Wie wird die Erbschaftssteuer berechnet und welche Freibeträge gelten für verschiedene Begünstigte?
Die Erbschaftssteuer in Deutschland richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser, dem Wert des Erbes und der Steuerklasse. Nahe Angehörige wie Ehepartner:innen und Kinder profitieren von hohen Freibeträgen (bis zu 500.000 Euro) und niedrigeren Steuersätzen, während entferntere Verwandte oder nicht verwandte Personen höhere Steuern zahlen. Durch frühzeitige Nachlassplanung, z. B. durch Schenkungen zu Lebzeiten, lassen sich Steuern oft reduzieren.
- Grundprinzipien der Erbschaftssteuer
- Freibeträge nach Verwandtschaftsgrad
- Die drei Steuerklassen
- Steuersätze nach Steuerklasse und Erbschaftshöhe
- Praxisbeispiele zur Verdeutlichung
- Besonderheiten und Härtefälle
- Praktische Tipps zur Steuerersparnis
- Häufige Fragen zur Erbschaftssteuer
- Fazit
Die Erbschaftssteuer betrifft jeden, der etwas erbt oder vererbt. Wieviel Sie zahlen müssen, hängt stark vom Verwandtschaftsgrad und dem Wert des Nachlasses ab. Dieser Artikel erklärt Ihnen übersichtlich, wie die Steuer berechnet wird und welche Freibeträge für verschiedene Personengruppen gelten.
Grundprinzipien der Erbschaftssteuer
Die Erbschaftssteuer fällt an, wenn Sie als Erbe:in Vermögenswerte nach dem Tod eines Menschen erhalten. Sie wird vom Verkehrswert des Erbes berechnet und richtet sich nach zwei Hauptfaktoren:
- Dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser (bestimmt Steuerklasse und Freibetrag)
- Dem Wert des Erbes nach Abzug des Freibetrags (bestimmt den Steuersatz)
Wie wird die Erbschaftssteuer berechnet?
Die Berechnung folgt einem einfachen Prinzip:
- Ermittlung des Gesamtwerts der Erbschaft
- Abzug des entsprechenden Freibetrags
- Anwendung des Steuersatzes auf den verbleibenden Betrag
Nur der Teil des Erbes, der über dem Freibetrag liegt, wird besteuert[5]. Den Steuersatz bestimmen Ihre Steuerklasse und die Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs.
Freibeträge nach Verwandtschaftsgrad
Je näher Sie mit dem Erblasser verwandt sind, desto höher ist Ihr Freibetrag. Hier die aktuellen Freibeträge (Stand: 2025):
Verhältnis zum Erblasser | Freibetrag | Steuerklasse |
---|---|---|
Ehepartner und eingetragene Lebenspartner | 500.000 Euro | I |
Kinder und Stiefkinder | 400.000 Euro | I |
Enkel (deren Eltern noch leben) | 200.000 Euro | I |
Enkel (deren Eltern verstorben sind) | 400.000 Euro | I |
Urenkel, Eltern und Großeltern | 100.000 Euro | I |
Geschwister, Nichten, Neffen | 20.000 Euro | II |
Stiefeltern, Schwiegerkinder | 20.000 Euro | II |
Nicht verwandte Personen | 20.000 Euro | III |
Wichtig zu wissen: Ein Elternpaar kann an jedes Kind zusammen 800.000 Euro steuerfrei vererben (jeweils 400.000 Euro pro Elternteil)[6].
Die drei Steuerklassen
Je nach Verwandtschaftsgrad werden Sie einer der drei Steuerklassen zugeordnet:
Steuerklasse I
Umfasst die engsten Familienmitglieder:
- Ehepartner:innen und eingetragene Lebenspartner:innen
- Kinder und Stiefkinder
- Enkel und Urenkel
- Eltern und Großeltern (bei Erbschaft)
Steuerklasse II
Beinhaltet weitere Verwandte:
- Geschwister und deren Kinder (Nichten/Neffen)
- Stiefeltern
- Schwiegerkinder und Schwiegereltern
- Geschiedene Ehepartner:innen
Steuerklasse III
Gilt für alle anderen Personen, die nicht mit dem Erblasser verwandt sind[1][5].
Steuersätze nach Steuerklasse und Erbschaftshöhe
Der Steuersatz steigt mit der Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs (nach Abzug des Freibetrags) und ist in den drei Steuerklassen unterschiedlich hoch:
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis | Steuerklasse I | Steuerklasse II | Steuerklasse III |
---|---|---|---|
75.000 Euro | 7% | 15% | 30% |
300.000 Euro | 11% | 20% | 30% |
600.000 Euro | 15% | 25% | 30% |
6.000.000 Euro | 19% | 30% | 30% |
13.000.000 Euro | 23% | 35% | 50% |
26.000.000 Euro | 27% | 40% | 50% |
über 26.000.000 Euro | 30% | 43% | 50% |
Wie Sie sehen, sind die Steuersätze in der Steuerklasse I am günstigsten (7% bis 30%), während nicht verwandte Personen in Steuerklasse III die höchsten Sätze zahlen müssen (30% bis 50%)[4][5].
Praxisbeispiele zur Verdeutlichung
Beispiel 1: Erbschaft vom Ehepartner
Frau Schmidt erbt von ihrem verstorbenen Ehemann ein Vermögen von 700.000 Euro.
- Freibetrag für Ehepartner: 500.000 Euro
- Steuerpflichtiger Betrag: 200.000 Euro
- Steuerklasse I, Steuersatz für 200.000 Euro: 11%
- Zu zahlende Erbschaftssteuer: 22.000 Euro
Beispiel 2: Erbschaft vom Elternteil
Herr Müller erbt von seiner Mutter 500.000 Euro.
- Freibetrag für Kinder: 400.000 Euro
- Steuerpflichtiger Betrag: 100.000 Euro
- Steuerklasse I, Steuersatz für 100.000 Euro: 11%
- Zu zahlende Erbschaftssteuer: 11.000 Euro
Beispiel 3: Erbschaft ohne Verwandtschaftsverhältnis
Frau Becker erbt von ihrem Nachbarn, zu dem kein Verwandtschaftsverhältnis besteht, 120.000 Euro.
- Freibetrag für nicht Verwandte: 20.000 Euro
- Steuerpflichtiger Betrag: 100.000 Euro
- Steuerklasse III, Steuersatz: 30%
- Zu zahlende Erbschaftssteuer: 30.000 Euro[5][7]
Dieses letzte Beispiel zeigt deutlich, wie stark die Steuerbelastung für nicht verwandte Personen sein kann.
Besonderheiten und Härtefälle
Härteausgleich bei Grenzwerten
Wenn Ihr steuerpflichtiges Erbe knapp über einer Grenze der Steuerstufen liegt, gibt es einen Härteausgleich. Dieser verhindert, dass ein minimaler Mehrbetrag zu einer unverhältnismäßig höheren Steuer führt.
Beispiel: Bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 301.000 Euro in Steuerklasse I würde nicht der volle Satz von 15% angewendet, sondern ein angepasster Satz, der zu einer Steuer von etwa 33.500 Euro statt 45.150 Euro führt[4][5].
Freibeträge bei Schenkungen
Wussten Sie, dass die gleichen Freibeträge auch für Schenkungen zu Lebzeiten gelten? Der große Vorteil: Freibeträge können alle zehn Jahre neu genutzt werden. Das eröffnet Möglichkeiten für eine langfristige Nachlassplanung[6].
Praktische Tipps zur Steuerersparnis
Verteilung des Erbes auf mehrere Personen
Durch die geschickte Verteilung des Erbes auf mehrere Personen können Sie die Freibeträge optimal ausnutzen. Berücksichtigen Sie dabei:
- Ehepartner:innen können jedem ihrer Kinder 400.000 Euro steuerfrei vererben - zusammen also 800.000 Euro pro Kind
- Gesamtnachlass auf verschiedene Familienmitglieder verteilen, um mehrere Freibeträge zu nutzen
Schenkungen zu Lebzeiten
Eine kluge Strategie ist es, bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte zu übertragen:
- Alle zehn Jahre können die vollen Freibeträge neu genutzt werden
- So lässt sich über mehrere Jahrzehnte ein erheblicher Vermögenswert steuerfrei übertragen
- Nießbrauchvorbehalt möglich - Sie können z.B. eine Immobilie übertragen, aber weiterhin darin wohnen
Beratung in Anspruch nehmen
Bei größeren Vermögenswerten oder komplexen Familienstrukturen sollten Sie fachkundige Beratung in Anspruch nehmen:
- Notar:innen können bei der Nachlassgestaltung helfen
- Steuerberater:innen kennen aktuelle Regeln und Ausnahmen
Häufige Fragen zur Erbschaftssteuer
Wann muss keine Erbschaftssteuer gezahlt werden?
Sie müssen keine Erbschaftssteuer zahlen, wenn der Wert Ihres Erbes unter dem für Sie geltenden Freibetrag liegt. Bei der Durchschnittserbschaft in Deutschland von 79.000 bis 85.000 Euro fällt für Kinder, Ehepartner:innen und Lebenspartner:innen meist keine Steuer an[6].
Wie wird der Verkehrswert einer Immobilie ermittelt?
Der Verkehrswert einer Immobilie wird im Regelfall durch ein Gutachten festgestellt. Der Wert orientiert sich dabei an:
- Vergleichswerten ähnlicher Immobilien
- Lage und Zustand des Objekts
- Bei selbst genutzten Immobilien gibt es unter bestimmten Voraussetzungen Steuererleichterungen
Welche Steuererleichterungen gibt es für Betriebsvermögen?
Für Betriebsvermögen gelten besondere Regeln, wenn durch die Erbschaft Arbeitsplätze erhalten werden. Je nach Situation können Steuernachlässe oder -befreiungen gewährt werden[8].
Fazit
Die Erbschaftssteuer kann eine beträchtliche finanzielle Belastung darstellen - besonders für nicht verwandte Erben:innen. Mit Kenntnis der Freibeträge und Steuersätze sowie frühzeitiger Planung können Sie jedoch die Steuerlast erheblich senken.
Denken Sie daran: Bei der Durchschnittserbschaft in Deutschland von unter 100.000 Euro fällt für nahe Verwandte meist keine Erbschaftssteuer an. Je früher Sie mit der Nachlassplanung beginnen, desto mehr Gestaltsmöglichkeiten haben Sie.