Kann ein Grundstück oder Immobilien an mehrere Erben gleichzeitig vererbt werden?
Ja, ein Grundstück oder eine Immobilie kann an mehrere Erb:innen gleichzeitig vererbt werden, wodurch eine Erbengemeinschaft entsteht. Die Erb:innen müssen gemeinsam über die Nutzung, Verwaltung oder den Verkauf entscheiden. Möglich sind ein gemeinsames Behalten, ein Verkauf, die Übernahme durch eine:n Erb:in oder eine Teilung des Grundstücks - bei Uneinigkeit kann es jedoch zu Konflikten oder einer Zwangsversteigerung kommen.
Eine Immobilie zu erben kann Freude bereiten, aber auch Herausforderungen mit sich bringen - besonders wenn mehrere Personen gemeinsam erben. Dieser Artikel erklärt, wie eine solche Erbengemeinschaft funktioniert und welche Möglichkeiten für den Umgang mit geerbten Grundstücken und Immobilien bestehen.
Was ist eine Erbengemeinschaft?
Wenn mehrere Personen gemeinsam eine Immobilie oder ein Grundstück erben, bilden sie automatisch eine Erbengemeinschaft. Diese entsteht nach § 2023 Abs. 1 BGB, sobald der Erbfall eintritt[6]. Die Erben treten gemeinsam in die Rechtsstellung des verstorbenen Eigentümers ein[3]. Das bedeutet: Die Immobilie gehört nicht einzelnen Erben zu einem bestimmten Anteil, sondern der gesamten Erbengemeinschaft.
Eine Erbengemeinschaft kann auf zwei Wegen entstehen:
Herausforderungen bei gemeinsamem Immobilienbesitz
Die gemeinsame Verwaltung einer geerbten Immobilie birgt erhebliches Konfliktpotential[3]. Denn nach § 2040 BGB können die Erb:innen nur gemeinschaftlich - also einstimmig - über die Immobilie verfügen[3]. Dies betrifft wesentliche Entscheidungen wie:
- Nutzung der Immobilie (selbst bewohnen, vermieten)
- Verwaltung (Reparaturen, Renovierungen)
- Verkauf oder sonstige Verwertung[3]
Wichtig zu wissen: Sind sich die Erb:innen uneins, können selbst notwendige Entscheidungen blockiert werden, was zu finanziellen Einbußen führen kann[4].
Möglichkeiten zur Nutzung und Aufteilung
Für den Umgang mit einer gemeinsam geerbten Immobilie gibt es verschiedene Wege:
1. Gemeinsames Behalten und Verwalten
Wenn alle Erb:innen mit der Nutzung, Verwaltung und eventuellen Vermietung der Immobilie einverstanden sind, kann die Erbengemeinschaft bestehen bleiben[1][3]. In diesem Fall müssen nur die Grundbucheinträge angepasst werden[1].
2. Verkauf der Immobilie
Ein gemeinsamer Verkauf der Immobilie mit anschließender Verteilung des Erlöses nach Erbquoten ist häufig die einfachste Lösung[2]. Für einen erfolgreichen Verkauf sollten die Erb:innen:
- Einen angemessenen Preis festlegen (ggf. durch Gutachten)
- Den Verkauf gemeinsam beschließen
- Den Erlös entsprechend der Erbquoten aufteilen[2]
Ein freihändiger Verkauf bringt in der Regel mehr Geld ein als eine Zwangsversteigerung[2].
3. Übernahme durch eine:n Erb:in
Eine weitere Möglichkeit ist die Übernahme der Immobilie durch eine:n einzelne:n Erb:in. Die anderen werden durch Ausgleichszahlungen abgefunden[2]. Dies geschieht durch eine notarielle Vereinbarung und eignet sich besonders, wenn ein:e Erb:in die Immobilie selbst nutzen möchte[2].
4. Teilung von Grundstücken
Bei Grundstücken kommt unter Umständen eine Realteilung in Frage:
- Das Grundstück wird in mehrere Parzellen aufgeteilt
- Jede:r Erb:in erhält einen eigenen Teil
- Voraussetzung: Das Grundstück muss sich sinnvoll teilen lassen[2][5]
Für eine Realteilung sind folgende Schritte notwendig:
Auflösung der Erbengemeinschaft
Möchten die Erb:innen die Gemeinschaft auflösen, sollten sie folgende Schritte beachten:
Einvernehmliche Lösung
Im Idealfall einigen sich alle Erb:innen über die Aufteilung des Nachlasses. Diese Einigung kann in einem Auseinandersetzungsvertrag festgehalten werden[6]. Für Immobilien ist eine notarielle Beurkundung erforderlich[2].
Erbschein beantragen
Für viele rechtliche Schritte benötigen die Erb:innen einen Erbschein, der die Erbstellung nachweist. Dieser wird beim Nachlassgericht beantragt und kann als:
- Gemeinschaftlicher Erbschein (für alle Erb:innen zusammen)
- Teilerbschein (für jede:n Erb:in einzeln)[4]
ausgestellt werden.
Zwangsversteigerung als letzter Ausweg
Können sich die Erb:innen nicht einigen, kann jede:r von ihnen eine Zwangsversteigerung der Immobilie beantragen[1]. Diese Option sollte jedoch wegen möglicher finanzieller Nachteile nur als letztes Mittel genutzt werden[4].
Praktische Tipps für Erb:innen
Konflikte vermeiden
- Führen Sie offene Gespräche über die Interessen und Bedürfnisse aller Beteiligten
- Holen Sie frühzeitig eine neutrale Immobilienbewertung ein
- Dokumentieren Sie alle Vereinbarungen schriftlich
Fachliche Unterstützung nutzen
Bei komplexen Fällen oder Konflikten kann die Hinzuziehung von Fachleuten sinnvoll sein:
- Notar:innen für die rechtssichere Gestaltung von Vereinbarungen
- Fachanwält:innen für Erbrecht bei rechtlichen Fragen oder Konflikten
- Immobiliengutachter:innen für die Wertermittlung
- Mediator:innen zur Konfliktlösung bei unterschiedlichen Interessen
Vorbeugende Maßnahmen für Erblasser:innen
Als Eigentümer:in einer Immobilie können Sie bereits zu Lebzeiten Vorkehrungen treffen, um Konflikte unter den Erb:innen zu vermeiden:
- Klare testamentarische Regelungen treffen
- Eventuell einen:eine Testamentsvollstrecker:in einsetzen
- Gespräche mit den künftigen Erb:innen führen, um Erwartungen zu klären[4]
Die frühzeitige Regelung des Erbes kann dazu beitragen, spätere Konflikte zu minimieren und für alle Beteiligten faire Lösungen zu finden. Eine klare Kommunikation und gegenseitiger Respekt sind dabei besonders wertvoll.
Wenn Sie vor der Herausforderung stehen, eine geerbte Immobilie mit anderen Erb:innen zu teilen, lohnt es sich, Zeit in eine gemeinsame Lösung zu investieren - sowohl für den Werterhalt der Immobilie als auch für den Familienfrieden.