten
  • Bilden Sie sich regelmäßig fort, um Ihre Kompetenz zu erhalten

Besonderheiten bei doppelseitigen Treuhandverhältnissen

Bei einer doppelseitigen Treuhand vertreten Sie als Treuhänder:in gleichzeitig die Interessen zweier Parteien. Diese Form der Treuhand kommt häufig bei Unter­neh­mens­sa­nie­rungen zum Einsatz[3].

Hier gelten besonders hohe Anforderungen:

  • Beide Parteien müssen der doppelseitigen Treuhand ausdrücklich zustimmen
  • Sie müssen alle potenziellen Interessenkonflikte offenlegen
  • Ihre Unparteilichkeit ist hier besonders wichtig[4]

Dr. Alexandra Josko de Marx erklärt: “Eine Treuhand ergibt im Rahmen einer Sanierung immer dann Sinn, wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Interessen von Finanzierern und Unternehmen beziehungsweise deren Gesellschaftern möglichst ausgewogen zu gestalten.”[3]

Fazit

Als Treuhänder:in tragen Sie eine große Verantwortung. Sie müssen hohe rechtliche und ethische Standards einhalten, vor allem hinsichtlich Treuepflicht, Verschwiegenheit und Vermeidung von Eigen­in­te­res­sen. Diese Standards sind nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern bilden auch die Grundlage für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Ihnen und dem Treugeber.

Wenn Sie als Treugeber einen Treuhänder beauftragen möchten, achten Sie auf die genannten Auswahlkriterien. Ein gutes Treuhandverhältnis beruht auf Vertrauen, Kompetenz und klaren Vereinbarungen.