Was passiert mit Immobilien im Nachlassverfahren?

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Zusammenfassung

Wenn eine Immobilie vererbt wird, geht das Eigentum automatisch auf die Erben über, doch die Grundbuchberichtigung ist notwendig, um die neuen Eigentumsverhältnisse offiziell einzutragen. Innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall ist diese gebührenfrei, erfordert jedoch einen Nachweis der Erbfolge (z. B. Erbschein oder notarielles Testament). Erben sollten zudem die wirtschaftliche Situation der Immobilie prüfen und frühzeitig entscheiden, ob sie diese selbst nutzen, vermieten, verkaufen oder in einer Erbengemeinschaft verwalten möchten.

Wenn eine Immobilie Teil eines Nachlasses wird, stehen Erben vor zahlreichen Fragen und Aufgaben. Die Änderungen im Grundbuch sind dabei ein zentraler Punkt, der oft für Unsicherheit sorgt. Dieser Artikel erklärt Schritt für Schritt, was mit Immobilien im Nachlassverfahren geschieht und welche Maßnahmen Erben ergreifen sollten. Insbesondere die Grundbuchberichtigung stellt eine der ersten und wichtigsten Aufgaben dar, die nach einem Erbfall mit Immobilienvermögen ansteht.

Der automatische Eigentums­übergang bei Immobilien

Bei einem Erbfall geht das Eigentum an einer Immobilie automatisch auf die Erben über - und zwar in dem Moment, in dem der Erblasser verstirbt. Anders als beim Kauf oder der Schenkung einer Immobilie werden die Erben bereits mit dem Tod des vorherigen Eigentümers die neuen Eigentümer­:innen des Hauses oder der Wohnung[7][8]. Dies geschieht unabhängig davon, ob ein Testament vorliegt oder nicht.

Liegt kein Testament vor, gilt die gesetzliche Erbfolge. Hier erben zunächst die engsten Verwandten wie Ehepartner:innen und Kinder[9]. Hat der Erblasser ein Testament verfasst, bestimmt dieses, wer die Immobilie erbt. In vielen Fällen entsteht eine Erben­gemeinschaft, wenn mehrere Personen gemeinsam erben[1].

Wichtig: Der Eigentums­übergang erfolgt vollkommen unabhängig von einer Grundbuch­eintragung. Sie sind also bereits Eigentümer:in der Immobilie, auch wenn im Grundbuch noch der Name des verstorbenen Erblassers steht[8].

Warum ist die Grundbuch­berichtigung notwendig?

Mit dem Tod des bisherigen Eigentümers wird das Grundbuch unrichtig, da es nicht mehr die tatsächlichen Eigentums­verhältnisse widerspiegelt[3][6]. Diese Unrichtigkeit muss durch eine Grundbuch­berichtigung behoben werden, bei der die Erben als neue Eigentümer:innen eingetragen werden.

Die Berichtigung des Grundbuchs ist aus mehreren Gründen wichtig:

  • Sie können ohne Grundbuch­eintragung zwar die Immobilie nutzen, vermieten oder verpachten, stoßen aber bei vielen Rechts­geschäften auf praktische Schwierig­keiten[8]
  • Banken verlangen für eine Finanzierung oder Um­schuld­ung in der Regel einen aktuellen Grundbuch­auszug
  • Bei einem geplanten Verkauf ist die Grundbuch­berichtigung unumgänglich
  • Es besteht eine gesetzliche Pflicht zur Berichtigung (§ 82 Grundbuch­ordnung)[2][3]

Wer kann die Grundbuch­berichtigung beantragen?

Folgende Personen können die Berichtigung des Grundbuchs beantragen:

  • Der Allein­erbe
  • Ein oder mehrere Mit­erben einer Erben­gemeinschaft (jeder Mit­erbe kann den Antrag allein stellen)
  • Der Testaments­vollstrecker, falls im Testament eine Testaments­vollstreckung angeordnet wurde[13]

Welche Unterlagen werden für die Grundbuch­berichtigung benötigt?

Für die Berichtigung des Grundbuchs müssen Sie dem Grundbuch­amt folgende Dokumente vorlegen:

  1. Schriftlicher Antrag auf Grundbuch­berichtigung (formlos möglich, keine notarielle Beglaubigung erforderlich)[11]

  2. Nachweis der Erbfolge durch:

    • Einen Erbschein in Ausfertigung (wenn die gesetzliche Erbfolge gilt oder ein hand­schriftliches Testament vorliegt)[6][11], oder
    • Ein notarielles Testament zusammen mit der Niederschrift über die Testaments­eröffnung (in beglaubigter Abschrift)[6][11]

Hinweis: Ein handschriftliches (privat­schriftliches) Testament reicht als Nachweis für das Grundbuch­amt nicht aus - in diesem Fall benötigen Sie einen Erbschein[6].

Fristen und Kosten der Grundbuch­berichtigung

Ein besonderer Vorteil: Wenn Sie die Grundbuch­berichtigung innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall beantragen, ist diese gebührenfrei[5][6][7]. Diese Kosten­befreiung gilt nicht nur für die Eintragung des oder der Erben, sondern unter bestimmten Umständen auch, wenn die Immobilie bei der Auseinander­setzung einer Erben­gemeinschaft einem der Erben zu Allein­eigentum übertragen wird[7].

Für den Erbschein selbst fallen allerdings Kosten an. Diese richten sich nach dem Wert des Nachlasses und können von geringen Beträgen bis zu mehreren tausend Euro reichen[14].

Besonderheiten bei Erben­gemeinschaften

Wenn mehrere Personen gemeinsam eine Immobilie erben, entsteht eine Erben­gemeinschaft. Diese hat einige Besonderheiten:

  • Alle Erben werden als Erben­gemeinschaft ins Grundbuch eingetragen[1]
  • Die einzelnen Erbanteile werden nicht im Grundbuch vermerkt[5]
  • Entscheidungen bezüglich der Immobilie müssen einstimmig getroffen werden, unabhängig von den konkreten Eigentums­verhältnissen[1]
  • Für eine künftige Verfügung über die Immobilie (z.B. Verkauf) ist die Mitwirkung aller Mit­erben notwendig

Möglichkeiten der Auseinander­setzung einer Erben­gemeinschaft

Eine Erben­gemeinschaft ist grundsätzlich auf Auflösung ausgerichtet. Dies kann auf verschiedene Weise geschehen:

  1. Einvernehmliche Auseinander­setzung: Die Erben­gemeinschaft kann durch einen notariellen Erbauseinander­setzungs­vertrag aufgelöst werden[12].

  2. Übertragung an einen Erben: Die Immobilie kann einem der Erben übertragen werden, während die anderen Mit­erben finanziell abgefunden werden[12].

  3. Verkauf der Immobilie: Der Erlös wird entsprechend den Erbquoten unter den Erben aufgeteilt.

  4. Teilungs­versteigerung als letztes Mittel, wenn keine Einigung erzielt werden kann. Diese Option sollte möglichst vermieden werden, da sie wirtschaftlich oft ungünstig ist[5].

Optionen nach dem Immobilien­erbe

Nach dem Erbe einer Immobilie stehen den Erben verschiedene Möglichkeiten offen:

  1. Selbst bewohnen: Die Immobilie kann von einem oder mehreren Erben selbst bewohnt werden.

  2. Vermieten: Die Erben können die Immobilie gemeinsam vermieten und die Miet­einnahmen teilen.

  3. Verkaufen: Die Immobilie kann verkauft und der Erlös unter den Erben aufgeteilt werden.

  4. Wohnungs­eigentum begründen: Bei einem Mehr­familien­haus besteht die Möglichkeit, Wohnungs­eigentum zu begründen, sodass jeder Erbe eine eigene Wohnung erhält[5].

Zu beachten: Ist die Immobilie werthaltig oder überschuldet?

Vor der Annahme einer Erbschaft sollten Sie prüfen, ob die Immobilie werthaltig oder überschuldet ist. Ist der gesamte Nachlass überschuldet, sollten Sie die Erbschaft form- und fristgerecht ausschlagen[5].

Die Ausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen erfolgen, nachdem Sie vom Erbfall und Ihrer Erben­stellung erfahren haben. Diese Frist lässt sich nicht verlängern. Die Erklärung erfolgt entweder persönlich beim zuständigen Nachlass­gericht oder notariell beurkundet[5].

Praktische Checkliste für Immobilien­erben

Um den Überblick zu behalten, hier eine praktische Checkliste für alle, die eine Immobilie erben:

  1. Prüfung des Nachlasses

    • Ist der Nachlass werthaltig oder überschuldet?
    • Welche Verbindlichkeiten (Hypotheken, Darlehen) bestehen?
    • Wer steht aktuell im Grundbuch?[4][9]
  2. Testament und Erbfolge klären

    • Gibt es ein Testament oder einen Erbvertrag?
    • Wer sind die Erben (gesetzliche Erbfolge oder Testament)?[9]
  3. Entscheidung: Annahme oder Ausschlagung

    • Bei überschuldetem Nachlass: Ausschlagung innerhalb von sechs Wochen[5]
  4. Erbnachweis beschaffen

    • Erbschein beantragen oder
    • Notarielles Testament mit Eröffnungs­protokoll beschaffen[6][11]
  5. Grundbuch­berichtigung beantragen

    • Formlosen Antrag beim Grundbuch­amt stellen
    • Nachweis der Erbfolge beifügen
    • Innerhalb von zwei Jahren nach Erbfall für Gebühren­freiheit[6][7]
  6. Entscheidung über die weitere Nutzung der Immobilie

    • Selbst bewohnen
    • Vermieten
    • Verkaufen
    • Bei Erben­gemeinschaft: Auseinander­setzung planen[5]

Fazit: Handeln Sie rechtzeitig, aber überlegt

Nach dem Erbe einer Immobilie sollten Sie nicht überstürzt handeln, aber dennoch die wichtigen Schritte rechtzeitig einleiten. Besonders die Grundbuch­berichtigung innerhalb der Zwei­jahres­frist kann Ihnen erhebliche Kosten ersparen.

Bei Uneinigkeit in einer Erben­gemeinschaft empfiehlt sich eine frühzeitige rechtliche Beratung, um kostspielige Konflikte zu vermeiden. Die Auseinander­setzung sollte möglichst einvernehmlich erfolgen, da eine Teilungs­versteigerung wirtschaftlich oft nachteilig ist.

Denken Sie daran, dass jeder Erbfall individuell ist und verschiedene rechtliche und steuerliche Aspekte berücksichtigt werden müssen. Eine fachkundige Beratung kann in komplexen Fällen sehr hilfreich sein.