Wie wirken sich Schulden des Erblassers auf die steuerliche Bemessungsgrundlage aus?
Schulden des Erblassers können die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer mindern, da sie als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden dürfen. Dabei gelten jedoch Einschränkungen, insbesondere bei steuerbefreiten Vermögenswerten oder Schulden ohne klaren Vermögensbezug. Eine sorgfältige Dokumentation und Beratung durch Fachleute helfen, die Steuerlast korrekt zu berechnen und mögliche Vorteile zu nutzen.
Wenn eine Person verstirbt und Vermögen hinterlässt, können auch Schulden Teil der Erbschaft sein. Diese Verbindlichkeiten spielen bei der Berechnung der Erbschaftsteuer eine wichtige Rolle. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Schulden die steuerliche Bemessungsgrundlage beeinflussen und was Sie als erbberechtigte Person beachten sollten.
Grundprinzip: Schulden als Nachlassverbindlichkeiten
Schulden verringern grundsätzlich die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer. Als Erb:in müssen Sie nicht den gesamten Nachlass versteuern, sondern können die sogenannten Nachlassverbindlichkeiten abziehen. Dieses Prinzip folgt einer einfachen Logik: Wenn Sie für die Schulden aufkommen müssen, vermindert sich Ihr tatsächlicher Vermögenszuwachs entsprechend.
Das Erbschaftsteuergesetz unterscheidet drei Arten von Nachlassverbindlichkeiten[5]:
- Erblasserschulden: Verbindlichkeiten, die der verstorbenen Person zu Lebzeiten entstanden sind
- Erbfallschulden: Kosten, die durch den Erbfall selbst entstehen (z.B. Bestattungskosten)
- Nachlassregelungskosten: Kosten für die Verwaltung und Regelung des Nachlasses
Welche Schulden des Erblassers sind abziehbar?
Zu den typischen Erblasserschulden gehören[6]:
- Noch nicht getilgte Darlehen und Hypotheken
- Offene Bürgschaften
- Unbezahlte Kaufpreise für Waren
- Nicht erfüllte Ratenzahlungsvereinbarungen
- Miet-, Pacht- oder Leasingschulden
- Unbezahlte ärztliche Behandlungs-, Heim- oder Betreuungskosten
- Schadensersatzforderungen gegen den Erblasser
- Steuerschulden
- Unterhaltsrückstände
Die Bewertung dieser Schulden erfolgt grundsätzlich mit ihrem Nennwert[1]. Das bedeutet, es wird der Betrag angesetzt, der zum Zeitpunkt des Todes tatsächlich noch zu zahlen ist.
Einschränkungen beim Schuldabzug
Der Gesetzgeber hat den Abzug von Schulden in den letzten Jahren zunehmend eingeschränkt[7]. Nicht immer dürfen alle Schulden vollständig abgezogen werden. Folgende Regelungen sollten Sie kennen:
1. Schulden bei steuerbefreiten Vermögenswerten
Wenn ein Vermögenswert von der Erbschaftsteuer befreit ist (z.B. das Familienheim bei Vererbung an Ehepartner:innen), können auch die damit zusammenhängenden Schulden nicht abgezogen werden[2]. Die Hypothek für ein steuerfreies Haus mindert also nicht die Bemessungsgrundlage.
2. Schulden bei teilweise steuerbefreiten Vermögenswerten
Bei Vermögenswerten mit teilweiser Steuerbefreiung können die damit verbundenen Schulden nur entsprechend anteilig abgezogen werden[5]. Wird ein Mietwohngrundstück beispielsweise zu 90% besteuert, sind auch nur 90% der darauf lastenden Schulden abzugsfähig.
3. Schulden ohne klaren Bezug zu bestimmten Vermögenswerten
Seit dem Jahressteuergesetz 2020 gilt: Schulden ohne direkten Bezug zu einem bestimmten Vermögensgegenstand (z.B. ein privater Konsumkredit) werden anteilig auf steuerfreie und steuerpflichtige Vermögenswerte verteilt[7]. Nur der auf steuerpflichtige Werte entfallende Anteil darf abgezogen werden.
Praktische Beispiele zur Veranschaulichung
Beispiel 1: Geerbtes Haus mit Hypothek
Sie erben ein Haus im Wert von 500.000 Euro mit einer Hypothek von 200.000 Euro.
- Normaler Fall: Die Bemessungsgrundlage beträgt 300.000 Euro (Hauswert minus Hypothek)
- Bei einem steuerbefreiten Familienheim: Die Hypothek ist nicht abzugsfähig[2]
Beispiel 2: Anteiliger Schuldenabzug
Ein geerbtes Miethaus (Wert: 1.000.000 Euro, Hypothek: 500.000 Euro) wird nach § 13d ErbStG nur zu 90% besteuert[5].
- Steuerlicher Ansatz des Grundstücks: 900.000 Euro
- Abzugsfähige Schulden: 450.000 Euro (90% der Hypothek)
- Bemessungsgrundlage: 450.000 Euro
Beispiel 3: Schulden ohne Vermögensbezug
Der Nachlass besteht aus einem Grundstück (1.000.000 Euro, steuerlicher Ansatz nach Befreiungen: 400.000 Euro), sonstigem Vermögen (800.000 Euro), einer Grundstückshypothek (200.000 Euro) und einem Urlaubskredit (20.000 Euro)[5].
- Die Hypothek ist zu 40% abzugsfähig: 80.000 Euro
- Der Urlaubskredit wird anteilig aufgeteilt und ist zu 14.000 Euro abzugsfähig
Steuerschulden des Erblassers
Eine besondere Form der Erblasserschulden sind Steuerschulden. Hier gilt[8]:
- Erben müssen Steuerschulden begleichen, die die verstorbene Person beim Finanzamt hatte
- Diese Zahlungspflicht umfasst auch fällige Zinsen
- Erben müssen zudem die letzte Steuererklärung für die verstorbene Person erstellen
- Die Steuerschulden können als Nachlassverbindlichkeiten in der Erbschaftsteuererklärung geltend gemacht werden
Wichtig: Bei der Einkommensteuer sind nur die Steuerschulden abzugsfähig, die zum Zeitpunkt des Todes bereits rechtlich entstanden waren[4]. Steuern, die erst durch Handlungen der Erben entstehen (z.B. durch nachträgliche Betriebsaufgabe), sind nicht abzugsfähig.
Praktische Tipps für Erb:innen
Vollständige Erfassung aller Verbindlichkeiten
Dokumentieren Sie alle Schulden der verstorbenen Person sorgfältig für die Erbschaftsteuererklärung:
- Bankverbindlichkeiten
- Offene Rechnungen und Steuern
- Privatschulden mit schriftlichen Belegen
- Schadensersatzansprüche
Prüfung der Zuordnung zu Vermögenswerten
Die Zuordnung von Schulden zu bestimmten Vermögenswerten kann steuerlich entscheidend sein[2]. Prüfen Sie, ob Verbindlichkeiten eindeutig einem bestimmten Nachlassgegenstand zugeordnet werden können oder nicht.
Abwägung bei Steuerbefreiungen
Bei manchen Steuerbefreiungen können Sie auf die Befreiung verzichten, wenn die abzugsfähigen Schulden den Wert des Vermögensgegenstands übersteigen[5]. Dies ist jedoch nur bei bestimmten Befreiungstatbeständen möglich (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 ErbStG).
Überschuldeter Nachlass: Handlungsoptionen
Wenn die Schulden höher sind als das Vermögen im Nachlass, sollten Sie eine Ausschlagung der Erbschaft in Betracht ziehen[6]. Bei der Ausschlagung empfiehlt es sich anzugeben, dass diese aufgrund eines vermuteten überschuldeten Nachlasses erfolgt.
Fazit
Schulden des Erblassers können die steuerliche Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer erheblich mindern. Allerdings hat der Gesetzgeber zahlreiche Einschränkungen geschaffen, besonders bei steuerbefreiten Vermögenswerten.
Die korrekte steuerliche Behandlung von Nachlassverbindlichkeiten ist komplex und kann erhebliche Auswirkungen auf die Steuerbelastung haben. Die frühzeitige Beratung durch Steuerfachleute hilft Ihnen, teure Fehler zu vermeiden und alle gesetzlichen Möglichkeiten zur Steueroptimierung zu nutzen.
Behalten Sie im Blick, dass Schulden nicht immer nachteilig sein müssen - im steuerlichen Kontext können sie Ihre Steuerbelastung reduzieren, solange sie den richtigen Vermögenswerten zugeordnet werden können und keine Steuerbefreiungen entgegenstehen.