Können mehrere Testamentsvollstrecker gemeinsam agieren?

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Zusammenfassung

Ja, mehrere Testaments­vollstrecker können gemeinsam agieren, was Vorteile wie die Bündelung von Fach­kompetenzen und gegenseitige Kontrolle bietet, aber auch Nachteile wie höhere Kosten und mögliche Konflikte mit sich bringt. Wichtig ist, dass der Erb­lasser klare Regelungen im Testament trifft, etwa zu Zuständigkeiten und Entscheidungs­befugnissen, um die Zusammenarbeit zu erleichtern. Diese Option eignet sich besonders für komplexe Nachlässe oder zur Vermeidung von Erbstreitigkeiten.

Bei einer Testaments­vollstreckung beauftragt der Erb­lasser eine Person damit, seinen letzten Willen durchzusetzen und den Nachlass zu verwalten. Doch was viele nicht wissen: Es können auch mehrere Testaments­vollstrecker gleichzeitig eingesetzt werden. Diese Option bietet sowohl Chancen als auch Heraus­forderungen für alle Beteiligten.

Die rechtliche Grund­lage für mehrere Testaments­vollstrecker

Ja, mehrere Testaments­vollstrecker können gemeinsam agieren. Dies ist gesetzlich ausdrücklich vorgesehen. Paragraph 2224 des Bürgerlichen Gesetz­buchs (BGB) regelt:

“Mehrere Testaments­vollstrecker führen das Amt gemein­schaftlich; bei einer Meinungs­verschiedenheit entscheidet das Nachlass­gericht. Fällt einer von ihnen weg, so führen die übrigen das Amt allein. Der Erb­lasser kann abweichende Anordnungen treffen.”[1][7]

Das bedeutet: Standardmäßig müssen alle Testaments­vollstrecker gemeinsam handeln und Entscheidungen treffen. Der Erb­lasser hat jedoch die Möglichkeit, dies im Testament anders zu regeln. Er kann beispielsweise festlegen, dass bestimmte Entscheidungen von einzelnen Vollstreckern allein getroffen werden können.

Wichtig zu wissen: Selbst bei gemein­schaftlicher Amts­führung darf jeder Testaments­vollstrecker allein “Maßregeln treffen, welche zur Erhaltung eines der gemein­schaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlass­gegenstands notwendig sind.”[1] Notwendige Erhaltungs­maßnahmen kann also jeder Vollstrecker ohne Zustimmung der anderen durchführen.

Vorteile mehrerer Testaments­vollstrecker

Die Einsetzung mehrerer Testaments­vollstrecker kann verschiedene Vorteile bieten:

Fach­expertise und Kompetenzen bündeln

Unterschiedliche Testaments­vollstrecker können verschiedene Fach­kenntnisse einbringen. Beispielsweise könnten Sie gleichzeitig eine Person mit juristischer Expertise und eine mit wirtschaftlichem Know-how einsetzen. Dies ist besonders bei umfang­reichen oder komplexen Nachlässen hilfreich.

Gegenseitige Kontrolle

Mehrere Testaments­vollstrecker kontrollieren sich gegenseitig, was das Risiko von Fehl­entscheidungen oder Missbrauch verringern kann. Diese “Vier-Augen-Prinzip” schafft mehr Sicherheit für die Erben und entspricht oft dem Wunsch des Erb­lassers nach gewissen­hafter Umsetzung seines letzten Willens.

Entlastung durch Arbeits­teilung

Bei umfangreichen Nachlässen kann die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden. Während sich ein Testaments­vollstrecker beispielsweise um Immobilien kümmert, kann ein anderer die Abwicklung von Wertpapier­geschäften übernehmen.

Lösung bei Interessen­konflikten

Wenn ein potenzieller Testaments­vollstrecker gleichzeitig in anderer Funktion mit dem Nachlass verbunden ist (etwa als gesetzlicher Vertreter eines minderjährigen Erben), kann die Bestellung eines Mit­vollstreckers sinnvoll sein, um Interessen­konflikte zu vermeiden.[6]

Nachteile mehrerer Testaments­vollstrecker

Neben den Vorteilen gibt es auch einige Heraus­forderungen, die beachtet werden sollten:

Höhere Kosten

Jeder Testaments­vollstrecker hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Bei mehreren Testaments­vollstreckern steigen daher die Kosten, die letztlich vom Nachlass getragen werden müssen.[8] Dies schmälert den Wert der Erbschaft für die Erben.

Verzögerungen im Entscheidungs­prozess

Da mehrere Testaments­vollstrecker in der Regel gemeinsam handeln müssen, kann die Entscheidungs­findung länger dauern. Bei unterschiedlichen Stand­punkten oder wenn einzelne Vollstrecker schwer erreichbar sind, kann dies zu erheblichen Verzögerungen führen.

Potenzial für Konflikte

Unterschiedliche Ansichten darüber, wie der Nachlass am besten verwaltet werden sollte, können zu Spannungen zwischen den Testaments­vollstreckern führen. Im schlimmsten Fall müsste das Nachlass­gericht entscheiden, was weitere Verzögerungen und Kosten verursacht.[1]

Kommunikations­aufwand

Der Abstimmungs­bedarf zwischen mehreren Testaments­vollstreckern erhöht den Verwaltungs­aufwand und kann die Nachlassabwicklung verkomplizieren.

Praktische Gestaltungs­empfehlungen

Wenn Sie als Erb­lasser:in mehrere Testaments­vollstrecker einsetzen möchten, sollten Sie im Testament klare Regelungen treffen:

Zuständigkeiten festlegen

Treffen Sie im Testament präzise Fest­legungen, wer für welchen Bereich zuständig sein soll. Beispiel: “Testaments­vollstrecker A verwaltet die Immobilien, Testaments­vollstrecker B kümmert sich um die Wertpapiere.”

Entscheidungs­befugnisse regeln

Legen Sie fest, in welchen Fällen die Testaments­vollstrecker:innen gemeinsam handeln müssen und wann einzelne Vollstrecker:innen allein entscheiden dürfen.[4] Sie können beispielsweise bestimmen, dass Geschäfte bis zu einem bestimmten Wert von einem Vollstrecker allein getätigt werden können.

Konfliktlösungs­mechanismen vorsehen

Definieren Sie, wie bei Meinungs­verschiedenheiten verfahren werden soll. Sie können beispielsweise festlegen, dass in bestimmten Fragen die Stimme eines Vollstreckers den Ausschlag gibt oder dass ein externer Mediator hinzugezogen werden soll.

Nachfolge­regelungen treffen

Planen Sie voraus: Regeln Sie, was passieren soll, wenn einer der Testaments­vollstrecker ausfällt. Nach dem Gesetz würden die verbleibenden Vollstrecker das Amt allein weiterführen[1], aber Sie können auch eine Nachfolge­regelung treffen.

Für wen ist die Einsetzung mehrerer Testaments­vollstrecker sinnvoll?

Die Einsetzung mehrerer Testaments­vollstrecker kann besonders in folgenden Situationen sinnvoll sein:

  • Bei umfang­reichen oder komplexen Nachlässen mit verschiedenen Vermögens­arten (Immobilien, Unternehmens­beteiligungen, Wertpapiere)
  • Wenn unterschiedliche Fach­kenntnisse erforderlich sind
  • Bei zu erwartenden Konflikten in der Erben­gemeinschaft, wo neutrale Vermittler hilfreich sein können
  • Wenn ein Testaments­vollstrecker möglicherweise in einem Interessen­konflikt steht[6]

Praktische Tipps für die Umsetzung

Für eine reibungslose Zusammenarbeit mehrerer Testaments­vollstrecker empfehlen sich folgende Maßnahmen:

  • Wählen Sie Personen, die gut miteinander kommunizieren können
  • Besprechen Sie Ihre Pläne vorab mit den von Ihnen ins Auge gefassten Testaments­vollstreckern
  • Dokumentieren Sie im Testament genau, wie die Zusammenarbeit gestaltet werden soll
  • Hinterlegen Sie detaillierte Informationen zu Ihrem Vermögen, um den Testaments­vollstreckern die Arbeit zu erleichtern

Fazit

Die Einsetzung mehrerer Testaments­vollstrecker kann eine sinnvolle Option sein, um die Durchsetzung des letzten Willens besser abzusichern. Sie bietet Vorteile wie die Nutzung verschiedener Fach­kompetenzen und gegenseitige Kontrolle, bringt aber auch Heraus­forderungen wie höhere Kosten und mögliche Verzögerungen mit sich.

Besonders wichtig ist, dass Sie als Erb­lasser:in klare Regelungen im Testament treffen, wie die Zusammen­arbeit gestaltet werden soll. Mit einer durchdachten Gestaltung können Sie die Vorteile mehrerer Testaments­vollstrecker optimal nutzen und gleichzeitig die möglichen Nachteile minimieren.

Denken Sie daran: Ein gut durchdachtes Testament mit klaren Regelungen zur Testaments­vollstreckung kann erheblich dazu beitragen, Ihren Nachlass in Ihrem Sinne zu regeln und Streit unter den Erben zu vermeiden.