Wie können Sonderwünsche zur digitalen Präsenz im Testament festgehalten werden?

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Zusammenfassung

Der digitale Nachlass umfasst alle Online-Konten und Daten, die nach dem Tod geregelt werden müssen. Um Sonderwünsche zur digitalen Präsenz festzulegen, sollten Sie eine Vollmacht erstellen, Zugangs­daten sicher hinterlegen und konkrete Anweisungen im Testament formulieren. Plattform­spezifische Nachlass­optionen und regelmäßige Aktualisierungen Ihrer Regelungen erleichtern die Umsetzung Ihrer Wünsche und schützen Ihre Angehörigen vor rechtlichen und emotionalen Belastungen.

In unserer vernetzten Welt hinterlassen wir zahlreiche digitale Spuren - von Social-Media-Profilen über E-Mail-Konten bis hin zu Online-Bezahldiensten. Die Regelung dieser digitalen Hinterlassenschaften gewinnt zunehmend an Bedeutung. Dieser Artikel zeigt Ihnen, wie Sie Ihre persönlichen Wünsche zur digitalen Präsenz rechtssicher in Ihrem Testament verankern können.

Was umfasst der digitale Nachlass?

Der digitale Nachlass besteht aus allen elektronischen Daten und Konten einer Person. Dies umfasst:

  • Social-Media-Profile (Facebook, Instagram, LinkedIn, etc.)
  • E-Mail-Konten
  • Online-Banking und Bezahl­dienste (PayPal, etc.)
  • Cloud-Speicher mit Fotos, Videos und Dokumenten
  • Streaming­dienste und Abonnements
  • Messenger-Profile (WhatsApp, Signal, etc.)
  • Online-Shopping-Konten
  • Krypto­währungen
  • Smart-Home-Lösungen
  • Domainnamen und eigene Webseiten

Rechtlicher Hintergrund: Der Bundes­gerichtshof hat 2018 entschieden, dass der digitale Nachlass genauso wie physische Vermögens­werte zu behandeln ist[9][10]. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandes­gerichts Oldenburg (Dezember 2024) erlaubt sogar die uneingeschränkte und aktive Weiter­nutzung eines Instagram-Kontos durch die Erben[5].

Sonder­wünsche zur digitalen Präsenz rechtssicher festhalten

1. Vollmacht für den digitalen Nachlass erstellen

Eine Vollmacht für den digitalen Nachlass ist die Grundlage, um Ihre Wünsche durchzusetzen. Diese muss handschriftlich verfasst, mit Datum versehen und unterschrieben sein[3]. Wichtig: Die Vollmacht sollte den Zusatz enthalten, dass sie “über den Tod hinaus” gilt[1][6].

Die beauftragte Person kann unabhängig vom Willen der Erben und noch vor deren Ermittlung tätig werden[3]. Wählen Sie jemanden aus, dem Sie vollständig vertrauen.

In der Vollmacht können Sie festlegen:

  • Wer Zugriff auf Ihre digitalen Konten erhalten soll
  • Was mit den einzelnen Konten geschehen soll (löschen, Gedenk­status, Weiter­führung)
  • Welche Inhalte geteilt, archiviert oder gelöscht werden sollen

2. Zugangs­daten sicher hinterlegen

Ohne Zugangs­daten kein Zugriff: Erstellen Sie eine vollständige Liste aller Online-Konten mit Benutzer­namen und Pass­wörtern[1][2]. Diese Liste ist entscheidend für die praktische Umsetzung Ihrer Wünsche.

Möglichkeiten zur sicheren Aufbewahrung:

  • Physisch: In einem verschlossenen Umschlag beim Notar oder in einem Bank­schließ­fach[2][3]
  • Digital: Auf einem verschlüsselten USB-Stick (mit separater Hinterlegung des Passworts)[2]
  • Bei einer Vertrauens­person: Geben Sie dieser Person die nötigen Informationen, wo die Liste zu finden ist[1]

Halten Sie die Liste aktuell, da sich Passwörter häufig ändern[2]. Ohne aktuelle Daten erschweren Sie den Zugriff auf Ihre Konten erheblich.

3. Konkrete Anweisungen im Testament formulieren

Im Testament selbst können Sie Ihre Wünsche zur digitalen Präsenz wie folgt festhalten:

  1. Benennung eines digitalen Nach­lass­verwalters (kann, muss aber nicht der Haupterbe sein)[6]
  2. Detaillierte Anweisungen für jeden Account:
    • “Mein Facebook-Konto soll in den Gedenk­status versetzt werden”
    • “Meine privaten Fotos in der Cloud sollen gelöscht werden”
    • “Mein Instagram-Profil soll unverändert bestehen bleiben”
  3. Verweis auf die hinterlegte Liste mit Zugangs­daten und deren Aufbewahrungsort

Achtung: Vermeiden Sie, Passwörter direkt im Testament zu nennen, da dieses nach dem Tod öffentlich einsehbar sein kann[2].

4. Platt­form­spezifische Vorsorge­optionen nutzen

Einige Plattformen bieten eigene Nachlassregelungen:

  • Google: Kontoinaktivitäts­manager - bestimmt Zugriffs­berechtigte oder automatische Löschung nach festgelegter Inaktivität[11]
  • Facebook: Nach­lass­kontakt und Festlegung, ob das Profil gelöscht oder in den Gedenk­status versetzt werden soll[11]
  • Instagram: Ähnliche Optionen wie Facebook

Diese Einstellungen können Ihre Wünsche im Testament unterstützen, ersetzen aber keine rechtssichere Regelung[1].

Besondere Situationen berücksichtigen

Influencer:innen und berufliche Social-Media-Präsenz

Für Personen mit geschäft­licher digitaler Präsenz sind zusätzliche Überlegungen wichtig:

  • Accounts haben oft einen erheb­lichen wirtschaft­lichen Wert[5][7]
  • Im Testament sollte festgehalten werden, wer die Accounts übernehmen und wie mit den Einnahmen verfahren werden soll[7]
  • Eine klare Kommunikations­strategie für die Follower:innen planen

Video­botschaften als Ergänzung

Vorsicht bei Video­botschaften: Eine Videobotschaft kann persönliche Wünsche vermitteln, birgt aber rechtliche Risiken. Wenn die Video­botschaft Widersprüche zum schriftlichen Testament enthält, kann dies Anlass zur Anfechtung des Testaments geben[4].

Eine Video­botschaft sollte daher:

  • Keine Bezug­nahme auf die Vermögens­verfügung enthalten
  • Ausschließlich zur Erinnerung dienen
  • Keine zusätzlichen Bedingungen oder Begründungen für Verfügungen liefern

Praktische Checkliste zur Regelung Ihres digitalen Nachlasses

  • [ ] Bestands­aufnahme: Liste aller digitalen Konten und Vermögens­werte erstellen
  • [ ] Zugangs­daten: Benutzer­namen und Passwörter aktuell halten
  • [ ] Vollmacht: Digitale Vorsorgevollmacht erstellen, die über den Tod hinaus gilt
  • [ ] Vertrauens­person: Jemanden auswählen, der Ihren digitalen Nachlass verwaltet
  • [ ] Wünsche: Für jeden Account festlegen, was damit geschehen soll
  • [ ] Sichere Aufbewahrung: Zugangsdaten an einem sicheren Ort hinterlegen
  • [ ] Testament: Konkrete Anweisungen zur digitalen Präsenz rechtssicher integrieren
  • [ ] Plattform­optionen: Nachlasseinstellungen bei großen Diensten wie Google und Facebook aktivieren
  • [ ] Aktualisierung: Liste und Anweisungen regelmäßig überprüfen

Rechtliche Aspekte beachten

Der digitale Nachlass unterliegt dem Erbrecht[11]. Bei fehlender Regelung gehen alle Rechte und Pflichten automatisch auf die gesetzlichen Erben über. Diese können dann:

  • Auf alle digitalen Inhalte zugreifen, auch auf private Kommunikation[2][10]
  • Konten löschen oder weiterführen
  • Verträge kündigen oder fortsetzen

Wichtig: Ein gut geplanter digitaler Nachlass schützt sowohl Ihre Privat­sphäre als auch Ihre Angehörigen vor unnötigen Komplikationen[1].

Das Bundes­gerichtshof-Urteil von 2018 stärkt die Rechte der Erben: Sie dürfen über die Daten von E-Mail-Konten und Social-Media-Accounts verfügen, auch wenn Sie in den Nutzer­einstellungen der Konten anderes festgelegt haben[11]. Umso wichtiger ist es, Ihre Wünsche rechtssicher zu dokumentieren.

Persönliche Überlegungen zur digitalen Präsenz

Nehmen Sie sich Zeit für folgende Fragen:

  • Welche digitalen Spuren möchten Sie hinterlassen?
  • Welche persönlichen Daten sollten privat bleiben?
  • Gibt es digitale Inhalte, die für Ihre Angehörigen wertvoll sein könnten?
  • Möchten Sie, dass bestimmte Profile als Erinnerung bestehen bleiben?

Die Antworten auf diese Fragen helfen Ihnen, Ihre Wünsche zur digitalen Präsenz konkret zu formulieren.

Wer seinen digitalen Nachlass gut regelt, schenkt den Angehörigen nicht nur Klarheit, sondern erspart ihnen auch unnötige rechtliche und emotionale Belastungen in einer ohnehin schweren Zeit.