Können Erben enterbt werden, wenn sie sich nicht an Bedingungen halten?

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Zusammenfassung

Erb­lasser:innen können Bedingungen an ein Erbe knüpfen und Personen enterben, jedoch bleiben Pflicht­teils­berechtigte (z. B. Kinder, Ehepartner:innen) in der Regel geschützt und können nicht vollständig ausgeschlossen werden. Sitten­widrige oder unklare Bedingungen sind unwirksam, und die Entziehung des Pflicht­teils ist nur in Ausnahmefällen wie schweren Verfehlungen möglich. Eine rechtliche Beratung wird empfohlen, um sicherzustellen, dass das Testament wirksam und rechtskonform ist.

Wer ein Testament verfasst, möchte oft nicht nur festlegen, wer erben soll, sondern auch, unter welchen Voraussetzungen die Erb­schaft erfolgt. Doch wie weit dürfen solche Auflagen gehen? Können Sie als Erb­lasser:in tat­säch­lich bestimmen, dass jemand enterbt wird, wenn er gewisse Bedingungen nicht einhält? Diese Frage beschäftigt viele Menschen bei der Nach­lass­planung. Der folgende Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die recht­lichen Möglich­keiten und Grenzen.

Was sind Bedingungen im Testament und welche Arten gibt es?

Ein Testament kann Bedingungen enthalten, die fest­legen, unter welchen Umständen eine Person erben darf oder ihr Erbe wieder verlieren kann. Laut den Such­ergeb­nissen gibt es hierbei zwei grund­legende Arten:

Aufschiebende Bedingungen

Bei einer auf­schiebenden Bedingung tritt die Wirkung des Testaments erst ein, wenn die Bedingung erfüllt wird[12]. Die betreffende Person wird also erst dann Erbe, wenn sie die vom Erb­lasser gestellte Bedingung erfüllt hat.

Beispiel: Ein Vater setzt in seinem Testament fest, dass sein Sohn erst erben soll, wenn er sein Studium abge­schlossen hat. Die Erb­ein­setzung wird hier an eine Bedingung geknüpft und entfaltet erst Rechts­wirkung, wenn diese Bedingung erfüllt ist.

Auflösende Bedingungen

Bei einer auf­lösenden Bedingung verliert der eingesetzte Erbe sein Erbe wieder, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt[3].

Beispiel: Eine Mutter setzt fest, dass ihre Tochter das geerbte Haus wieder verliert, wenn sie es innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall verkauft.

Grenzen der Testier­freiheit: Nicht alle Bedingungen sind erlaubt

Auch wenn die Testier­freiheit in Deutschland einen hohen Stellen­wert hat, gibt es klare Grenzen. Nicht jede Bedingung, die Sie in Ihrem Testament fest­legen, ist auch rechtlich wirksam.

Sitten­widrige Bedingungen

Bedingungen, die gegen die “guten Sitten” verstoßen (§ 138 BGB), sind nichtig[12]. Dies betrifft insbesondere Bedingungen, die:

  • die persön­liche Lebens­führung in unzu­lässiger Weise ein­schränken
  • grund­recht­lich geschützte Freiheiten verletzen
  • dis­kri­mi­nierend sind

Beispiel aus der Recht­sprechung: Ein Erb­lasser machte die Erb­ein­setzung seines Sohnes davon abhängig, dass dieser sich von seinem gleich­ge­schlecht­lichen Partner trennt und eine Frau heiratet. Das Gericht stufte diese Bedingung als sitten­widrig ein[12].

Kann man Erben enterben, wenn sie Bedingungen nicht einhalten?

Die zentrale Frage lautet: Können Sie als Erb­lasser:in fest­legen, dass jemand enterbt wird, wenn er bestimmte Bedingungen nicht einhält? Die Antwort ist:

Ja, grund­sätz­lich können Sie Personen enterben und müssen dafür nicht einmal einen Grund angeben[10]. Dies gehört zur Testier­freiheit. Allerdings gibt es dabei folgende wichtige Ein­schränkungen:

  1. Pflicht­teils­berechtigte können nicht voll­ständig enterbt werden[7]. Kinder, Ehe­partner:innen und unter bestimmten Umständen Eltern haben immer Anspruch auf den Pflicht­teil, der die Hälfte des gesetz­lichen Erbteils beträgt.

  2. Ein Testament kann jeder­zeit wider­rufen werden[6]. Der Erb­lasser kann bis zu seinem Tod seine Meinung ändern und ein neues Testament errichten.

  3. Bei Ehe­gatten­testamenten gelten besondere Regeln[1]. Ein ein­seitiger Widerruf ist hier nur durch notarielle Beurkundung möglich und muss dem anderen Ehe­gatten zugestellt werden.

Der Pflicht­teil als unüber­wind­bare Hürde?

Der Pflicht­teil stellt eine wichtige Grenze der Testier­freiheit dar. Pflicht­teils­berechtigte können grund­sätz­lich nicht voll­ständig vom Erbe aus­ge­schlossen werden[3]. Selbst wenn Sie jemanden enterben, behält die Person in der Regel einen Anspruch auf den Pflicht­teil.

Wer ist pflicht­teils­berechtigt?

Pflicht­teils­ansprüche haben:

  • Kinder und Enkel­kinder (wenn ihre Eltern bereits verstorben sind)
  • Ehe­partner:innen
  • Eltern (nur wenn keine Kinder vorhanden sind)

Wie hoch ist der Pflicht­teil?

Der Pflicht­teil beträgt 50% des gesetz­lichen Erb­anteils[7]. Er ist kein echter Erb­anteil, sondern ein Geld­anspruch gegen die Erb:innen.

Pflicht­teils­straf­klauseln: Sinnvoll oder nicht?

In manchen Testamenten werden sogenannte Pflicht­teils­straf­klauseln eingefügt. Diese sollen bewirken, dass ein:e Erb:in, der/die den Pflicht­teil fordert, auch von der weiteren Erb­folge aus­ge­schlossen wird.

Beispiel: Eltern setzen in einem gemein­schaft­lichen Testament (Berliner Testament) fest, dass Kinder erst nach dem Tod des zweit­ver­sterbenden Eltern­teils erben. Verlangt ein Kind nach dem Tod des ersten Eltern­teils seinen Pflicht­teil, wird es durch die Pflicht­teils­straf­klausel auch vom Erbe des zweit­ver­sterbenden Eltern­teils aus­ge­schlossen[4].

Diese Klauseln sind grund­sätz­lich wirksam, wenn sie klar formuliert sind und keine sitten­widrigen Zwecke verfolgen.

Kann der Pflicht­teil entzogen werden?

In beson­deren Fällen kann der Pflicht­teil tat­säch­lich entzogen werden. Dies ist jedoch nur unter sehr strengen Voraus­setzungen möglich, die in § 2333 BGB ab­schließend geregelt sind[7]:

  • Der/die Pflicht­teils­berechtigte trachtet dem Erb­lasser, seinem/ihrem Ehe­partner oder anderen Nach­kommen nach dem Leben
  • Der/die Pflicht­teils­berechtigte begeht ein Ver­brechen oder schweres vorsätz­liches Vergehen gegen eine dieser Personen
  • Der/die Pflicht­teils­berechtigte verletzt böswillig die gesetz­liche Unter­halts­pflicht gegenüber dem Erb­lasser
  • Der/die Pflicht­teils­berechtigte wird wegen einer vorsätz­lichen Straftat zu einer Frei­heits­strafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechts­kräftig verurteilt, und die Teil­habe am Nachlass ist für den Erb­lasser unzumutbar[7]

Wichtig: Ein bloßer Streit oder eine Ent­fremdung zwischen Erb­lasser und Erbe ist kein aus­reichender Grund für eine Pflicht­teils­entziehung[3].

Wie kann man ein Testament wider­rufen?

Wenn Sie als Erb­lasser:in Ihre Meinung über die Erb­folge ändern, können Sie Ihr Testament jeder­zeit wider­rufen. Gemäß § 2253 BGB stehen Ihnen vier Möglich­keiten zur Verfügung[1]:

  1. Errichtung eines Wider­rufs­testaments, das den Widerruf aus­drück­lich erklärt. Dieses muss die üblichen Form­vor­schriften erfüllen.

  2. Errichtung eines neuen Testaments, das inhalt­lich im Wider­spruch zum früheren Testament steht. Das frühere Testament wird nur insoweit auf­gehoben, wie ein Wider­spruch besteht[1].

  3. Vernichtung des Testaments (Zerreißen, Verbrennen etc.) mit der Absicht, es auf­zu­heben.

  4. Eindeutige Veränderung der Testaments­urkunde, die den Auf­hebungs­willen zum Ausdruck bringt. Ein einfacher Vermerk wie “ungültig” reicht nicht aus[1].

Bei einem notariellen Testament gibt es zudem die Möglich­keit des Widerrufs durch Rück­nahme aus der amt­lichen Ver­wahrung.

Praktische Tipps für Erb­lasser:innen

Wenn Sie Bedingungen an Ihr Erbe knüpfen möchten, beachten Sie folgende Empfehlungen:

  1. Über­prüfen Sie, ob Ihre Bedingungen recht­lich zulässig sind. Verzichten Sie auf Auf­lagen, die die persön­liche Lebens­führung der Erb:innen unzu­lässig ein­schränken.

  2. Formulieren Sie klar und eindeutig. Unklare Bedin­gungen können zu Rechts­streitig­keiten führen.

  3. Berück­sichtigen Sie Pflicht­teils­ansprüche in Ihrer Nach­lass­planung.

  4. Lassen Sie sich rechtlich beraten. Gerade bei kom­plexen Bedin­gungen oder Pflicht­teils­ent­ziehungen ist juristische Unter­stützung unerlässlich.

  5. Halten Sie Ihr Testament aktuell. Über­prüfen Sie regel­mäßig, ob Ihre fest­gelegten Bedingungen noch Ihrem Willen entsprechen.

Was können Erb:innen tun?

Als möglich:er Erb:in sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Prüfen Sie das Testament auf Rechts­mäßig­keit. Nicht alle Bedingungen, die ein Erb­lasser stellt, sind auch wirksam.

  2. Informieren Sie sich über Ihre Pflicht­teils­ansprüche. Diese können auch bei einer Enterbung bestehen.

  3. Suchen Sie das Gespräch mit dem Erb­lasser. Manchmal lassen sich Konflikte zu Lebzeiten klären.

  4. Bei Uneinigkeit nach dem Erbfall: Holen Sie sich recht­liche Unter­stützung von einer Fach­anwält:in für Erbrecht.

Zusammen­fassung

Die Testier­freiheit in Deutschland ist weit­reichend, aber nicht unbe­grenzt. Als Erb­lasser:in können Sie grund­sätz­lich selbst ent­scheiden, wer erben soll und wer nicht. Auch können Sie Bedingungen an das Erbe knüpfen.

Allerdings können pflicht­teils­berechtigte Personen in der Regel nicht voll­ständig enterbt werden. Die Entziehung des Pflicht­teils ist nur unter sehr engen gesetz­lichen Voraus­setzungen möglich, die schwer­wiegende Ver­fehlungen des Pflicht­teils­berechtigten voraus­setzen.

Wer sein Testament mit Bedingungen versehen möchte, sollte sich daher unbedingt recht­lich beraten lassen, um sicher­zu­stellen, dass die getroffenen Regelungen wirksam sind und tatsächlich dem eigenen Willen entsprechen.