Können ausländische Erben direkt über Immobilien im Inland verfügen?

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Zusammenfassung

Ausländische Erben können über Immobilien in Deutschland verfügen, müssen jedoch einen deutschen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis vorlegen, um die Eigentumsübertragung im Grundbuch zu beantragen. Notarielle Beglaubigungen und steuerliche Aspekte spielen dabei eine zentrale Rolle, weshalb eine frühzeitige rechtliche und steuerliche Beratung empfehlenswert ist. Internationale Erbfälle erfordern besondere Aufmerksamkeit, um rechtliche und finanzielle Risiken zu vermeiden.

Wenn Sie im Ausland leben und in Deutschland eine Immobilie erben oder als in Deutschland lebende Person Immobilien an Erben im Ausland vererben möchten, stellen sich besondere Fragen. Die recht­lichen Rahmenbedingungen sind komplex und erfordern genaue Kenntnis der deutschen und internationalen Bestimmungen. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Aspekte.

Der rechtliche Rahmen für ausländische Erben

Für Erbfälle mit Auslandsbezug gilt seit 2015 die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Diese regelt, welches nationale Erbrecht anwendbar ist. Grundsätzlich gilt das Recht des Staates, in dem die verstorbene Person ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte[5]. Dies kann bedeuten, dass auf eine Immobilie in Deutschland ausländisches Erbrecht angewendet wird.

Beispiel zur Veranschaulichung:

Eine deutsche Staatsangehörige verbringt die Herbst- und Winter­monate jedes Jahres in ihrem Ferienhaus auf Mallorca. Als sie im Januar verstirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, wird spanisches Erbrecht auf ihren gesamten Nachlass angewendet - einschließlich ihrer Immobilie in Deutschland[5].

Sie können jedoch durch eine ausdrückliche Rechts­wahl im Testament festlegen, dass das Recht des Staates angewendet werden soll, dessen Staats­angehörigkeit Sie besitzen. Dadurch können Sie mehr Rechts­sicherheit schaffen[5].

Der Erbnachweis: Grundlage für Verfügungen über geerbte Immobilien

Bevor ausländische Erben über eine in Deutschland gelegene Immobilie verfügen können, müssen sie nachweisen, dass sie tatsächlich erbberechtigt sind. Dies geschieht in Deutschland üblicherweise durch einen Erbschein.

Ausländische Erbscheine und ihre Anerkennung

Wichtig zu wissen: Ausländische Erbscheine werden in Deutschland grundsätzlich nicht automatisch anerkannt[8]. Das Oberlandesgericht Bremen hat entschieden, dass ausländische Erbscheine allein nicht ausreichen, um eine Grundbuch­berichtigung zu veranlassen. Die deutschen Grund­buchämter sind verpflichtet, die Erbfolge nach deutschem Recht oder den geltenden internationalen Vorschriften eigen­ständig zu prüfen[8].

Für die Umschreibung einer Immobilie im Grundbuch benötigen Sie daher:

  • Einen in Deutschland ausgestellten Erbschein ODER
  • Ein Europäisches Nachlasszeugnis[8]

Diese strengen Anforderungen dienen dem Schutz des deutschen Grundbuchwesens und der Rechts­sicherheit im Immobilien­verkehr.

Besondere Situation: Erbausschlagung aus dem Ausland

Falls Sie als im Ausland lebende Person eine Erbschaft in Deutschland ausschlagen möchten, ist dies grundsätzlich möglich. Das Oberlandes­gericht Köln hat entschieden, dass eine Erbausschlagung auch im Ausland wirksam erklärt werden kann, wenn die Aufgaben­bereiche des unterzeichnenden Notars bzw. der offiziellen Stelle mit denen eines deutschen Notars vergleichbar sind[3][7].

In der Praxis bedeutet dies: Sie können die Ausschlagung vor einem Notar oder einer vergleichbaren Stelle in Ihrem Wohnsitz­land erklären lassen. Das Dokument sollte dann übersetzt und mit einer Apostille (Beglaubigung der Echtheit) versehen werden[3].

Das Grundbuchrecht und seine Besonderheiten

Das deutsche Grundbuchrecht stellt besonders strenge Anforderungen an den Nachweis der Erbfolge. Für ausländische Erben bedeutet dies:

  1. Eigentumswechsel erfordert Grundbucheintragung: Um als Erbe:in das Eigentum an einer in Deutschland gelegenen Immobilie zu erwerben, ist eine Eintragung im Grundbuch unerlässlich.

  2. Erforderliche Dokumente: Für die Eintragung benötigen Sie einen Erbnachweis in Form eines deutschen Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses[8].

  3. Notarielle Beglaubigung: Anträge zur Grundbuch­eintragung müssen notariell beglaubigt sein.

Die steuerliche Dimension: Erbschaftsteuer bei internationalen Erbfällen

Bei internationalen Erbfällen sind neben erbrechtlichen auch steuerliche Aspekte zu beachten. Hier gibt es interessante Gestaltungs­möglichkeiten, aber auch Risiken:

Mögliche Steuerbefreiung in bestimmten Fällen

Der Bundesfinanzhof hat eine bedeutsame Gesetzeslücke aufgedeckt: Wenn ein nicht in Deutschland lebender Immobilien­eigentümer sein Eigentum einem ebenfalls nicht in Deutschland lebenden Erben vermacht, muss dieser unter bestimmten Voraussetzungen keine Erbschaftssteuer an den deutschen Fiskus abführen[1][2].

Dies gilt allerdings nur wenn:

  • Es ein Testament gibt
  • Der Erbe nicht in bestimmten EU-Ländern lebt
  • Es sich um ein Vermächtnis handelt (nicht um eine direkte Erbeinsetzung)[1][2]

Risiko der Doppelbesteuerung

Bei grenzüberschreitenden Erbfällen besteht das Risiko einer doppelten Besteuerung, da die Erbschaftsteuer­systeme international nicht aufeinander abgestimmt sind. Deutschland hat nur mit wenigen Ländern (Dänemark, Griechenland, Österreich, Schweden, der Schweiz und den USA) Doppel­besteuerungs­abkommen im Bereich der Erbschaftsteuer abgeschlossen[5].

Praktische Empfehlungen für ausländische Erben

Wenn Sie als ausländische:r Erbe:in über eine in Deutschland gelegene Immobilie verfügen möchten, sollten Sie folgende Schritte beachten:

  1. Klären Sie das anwendbare Erbrecht: Prüfen Sie, ob aufgrund des letzten gewöhnlichen Aufenthalts der verstorbenen Person deutsches oder ausländisches Erbrecht gilt.

  2. Beantragen Sie einen deutschen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis: Dies ist für die Grundbuch­eintragung unerlässlich.

  3. Nehmen Sie steuerliche Beratung in Anspruch: Die steuerlichen Konsequenzen können je nach individueller Situation sehr unterschiedlich sein.

  4. Wenden Sie sich an einen Notar in Deutschland: Für die notarielle Beglaubigung von Anträgen zur Grundbuch­eintragung und für weitere Schritte.

  5. Prüfen Sie mögliche Gestaltungsoptionen: Besonders bei höherwertigen Immobilien kann eine rechtliche Gestaltung durch Testament oder Vermächtnis Vorteile bringen.

Ausländische Testamente und ihre Wirkung in Deutschland

Ausländische Testamente werden in Deutschland grundsätzlich anerkannt, wenn sie nach den Formvorschriften des Errichtungsorts gültig sind. In bestimmten Fällen können ausländische Testamente sogar die deutsche Erbschaftsteuer umgehen:

Der Bundesfinanzhof hat festgestellt, dass bei einem Vermächtnis (im Gegensatz zur direkten Erbeinsetzung) unter ausländischen Beteiligten eine steuerfreie Übertragung möglich ist. Dies liegt daran, dass bei einem Vermächtnis nicht die Immobilie selbst, sondern nur ein Anspruch auf Übertragung des Eigentums erworben wird[2].

Diese Gestaltungs­option sollte jedoch mit fachkundiger Beratung geprüft werden, da sie an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.

Fazit für die Praxis

Die Verfügung über geerbte Immobilien in Deutschland durch ausländische Erben erfordert besondere Aufmerksamkeit für rechtliche Details. Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Ausländische Erben können grundsätzlich über in Deutschland gelegene Immobilien verfügen, müssen aber die formalen Anforderungen des deutschen Rechts erfüllen.
  • Für die Grundbuch­eintragung ist ein deutscher Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis erforderlich.
  • Unter bestimmten Umständen können steuerliche Vorteile genutzt werden.
  • Eine frühzeitige rechtliche und steuerliche Beratung kann erhebliche Vorteile bringen.

Mit der richtigen Vorbereitung und fachkundiger Unterstützung lassen sich die Herausforderungen bei internationalen Erbfällen mit Immobilien in Deutschland gut bewältigen.