Wie werden gemeinschaftliche Testamente im Ausland behandelt?
Gemeinschaftliche Testamente, wie das Ehegattentestament, können in Ländern, die solche Testamentsformen nicht kennen, Anerkennungsprobleme verursachen. Durch internationale Regelungen wie das Haager Testamentsformabkommen und die EU-Erbrechtsverordnung ist eine Anerkennung oft möglich, insbesondere mit einer klaren Rechtswahl und notarieller Beratung. Eine vorausschauende Planung sichert die Umsetzung des letzten Willens auch bei internationalen Nachlässen.
- Gemeinschaftliche Testamente - eine deutsche Besonderheit
- Unterschiede in den Rechtssystemen
- Anerkennung durch das Haager Testamentsformabkommen
- Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO)
- Herausforderungen bei internationalen Ehen
- Praktische Lösungsansätze für Ihre Nachlassplanung
- Praktische Tipps für Ihre Testamentgestaltung
- Beispiel: Deutsch-spanisches Erbe
- Fazit: Vorausschauende Planung bei internationalen Nachlässen
Ein gemeinschaftliches Testament, wie etwa das Ehegattentestament, bietet Paaren in Deutschland eine gemeinsame Nachlassregelung. Doch wie verhält es sich, wenn das Testament auch Vermögen im Ausland betrifft oder die erbrechtlichen Regeln in verschiedenen Ländern unterschiedlich sind? Besonders in Ländern, die solche Testamentformen nicht kennen, können Probleme bei der Anerkennung entstehen. Dieser Artikel klärt über die rechtlichen Grundlagen und praktischen Lösungen auf.
Gemeinschaftliche Testamente - eine deutsche Besonderheit
In Deutschland können ausschließlich Ehepaare und eingetragene Lebenspartner:innen ein gemeinschaftliches Testament errichten[6]. Diese Möglichkeit steht weder Verlobten noch Personen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften zur Verfügung. Die Besonderheit liegt in der Bindungswirkung: Nach dem Tod des erstversterbenden Partners werden wechselbezügliche Verfügungen bindend - der überlebende Partner kann diese nicht mehr widerrufen[6].
Das klassische Beispiel ist das sogenannte “Berliner Testament”, bei dem sich Ehepartner gegenseitig als Erb:innen einsetzen und festlegen, dass beim Tod des Zweitversterbenden der Nachlass an die gemeinsamen Kinder fallen soll.
Unterschiede in den Rechtssystemen
Nicht alle Länder kennen und akzeptieren gemeinschaftliche Testamente. Die Gründe liegen meist im Schutz der freien Testierfähigkeit des Erblassers[3]. So sind beispielsweise gemeinschaftliche Testamente nach dem spanischen Codigo Civil grundsätzlich unzulässig[1].
Diese unterschiedlichen Rechtsauffassungen können zu Komplikationen führen, wenn:
- Sie Vermögen in mehreren Ländern besitzen
- Sie einen Wohnsitz im Ausland haben
- Sie internationale familiäre Bindungen haben
Anerkennung durch das Haager Testamentsformabkommen
Eine wichtige Grundlage für die Anerkennung bildet das Haager Testamentsformabkommen vom 5. Oktober 1961. Es hat bei internationalen Erbfällen zu erheblichen Vereinfachungen geführt[1]. Nach diesem Abkommen ist ein Testament der Form nach gültig, wenn es:
- Den Regeln des Heimatrechts des Verfügenden entspricht
- Gemäß den Bestimmungen des Errichtungsortes verfasst wurde
- Bei Immobilien den Formvorschriften des Belegenheitsortes folgt[1]
Für deutsch-spanische Nachlässe bedeutet dies beispielsweise, dass ein nach deutschen Formvorschriften errichtetes gemeinschaftliches Testament auch in Spanien als gültig anerkannt wird - obwohl es nach spanischem Recht eigentlich nicht zulässig wäre[1].
Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO)
Seit August 2015 vereinheitlicht die Europäische Erbrechtsverordnung das anzuwendende Recht bei Erbschaften mit Auslandsberührung[7][8]. Grundsätzlich gilt:
- Das Erbrecht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers wird auf den gesamten Nachlass angewendet
- Bei Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten mit mehreren Beteiligten gelten besondere Regeln
Artikel 25 der EU-ErbVO behandelt spezifisch Erbverträge. Dabei gilt: Treffen mehrere Personen in einem Erbvertrag letztwillige Verfügungen, muss der Erbvertrag nach jedem Heimatrecht der beteiligten Personen zulässig sein[3].
Herausforderungen bei internationalen Ehen
Bei internationalen Ehen wird die Situation komplexer, wenn die Partner ein gemeinschaftliches Testament errichten wollen. Hier sind mehrere Rechtssysteme zu beachten:
- Das Ehegüterrecht nach der EU-Güterrechtsverordnung (seit Januar 2019 in Kraft)
- Das Erbrecht nach der EU-Erbrechtsverordnung
- Mögliche nationale Besonderheiten der beteiligten Länder[4]
Praktische Lösungsansätze für Ihre Nachlassplanung
Die Rechtswahl als Lösungsweg
Eine wichtige Möglichkeit bietet die ausdrückliche Rechtswahl:
Sie können in Ihrem Testament festlegen, welches Recht angewendet werden soll. Nach Art. 22 Abs. 1 EU-ErbVO können Sie das Recht des Staates wählen, dem Sie als Staatsangehörige:r angehören[8].
Bei einem gemeinschaftlichen Testament ist allerdings zu beachten, dass eine Rechtswahl möglicherweise nur zugunsten einer Staatsangehörigkeit getroffen werden kann[4].
Erstellung eines internationalen Testaments
Ein notarielles Testament, das nach ausländischem Recht formnichtig wäre, kann trotzdem als internationales Testament anerkannt werden, wenn die entsprechenden Vorschriften eingehalten wurden[2].
Beglaubigung durch Apostille
In bestimmten Fällen muss eine öffentliche Urkunde mit einer Apostille versehen sein, um im Ausland anerkannt zu werden. Deutsche Notarurkunden sind aufgrund bilateraler Abkommen in vier Ländern von der Apostille und Legalisation befreit: Dänemark, Frankreich, Italien und Österreich[2].
Praktische Tipps für Ihre Testamentgestaltung
- Informieren Sie sich über das Erbrecht in allen relevanten Ländern, in denen Sie Vermögen besitzen
- Treffen Sie eine ausdrückliche Rechtswahl zugunsten eines Rechtssystems, das Ihren Wünschen am besten entspricht
- Informieren Sie Angehörige und begünstigte Erb:innen über Ihre Rechtswahl, um Missverständnisse zu vermeiden[8]
- Lassen Sie sich notariell beraten, besonders bei komplexen internationalen Konstellationen
- Überprüfen Sie bestehende Testamente auf ihre Wirksamkeit im internationalen Kontext
Beispiel: Deutsch-spanisches Erbe
Ein deutsches Ehepaar besitzt eine Ferienimmobilie in Spanien und hat ein gemeinschaftliches Testament nach deutschem Recht errichtet. Nach dem Haager Testamentsformabkommen wird dieses Testament auch in Spanien hinsichtlich seiner Form anerkannt, obwohl gemeinschaftliche Testamente nach spanischem Recht eigentlich unzulässig sind[1].
Zur Sicherheit sollten sie in ihrem Testament eine ausdrückliche Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts treffen und diese Urkunde mit einer Apostille versehen lassen, um Komplikationen bei der spanischen Nachlassabwicklung zu vermeiden.
Fazit: Vorausschauende Planung bei internationalen Nachlässen
Die Anerkennung gemeinschaftlicher Testamente im Ausland hängt stark von internationalen Abkommen und den spezifischen Rechtssystemen der beteiligten Länder ab. Das Haager Testamentsformabkommen und die EU-Erbrechtsverordnung haben zu erheblichen Vereinfachungen geführt.
Am sichersten fahren Sie mit einer klugen Vorausplanung: Lassen Sie sich von Fachanwält:innen beraten, treffen Sie eine explizite Rechtswahl und stellen Sie sicher, dass Ihr Testament allen formalen Anforderungen genügt, um international anerkannt zu werden.
Mit der richtigen Beratung und Vorsorge können Sie sicherstellen, dass Ihr letzter Wille auch bei internationalen Vermögensverhältnissen wie gewünscht umgesetzt wird.