Wie wird die Erbschaftssteuer berechnet und welche Freibeträge gelten für verschiedene Begünstigte?

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Zusammenfassung

Die Erbschaftssteuer in Deutschland richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser, dem Wert des Erbes und der Steuerklasse. Nahe Angehörige wie Ehepartner:innen und Kinder profitieren von hohen Freibeträgen (bis zu 500.000 Euro) und niedrigeren Steuersätzen, während entferntere Verwandte oder nicht verwandte Personen höhere Steuern zahlen. Durch frühzeitige Nachlassplanung, z. B. durch Schenkungen zu Lebzeiten, lassen sich Steuern oft reduzieren.

Die Erb­schafts­steuer betrifft jeden, der etwas erbt oder ver­erbt. Wieviel Sie zahlen müssen, hängt stark vom Ver­wandt­schafts­grad und dem Wert des Nach­lasses ab. Dieser Artikel erklärt Ihnen über­sicht­lich, wie die Steuer berechnet wird und welche Frei­be­träge für ver­schie­dene Personen­gruppen gelten.

Grund­prinzipien der Erb­schafts­steuer

Die Erb­schafts­steuer fällt an, wenn Sie als Erbe:in Ver­mögens­werte nach dem Tod eines Menschen erhalten. Sie wird vom Verkehrs­wert des Erbes berechnet und richtet sich nach zwei Haupt­faktoren:

  1. Dem Ver­wandt­schafts­grad zum Erb­lasser (bestimmt Steuer­klasse und Frei­betrag)
  2. Dem Wert des Erbes nach Abzug des Frei­betrags (bestimmt den Steuer­satz)

Wie wird die Erb­schafts­steuer berechnet?

Die Berechnung folgt einem einfachen Prinzip:

  1. Ermitt­lung des Gesamt­werts der Erbschaft
  2. Abzug des ent­sprechen­den Frei­betrags
  3. Anwendung des Steuer­satzes auf den ver­bleiben­den Betrag

Nur der Teil des Erbes, der über dem Frei­betrag liegt, wird besteuert[5]. Den Steuer­satz bestimmen Ihre Steuer­klasse und die Höhe des steuer­pflich­tigen Erwerbs.

Frei­be­träge nach Ver­wandt­schafts­grad

Je näher Sie mit dem Erb­lasser verwandt sind, desto höher ist Ihr Frei­betrag. Hier die aktuellen Frei­be­träge (Stand: 2025):

Verhältnis zum Erblasser Freibetrag Steuerklasse
Ehe­partner und ein­ge­tra­gene Lebens­partner 500.000 Euro I
Kinder und Stief­kinder 400.000 Euro I
Enkel (deren Eltern noch leben) 200.000 Euro I
Enkel (deren Eltern ver­storben sind) 400.000 Euro I
Urenkel, Eltern und Groß­eltern 100.000 Euro I
Geschwister, Nichten, Neffen 20.000 Euro II
Stief­eltern, Schwieger­kinder 20.000 Euro II
Nicht ver­wandte Personen 20.000 Euro III

Wichtig zu wissen: Ein Eltern­paar kann an jedes Kind zusammen 800.000 Euro steuer­frei ver­erben (jeweils 400.000 Euro pro Eltern­teil)[6].

Die drei Steuer­klassen

Je nach Ver­wandt­schafts­grad werden Sie einer der drei Steuer­klassen zu­ge­ordnet:

Steuer­klasse I

Umfasst die engsten Familien­mit­glieder:

  • Ehe­partner:innen und ein­ge­tra­gene Lebens­partner:innen
  • Kinder und Stief­kinder
  • Enkel und Urenkel
  • Eltern und Groß­eltern (bei Erb­schaft)

Steuer­klasse II

Beinhaltet weitere Ver­wandte:

  • Ge­schwister und deren Kinder (Nichten/Neffen)
  • Stief­eltern
  • Schwieger­kinder und Schwieger­eltern
  • Ge­schie­dene Ehe­partner:innen

Steuer­klasse III

Gilt für alle anderen Personen, die nicht mit dem Erb­lasser verwandt sind[1][5].

Steuer­sätze nach Steuer­klasse und Erb­schafts­höhe

Der Steuer­satz steigt mit der Höhe des steuer­pflichtigen Erwerbs (nach Abzug des Frei­betrags) und ist in den drei Steuer­klassen unter­schied­lich hoch:

Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis Steuerklasse I Steuerklasse II Steuerklasse III
75.000 Euro 7% 15% 30%
300.000 Euro 11% 20% 30%
600.000 Euro 15% 25% 30%
6.000.000 Euro 19% 30% 30%
13.000.000 Euro 23% 35% 50%
26.000.000 Euro 27% 40% 50%
über 26.000.000 Euro 30% 43% 50%

Wie Sie sehen, sind die Steuer­sätze in der Steuer­klasse I am günstigsten (7% bis 30%), während nicht ver­wandte Personen in Steuer­klasse III die höchsten Sätze zahlen müssen (30% bis 50%)[4][5].

Praxis­beispiele zur Verdeutlichung

Beispiel 1: Erbschaft vom Ehe­partner

Frau Schmidt erbt von ihrem ver­storbenen Ehe­mann ein Ver­mögen von 700.000 Euro.

  • Frei­betrag für Ehe­partner: 500.000 Euro
  • Steuer­pflich­tiger Betrag: 200.000 Euro
  • Steuer­klasse I, Steuer­satz für 200.000 Euro: 11%
  • Zu zahlende Erb­schafts­steuer: 22.000 Euro

Beispiel 2: Erbschaft vom Eltern­teil

Herr Müller erbt von seiner Mutter 500.000 Euro.

  • Frei­betrag für Kinder: 400.000 Euro
  • Steuer­pflich­tiger Betrag: 100.000 Euro
  • Steuer­klasse I, Steuer­satz für 100.000 Euro: 11%
  • Zu zahlende Erb­schafts­steuer: 11.000 Euro

Beispiel 3: Erbschaft ohne Ver­wandt­schafts­verhältnis

Frau Becker erbt von ihrem Nach­barn, zu dem kein Ver­wandt­schafts­verhältnis besteht, 120.000 Euro.

  • Frei­betrag für nicht Ver­wandte: 20.000 Euro
  • Steuer­pflich­tiger Betrag: 100.000 Euro
  • Steuer­klasse III, Steuer­satz: 30%
  • Zu zahlende Erb­schafts­steuer: 30.000 Euro[5][7]

Dieses letzte Beispiel zeigt deutlich, wie stark die Steuer­belastung für nicht ver­wandte Personen sein kann.

Besonder­heiten und Härte­fälle

Härte­ausgleich bei Grenz­werten

Wenn Ihr steuer­pflichtiges Erbe knapp über einer Grenze der Steuer­stufen liegt, gibt es einen Härte­ausgleich. Dieser ver­hindert, dass ein mini­maler Mehr­betrag zu einer un­ver­hältnis­mäßig höheren Steuer führt.

Beispiel: Bei einem steuer­pflichtigen Erwerb von 301.000 Euro in Steuer­klasse I würde nicht der volle Satz von 15% an­ge­wendet, sondern ein an­ge­passter Satz, der zu einer Steuer von etwa 33.500 Euro statt 45.150 Euro führt[4][5].

Frei­beträge bei Schenkungen

Wussten Sie, dass die gleichen Frei­beträge auch für Schenkungen zu Leb­zeiten gelten? Der große Vorteil: Frei­beträge können alle zehn Jahre neu genutzt werden. Das eröffnet Möglich­keiten für eine lang­fristige Nach­lass­planung[6].

Praktische Tipps zur Steuer­er­sparnis

Verteilung des Erbes auf mehrere Personen

Durch die geschickte Verteilung des Erbes auf mehrere Personen können Sie die Frei­beträge optimal aus­nutzen. Berück­sichtigen Sie dabei:

  • Ehe­partner:innen können jedem ihrer Kinder 400.000 Euro steuer­frei ver­erben - zusammen also 800.000 Euro pro Kind
  • Gesamt­nach­lass auf ver­schie­dene Familien­mit­glieder ver­teilen, um mehrere Frei­beträge zu nutzen

Schenkungen zu Leb­zeiten

Eine kluge Strategie ist es, bereits zu Leb­zeiten Ver­mögens­werte zu über­tragen:

  • Alle zehn Jahre können die vollen Frei­beträge neu genutzt werden
  • So lässt sich über mehrere Jahr­zehnte ein erheb­licher Ver­mögens­wert steuer­frei über­tragen
  • Nießbrauch­vor­behalt möglich - Sie können z.B. eine Immobilie über­tragen, aber weiterhin darin wohnen

Beratung in Anspruch nehmen

Bei größeren Ver­mögens­werten oder kom­plexen Familien­strukturen sollten Sie fach­kundige Beratung in Anspruch nehmen:

  • Notar:innen können bei der Nach­lass­ge­staltung helfen
  • Steuer­be­rater:innen kennen aktuelle Regeln und Aus­nahmen

Häufige Fragen zur Erb­schafts­steuer

Wann muss keine Erb­schafts­steuer gezahlt werden?

Sie müssen keine Erb­schafts­steuer zahlen, wenn der Wert Ihres Erbes unter dem für Sie geltenden Frei­betrag liegt. Bei der Durch­schnitts­erb­schaft in Deutschland von 79.000 bis 85.000 Euro fällt für Kinder, Ehe­partner:innen und Lebens­partner:innen meist keine Steuer an[6].

Wie wird der Verkehrs­wert einer Immobilie ermittelt?

Der Verkehrs­wert einer Immobilie wird im Regel­fall durch ein Gut­achten fest­gestellt. Der Wert orientiert sich dabei an:

  • Ver­gleichs­werten ähnlicher Immobilien
  • Lage und Zustand des Objekts
  • Bei selbst genutzten Immobilien gibt es unter bestimmten Voraus­setzungen Steuer­er­leich­terungen

Welche Steuer­er­leich­terungen gibt es für Betriebs­ver­mögen?

Für Betriebs­ver­mögen gelten besondere Regeln, wenn durch die Erb­schaft Arbeits­plätze er­halten werden. Je nach Situation können Steuer­nach­lässe oder -befreiungen gewährt werden[8].

Fazit

Die Erb­schafts­steuer kann eine be­trächt­liche finanzielle Be­lastung dar­stellen - be­sonders für nicht ver­wandte Erben:innen. Mit Kenntnis der Frei­beträge und Steuer­sätze sowie früh­zeitiger Planung können Sie jedoch die Steuer­last erheblich senken.

Denken Sie daran: Bei der Durch­schnitts­erb­schaft in Deutsch­land von unter 100.000 Euro fällt für nahe Ver­wandte meist keine Erb­schafts­steuer an. Je früher Sie mit der Nach­lass­planung beginnen, desto mehr Gestalts­möglich­keiten haben Sie.