Welche Fehler können das Nachlassverfahren verzögern oder verteuern?
Das Nachlassverfahren kann durch Fehler wie unklare testamentarische Regelungen, langsame Nachlasspfleger:innen, versäumte Fristen oder fehlerhafte Nachlassverzeichnisse verzögert und verteuert werden. Um solche Probleme zu vermeiden, sollten klare Vorsorgeregelungen getroffen, Fristen eingehalten und bei Schwierigkeiten frühzeitig rechtliche Beratung eingeholt werden. Offene Kommunikation und sorgfältige Planung sind entscheidend, um den Prozess reibungslos zu gestalten.
Der digitale Nachlass wird bei der Erbschaftsplanung oft übersehen. Besonders Kryptowährungen stellen Angehörige vor neue Herausforderungen. Sie besitzen einen finanziellen Wert, sind aber ohne Zugangsdaten praktisch nicht erreichbar. Dieser Artikel erklärt, wie digitale Vermögenswerte rechtlich behandelt werden, welche steuerlichen Pflichten entstehen und wie Sie vorsorgen können.
Rechtliche Einordnung digitaler Vermögenswerte
Digitale Werte gehören grundsätzlich zur Erbmasse. Der Bundesgerichtshof hat 2018 ein wegweisendes Urteil gefällt: Digitale Inhalte sind vererbbar und fallen unter die Gesamtrechtsnachfolge[7]. Alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen gehen auf die Erb:innen über[4][5]. Dies gilt für:
- Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum
- Online-Bankkonten und digitale Wertpapiere
- Monetarisierte Webseiten oder Social-Media-Konten
- E-Mail-Konten und Cloud-Speicher
- Digitale Abonnements und Mitgliedschaften
Obwohl dieser Grundsatz klar ist, gestaltet sich die praktische Umsetzung oft schwierig. Anders als bei klassischen Vermögenswerten gibt es für den digitalen Nachlass bislang keine expliziten gesetzlichen Regelungen[3][4].
Besondere Herausforderungen bei Kryptowährungen
Kryptowährungen stellen im Erbfall eine besondere Hürde dar. Anders als Bankkonten oder Immobilien sind sie nicht einfach aufzufinden oder zu übertragen.
Zugriffsprobleme stehen an erster Stelle: Ohne Kenntnis der privaten Schlüssel können Erb:innen nicht auf die Kryptowährungen zugreifen[2][6]. Diese Schlüssel sind lange, komplexe Zeichenfolgen, die niemand auswendig kennt. Werden sie nicht rechtzeitig dokumentiert und sicher hinterlegt, können die digitalen Werte für immer verloren sein.
Ein Beispiel: Familie Müller erbt das Vermögen ihres verstorbenen Vaters. Sie weiß, dass er in Bitcoin investiert hat, findet aber keine Hinweise auf Zugangsdaten. Die Bitcoins im Wert von mehreren tausend Euro bleiben unerreichbar.
Steuerliche Behandlung von Krypto-Erbe
Auch digitale Vermögenswerte unterliegen der Erbschaftsteuer[2]. Wie bei anderen Vermögenswerten gelten die üblichen erbschaftssteuerlichen Freibeträge.
Besondere Beachtung verdient die Bewertung der Kryptowährungen:
- Die Bewertung erfolgt zum Todestag des Erblassers
- Wegen der hohen Volatilität kann der Wert kurz nach dem Erbfall stark schwanken
- Dies kann zu steuerlichen Belastungen führen, wenn der Kurs nach dem Tod stark fällt[2]
Erb:innen müssen den gesamten Nachlass, einschließlich der Kryptowährungen, dem Finanzamt melden[2]. Eine genaue Dokumentation des Marktwerts zum Todeszeitpunkt ist erforderlich.
Praktischer Hinweis: Bei der Bewertung empfiehlt sich, den Durchschnittswert aus mehreren Handelsplattformen heranzuziehen, um eine objektive Bewertung zu gewährleisten[2].
Vorsorgemaßnahmen für Ihren digitalen Nachlass
Um Ihre Angehörigen nicht mit unlösbaren Problemen zu belasten, sollten Sie Ihren digitalen Nachlass frühzeitig regeln.
Dokumentation erstellen
Legen Sie eine Übersicht aller digitalen Vermögenswerte an:
- Alle Plattformen, auf denen Sie Kryptowährungen handeln
- Wallet-Adressen und die Art der gespeicherten Kryptowährungen
- Standorte der Hardware-Wallets oder Speicherorte der Software-Wallets
Diese Übersicht sollte regelmäßig aktualisiert werden.
Zugangsdaten sicher hinterlegen
Die Zugangsdaten sind entscheidend. Ohne sie bleiben die Vermögenswerte unerreichbar. Möglichkeiten zur sicheren Hinterlegung:
- Notarielles Verwahrung in einem versiegelten Umschlag
- Vertrauenswürdige Person, die im Erbfall Zugang erhält
- Passwort-Manager mit Notfallzugang
- Split-Methode: Teilen Sie die Zugangsinformationen auf verschiedene Personen auf
Vorsicht bei der Weitergabe zu Lebzeiten! Die Übergabe von Zugangsdaten ermöglicht den vollständigen Zugriff auf Ihre Vermögenswerte.
Rechtliche Vorsorge treffen
Sie können Ihren digitalen Nachlass auf verschiedene Weise rechtlich regeln:
- Testament: Ausdrückliche Erwähnung der digitalen Vermögenswerte und Benennung eines Erben oder einer Erbin[1]
- Vorsorgevollmacht: Bevollmächtigung einer Person, die im Todesfall Zugriff erhält[1]
- Digitale Vollmacht: Speziell für digitale Vermögenswerte[1]
Sie haben dabei folgende Möglichkeiten:
- Die universelle Erb:in mit dem gesamten digitalen Erbe betrauen
- Eine eigene Erb:in speziell für alle digitalen Daten benennen
- Mehrere Erb:innen für verschiedene Bestandteile des digitalen Nachlasses bestimmen[1]
Handlungsempfehlungen für Erb:innen
Haben Sie Kryptowährungen geerbt oder vermuten deren Existenz im Nachlass?
Bestandsaufnahme durchführen
- Durchsuchen Sie den Computer, Smartphones und andere Geräte nach Hinweisen
- Prüfen Sie E-Mails, Dokumente und Kontoauszüge auf Hinweise zu Krypto-Investments
- Suchen Sie nach Hardware-Wallets (USB-ähnliche Geräte)
Zugangsdaten sichern
Haben Sie Zugangsdaten gefunden, sichern Sie diese sofort. Überlegen Sie:
- Übertragung der Kryptowährungen auf ein neues, eigenes Wallet
- Verkauf der Kryptowährungen, falls Sie Geld für die Erbschaftsteuer benötigen[2]
Rechtliche und steuerliche Beratung
Holen Sie fachkundige Beratung ein:
- Steuerberater:in für die korrekte Bewertung und Versteuerung
- Anwalt/Anwältin mit Schwerpunkt im Erbrecht und idealerweise Erfahrung mit digitalem Nachlass[2][4]
Sicherheitsmaßnahmen beachten
Kryptowährungen sind durch ihre dezentrale Natur besonders anfällig für Diebstahl und Verlust. Achten Sie auf angemessene Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der geerbten Vermögenswerte[2].
Fazit: Frühe Planung verhindert Vermögensverluste
Digitale Vermögenswerte und insbesondere Kryptowährungen werden zunehmend bedeutsam in Nachlässen. Sie stellen jedoch besondere Anforderungen an die Nachlassplanung und -abwicklung.
Die größte Gefahr liegt nicht in rechtlichen Unklarheiten - der BGH hat die Vererbbarkeit digitaler Inhalte bestätigt[7] - sondern im praktischen Zugriff. Ohne die notwendigen Zugangsdaten können auch rechtmäßige Erb:innen nicht auf die Vermögenswerte zugreifen.
Eine frühzeitige und sorgfältige Dokumentation aller digitalen Werte sowie die sichere Hinterlegung der Zugangsdaten sind daher unerlässlich. Die rechtliche Absicherung durch Testament oder Vollmacht rundet die Vorsorge ab.
Sowohl für Personen, die Kryptowährungen besitzen, als auch für potenzielle Erb:innen gilt: Informieren Sie sich rechtzeitig und treffen Sie Vorkehrungen. So verhindern Sie, dass wertvolle digitale Vermögenswerte verloren gehen.