Warum sollte man das Testament bei Lebensveränderungen aktualisieren?

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Zusammenfassung

Ein Testament, das nach Lebensveränderungen wie Heirat, Scheidung oder der Geburt eines Kindes nicht aktualisiert wird, kann unerwünschte rechtliche und finanzielle Folgen haben, da sich die gesetzliche Erbfolge ändert und bestehende Regelungen oft nicht mehr den aktuellen Wünschen entsprechen. Regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen des Testaments sorgen dafür, dass Ihr Nachlass gemäß Ihren Vorstellungen verteilt wird und Streitigkeiten zwischen Angehörigen vermieden werden. Besonders wichtig ist dies bei neuen Partnerschaften, Kindern oder geänderten Vermögensverhältnissen.

Ein Testament, das nach wichtigen Lebensveränderungen wie Heirat, Scheidung oder der Geburt eines Kindes nicht überprüft und angepasst wird, kann zu unerwarteten und oft unerwünschten Folgen führen. Die Erbfolge kann sich in diesen Situationen grundlegend ändern, was erhebliche finanzielle und emotionale Auswirkungen auf alle Beteiligten haben kann. In diesem Artikel erfahren Sie, welche konkreten Risiken bestehen und wie Sie diese durch rechtzeitige Anpassung Ihres Testaments vermeiden können.

Warum Lebensveränderungen Ihr Testament beeinflussen

Lebensverhältnisse ändern sich und damit auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für Ihre Nach­lass­planung. Ein Testament, das zu einem bestimmten Zeitpunkt Ihres Lebens erstellt wurde, kann nach einschneidenden Veränderungen nicht mehr Ihren aktuellen Wünschen entsprechen oder sogar rechtlich problematisch werden.

Die Heirat und ihre erbrechtlichen Folgen

Eine Hochzeit verändert grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge. Ihr Ehepartner oder Ihre Ehepartnerin wird automatisch zu einer erb­be­rech­tig­ten Person. Was aber geschieht mit einem Testament, das Sie vor Ihrer Eheschließung verfasst haben?

Ein vor der Ehe erstelltes Testament behält grundsätzlich seine Gültigkeit. Das kann zu unerwünschten Konsequenzen führen:

  • Falls Sie in Ihrem Testament eine andere Person als Alleinerben eingesetzt haben, könnte Ihr:e Ehepartner:in leer ausgehen oder nur den Pflicht­teil erhalten.
  • Ohne ausdrückliche Regelung im Testament könnte es zu Rechts­strei­tig­kei­ten zwischen Ihrem:r Ehepartner:in und anderen Erben kommen.

Beispiel: Ein Erblasser hatte vor seiner Heirat seine Tochter als Alleinerbin eingesetzt. Nach seinem Tod focht die Ehefrau das Testament an, da sie sich als Miterbin sah. In diesem Fall entschied das Gericht zugunsten der Tochter, weil der Erblasser nach der Hochzeit mit seiner Tochter über seine Vermögenswerte gesprochen und seine Absichten schriftlich festgehalten hatte.[1]

Scheidung: Wenn aus Liebe Rechtsunsicherheit wird

Bei einer Scheidung ist die Situation besonders heikel, vor allem bei gemeinschaftlichen Testamenten wie dem Berliner Testament:

Ein gemeinschaftliches Testament wird in den meisten Fällen mit der rechtskräftigen Scheidung automatisch unwirksam. Dies ist gesetzlich in §§ 2268 Abs. 1 und 2077 BGB geregelt.[2]

Allerdings gibt es Ausnahmen:

  • Wenn aus dem Testament hervorgeht, dass die Regelungen auch nach einer Scheidung gelten sollen
  • Wenn gemeinsame Kinder im Testament bedacht wurden und anzunehmen ist, dass diese Regelungen bestehen bleiben sollen

Besonders riskant: Wenn Sie sich von Ihrem:r Partner:in getrennt haben, aber noch nicht geschieden sind, bleibt das gemeinsame Testament grundsätzlich gültig. Erst wenn der Scheidungsantrag gestellt wurde und die übrigen Voraussetzungen für ein Scheidungsurteil vorliegen, verliert das Testament seine Wirksamkeit.[7]

Die Geburt eines Kindes: Neue Familienmitglieder, neue Erbfolge

Die Geburt eines Kindes verändert die gesetzliche Erbfolge grundlegend. Während kinderlose Personen nach ihrem Tod „nach oben" vererben würden (also an ihre Eltern), wird mit einem Kind nun „nach unten" vererbt.[3]

Die Konsequenzen eines nicht aktualisierten Testaments können hier sein:

  • Ihr Kind erhält möglicherweise nicht den von Ihnen gewünschten Anteil am Nachlass.
  • Es entstehen komplizierte Erben­ge­mein­schaft­en zwischen Ihrem:r Ehepartner:in und den Kindern.
  • Minderjährige Kinder haben besondere Schutz­be­dürf­nis­se, die im Testament berücksichtigt werden sollten.

Wichtig: Auch ein ungeborenes, aber bereits gezeugtes Kind ist erbberechtigt, sofern es lebend zur Welt kommt. Dies sollten Sie bei der Testamentsgestaltung berücksichtigen.[8]

Besondere Risiko­szenarien

Der Fall der Wiederheirat

Bei einer Wiederheirat des länger lebenden Elternteils entsteht eine völlig neue Situation für die bisherigen Erben, meist die Kinder aus erster Ehe:

Nach einer erneuten Heirat steht dem neuen Partner oder der neuen Partnerin gesetzlich die Hälfte des Erbes zu, das vorher vollständig an die Kinder gegangen wäre.[6]

Ohne testamentarische Regelung besteht das Risiko, dass:

  • Vermögenswerte an die neue Familie fließen anstatt an die eigenen Kinder
  • Familiäre Konflikte und Rechts­strei­tig­kei­ten entstehen
  • Vermögenswerte wie Immobilien oder Unternehmen aufgeteilt werden müssen

Der tragische Unglücksfall

Ein besonders eindrückliches Beispiel für das Risiko eines nicht aktualisierten Testaments zeigt folgender Fall:

Nach einer Scheidung setzte eine Mutter ihre Tochter als Alleinerbin ein. Bei einem tragischen Autounfall kamen sowohl die Mutter als auch die 17-jährige Tochter ums Leben, wobei die Tochter ihre Mutter um einige Stunden überlebte. Da keine Nacherben im Testament benannt waren, trat nach dem Tod der Tochter die gesetzliche Erbfolge ein - und der Ex-Mann (Vater der Tochter) erbte das gesamte Vermögen, obwohl dies dem Willen der verstorbenen Mutter eindeutig widersprach.[5]

Diese Situation hätte vermieden werden können, wenn im Testament Nacherben benannt worden wären mit einem Satz wie: “Für den Fall, dass meine Tochter vor ihrem Vater verstirbt, soll mein gesamtes Vermögen an meine Eltern gehen.”

Praktische Empfehlungen für Ihre Nach­lass­planung

Wann sollten Sie Ihr Testament überprüfen?

Überprüfen Sie Ihr Testament unbedingt nach:

  • Einer Heirat oder Eheschließung
  • Einer Trennung oder Scheidung
  • Der Geburt oder Adoption eines Kindes
  • Dem Tod eines im Testament bedachten Menschen
  • Grundlegenden Vermögens­än­der­un­gen
  • Spätestens alle 3-5 Jahre auch ohne besondere Ereignisse

Maßnahmen zum Schutz Ihrer Angehörigen

Bei Heirat:

  • Prüfen Sie, ob Ihr bisheriges Testament noch Ihren Wünschen entspricht
  • Erwägen Sie ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag
  • Regeln Sie klar, wie Ihr Vermögen zwischen Ehepartner:in und anderen Angehörigen aufgeteilt werden soll

Bei Scheidung:

  • Widerrufen Sie das gemeinsame Testament, sofern möglich
  • Erstellen Sie ein neues Einzeltestament
  • Bedenken Sie besonders die Absicherung gemeinsamer Kinder
  • Falls Sie in einer Trennungsphase sind, aber noch nicht geschieden: Treffen Sie eine Vorsorgeregelung

Bei Geburt eines Kindes:

  • Regeln Sie die Erbfolge zugunsten des Kindes
  • Setzen Sie bei minderjährigen Kindern einen Testaments­voll­streck­er ein
  • Fügen Sie eine Sorgerechts­ver­fü­gung hinzu
  • Benennen Sie einen Vormund für den Fall, dass beide Elternteile versterben

Bei Wiederheirat:

  • Schützen Sie die Ansprüche der Kinder aus erster Ehe
  • Erwägen Sie einen Erbvertrag oder Ehevertrag
  • Regeln Sie klar, welche Vermögenswerte an die Kinder und welche an den neuen Partner gehen sollen

Testament­ge­staltung mit Weitsicht

Vorsorge für unerwartete Ereignisse

Nacherb­schaft kann sinnvoll sein, wenn Sie verhindern möchten, dass Ihr Vermögen bei bestimmten Ereignissen (z.B. Tod des Haupterben kurz nach Ihrem eigenen Ableben) an unerwünschte Personen fällt.

Testaments­voll­streck­ung ist besonders bei minderjährigen Erben wichtig. Der Testaments­voll­streck­er handelt nach Ihren Vorstellungen und Wünschen und ermöglicht die Handlungs­fähig­keit über den Nachlass.[3]

Ersatzerb­re­ge­lungen sollten für den Fall getroffen werden, dass ein im Testament bedachter Erbe vor oder gleichzeitig mit Ihnen verstirbt.

Rechtssichere Gestaltung

Fachliche Beratung in Anspruch nehmen:

  • Lassen Sie sich von Fachanwält:innen für Erbrecht beraten
  • Bei komplexen Vermögens­ver­hält­nis­sen: Ziehen Sie auch Steuerberater:innen hinzu
  • Bei internationalen Bezügen: Informieren Sie sich über grenz­über­schrei­ten­des Erbrecht

Klare Formulierungen wählen:

  • Vermeiden Sie Mehrdeutigkeiten
  • Benennen Sie Personen eindeutig mit vollständigem Namen und Geburtsdatum
  • Formulieren Sie Ihre Wünsche präzise und ohne Interpretations­spiel­raum

Fazit: Vorsorge ist besser als Nachsehen

Die Nicht­ak­tu­ali­sie­rung eines Testaments nach wichtigen Lebensereignissen wie Heirat, Scheidung oder der Geburt eines Kindes kann weitreichende und oft unerwünschte Folgen haben. In vielen Fällen führt dies dazu, dass Ihr letzter Wille nicht so umgesetzt wird, wie Sie es sich vorgestellt haben.

Ein regelmäßiger Testaments-Check ist daher unverzichtbar. Er hilft Ihnen, rechtliche Risiken zu minimieren und sicherzustellen, dass Ihr Nachlass gemäß Ihren aktuellen Wünschen verteilt wird. Besonders nach einschneidenden Lebensereignissen sollten Sie Ihr Testament überprüfen und gegebenenfalls anpassen.

Denken Sie daran: Mit einem aktuellen Testament schaffen Sie Rechtssicherheit für Ihre Angehörigen und bewahren sie vor belastenden Konflikten in einer ohnehin schweren Zeit.