Kann ein Testamentsvollstrecker auch nachträglich eingesetzt werden?
Ein Testamentsvollstrecker kann nachträglich eingesetzt werden, wenn der Erblasser dies im Testament ausdrücklich oder indirekt angeordnet hat. Das Nachlassgericht darf nur dann eine Person ernennen, wenn der Erblasser ein entsprechendes Ersuchen geäußert hat. Alternativ können sich die Erben einvernehmlich auf eine geeignete Person einigen.
- Grundsätzliche Möglichkeiten einer nachträglichen Benennung
- Rolle des Nachlassgerichts bei der Einsetzung
- Häufige Szenarien für eine nachträgliche Einsetzung
- Grenzen der Ersetzungsbefugnis des Nachlassgerichts
- Praktische Tipps für verschiedene Situationen
- Sondersituationen bei gemeinschaftlichen Testamenten
- Das Vorgehen des Nachlassgerichts
- Fazit zur nachträglichen Einsetzung eines Testamentsvollstreckers
Die Frage, ob ein Testamentsvollstrecker auch nach dem Tod des Erblassers eingesetzt werden kann, stellt sich häufig, wenn diese wichtige Rolle nicht bereits im Testament festgelegt wurde oder die benannte Person das Amt nicht antritt. Die nachträgliche Einsetzung kann in bestimmten Situationen möglich sein, unterliegt jedoch klaren rechtlichen Voraussetzungen.
Grundsätzliche Möglichkeiten einer nachträglichen Benennung
Grundsätzlich kann ein Testamentsvollstrecker auch nachträglich benannt werden. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn die Erbengemeinschaft Schwierigkeiten bei der Nachlassabwicklung hat oder Konflikte zwischen den Erben bestehen. Die Möglichkeiten hierfür sind allerdings begrenzt:
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Einvernehmliche Benennung durch die Erben: Die Erben können gemeinsam eine Person zum Testamentsvollstrecker bestimmen, wenn alle zustimmen. Diese Option ist besonders hilfreich, wenn die Erbengemeinschaft die Notwendigkeit einer neutralen Instanz erkennt[1].
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Nachlassgerichtliche Ernennung: Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker bestimmen[2].
Rolle des Nachlassgerichts bei der Einsetzung
Das Nachlassgericht kann einen Testamentsvollstrecker ernennen, allerdings nicht in jedem Fall. Hierfür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
Voraussetzungen für eine gerichtliche Ernennung
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Ausdrückliches Ersuchen des Erblassers: Die wichtigste Voraussetzung ist, dass der Erblasser in seinem Testament das Nachlassgericht ausdrücklich oder konkludent (indirekt) um die Ernennung eines Testamentsvollstreckers ersucht hat[3].
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Anordnung der Testamentsvollstreckung: Der Erblasser muss in seinem Testament grundsätzlich eine Testamentsvollstreckung angeordnet haben[2].
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Anhörung der Beteiligten: Vor der Ernennung soll das Nachlassgericht die Beteiligten anhören, wenn dies ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist[6].
Wichtig: Die Ernennung durch das Nachlassgericht ist vom Gesetz nur vorgesehen, wenn der Erblasser dies ausdrücklich ersuchte. Ein solches Ersuchen kann nicht automatisch angenommen werden[7].
Häufige Szenarien für eine nachträgliche Einsetzung
In der Praxis gibt es verschiedene Situationen, in denen die Frage nach einer nachträglichen Einsetzung eines Testamentsvollstreckers aufkommt:
Wenn der benannte Testamentsvollstrecker das Amt nicht annimmt
Nimmt die im Testament benannte Person das Amt nicht an, besteht nicht automatisch ein Recht des Nachlassgerichts, einen Ersatz zu bestimmen. Entscheidend ist, ob der Erblasser für diesen Fall vorgesorgt hat[2].
Beispiel: Eine Erblasserin hat in ihrem Testament einen Steuerberater und ersatzweise einen seiner Kollegen zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Beide lehnen ab. Das Nachlassgericht ist nicht verpflichtet, von Amts wegen einen anderen Testamentsvollstrecker einzusetzen, wenn die Erblasserin dies nicht ausdrücklich ersuchte[7].
Wenn der Testamentsvollstrecker bereits verstorben ist
Ist der im Testament benannte Testamentsvollstrecker vor dem Erblasser verstorben, entsteht kein Testamentsvollstreckeramt. In solchen Fällen kann:
- ein gerichtlicher Nachlasspfleger auf Antrag oder von Amts wegen bestellt werden[1]
- das Nachlassgericht tätig werden, wenn der Erblasser dies vorgesehen hat[3]
Bei späterer Amtsniederlegung
Selbst nach Annahme des Amtes kann der Testamentsvollstrecker jederzeit kündigen (§ 2226 S. 1 BGB)[4]. Für diesen Fall ist es besonders wichtig, dass der Erblasser Vorsorge getroffen hat, etwa durch Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers.
Grenzen der Ersetzungsbefugnis des Nachlassgerichts
Die Befugnis des Nachlassgerichts zur Ersetzung eines Testamentsvollstreckers ist nicht unbegrenzt:
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Keine automatische Ersetzung: Das Nachlassgericht kann nicht ohne Weiteres eine andere Person zum Testamentsvollstrecker ernennen als die, die der Erblasser im Testament benannt hatte[2].
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Andeutungstheorie: Der Wille des Erblassers zu einem Ersuchen an das Nachlassgericht muss im Testament zumindest andeutungsweise Ausdruck gefunden haben[6].
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Erfordernis des Erblasser-Ersuchens: Die gerichtliche Ernennung setzt ein entsprechendes Ersuchen des Erblassers voraus, nicht eines Beteiligten[7].
Praktische Tipps für verschiedene Situationen
Für Testamentserrichter:
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Klare Anordnung treffen: Wenn Sie eine Testamentsvollstreckung wünschen, ordnen Sie dies klar an und benennen Sie konkrete Personen.
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Ersatzpersonen vorsehen: Benennen Sie mindestens eine Ersatzperson für den Fall, dass die primär benannte Person das Amt nicht annehmen kann oder will.
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Nachlassgericht einbeziehen: Wenn Sie möchten, dass das Nachlassgericht bei Bedarf einen Testamentsvollstrecker ernennt, formulieren Sie dies ausdrücklich, z.B.: “Sollte die von mir benannte Person das Amt nicht antreten können, ersuche ich das Nachlassgericht, einen geeigneten Testamentsvollstrecker zu ernennen.”
Für Erben:
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Einvernehmliche Lösung suchen: Wenn kein Testamentsvollstrecker benannt wurde, aber die Nachlassverwaltung schwierig erscheint, versuchen Sie, sich mit allen Miterben auf eine neutrale Person zu einigen.
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Rechtliche Beratung in Anspruch nehmen: Bei Unsicherheiten über die Möglichkeiten der nachträglichen Einsetzung eines Testamentsvollstreckers sollten Sie eine Fachanwältin oder einen Fachanwalt für Erbrecht konsultieren.
Sondersituationen bei gemeinschaftlichen Testamenten
Bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten gelten besondere Regeln:
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Der überlebende Ehegatte kann unter Umständen den im gemeinschaftlichen Testament ernannten Testamentsvollstrecker durch eigene letztwillige Verfügung auswechseln[6].
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Dies ist jedoch nur möglich, wenn die wechselbezüglich bedachten Erben dadurch nicht beeinträchtigt werden und das gemeinschaftliche Testament eine entsprechende Änderungsbefugnis vorsieht[8].
Das Vorgehen des Nachlassgerichts
Wenn die Voraussetzungen für eine nachträgliche Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht vorliegen, läuft das Verfahren wie folgt ab:
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Prüfung des Erblasserwillens: Das Gericht prüft, ob ein ausdrückliches oder konkludentes Ersuchen des Erblassers vorliegt.
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Anhörung der Beteiligten: Das Nachlassgericht soll vor der Ernennung die Beteiligten anhören, wenn dies ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnismäßige Kosten möglich ist.
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Auswahl einer geeigneten Person: Bei der Auswahl des Testamentsvollstreckers orientiert sich das Gericht am mutmaßlichen Willen des Erblassers.
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Benachrichtigung: Das Nachlassgericht unterrichtet die ausgewählte Person von dem ihr angetragenen Amt[3].
Fazit zur nachträglichen Einsetzung eines Testamentsvollstreckers
Die nachträgliche Einsetzung eines Testamentsvollstreckers ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, aber nicht in jedem Fall. Entscheidend ist der im Testament zum Ausdruck gebrachte Wille des Erblassers:
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Durch die Erben: Eine nachträgliche Benennung durch die Erben ist möglich, erfordert jedoch Einigkeit.
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Durch das Nachlassgericht: Eine gerichtliche Ernennung ist nur zulässig, wenn der Erblasser das Gericht dazu ausdrücklich oder konkludent ersucht hat.
Für eine rechtssichere Nachlassregelung empfiehlt es sich, bereits bei der Testamentserrichtung alle Eventualitäten zu bedenken und entsprechende Vorkehrungen zu treffen - insbesondere durch die Benennung von Ersatzpersonen und klare Anweisungen an das Nachlassgericht für den Fall, dass die benannten Personen das Amt nicht antreten können oder wollen.