Welche Auswirkungen hat die Erbschaftssteuer auf den Ablauf des Nachlassverfahrens?

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Zusammenfassung

Die Erbschafts­steuer beeinflusst den Ablauf des Nachlass­verfahrens erheblich, da sie zeitliche Fristen, finanzielle Planungen und Entscheidungen wie die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft mitbestimmt. Erb:innen müssen steuerliche Melde­pflichten erfüllen, persönliche Freibeträge und Nachlass­verbindlichkeiten berücksichtigen sowie Rücklagen für die Steuer bilden. Eine rechtzeitige Beratung hilft, steuerliche Belastungen zu minimieren und Fehler zu vermeiden.

Der Tod eines Menschen bringt für die Hinter­bliebenen nicht nur emotionale Belastungen mit sich, sondern auch rechtliche und steuerliche Verpflichtungen. Besonders die Erbschafts­steuer spielt eine bedeutende Rolle im Nachlass­verfahren und beeinflusst dessen Ablauf maßgeblich. Dieser Artikel zeigt Ihnen, welche Auswirkungen die Erbschafts­steuer auf das Nachlass­verfahren hat und welche Schritte Sie als Erb:in beachten sollten.

Grundlagen: Das Zusammen­spiel von Nachlass­verfahren und Erbschafts­steuer

Das Nachlass­verfahren beginnt automatisch mit dem Tod einer Person. Die Erbschaft fällt den Erb:innen ohne weiteres Zutun zu - eine ausdrückliche Annahme ist nicht erforderlich[14]. Parallel zum zivilrechtlichen Nachlass­verfahren entsteht auch die steuerliche Pflicht, sich mit der möglichen Erbschafts­steuer auseinander­zusetzen.

Die Erbschafts­steuer in Deutschland ist eine Steuer, die beim Erwerb von Todes wegen anfällt und deren Aufkommen den Bundes­ländern zusteht[3]. Sie ist keine Nachlass­verbindlichkeit, sondern betrifft die einzelnen “Bereicherten”, also die Erwerber:innen von Todes wegen[13].

Erste Schritte nach dem Erbfall: Zeitliche Abläufe und Fristen

Nach einem Todesfall werden Nachlass­gericht und Finanzamt aktiv. Diese Behörden haben unterschiedliche Aufgaben, aber ihre Verfahren laufen parallel und beeinflussen sich gegenseitig:

Rolle des Nachlass­gerichts

Das Nachlass­gericht wird tätig, wenn:

  • Ein die Beerdigungs­kosten übersteigender Nachlass vorhanden ist
  • Die verstorbene Person über Grundbesitz verfügte
  • Ein Testament oder eine sonstige Verfügung von Todes wegen existiert[2]

Wichtig: Bestehende Testamente müssen dem Nachlass­gericht unverzüglich im Original vorgelegt werden. Dies ist eine gesetzliche Pflicht für jede Person, die ein solches Dokument besitzt[4][7].

Steuerliche Melde­pflichten

Parallel dazu sind Sie als Erb:in grundsätzlich verpflichtet, die Erbschaft innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt anzuzeigen[11]. Diese Pflicht entfällt in bestimmten Fällen, etwa wenn ein notarielles Testament vorliegt. Doch Achtung: Bei Immobilien im Nachlass besteht die Anzeige­pflicht stets, auch bei notariellem Testament![11]

Entscheidungs­druck: Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft

Eine der ersten und wichtigsten Entscheidungen im Nachlass­verfahren ist, ob Sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen möchten.

Die 6-Wochen-Frist für die Ausschlagung

Sie haben grundsätzlich sechs Wochen Zeit, um eine Erbschaft auszuschlagen[2][4]. Diese Frist beginnt mit Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und davon, dass Sie zur Erbfolge berufen sind. Bei Vorliegen eines Testaments ist der Zugang des nach Eröffnung übersandten Testaments maßgeblich[4].

Steuerliche Aspekte bei der Entscheidung

Die mögliche Erbschafts­steuer­belastung kann ein entscheidender Faktor sein:

  • Schulden im Nachlass: Übersteigen die Schulden den Wert des Nachlasses, kann eine Ausschlagung sinnvoll sein.
  • Erbschafts­steuerliche Belastung: Auch wenn der Nachlass selbst positiv ist, kann die Steuer­belastung so hoch sein, dass eine Ausschlagung in Betracht kommt.
  • Taktische Ausschlagung: In manchen Fällen kann eine Ausschlagung zu Gunsten der nächsten Erbfolge­stufe (z.B. eigene Kinder) steuerlich vorteilhaft sein[10][13].

Nachlass­verbindlichkeiten und ihre Auswirkung auf die Erbschafts­steuer

Die Höhe der Erbschafts­steuer wird nicht allein vom Brutto­wert des geerbten Vermögens bestimmt. Nachlass­verbindlichkeiten mindern die Bemessungs­grundlage und damit die Erbschafts­steuer.

Was zählt zu den Nachlass­verbindlichkeiten?

Als abzugs­fähige Nachlass­verbindlichkeiten gelten:

  • Die vom Erblasser herrührenden Schulden
  • Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen, geltend gemachten Pflicht­teilen
  • Die Kosten für die Bestattung, Grabdenkmal, Grabpflege (pauschal sind 15.000 Euro ohne Nachweis abziehbar)[3][8]

Erblasser­schulden als Nachlass­verbindlichkeiten

Besonders relevant ist: Auch Steuer­schulden des Erblassers (z.B. Einkommen­steuer­schulden) können als Nachlass­verbindlichkeiten die Erbschafts­steuer mindern. Dies gilt sogar dann, wenn für diese Steuern Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt wurde[1]. Der Bundesfinanz­hof hat entschieden, dass solche Schulden dennoch als wirtschaftliche Belastung anzusehen sind und damit bei der Erbschafts­steuer berücksichtigt werden müssen.

Ablauf der steuerlichen Verfahrens­schritte im Nachlass­verfahren

Das steuerliche Verfahren läuft in mehreren Schritten ab, die Sie als Erb:in kennen sollten:

1. Steuerliche Anzeige­pflicht

Wie bereits erwähnt, müssen Sie als Erb:in die Erbschaft grundsätzlich innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt anzeigen[11].

2. Aufforderung zur Abgabe einer Erbschafts­steuer­erklärung

Eine Erbschafts­steuer­erklärung müssen Sie nur dann einreichen, wenn das Finanzamt Sie dazu auffordert. Wichtig: Die gesetzte Frist sollte unbedingt eingehalten werden, da sonst Verspätungs­zuschläge drohen[11].

3. Gesonderte Feststellung bei Immobilien

Enthält der Nachlass Immobilien, wird das örtlich zuständige Finanzamt zur Abgabe einer gesonderten Feststellungs­erklärung auffordern. Auch hier kann eine verspätete Einreichung zur Hemmung der Verjährung führen[11].

4. Erbschafts­steuer­bescheid und Zahlung

Nach Prüfung der Angaben setzt das Finanzamt die Erbschafts­steuer durch Bescheid fest. Die festgesetzte Steuer ist in der Regel innerhalb eines Monats zu zahlen. Eine rechtzeitige finanzielle Planung ist daher wichtig, da Ratenzahlungen von der Finanz­verwaltung eher widerwillig bewilligt werden[11].

Besonderheiten bei Erben­gemeinschaften

Wenn mehrere Personen gemeinsam erben, bilden sie eine Erben­gemeinschaft. Diese ist nicht auf Dauer angelegt, sondern hat die Aufgabe, den Nachlass zu verteilen.

Steuerliche Folgen der Erbauseinander­setzung

Grundsätzlich hat die konkrete Aufteilung des Erbes unter den Erb:innen keine Auswirkung auf die Erbschafts­steuer[5]. Jede:r Erb:in wird nach dem Anteil besteuert, der ihm oder ihr nach dem Testament oder der gesetzlichen Erbfolge zusteht.

Achtung: Bei ungleicher Verteilung des Nachlasses kann Schenkung­steuer anfallen. Wenn ein:e Erb:in mehr erhält, als ihm oder ihr nach der Erbquote zusteht, kann dies als Schenkung der anderen Erb:innen angesehen werden[5].

Verjährung der Erbschafts­steuer

Die Kenntnis der Verjährungs­fristen kann im Nachlass­verfahren von Bedeutung sein:

  • Die reguläre Verjährungs­frist beträgt vier Jahre
  • Bei leichtfertiger Steuer­verkürzung verlängert sie sich auf fünf Jahre
  • Bei Steuer­hinterziehung beträgt sie zehn Jahre[11]

Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem der Todesfall eingetreten ist. Wird die Erbschaft jedoch nicht angezeigt oder eine angeforderte Erbschafts­steuer­erklärung nicht eingereicht, wird der Lauf der Verjährung gehemmt[11].

Praktische Tipps für den Umgang mit der Erbschafts­steuer im Nachlass­verfahren

Prüfung der persönlichen Freibeträge

Vor wichtigen Entscheidungen sollten Sie Ihre persönlichen Freibeträge kennen:

  • 500.000 Euro für Ehe­partner:innen und eingetragene Lebens­partner:innen
  • 400.000 Euro für jedes Kind
  • 200.000 Euro für Enkel­kinder (wenn deren Eltern noch leben)
  • 100.000 Euro für Urenkel­kinder oder Eltern, die von ihren Kindern erben
  • 20.000 Euro für alle übrigen Erb:innen[6]

Steuerliche Optimierungs­möglichkeiten

Verschiedene Strategien können die Erbschafts­steuer­belastung verringern:

  1. Taktische Ausschlagung: In bestimmten Konstellationen kann es steuerlich vorteilhaft sein, wenn eine Person mit niedrigerem Freibetrag zu Gunsten einer Person mit höherem Freibetrag ausschlägt[10].

  2. Ausschlagung gegen Abfindung: Eine Ausschlagung gegen Abfindung kann unter Umständen günstiger sein als die direkte Annahme der Erbschaft. Im Beispiel aus den Quellen führte dies zu einer Steuer­ersparnis von 33.750 Euro[10].

Vermeidung typischer Fehler

Um Probleme im Nachlass­verfahren zu vermeiden, sollten Sie beachten:

  • Fristen einhalten: Sowohl für die Ausschlagung (6 Wochen) als auch für steuerliche Melde­pflichten (3 Monate) und die Abgabe angeforderter Erklärungen.
  • Nicht auf Verjährung spekulieren: Es ist in der Regel nicht sinnvoll, durch Untätigkeit auf eine Verjährung der Steuer zu spekulieren. Die Finanz­behörden haben wirksame Mittel, die Verjährung zu hemmen[11].
  • Rücklagen für die Steuer bilden: Bei der Nachlass­verteilung sollten ausreichende Mittel zurückgehalten werden, um die Erbschafts­steuer bezahlen zu können[12].

Fazit: Die Erbschafts­steuer als integraler Bestandteil des Nachlass­verfahrens

Die Erbschafts­steuer ist mehr als nur eine finanzielle Belastung - sie ist ein wichtiger Faktor, der den gesamten Ablauf des Nachlass­verfahrens beeinflusst. Von der ersten Entscheidung zur Annahme oder Ausschlagung bis zur endgültigen Verteilung des Nachlasses sollten steuerliche Aspekte berücksichtigt werden.

Eine frühzeitige und fundierte Beratung kann helfen, kostspielige Fehler zu vermeiden und den Nachlass im Sinne der verstorbenen Person bestmöglich zu verwalten. Denken Sie daran: Jeder Nachlass ist individuell, und entsprechend individuell sollten auch die steuerlichen Überlegungen sein.