Können Erben enterbt werden, wenn sie sich nicht an Bedingungen halten?
Erblasser:innen können Bedingungen an ein Erbe knüpfen und Personen enterben, jedoch bleiben Pflichtteilsberechtigte (z. B. Kinder, Ehepartner:innen) in der Regel geschützt und können nicht vollständig ausgeschlossen werden. Sittenwidrige oder unklare Bedingungen sind unwirksam, und die Entziehung des Pflichtteils ist nur in Ausnahmefällen wie schweren Verfehlungen möglich. Eine rechtliche Beratung wird empfohlen, um sicherzustellen, dass das Testament wirksam und rechtskonform ist.
- Was sind Bedingungen im Testament und welche Arten gibt es?
- Grenzen der Testierfreiheit: Nicht alle Bedingungen sind erlaubt
- Kann man Erben enterben, wenn sie Bedingungen nicht einhalten?
- Der Pflichtteil als unüberwindbare Hürde?
- Pflichtteilsstrafklauseln: Sinnvoll oder nicht?
- Kann der Pflichtteil entzogen werden?
- Wie kann man ein Testament widerrufen?
- Praktische Tipps für Erblasser:innen
- Was können Erb:innen tun?
- Zusammenfassung
Wer ein Testament verfasst, möchte oft nicht nur festlegen, wer erben soll, sondern auch, unter welchen Voraussetzungen die Erbschaft erfolgt. Doch wie weit dürfen solche Auflagen gehen? Können Sie als Erblasser:in tatsächlich bestimmen, dass jemand enterbt wird, wenn er gewisse Bedingungen nicht einhält? Diese Frage beschäftigt viele Menschen bei der Nachlassplanung. Der folgende Artikel gibt Ihnen einen Überblick über die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen.
Was sind Bedingungen im Testament und welche Arten gibt es?
Ein Testament kann Bedingungen enthalten, die festlegen, unter welchen Umständen eine Person erben darf oder ihr Erbe wieder verlieren kann. Laut den Suchergebnissen gibt es hierbei zwei grundlegende Arten:
Aufschiebende Bedingungen
Bei einer aufschiebenden Bedingung tritt die Wirkung des Testaments erst ein, wenn die Bedingung erfüllt wird[12]. Die betreffende Person wird also erst dann Erbe, wenn sie die vom Erblasser gestellte Bedingung erfüllt hat.
Beispiel: Ein Vater setzt in seinem Testament fest, dass sein Sohn erst erben soll, wenn er sein Studium abgeschlossen hat. Die Erbeinsetzung wird hier an eine Bedingung geknüpft und entfaltet erst Rechtswirkung, wenn diese Bedingung erfüllt ist.
Auflösende Bedingungen
Bei einer auflösenden Bedingung verliert der eingesetzte Erbe sein Erbe wieder, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt[3].
Beispiel: Eine Mutter setzt fest, dass ihre Tochter das geerbte Haus wieder verliert, wenn sie es innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall verkauft.
Grenzen der Testierfreiheit: Nicht alle Bedingungen sind erlaubt
Auch wenn die Testierfreiheit in Deutschland einen hohen Stellenwert hat, gibt es klare Grenzen. Nicht jede Bedingung, die Sie in Ihrem Testament festlegen, ist auch rechtlich wirksam.
Sittenwidrige Bedingungen
Bedingungen, die gegen die “guten Sitten” verstoßen (§ 138 BGB), sind nichtig[12]. Dies betrifft insbesondere Bedingungen, die:
- die persönliche Lebensführung in unzulässiger Weise einschränken
- grundrechtlich geschützte Freiheiten verletzen
- diskriminierend sind
Beispiel aus der Rechtsprechung: Ein Erblasser machte die Erbeinsetzung seines Sohnes davon abhängig, dass dieser sich von seinem gleichgeschlechtlichen Partner trennt und eine Frau heiratet. Das Gericht stufte diese Bedingung als sittenwidrig ein[12].
Kann man Erben enterben, wenn sie Bedingungen nicht einhalten?
Die zentrale Frage lautet: Können Sie als Erblasser:in festlegen, dass jemand enterbt wird, wenn er bestimmte Bedingungen nicht einhält? Die Antwort ist:
Ja, grundsätzlich können Sie Personen enterben und müssen dafür nicht einmal einen Grund angeben[10]. Dies gehört zur Testierfreiheit. Allerdings gibt es dabei folgende wichtige Einschränkungen:
-
Pflichtteilsberechtigte können nicht vollständig enterbt werden[7]. Kinder, Ehepartner:innen und unter bestimmten Umständen Eltern haben immer Anspruch auf den Pflichtteil, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beträgt.
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Ein Testament kann jederzeit widerrufen werden[6]. Der Erblasser kann bis zu seinem Tod seine Meinung ändern und ein neues Testament errichten.
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Bei Ehegattentestamenten gelten besondere Regeln[1]. Ein einseitiger Widerruf ist hier nur durch notarielle Beurkundung möglich und muss dem anderen Ehegatten zugestellt werden.
Der Pflichtteil als unüberwindbare Hürde?
Der Pflichtteil stellt eine wichtige Grenze der Testierfreiheit dar. Pflichtteilsberechtigte können grundsätzlich nicht vollständig vom Erbe ausgeschlossen werden[3]. Selbst wenn Sie jemanden enterben, behält die Person in der Regel einen Anspruch auf den Pflichtteil.
Wer ist pflichtteilsberechtigt?
Pflichtteilsansprüche haben:
- Kinder und Enkelkinder (wenn ihre Eltern bereits verstorben sind)
- Ehepartner:innen
- Eltern (nur wenn keine Kinder vorhanden sind)
Wie hoch ist der Pflichtteil?
Der Pflichtteil beträgt 50% des gesetzlichen Erbanteils[7]. Er ist kein echter Erbanteil, sondern ein Geldanspruch gegen die Erb:innen.
Pflichtteilsstrafklauseln: Sinnvoll oder nicht?
In manchen Testamenten werden sogenannte Pflichtteilsstrafklauseln eingefügt. Diese sollen bewirken, dass ein:e Erb:in, der/die den Pflichtteil fordert, auch von der weiteren Erbfolge ausgeschlossen wird.
Beispiel: Eltern setzen in einem gemeinschaftlichen Testament (Berliner Testament) fest, dass Kinder erst nach dem Tod des zweitversterbenden Elternteils erben. Verlangt ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil, wird es durch die Pflichtteilsstrafklausel auch vom Erbe des zweitversterbenden Elternteils ausgeschlossen[4].
Diese Klauseln sind grundsätzlich wirksam, wenn sie klar formuliert sind und keine sittenwidrigen Zwecke verfolgen.
Kann der Pflichtteil entzogen werden?
In besonderen Fällen kann der Pflichtteil tatsächlich entzogen werden. Dies ist jedoch nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich, die in § 2333 BGB abschließend geregelt sind[7]:
- Der/die Pflichtteilsberechtigte trachtet dem Erblasser, seinem/ihrem Ehepartner oder anderen Nachkommen nach dem Leben
- Der/die Pflichtteilsberechtigte begeht ein Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen gegen eine dieser Personen
- Der/die Pflichtteilsberechtigte verletzt böswillig die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser
- Der/die Pflichtteilsberechtigte wird wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt, und die Teilhabe am Nachlass ist für den Erblasser unzumutbar[7]
Wichtig: Ein bloßer Streit oder eine Entfremdung zwischen Erblasser und Erbe ist kein ausreichender Grund für eine Pflichtteilsentziehung[3].
Wie kann man ein Testament widerrufen?
Wenn Sie als Erblasser:in Ihre Meinung über die Erbfolge ändern, können Sie Ihr Testament jederzeit widerrufen. Gemäß § 2253 BGB stehen Ihnen vier Möglichkeiten zur Verfügung[1]:
-
Errichtung eines Widerrufstestaments, das den Widerruf ausdrücklich erklärt. Dieses muss die üblichen Formvorschriften erfüllen.
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Errichtung eines neuen Testaments, das inhaltlich im Widerspruch zum früheren Testament steht. Das frühere Testament wird nur insoweit aufgehoben, wie ein Widerspruch besteht[1].
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Vernichtung des Testaments (Zerreißen, Verbrennen etc.) mit der Absicht, es aufzuheben.
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Eindeutige Veränderung der Testamentsurkunde, die den Aufhebungswillen zum Ausdruck bringt. Ein einfacher Vermerk wie “ungültig” reicht nicht aus[1].
Bei einem notariellen Testament gibt es zudem die Möglichkeit des Widerrufs durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung.
Praktische Tipps für Erblasser:innen
Wenn Sie Bedingungen an Ihr Erbe knüpfen möchten, beachten Sie folgende Empfehlungen:
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Überprüfen Sie, ob Ihre Bedingungen rechtlich zulässig sind. Verzichten Sie auf Auflagen, die die persönliche Lebensführung der Erb:innen unzulässig einschränken.
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Formulieren Sie klar und eindeutig. Unklare Bedingungen können zu Rechtsstreitigkeiten führen.
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Berücksichtigen Sie Pflichtteilsansprüche in Ihrer Nachlassplanung.
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Lassen Sie sich rechtlich beraten. Gerade bei komplexen Bedingungen oder Pflichtteilsentziehungen ist juristische Unterstützung unerlässlich.
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Halten Sie Ihr Testament aktuell. Überprüfen Sie regelmäßig, ob Ihre festgelegten Bedingungen noch Ihrem Willen entsprechen.
Was können Erb:innen tun?
Als möglich:er Erb:in sollten Sie folgende Punkte beachten:
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Prüfen Sie das Testament auf Rechtsmäßigkeit. Nicht alle Bedingungen, die ein Erblasser stellt, sind auch wirksam.
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Informieren Sie sich über Ihre Pflichtteilsansprüche. Diese können auch bei einer Enterbung bestehen.
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Suchen Sie das Gespräch mit dem Erblasser. Manchmal lassen sich Konflikte zu Lebzeiten klären.
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Bei Uneinigkeit nach dem Erbfall: Holen Sie sich rechtliche Unterstützung von einer Fachanwält:in für Erbrecht.
Zusammenfassung
Die Testierfreiheit in Deutschland ist weitreichend, aber nicht unbegrenzt. Als Erblasser:in können Sie grundsätzlich selbst entscheiden, wer erben soll und wer nicht. Auch können Sie Bedingungen an das Erbe knüpfen.
Allerdings können pflichtteilsberechtigte Personen in der Regel nicht vollständig enterbt werden. Die Entziehung des Pflichtteils ist nur unter sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich, die schwerwiegende Verfehlungen des Pflichtteilsberechtigten voraussetzen.
Wer sein Testament mit Bedingungen versehen möchte, sollte sich daher unbedingt rechtlich beraten lassen, um sicherzustellen, dass die getroffenen Regelungen wirksam sind und tatsächlich dem eigenen Willen entsprechen.