Welche Rolle spielt ein Testamentsvollstrecker im Nachlassverfahren?

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Zusammenfassung

Ein:e Testaments­vollstrecker:in ist eine vom Erblasser benannte Person, die den Nachlass gemäß dessen letztem Willen verwaltet, Vermächtnisse erfüllt und den Nachlass unter den Erb:innen aufteilt. Diese Rolle ist besonders sinnvoll bei komplexen Vermögens­verhältnissen, minderjährigen Erb:innen oder potenziellen Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft. Durch klare Anweisungen im Testament und eine sorgfältige Auswahl der Person kann der Nachlass ordnungsgemäß geregelt werden.

Nach dem Tod eines Menschen beginnt ein Verfahren, um den Nachlass zu regeln. Ein Testaments­vollstrecker spielt dabei eine entscheidende Rolle. Er sorgt dafür, dass der letzte Wille der verstorbenen Person umgesetzt wird und der Nachlass ordnungsgemäß verwaltet und verteilt wird. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Aufgaben ein:e Testaments­vollstrecker:in hat, wann diese Rolle sinnvoll ist und wie das Verfahren abläuft.

Was genau ist ein Testamentsvollstrecker?

Ein:e Testaments­vollstrecker:in ist eine Person, die vom Erblasser im Testament oder Erbvertrag benannt wurde, um nach seinem Tod den Nachlass zu verwalten und seinen letzten Willen umzusetzen. Man kann sie als verlängerten Arm des Erblassers betrachten, der dafür sorgt, dass alle im Testament festgelegten Wünsche erfüllt werden[15].

Die Testaments­vollstreckung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Gemäß § 2203 BGB hat der:die Testaments­vollstrecker:in “die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen”[15]. Diese Person nimmt also eine Mittlerposition ein - zwischen dem verstorbenen Erblasser und den Erb:innen.

Die Aufgaben eines Testamentsvollstreckers

Die Hauptaufgabe eines Testaments­vollstreckers besteht darin, den Nachlass im Sinne des Verstorbenen zu verwalten und zu verteilen. Je nach Art der Testaments­vollstreckung können die konkreten Aufgaben jedoch unterschiedlich sein.

Grundlegende Pflichten

Ein:e Testaments­vollstrecker:in hat folgende grundlegende Pflichten[1][2][4]:

  • Ermittlung des Nachlasses: Zunächst muss der gesamte Nachlass erfasst werden. Dazu gehört die Suche nach Vermögens­werten, Bankkonten, Immobilien und anderen Besitztümern.

  • Erstellung eines Nachlassverzeichnisses: Der:Die Testaments­vollstrecker:in muss unverzüglich nach Amtsantritt ein Verzeichnis aller Nachlassgegenstände und bekannten Nachlassverbindlichkeiten erstellen und den Erb:innen mitteilen.

  • Verwaltung des Nachlasses: Dazu gehört die ordnungsgemäße Betreuung aller Vermögenswerte, Bezahlung von Rechnungen und Steuern sowie die Kündigung nicht mehr benötigter Verträge.

  • Erfüllung von Vermächtnissen und Auflagen: Falls im Testament bestimmte Gegenstände oder Geldbeträge an Dritte vermacht wurden, muss der:die Testaments­vollstrecker:in diese Vermächtnisse erfüllen.

  • Verteilung des Nachlasses: Bei mehreren Erb:innen muss der:die Testaments­vollstrecker:in einen Auseinandersetzungsplan erstellen und den Nachlass entsprechend aufteilen.

  • Abgabe der Erbschaftssteuererklärung: Gemäß § 31 Absatz 5 ErbStG ist der:die Testaments­vollstrecker:in für die Abgabe der Erbschaftssteuererklärung verantwortlich[1].

  • Rechenschaftslegung: Der:Die Testaments­vollstrecker:in muss den Erb:innen regelmäßig Auskunft über seine:ihre Tätigkeit geben.

Besondere Befugnisse

Neben diesen Pflichten hat ein:e Testaments­vollstrecker:in auch besondere Rechte[8]:

  • Verfügungsgewalt über den Nachlass: Der:Die Testaments­vollstrecker:in hat das Recht, den Nachlass in Besitz zu nehmen und darüber zu verfügen. Er:Sie kann wie der Erblasser selbst Schulden machen, Gerichtsprozesse führen, Grundstücke verkaufen und Kredite aufnehmen.

  • Ausschließliches Verwaltungsrecht: Die Erb:innen selbst haben keine Verfügungsgewalt über den Nachlass, solange dieser unter Testaments­vollstreckung steht. Sie dürfen beispielsweise keinen Schmuck an sich nehmen, Aktien verkaufen oder Immobilien nutzen, ohne dass der:die Testaments­vollstrecker:in zustimmt[4].

Arten der Testamentsvollstreckung

Je nach Aufgabenstellung unterscheidet man verschiedene Arten der Testaments­vollstreckung[1][2][6]:

Abwicklungsvollstreckung

Bei dieser häufigsten Form geht es darum, den Nachlass zu erfassen, zu verwalten und unter den Erb:innen aufzuteilen. Der:Die Testaments­vollstrecker:in sorgt für die Erfüllung von Vermächtnissen und die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft. Diese Art der Vollstreckung endet mit der Verteilung des Nachlasses.

Dauertestamentsvollstreckung

Hierbei wird der Nachlass über einen längeren Zeitraum vom Testaments­vollstrecker verwaltet. Der Erblasser kann anordnen, dass die Vollstreckung für einen bestimmten Zeitraum (z.B. bis zum 25. Lebensjahr der Erb:innen) oder sogar bis zum Tod der Erb:innen andauert. Dies ist besonders sinnvoll bei minderjährigen oder geschäftlich unerfahrenen Erb:innen.

Verwaltungsvollstreckung

Hier beschränkt sich die Aufgabe des Testaments­vollstreckers ausschließlich auf die Verwaltung des Nachlasses, ohne dass ihm andere Aufgaben zugewiesen sind.

Beaufsichtigende Testamentsvollstreckung

Der:Die Testaments­vollstrecker:in überwacht in diesem Fall lediglich die Erfüllung der Pflichten einer im Testament begünstigten Person.

Wann ist ein Testamentsvollstrecker sinnvoll?

Die Einsetzung eines Testaments­vollstreckers kann in vielen Situationen vorteilhaft sein[4][5][7][14]:

  • Bei minderjährigen oder geschäftsunfähigen Erb:innen: Um sicherzustellen, dass der Nachlass bis zur Volljährigkeit oder bis zu einem bestimmten Alter der Erb:innen gut verwaltet wird.

  • Bei komplexen Nachlässen: Wenn der Nachlass umfangreich ist oder Unternehmensbeteiligungen enthält, kann ein:e Testaments­vollstrecker:in für fachkundige Verwaltung sorgen.

  • Bei Streitpotenzial unter Erb:innen: Um mögliche Konflikte zwischen den Erb:innen zu vermeiden und eine faire Verteilung des Nachlasses zu gewährleisten.

  • Zum Schutz von Erb:innen vor Gläubiger:innen: Nach § 2214 BGB ist der Nachlass bei einer Testaments­vollstreckung vor dem Zugriff von Eigengläubiger:innen des Erben geschützt. Hat ein Erbe also Schulden, ist die Testaments­vollstreckung ein wirksamer Schutz[2][12].

  • Bei besonderen Wünschen des Erblassers: Wenn der Erblasser spezielle Vorstellungen davon hat, wie mit seinem Nachlass verfahren werden soll.

Ein praktisches Beispiel

Familie Schmidt: Nach dem Tod der Mutter sollen die drei Kinder das Einfamilienhaus erben. Während der älteste Sohn im Haus wohnen bleiben möchte, will die Tochter ihren Anteil ausgezahlt bekommen. Der jüngste Sohn ist unschlüssig. Um Streit zu vermeiden, hatte die Mutter in ihrem Testament eine Testaments­vollstreckerin bestimmt. Diese bewertet nun das Haus, prüft die finanziellen Möglichkeiten des ältesten Sohnes und erarbeitet einen fairen Ausgleich für alle Beteiligten. Sie sorgt dafür, dass das Haus nicht verkauft werden muss, wenn der älteste Sohn in der Lage ist, seine Geschwister auszuzahlen[4].

Wer kann Testamentsvollstrecker werden?

Grundsätzlich kann jede geschäftsfähige Person zum:zur Testaments­vollstrecker:in ernannt werden. Oft werden folgende Personen benannt[4][13]:

  • Vertrauenspersonen aus dem familiären Umfeld oder Freundeskreis
  • Fachleute wie Rechtsanwält:innen, Notar:innen oder Steuerberater:innen
  • Banken oder Treuhand­gesellschaften

Wichtig ist: Die Person sollte vertrauenswürdig sein und über die nötigen Fachkenntnisse verfügen, um den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten. Bei komplexen Vermögens­verhältnissen empfiehlt sich die Ernennung einer fachkundigen Person.

Ablauf der Testamentsvollstreckung

Der Ablauf einer Testaments­vollstreckung folgt bestimmten Schritten[4][10][14]:

  1. Amtsannahme: Nach dem Tod des Erblassers muss der:die benannte Testaments­vollstrecker:in entscheiden, ob er:sie das Amt annimmt.

  2. Testamentsvollstreckerzeugnis: Der:Die Testaments­vollstrecker:in beantragt beim Nachlassgericht ein Testaments­vollstreckerzeugnis, das ihn:sie als rechtmäßige:n Verwalter:in des Nachlasses ausweist.

  3. Ermittlung und Sicherung des Nachlasses: Der:Die Testaments­vollstrecker:in verschafft sich einen Überblick über das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Erblassers.

  4. Erstellung eines Nachlassverzeichnisses: Innerhalb kurzer Zeit nach Amtsantritt erstellt der:die Testaments­vollstrecker:in ein Verzeichnis aller Nachlassgegenstände und Schulden.

  5. Verwaltung des Nachlasses: Der:Die Testaments­vollstrecker:in kümmert sich um laufende Verpflichtungen, begleicht Schulden und verwaltet das Vermögen.

  6. Erfüllung von Vermächtnissen und Auflagen: Spezielle Zuwendungen an Dritte werden erfüllt.

  7. Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft: Bei mehreren Erb:innen erstellt der:die Testaments­vollstrecker:in einen Auseinandersetzungsplan und teilt den Nachlass entsprechend auf.

  8. Rechenschaftslegung: Der:Die Testaments­vollstrecker:in legt den Erb:innen regelmäßig Rechenschaft über seine:ihre Tätigkeit ab.

  9. Beendigung der Testamentsvollstreckung: Die Vollstreckung endet mit Erfüllung der Aufgabe, nach Ablauf einer festgelegten Frist oder durch Entlassung des Testaments­vollstreckers.

Verhältnis zu den Erb:innen

Das Verhältnis zwischen Testaments­vollstrecker:in und Erb:innen ist klar geregelt[2][9][14]:

  • Informationspflicht: Der:Die Testaments­vollstrecker:in muss die Erb:innen über wichtige Maßnahmen informieren und ihnen auf Verlangen Auskunft über den Stand der Verwaltung geben.

  • Anhörungsrecht: Die Erb:innen haben das Recht, vor wichtigen Entscheidungen angehört zu werden, insbesondere vor der Ausführung eines Auseinandersetzungsplans.

  • Eingeschränkte Verfügungsgewalt der Erb:innen: Solange die Testaments­vollstreckung besteht, können die Erb:innen nicht über Nachlassgegenstände verfügen.

  • Überwachung: Die Erb:innen können die Tätigkeit des Testaments­vollstreckers überwachen und bei Pflichtverletzungen rechtliche Schritte einleiten.

Was kostet ein:e Testamentsvollstrecker:in?

Für seine:ihre Tätigkeit steht dem:der Testaments­vollstrecker:in eine angemessene Vergütung zu[2]. Die Höhe kann im Testament festgelegt werden. Fehlt eine solche Regelung, orientiert sich die Vergütung oft an den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins. Diese richtet sich nach dem Wert des Nachlasses und dem Umfang der Aufgaben. Die Kosten werden aus dem Nachlass bezahlt.

Praxistipps für Erblasser:innen

Wenn Sie eine Testaments­vollstreckung anordnen möchten, beachten Sie folgende Punkte:

  • Wählen Sie sorgfältig aus: Die Person sollte vertrauenswürdig und fachlich geeignet sein.

  • Benennen Sie Ersatzpersonen: Falls die zuerst benannte Person das Amt nicht annehmen kann oder will.

  • Legen Sie den Umfang der Vollstreckung fest: Bestimmen Sie genau, welche Aufgaben der:die Testaments­vollstrecker:in haben soll und wie lange die Vollstreckung dauern soll.

  • Regeln Sie die Vergütung: Eine angemessene Vergütung motiviert den:die Testaments­vollstrecker:in, das Amt mit Sorgfalt auszuüben.

  • Formulieren Sie klar: Ein Formulierungsbeispiel könnte lauten: “Hiermit ordne ich an, dass [Name] als Testaments­vollstrecker:in meine testamentarischen Anordnungen ausführen und den Nachlass abwickeln soll. Als Ersatz-Testaments­vollstrecker:in bestimme ich [Name].”[4]

Fazit

Ein:e Testaments­vollstrecker:in spielt eine zentrale Rolle im Nachlassverfahren. Er:Sie sorgt dafür, dass der letzte Wille des Erblassers umgesetzt wird und der Nachlass ordnungsgemäß verwaltet und verteilt wird. Dies kann besonders bei komplexen Vermögens­verhältnissen, minderjährigen Erb:innen oder bei Streitpotenzial unter den Erb:innen sinnvoll sein.

Durch die Einsetzung eines:einer Testaments­vollstreckers:in können Sie als Erblasser:in sicherstellen, dass Ihr Vermögen nach Ihren Vorstellungen verwendet wird und Ihre Erb:innen vor möglichen Konflikten bewahrt werden. Eine sorgfältige Auswahl der Person und klare Anweisungen im Testament sind dabei die Grundlage für eine erfolgreiche Testaments­vollstreckung.