Können ausländische Gerichte ein Testament für ungültig erklären?

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Zusammenfassung

Ausländische Gerichte können ein Testament für ungültig erklären, wenn es nicht den Formvorschriften des jeweiligen Landes entspricht, der Erblasser nicht testierfähig war oder das Testament gegen geltendes Recht verstößt. Besonders bei internationalem Vermögen oder einem Wohnsitz im Ausland ist es wichtig, die Formvorschriften und das anwendbare Erbrecht zu beachten sowie gegebenenfalls eine Rechtswahl im Testament zu treffen. Eine rechtliche Beratung hilft, internationale Gültigkeit sicherzustellen und Streitigkeiten zu vermeiden.

Ein Testament kann von ausländischen Gerichten unter bestimmten Voraussetzungen für ungültig erklärt werden. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von den Formvor­schriften des jeweiligen Landes, der Testier­fähigkeit des Erblassers und dem anwendbaren Erbrecht. Die Anerkennung von Testamenten über Ländergrenzen hinweg ist komplex und kann zu unerwarteten rechtlichen Folgen führen.

Wann können ausländische Gerichte ein Testament für ungültig erklären?

Ausländische Gerichte können ein Testament aus verschiedenen Gründen für ungültig erklären. Grundsätzlich prüfen sie dabei, ob das Testament nach dem anwendbaren Recht wirksam errichtet wurde. Seit dem 17. August 2015 gilt die EU-Erbrechts­verordnung, die einheitlich regelt, welches nationale Recht bei einem internationalen Erbfall anzuwenden ist[10].

Entscheidend ist dabei meist der letzte gewöhnliche Aufenthalts­ort des Erblassers und nicht mehr, wie früher in Deutschland üblich, dessen Staats­angehörigkeit[8]. Dies bedeutet: Ein deutsches Ehepaar, das in Deutschland ein Testament erstellt hat und später beispielsweise nach Spanien gezogen ist, unterliegt im Erbfall möglicherweise spanischem Erbrecht[10].

Der Erblasser kann jedoch durch eine ausdrückliche Rechtswahl in seinem Testament bestimmen, dass das Recht des Staates anwendbar sein soll, dessen Staats­angehörigkeit er besitzt[11]. Diese Möglichkeit sollten Sie unbedingt beachten, wenn Sie im Ausland leben oder Vermögen im Ausland besitzen.

Allgemeine Gründe für die Ungültigkeit von Testamenten

Unabhängig vom Land gibt es einige grundlegende Gründe, aus denen ein Testament für ungültig erklärt werden kann:

  1. Nicht­einhaltung der Form­vorschriften[2][6]
  2. Mangelnde Testier­fähigkeit (z.B. bei geistigen Störungen oder Geistes­schwäche)[5][6]
  3. Sitten­widrigkeit des Testaments[2][6]
  4. Mangelnder Testier­wille[2][6]
  5. Widerspruch zu einem früheren Testament[6]
  6. Fehlen der Höchst­persönlichkeit[6]
  7. Erfolgreiche Anfechtung des Testaments[6]

Ein anschauliches Beispiel: In einem deutschen Gerichts­verfahren wurde ein Testament für unwirksam erklärt, weil der Erblasser an Schizo­phrenie litt und zum Zeitpunkt der Testaments­errichtung nicht testier­fähig war[5]. Die gesetzliche Erbfolge trat wieder in Kraft, und die enterbten Angehörigen erlangten wieder ihre gesetzlichen Erbansprüche.

Länderspezifische Formerfordernisse und Unterschiede

Die Formvor­schriften für Testamente unterscheiden sich erheblich von Land zu Land. Ein nach deutschem Recht formwirksames Testament kann im Ausland durchaus unwirksam sein[9].

Form­vorschriften in verschiedenen Ländern

In Deutschland genügt für ein wirksames Testament grundsätzlich die eigen­händige Niederschrift und Unterschrift (privatschriftliches Testament) oder die notarielle Beurkundung[3]. Andere Länder stellen jedoch abweichende Anforderungen:

  • In Florida (USA) erfordern privatschriftliche Testamente die Anwesenheit von zwei Zeugen[3][9]
  • In der Türkei verliert ein mündliches Testament seine Gültigkeit nach einem Monat, wenn der Erblasser wieder in der Lage ist, ein eigenhändiges oder notarielles Testament zu errichten[1]
  • In manchen Ländern werden bestimmte Testaments­formen überhaupt nicht anerkannt[4]

Besonderheiten bei gemeinschaftlichen Testamenten

Besondere Vorsicht ist bei gemeinschaftlichen Testamenten geboten, wie dem in Deutschland verbreiteten “Berliner Testament”, bei dem sich Eheleute gegenseitig als Alleinerben einsetzen:

Gemeinschaftliche Testamente werden in vielen Ländern nicht anerkannt, insbesondere in:

In der Türkei beispielsweise finden sich gemeinschaftliche Testamente nicht im türkischen Recht. Im Ausland verfasste gemeinschaftliche Testamente erfüllen nicht die Form­erfordernisse nach türkischem Recht[1].

Die EU-Erbrechtsverordnung und ihre Auswirkungen

Seit dem 17. August 2015 gilt die EU-Erbrechts­verordnung, die für die meisten EU-Staaten (mit Ausnahme von Großbritannien, Irland und Dänemark) verbindlich regelt, welches nationale Recht bei einem Erbfall mit Auslandsbezug anzuwenden ist[8][10].

Ein Auslandsbezug liegt in der Regel vor, wenn:

  • der Erblasser oder sein Ehegatte eine ausländische Staats­angehörigkeit haben
  • der Erblasser zum Zeitpunkt des Todes im Ausland lebte
  • der Erblasser Vermögen im Ausland hatte[10]

Nach der EU-Erbrechts­verordnung richtet sich das anwendbare Erbrecht grundsätzlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalts­ort des Erblassers[8]. Dies kann dazu führen, dass für Deutsche im Ausland nicht mehr deutsches Erbrecht gilt, sondern das Recht ihres Wohnsitz­landes.

Für die Erteilung des europaweit gültigen “Europäischen Nachlass­zeugnisses” sind die Gerichte am letzten gewöhnlichen Aufenthalts­ort des Erblassers zuständig[12]. Dieses Nachlass­zeugnis dient den Erben als Nachweis über ihren erbrechtlichen Status in der EU.

Anerkennung von Testamenten über Ländergrenzen hinweg

Zur Vereinfachung und Harmonisierung der unterschiedlichen Formvor­schriften hat eine Vielzahl von Ländern das “Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht” unterzeichnet[3]. Dies führt in den meisten Fällen zu einem formwirksamen Testament.

Grundsätzlich gilt: Testamente können in der Türkei als gültig anerkannt werden, sofern sie nach dem Recht jenes Staates, in dem sie erstellt wurden, gültig sind[1]. Dieser Grundsatz gilt ähnlich in vielen anderen Ländern.

Bei im Ausland erstellten Testamenten ist die Einrede der Ungültigkeit wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Formvor­schriften oft nicht möglich, wenn das Testament nach dem Recht des Errichtungs­staates gültig ist[1].

Praktische Tipps für die Testaments­errichtung mit internationalem Bezug

Wenn Sie Vermögen im Ausland besitzen oder im Ausland leben, sollten Sie folgende Maßnahmen ergreifen:

  1. Lassen Sie sich von einem/einer fachkundigen Jurist:in beraten, der/die sich mit internationalem Erbrecht auskennt[1][4][10]

  2. Treffen Sie eine ausdrückliche Rechtswahl in Ihrem Testament, wenn Sie möchten, dass das Recht Ihres Heimat­landes und nicht das Ihres Wohnsitz­landes gilt[10][11]

  3. Beachten Sie die Form­vorschriften aller betroffenen Länder, damit das Testament überall anerkannt wird[3]

  4. Vorsicht bei gemeinschaftlichen Testamenten (wie dem Berliner Testament), wenn Sie Vermögen in Ländern haben, die diese Testaments­form nicht anerkennen[4][10]

  5. Prüfen Sie bestehende Testamente, wenn Sie Ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen oder Vermögen im Ausland erwerben[10]

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, zwei unterschiedliche Testamente zu errichten - eines für das inländische und eines für das ausländische Vermögen. Dies sollte jedoch nur in Zusammen­arbeit mit einem/einer qualifizierten Berater:in erfolgen[3].

Fazit: Ihre Handlungs­möglichkeiten bei internationalen Testamenten

Die Gültigkeit eines Testaments über Länder­grenzen hinweg ist ein komplexes Thema, das sorgfältige Planung erfordert. Besonders wenn Sie im Ausland leben oder Vermögen im Ausland besitzen, ist rechtliche Beratung unerlässlich.

Um Ihren letzten Willen international abzusichern:

  • Informieren Sie sich über die Formvor­schriften in allen Ländern, in denen Sie Vermögen besitzen
  • Treffen Sie eine ausdrückliche Rechtswahl in Ihrem Testament
  • Überprüfen Sie bestehende Testamente auf ihre internationale Gültigkeit
  • Holen Sie fachkundigen Rat ein, bevor Sie ein Testament mit internationalem Bezug errichten

Mit der richtigen Vorbereitung können Sie sicherstellen, dass Ihr Testament auch über Länder­grenzen hinweg Bestand hat und Ihre Nach­kommen vor komplizierten rechtlichen Auseinander­setzungen bewahrt werden.