Gibt es Unterschiede in der Erbschaftssteuer zwischen Deutschland und anderen Ländern?
Die Erbschaftssteuer unterscheidet sich international stark: Deutschland erhebt sie mit hohen Steuersätzen, aber großzügigen Freibeträgen, während Österreich sie abgeschafft hat und stattdessen eine Grunderwerbsteuer auf Immobilien erhebt. In der Schweiz variieren die Regelungen je nach Kanton, oft mit Steuerbefreiungen für enge Familienangehörige. Bei grenzüberschreitenden Erbfällen ist eine frühzeitige Planung und professionelle Beratung entscheidend, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.
- Die Erbschaftssteuer in Deutschland
- Österreich: Land ohne Erbschaftssteuer
- Die Schweiz und ihre kantonale Vielfalt
- Erbschaftssteuer in anderen Ländern
- Grenzüberschreitende Erbfälle: Eine besondere Herausforderung
- Praktische Tipps für internationale Erbfälle
- Die wichtigsten Unterschiede im Überblick
- Fazit und Ausblick
Die Erbschaftssteuer betrifft früher oder später viele Menschen - sei es als Erblasser:innen oder als Erb:innen. Was viele nicht wissen: Die steuerlichen Regelungen unterscheiden sich erheblich von Land zu Land. In diesem Artikel erfahren Sie, wie Deutschland, Österreich, die Schweiz und andere Länder mit der Besteuerung von Erbschaften umgehen und welche Folgen dies für Sie haben kann.
Die Erbschaftssteuer in Deutschland
In Deutschland wird die Erbschaftssteuer auf den weltweiten Nachlass eines Erblassers erhoben, wenn entweder der:die Erblasser:in oder der:die Erb:in in Deutschland ansässig ist oder war[1]. Die Steuersätze bewegen sich zwischen 7% und 50%, abhängig von der Steuerklasse und dem Wert des Erbes[4].
Die Steuerklassen in Deutschland richten sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis:
- Ehepartner:innen und Kinder zahlen Steuersätze zwischen 7% und 30%
- Entferntere Verwandte und Dritte werden mit bis zu 50% besteuert[8]
Ein wichtiger Aspekt der deutschen Erbschaftssteuer sind die relativ großzügigen Freibeträge, die nicht besteuert werden. Diese mildern die hohen Steuersätze in der Praxis ab und führen dazu, dass viele Erbschaften innerhalb der Familie steuerfrei bleiben.
Besondere Regelungen gibt es zudem für die Vererbung von Betriebsvermögen. Hier können unter bestimmten Voraussetzungen weitgehende Steuerbegünstigungen in Anspruch genommen werden.
Österreich: Land ohne Erbschaftssteuer
Im Gegensatz zu Deutschland hat Österreich die Erbschaftssteuer am 31. Juli 2008 abgeschafft[7]. Dies bedeutet, dass der Erwerb von Vermögen durch Erbschaft in Österreich selbst nicht besteuert wird[1]. Diese Regelung macht Österreich für vermögende Personen zu einem steuerlich attraktiven Wohnsitz.
Zu beachten ist jedoch: Bei der Vererbung oder Schenkung einer Immobilie in Österreich fällt stattdessen Grunderwerbsteuer an. Diese beträgt in der Regel etwa 3,5% des Verkehrswertes der Immobilie[4][7].
Als direkte Folge der Abschaffung der Erbschaftssteuer wurde im Jahr 2008 auch das bestehende Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland, das die Erbschaftssteuer regelte, gekündigt[7].
Die Schweiz und ihre kantonale Vielfalt
In der Schweiz liegt die Steuerhoheit für die Erbschaftssteuer nicht beim Bund, sondern bei den Kantonen und Gemeinden[2]. Zuständig für die Festsetzung der Nachlasssteuer ist jeweils der Kanton, in dem der:die Erblasser:in seinen:ihren letzten Wohnsitz hatte[2].
Steuerliche Besonderheiten in der Schweiz:
- Jeder Kanton hat eigene Bestimmungen und Steuerbefreiungsregeln
- In den meisten Kantonen sind Ehepartner:innen von der Erbschaftssteuer befreit
- Fast alle Kantone befreien auch direkte Nachkommen von der Erbschaftssteuerpflicht[2][5]
Die Erbschaftssteuer in der Schweiz wird entweder als Erbnachlasssteuer oder als Erbanfallsteuer erhoben. Bei der Erbnachlasssteuer wird der Nachlass direkt besteuert, ohne Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse. Die Erbanfallsteuer hingegen berücksichtigt die persönlichen Verhältnisse des:der Erb:in und setzt am erworbenen Erbteil an[2].
Die Erbschaftssteuer in der Schweiz gilt im internationalen Vergleich als vorteilhaft, besonders für Ehepartner:innen und Kinder[5].
Erbschaftssteuer in anderen Ländern
Die Situation der Erbschaftssteuer variiert weltweit erheblich. Ein Blick auf andere Länder zeigt folgendes Bild:
Länder ohne Erbschaftssteuer:
- Estland, Lettland, Schweden, Slowakei
- Außerhalb Europas: Australien (als Bundessteuer), Ägypten, China, Indien, Israel, Russland, Singapur[8]
Länder mit hohen Steuersätzen:
- Frankreich: bis zu 60% (aber keine Steuer für Ehepartner:innen)
- Belgien: 30-80%
- USA: Steuer auf Bundesebene mit hohen Freibeträgen, zusätzlich in einigen Einzelstaaten[8]
In den letzten Jahren lässt sich international eine Tendenz feststellen, zugunsten von Familien auf eine Erhebung der Erbschaftssteuer ganz zu verzichten[8]. Einige Länder haben die Steuer gänzlich abgeschafft, andere haben besondere Steuerbefreiungen für enge Familienangehörige eingeführt.
Grenzüberschreitende Erbfälle: Eine besondere Herausforderung
Wenn Sie als Deutsche:r im Ausland erben oder wenn Sie Vermögen im Ausland besitzen, können komplexe steuerliche Situationen entstehen.
Der deutsch-österreichische Erbfall:
Seit der Abschaffung der Erbschaftssteuer in Österreich und der Kündigung des Doppelbesteuerungsabkommens gelten folgende Regeln:
- Wenn der:die Erblasser:in in beiden Ländern einen Wohnsitz hatte, unterliegt der Erwerb ausschließlich der deutschen Erbschaftssteuer
- Für Erblasser:innen, die ihren Wohnsitz von Deutschland nach Österreich verlegt haben, gilt weiterhin die deutsche Erbschaftssteuer, wenn der Wegzug nicht länger als fünf Jahre zurückliegt
- Wenn der:die Erb:in in Deutschland ansässig ist, ist der Erwerb unabhängig vom Wohnsitz des:der Erblassers:in in Deutschland steuerpflichtig[7]
Problem der Doppelbesteuerung:
Bei internationalen Erbfällen kann es zur Doppelbesteuerung kommen. Dies bedeutet, dass ein und dieselbe Erbschaft in mehreren Ländern besteuert wird[5]. Dieses Risiko besteht besonders, wenn:
- Der:die Erblasser:in und der:die Erb:in in verschiedenen Ländern wohnen
- Das geerbte Vermögen in einem dritten Land liegt
- Es kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den betroffenen Ländern gibt[3]
Praktische Tipps für internationale Erbfälle
Wenn Sie mit einem internationalen Erbfall konfrontiert sind, sollten Sie folgende Aspekte beachten:
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Frühzeitige Planung: Informieren Sie sich rechtzeitig über die steuerlichen Regelungen in allen beteiligten Ländern.
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Wohnsitzsituation prüfen: Der steuerliche Wohnsitz von Erblasser:in und Erb:in kann entscheidend für die Besteuerung sein.
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Vermögensstandorte analysieren: Klären Sie, in welchen Ländern sich das zu vererbende Vermögen befindet.
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Steuerliche Anrechnung prüfen: In vielen Fällen kann im Ausland gezahlte Erbschaftssteuer auf die deutsche Steuer angerechnet werden. So sieht § 21 ErbStG vor, dass unter bestimmten Umständen eine Anrechnung möglich ist[3].
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Fachliche Beratung in Anspruch nehmen: Bei komplexen internationalen Erbfällen ist professionelle Hilfe durch Steuerberater:innen mit internationaler Erfahrung oder spezialisierte Rechtsanwält:innen ratsam.
Die wichtigsten Unterschiede im Überblick
Die Unterschiede zwischen den Erbschaftssteuerregelungen in verschiedenen Ländern sind beträchtlich:
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Deutschland hat eine der höchsten Erbschaftssteuern im internationalen Vergleich, mildert diese aber durch großzügige Freibeträge.
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Österreich hat die Erbschaftssteuer abgeschafft und erhebt stattdessen eine Grunderwerbsteuer bei Immobilien.
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In der Schweiz sind die Regelungen von Kanton zu Kanton verschieden, wobei direkte Familienangehörige in den meisten Kantonen steuerbefreit sind.
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Viele Länder haben ihre Erbschaftssteuersysteme in den letzten Jahren reformiert oder ganz abgeschafft.
Angesichts dieser Unterschiede ist es für Sie als potenzielle:r Erb:in oder Erblasser:in wichtig, die jeweiligen nationalen Regelungen zu kennen und bei grenzüberschreitenden Erbfällen besonders aufmerksam zu sein. Die steuerlichen Auswirkungen können erheblich sein und sollten bei der Nachlassplanung unbedingt berücksichtigt werden.
Fazit und Ausblick
Die Erbschaftssteuer bleibt ein kontrovers diskutiertes Thema in vielen Ländern. Während einige Staaten wie Österreich sich für eine Abschaffung entschieden haben, halten andere wie Deutschland an ihr fest. Die internationalen Unterschiede spiegeln verschiedene politische und gesellschaftliche Vorstellungen über Vermögensverteilung und Steuergerechtigkeit wider.
Für Sie als Einzelperson bedeutet dies: Je nach persönlicher Situation und beteiligten Ländern können sich völlig unterschiedliche steuerliche Konsequenzen ergeben. Eine sorgfältige Planung und gegebenenfalls fachkundige Beratung können Ihnen helfen, die optimale Lösung für Ihre individuelle Situation zu finden.