Welche Formulierungen im Testament führen häufig zu Unklarheiten oder Missverständnissen?

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Zusammenfassung

Unklare Formulierungen im Testament führen häufig zu Missverständnissen, etwa durch die Verwechslung von “vererben” und “vermachen”, ungenaue Personen­bezeichnungen oder fehlende rechtliche Präzision. Wichtig ist, klare und präzise Anordnungen zu treffen, formale Anforderungen wie Hand­schriftlichkeit einzuhalten und gegebenenfalls fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein gut formuliertes Testament bewahrt Ihre Angehörigen vor Streitigkeiten und stellt sicher, dass Ihr letzter Wille umgesetzt wird.

Ein Testament ist ein entscheidendes Dokument, das Ihren letzten Willen festhält. Leider kommt es häufig zu Streitigkeiten unter Erben, weil das Testament missverständlich formuliert wurde. Was für Sie selbst­verständlich erscheint, kann für Ihre Hinterbliebenen und die Behörden rätselhaft sein. Dieser Artikel zeigt Ihnen, welche Formulierungen besonders häufig zu Unklarheiten führen und wie Sie ein rechtssicheres Testament verfassen können.

Die Verwechslung von "Vererben" und "Vermachen"

Eine der häufigsten Fehlerquellen in selbst geschriebenen Testamenten ist die falsche Verwendung von Rechtsbegriffen. Besonders die Begriffe “vererben” und “vermachen” werden oft missverstanden.

Was häufig falsch gemacht wird:

“Ich vererbe meiner Nichte Lisa mein Auto.” oder “Ich vermache mein gesamtes Vermögen meinem Sohn Thomas.”

Warum das problematisch ist:

Diese Begriffe haben im Erbrecht eine ganz andere Bedeutung als in der Alltagssprache:

  • Ein:e Erb:in erhält automatisch das gesamte Vermögen und alle Schulden des Verstorbenen
  • Ein:e Vermächtnisnehmer:in hat nur einen Anspruch gegen den Erben auf Über­tragung bestimmter Gegen­stände oder Rechte[5]

Praktisches Beispiel:
Ein Erblasser schreibt: “Meine Frau bekommt das Haus, meine Tochter Karin das Bar­vermögen im Safe und mein Neffe Martin das Geld auf dem Bank­konto.”

Rechtliche Folge: Der Erblasser hat hier gar keine Erb:innen bestimmt, sondern nur Vermächtnisse angeordnet. Es bleibt bei der gesetzlichen Erbfolge, während die genannten Personen lediglich einen Anspruch auf die jeweiligen Gegenstände haben[9].

Unklare Bezeichnung von Personen

Was häufig falsch gemacht wird:

  • “Meine liebsten Angehörigen sollen erben”[2]
  • “Wer sich am meisten um mich gekümmert hat”[2]
  • “Alle meine Kinder erben zu gleichen Teilen”

Warum das problematisch ist:
Solche Formulierungen lassen viel Interpretations­spielraum. Wer gehört zu den “liebsten Angehörigen”? Sind mit “alle Kinder” auch Stief­kinder, Pflege­kinder oder Paten­kinder gemeint?[3]

Besser formulieren:

  • “Meine leiblichen Kinder Anna Schmidt, geboren am 01.01.1980, und Peter Schmidt, geboren am 02.02.1982, erben zu gleichen Teilen.”
  • “Meine Nichte Lisa Müller, geboren am 03.03.1990, wohnhaft in München, setze ich als Allein­erbin ein.”

Bedingte Erbeinsetzungen

Was häufig falsch gemacht wird:
“Mein Vermögen erhält die Person, die mich bis zu meinem Tod pflegt und betreut.”

Warum das problematisch ist:
Solche bedingten Erbeinsetzungen sind oft zu unbestimmt. In einem aktuellen Fall hat das Oberlands­gericht entschieden, dass eine solche Formulierung nichtig ist, da nicht klar ist, welche Kriterien für “Pflege und Betreuung” gelten sollen. Die Folge: Es trat die gesetzliche Erbfolge ein[10].

Präziser formulieren:
“Als Alleinerben setze ich Herrn Max Mustermann, geboren am 04.04.1970, ein, sofern er mir in den letzten sechs Monaten vor meinem Ableben regelmäßig häusliche Pflege leistet. Als regelmäßige Pflege gilt dabei mindestens ein Besuch pro Woche mit Unter­stützung bei Alltags­aktivitäten.”

Unvollständige Vermögensaufteilung

Was häufig falsch gemacht wird:
Eine Auflistung einzelner Vermögens­gegenstände ohne klare Erbeinsetzung.

Warum das problematisch ist:
Wenn Sie nur einzelne Gegenstände verteilen, aber nicht regeln, wer Ihr Erbe wird, gilt für den Rest Ihres Vermögens die gesetzliche Erbfolge. Außerdem können neue Vermögens­gegenstände, die Sie nach der Testament­serstellung erwerben, nicht berücksichtigt sein[11].

Besser machen:

  1. Bestimmen Sie zunächst klar Ihre Erb:innen
  2. Regeln Sie danach einzelne Vermächtnisse
  3. Fügen Sie eine Auffang­klausel für nicht ausdrücklich genannte Gegenstände hinzu

Fehlende formale Anforderungen

Was häufig falsch gemacht wird:

  • Das Testament am Computer schreiben
  • Ein Testament ohne Datum, Ortsangabe oder Unterschrift

Warum das problematisch ist:
In Deutschland muss ein privates Testament vollständig handschriftlich verfasst und unter­schrieben sein, um rechtsgültig zu sein. Ein digital erstelltes oder mit der Schreib­maschine verfasstes Testament wird nicht anerkannt, selbst wenn es unterschrieben ist[2][12].

Formal korrekt:

  • Schreiben Sie Ihr Testament vollständig von Hand
  • Setzen Sie Datum und Ort über den Text
  • Unterschreiben Sie mit vollem Namen am Ende

Widersprüchliche Anordnungen

Was häufig falsch gemacht wird:
Mehrere Testamente nebeneinander mit unterschiedlichen Regelungen.

Warum das problematisch ist:
Wenn Sie mehrere Testamente mit wider­sprüchlichen Anordnungen hinterlassen, muss durch Auslegung ermittelt werden, was wirklich Ihr Wille war. Das führt häufig zu Streit unter den Hinterbliebenen[1].

Besser machen:

  • Vernichten Sie alte Testamente, wenn Sie ein neues verfassen
  • Schreiben Sie im neuen Testament ausdrücklich, dass alle früheren Testament­versionen ungültig sind
  • Versehen Sie jedes Testament mit aktuellem Datum

Pflichtteilsberechtigte übergehen

Was häufig falsch gemacht wird:
Enterbung ohne Berücksichtigung des Pflichtteils.

Warum das problematisch ist:
In Deutschland haben bestimmte nahe Angehörige, wie Ehepartner:innen, Kinder und Eltern, einen gesetzlichen Pflichtteils­anspruch, der durch das Testament nicht umgangen werden kann[2].

Beachten Sie:
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Wenn Sie jemanden enterben wollen, sollten Sie dies ausdrücklich im Testament erwähnen und die Pflichtteils­ansprüche berücksichtigen, um spätere Auseinander­setzungen zu vermeiden.

Praktische Tipps für ein eindeutiges Testament

  1. Verwenden Sie präzise Formulierungen:

    • Benennen Sie Personen mit vollem Namen, Geburts­datum und ggf. Adresse
    • Beschreiben Sie Vermögens­gegenstände genau (bei Autos z.B. mit Kenn­zeichen und Modell)[6]
    • Trennen Sie klar zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnissen
  2. Achten Sie auf rechtliche Korrektheit:

    • Setzen Sie zunächst Ihre Erb:innen ein (z.B. “Zu meinen Erb:innen bestimme ich…”)
    • Ordnen Sie dann Vermächtnisse an (z.B. “Ich vermache meinem Freund…”)
    • Vermeiden Sie Umgangs­sprache und unpräzise Bezeichnungen
  3. Nutzen Sie Fachliche Unterstützung:

    • Lassen Sie sich von einem Fachanwalt oder einer Fachanwältin für Erbrecht beraten
    • Alternativ können Sie Ihr Testament auch von einem Notar oder einer Notarin beurkunden lassen
  4. Sorgen Sie für sichere Aufbewahrung:

    • Hinterlegen Sie Ihr Testament beim zuständigen Amts­gericht (Kosten ca. 75 Euro)[12]
    • So stellen Sie sicher, dass Ihr Testament nach Ihrem Tod auch tatsächlich gefunden und umgesetzt wird

Musterformulierungen für klare Anordnungen

Für eine klare Erbeinsetzung:
“Hiermit setze ich, [Ihr vollständiger Name], geboren am [Geburtsdatum], meine Tochter [vollständiger Name], geboren am [Geburtsdatum], zu meiner alleinigen Erbin ein.”

Für mehrere Erb:innen mit Quoten:
"Zu meinen Erb:innen bestimme ich:

  1. Meinen Sohn [Name], geboren am [Datum], zu 1/2
  2. Meine Tochter [Name], geboren am [Datum], zu 1/2"

Für ein Vermächtnis:
“Meinem Neffen [Name], geboren am [Datum], vermache ich mein Auto [genaue Bezeichnung mit Kenn­zeichen].”

Für die Aufhebung früherer Testamente:
“Alle meine früheren letztwilligen Verfügungen hebe ich hiermit auf.”

Fazit

Ein klares, unmissverständliches Testament bewahrt Ihre Angehörigen vor unnötigen Streitigkeiten. Die häufigsten Probleme entstehen durch die Verwechslung rechtlicher Begriffe, ungenaue Personen­bezeichnungen und formale Fehler.

Nehmen Sie sich Zeit für die Formulierung Ihres letzten Willens und scheuen Sie sich nicht, fachkundigen Rat einzuholen. Die Investition in eine rechtliche Beratung ist oft günstiger als die Kosten, die durch Rechts­streitigkeiten nach Ihrem Tod entstehen können.

Auch wenn es manchmal unangenehm erscheint: Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen über Ihre Testament­spläne. So können Sie Missverständnisse schon zu Lebzeiten ausräumen und sicherstellen, dass Ihr letzter Wille genau so umgesetzt wird, wie Sie es sich wünschen.