Wie werden Renten, Lebensversicherungen oder Pensionskonten bei Erbschaften steuerlich behandelt?
Die steuerliche Behandlung von Renten, Lebensversicherungen und Pensionskonten im Erbfall hängt von den persönlichen Freibeträgen der Erb:innen, dem Verwandtschaftsgrad und der Vertragsgestaltung ab. Während Lebensversicherungen durch geschickte Vertragsgestaltung steuerfrei bleiben können, bieten geerbte Renten die Möglichkeit, zwischen Kapital- oder Jahreswertbesteuerung zu wählen. Eine sorgfältige Nachlassplanung und gegebenenfalls fachliche Beratung können helfen, die steuerliche Belastung für Angehörige zu minimieren.
Die steuerliche Behandlung von finanziellen Vorsorgeprodukten bei einer Erbschaft betrifft viele Menschen, kann aber oft verwirrend sein. Dieser Artikel erklärt Ihnen verständlich, wie Renten, Lebensversicherungen und ähnliche Anlagen im Erbfall besteuert werden und welche Gestaltungsmöglichkeiten Sie haben.
Grundsätzliche Regelungen zur Erbschaftssteuer
Wenn Sie eine Rente, Lebensversicherung oder ein Pensionskonto erben, kann Erbschaftssteuer anfallen. Entscheidend ist dabei, ob der Wert des Erbes Ihren persönlichen Freibetrag übersteigt. Diese Freibeträge sind je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedlich hoch[1][5]:
- Ehepartner:innen und eingetragene Lebenspartner:innen: 500.000 €
- Kinder, Stief- und Adoptivkinder: 400.000 €
- Enkelkinder: 200.000 €
- Eltern und Großeltern: 100.000 €
- Geschwister, entferntere Verwandte, Freund:innen: 20.000 €
Übersteigt der Wert des Erbes diese Freibeträge, wird Erbschaftssteuer fällig. Der Steuersatz hängt sowohl vom Verwandtschaftsgrad als auch von der Höhe des steuerpflichtigen Erbes ab[1].
Steuerklassen und Steuersätze
Die Verwandtschaftsverhältnisse werden in drei Steuerklassen eingeteilt, die unterschiedliche Steuersätze haben[1]:
Steuerklasse I (Ehepartner:innen, Kinder, Eltern):
- Bis 75.000 €: 7%
- Bis 300.000 €: 11%
- Bis 600.000 €: 15%
- Bis 6 Mio. €: 19%
- Bis 13 Mio. €: 23%
- Bis 26 Mio. €: 27%
- Über 26 Mio. €: 30%
Steuerklasse II (Geschwister, Nichten, Neffen):
- Bis 75.000 €: 15%
- Bis 300.000 €: 20%
- Bis 600.000 €: 25%
- Bis 6 Mio. €: 30%
- Bis 13 Mio. €: 35%
- Bis 26 Mio. €: 40%
- Über 26 Mio. €: 43%
Steuerklasse III (alle Übrigen):
- Bis 75.000 €: 30%
- Bis 13 Mio. €: 30%
- Bis 26 Mio. €: 50%
- Über 26 Mio. €: 50%
Lebensversicherungen im Erbfall
Wie werden Lebensversicherungen besteuert?
Wird eine Lebensversicherung im Todesfall ausgezahlt, fällt für die Begünstigten weder Abgeltungs- noch Einkommensteuer an. Allerdings kann Erbschaftssteuer erhoben werden, wenn die Erb:innen - zusammen mit dem übrigen Nachlass - ihren Freibetrag überschreiten[6].
Besonders schnell ist bei unverheirateten Partner:innen der steuerliche Freibetrag von 20.000 Euro ausgeschöpft. Aber auch Ehepartner:innen und Kinder können an ihre Grenzen stoßen, wenn etwa eine hochwertige Immobilie zum Nachlass gehört[6].
Beispiel zur Verdeutlichung
Angenommen, die Versicherungssumme Ihrer Risikolebensversicherung beträgt 500.000 Euro. Ist der:die Begünstigte Ihr:e Ehepartner:in, bleibt die Auszahlung aufgrund des Freibetrags steuerfrei. Erhalten aber Ihre Kinder die Leistung, wird Erbschaftssteuer fällig, wenn der übrige Nachlass schon den Freibetrag von 400.000 Euro ausschöpft[1].
Gestaltungsmöglichkeiten zur Steuervermeidung
Bei Kapitallebens- und Risikolebensversicherungen lässt sich die Erbschaftssteuer komplett einsparen, wenn eine bestimmte Vertragsgestaltung gewählt wird[7].
Die Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist: Der:die Bezugsberechtigte muss im Todesfall der versicherten Person gleichzeitig auch Versicherungsnehmer:in sein[7]. Die hinterbliebene Person erhält dann die Todesfallleistung aus der eigenen Versicherung und nicht aus dem Nachlass.
Praktische Umsetzung:
- Nicht die versicherte Person, sondern der:die potenzielle Erb:in sollte als Versicherungsnehmer:in und Bezugsberechtigte:r im Vertrag stehen.
- Die versicherte Person ist dann nur das “Risikoobjekt” der Versicherung.
Ein Beispiel: Möchte ein Ehemann seine Frau absichern, sollte nicht er selbst, sondern seine Frau als Versicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte genannt werden. Der Ehemann ist nur die versicherte Person. Stirbt er, fällt die Versicherungssumme nicht in den Nachlass. Die überlebende Ehefrau erhält das Geld dann aus ihrem eigenen Vertrag und nicht aus der Erbschaft[7].
Auch eine “Über-Kreuz-Versicherung” ist möglich: Beide Partner:innen schließen jeweils eine Versicherung ab, bei der das Leben des:der anderen versichert ist[6].
Renten und Pensionsansprüche im Erbfall
Grundsätzliche Besteuerung geerbter Renten
Hinterbliebenenleistungen aus einem Rentenvertrag unterliegen grundsätzlich der Erbschaftssteuer gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Der Rentenanspruch wird zum steuerpflichtigen Erwerb gerechnet und ist grundsätzlich mit dem Kapitalwert anzusetzen[3].
Wichtig zu wissen: Kraft Gesetzes entstehende Versorgungsbezüge bzw. Pensionen für Hinterbliebene, wie z.B. aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungswerken, sind von der Erbschaftssteuer ausgenommen[3].
Kapitalwert oder Jahreswert: Eine wichtige Entscheidung
Bei geerbten Rentenbezugsrechten wird regelmäßig eine Besteuerung mit dem Kapitalwert der Rente vorgenommen. Das kann zu Problemen führen:
- Die Erbschaftssteuer kann die bis zur Fälligkeit zugeflossene Rente übersteigen und zu einem Liquiditätsproblem führen.
- Sollte der:die Erb:in früher als statistisch erwartet versterben, kann die Erbschaftssteuer die tatsächlich erhaltene Rente übersteigen[3].
Alternative: Sie können einen Antrag auf Besteuerung mit dem Jahreswert stellen. Hierbei wird der Zufluss aus der Rente zuerst mit dem Freibetrag verrechnet. Erst bei Verbrauch des Freibetrags wird der überschießende Betrag versteuert[8].
Beispiel zur Veranschaulichung:
Eine 50-jährige Tochter erhält von ihrem Vater eine lebenslange Dauernde Last im Wert von 120.000 Euro pro Jahr.
- Bei Versteuerung nach dem Kapitalwert: (120.000 Euro × 15,653) 1.878.360 Euro - Freibetrag 400.000 Euro × Steuersatz 19% = etwa 280.800 Euro Erbschaftssteuer, sofort fällig.
- Bei Versteuerung nach dem Jahreswert: In den ersten 3 Jahren keine Erbschaftssteuer, da am Ende des dritten Jahres erst 360.000 Euro verrechnet wurden (noch unter dem Freibetrag von 400.000 Euro). Im vierten Jahr fallen dann Steuern an[8].
Besonderer Versorgungsfreibetrag für Ehepartner:innen
Neben dem persönlichen Freibetrag von 500.000 Euro steht dem:der hinterbliebenen Ehe- oder Lebenspartner:in zusätzlich ein besonderer Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro zu (§ 17 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes)[5].
Dieser kann allerdings in bestimmten Fällen gekürzt werden, zum Beispiel wenn der:die Hinterbliebene bereits andere Versorgungsbezüge erhält.
Praktische Tipps für Ihre Nachlassplanung
Checkliste für die steueroptimierte Gestaltung
- Freibeträge kennen und nutzen: Machen Sie sich mit den Freibeträgen vertraut, die für Ihre Erben gelten.
- Lebensversicherungen optimal gestalten: Prüfen Sie, ob eine Änderung der Vertragsgestaltung bei Ihren Lebensversicherungen sinnvoll ist (Wer ist Versicherungsnehmer:in? Wer ist versicherte Person?).
- Besteuerungsmethode für Renten wählen: Bei geerbten Renten überlegen, ob eine Besteuerung nach dem Jahreswert vorteilhafter ist als nach dem Kapitalwert.
- Versorgungsfreibetrag für Ehepartner:innen nutzen: Berücksichtigen Sie den zusätzlichen Freibetrag von 256.000 Euro in Ihrer Planung.
Wann sollten Sie fachlichen Rat einholen?
Die steuerliche Gestaltung von Erbschaften, besonders bei komplexeren Vermögenswerten wie Renten und Lebensversicherungen, kann anspruchsvoll sein. Es empfiehlt sich, fachkundige Beratung in Anspruch zu nehmen, wenn:
- Ihr Vermögen die Freibeträge Ihrer Erb:innen übersteigt
- Sie mehrere Versorgeprodukte besitzen
- Sie unterschiedliche Erb:innen begünstigen möchten
- Sie nicht verheiratet sind, aber Ihr:e Partner:in absichern wollen
Fazit
Die steuerliche Behandlung von Renten, Lebensversicherungen und Pensionskonten im Erbfall hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mit einer durchdachten Planung können Sie die steuerliche Belastung für Ihre Erb:innen erheblich reduzieren.
Besonders bei Lebensversicherungen bieten sich durch geschickte Vertragsgestaltung gute Möglichkeiten, Erbschaftssteuern zu vermeiden. Bei Renten sollten Sie die Vor- und Nachteile der Besteuerung nach Kapitalwert oder Jahreswert genau abwägen.
Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Nachlassplanung und holen Sie bei Bedarf professionellen Rat ein - Ihre Angehörigen werden es Ihnen danken.