Wie unterscheidet sich ein Testament von einem Erbvertrag?

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Zusammenfassung

Ein Testament ist eine einseitige, flexible Willenserklärung, die jederzeit geändert werden kann, während ein Erbvertrag eine verbindliche, notarielle Vereinbarung zwischen mehreren Parteien ist, die nur gemeinsam geändert werden kann. Ein Testament eignet sich für Personen, die ihre Nachlassregelung unkompliziert und anpassbar gestalten möchten, während ein Erbvertrag vor allem für unverheiratete Paare, Unternehmer:innen oder bei gegenseitigen Verpflichtungen sinnvoll ist. Beide Optionen sollten gut durchdacht und idealerweise mit fachlicher Beratung getroffen werden.

Wenn Sie sich mit der Regelung Ihres Nach­las­ses beschäftigen, stehen Ihnen im deutschen Erbrecht zwei grund­le­gen­de Instrumente zur Verfügung: das Testament und der Erbvertrag. Beide ermöglichen es Ihnen, Ihren letzten Willen fest­zu­hal­ten und von der gesetzlichen Erbfolge ab­zu­wei­chen. Doch wie unter­schei­den sie sich, und welche Option ist für Ihre persönliche Situation besser geeignet?

Die Grundlagen des Testaments

Ein Testament ist eine ein­sei­ti­ge Willens­er­klä­rung, mit der Sie als zukünftige:r Erb­lasser:in bestimmen, wer Ihr Vermögen nach Ihrem Tod erhalten soll. Es gibt zwei Hauptformen:

Eigenschaften des Testaments:

Der Erbvertrag als Alternative

Im Gegensatz zum Testament ist der Erbvertrag eine ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung zwischen mindestens zwei Parteien - dem zukünftigen Erb­las­ser und einem oder mehreren Erben.

Eigenschaften des Erbvertrags:

  • Notarielle Beurkundung: Ein Erbvertrag muss zwingend von einem Notar oder einer Notarin be­ur­kun­det werden, um rechts­gül­tig zu sein[1][7].

  • Vertragliche Bindung: Nach Abschluss sind die ge­trof­fe­nen Regelungen für alle Beteiligten ver­bind­lich[2][4].

  • Teilnehmer:innen: Auch nicht mit­ein­an­der ver­hei­ra­te­te Personen können einen Erbvertrag schließen[10].

  • Gegenseitige Verpflichtungen: Im Erbvertrag können auch Ge­gen­leis­tun­gen vereinbart werden, etwa Pflege­leis­tun­gen zu Lebzeiten[3][7].

Die wesentlichen Unterschiede im Überblick

1. Erstellung und Formvorschriften

Testament:

  • Kann handschriftlich erstellt werden
  • Keine notarielle Beurkundung zwingend erforderlich
  • Muss mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein[1][9]

Erbvertrag:

  • Muss notariell beurkundet werden
  • Persönliche Anwesenheit aller Ver­trags­par­tei­en bei der Beurkundung erforderlich
  • Höhere Forman­for­de­run­gen[4][7]

2. Bindungswirkung und Änderbarkeit

Testament:

  • Kann jederzeit geändert oder widerrufen werden
  • Völlige Freiheit des Testierenden, neue Ent­schei­dun­gen zu treffen[1][5]

Erbvertrag:

  • Hohe Bindungswirkung: Nach Abschluss ein­sei­tig grundsätzlich nicht mehr änderbar
  • Änderungen nur mit Zustimmung aller Ver­trags­par­tei­en möglich
  • Rücktritt nur in gesetzlich geregelten Aus­nah­me­fäl­len (z.B. bei grober Pflicht­ver­let­zung) erlaubt[4][7][14]

3. Voraussetzungen und Geschäftsfähigkeit

Testament:

  • Testierfähigkeit ist ausreichend
  • Bereits ab 16 Jahren unter bestimmten Voraus­set­zun­gen möglich[11]

Erbvertrag:

  • Volle Geschäfts­fä­hig­keit aller Beteiligten erforderlich
  • Muss persönlich ab­ge­schlos­sen werden, keine Stellvertretung möglich[7][13]

4. Verfügungsmöglichkeiten zu Lebzeiten

Testament:

  • Nach Erstellung bleibt volle Ver­fü­gungs­frei­heit über das eigene Vermögen[1]

Erbvertrag:

  • Erblasser:in kann grundsätzlich weiterhin über eigenes Vermögen verfügen
  • Bei Schenkungen mit Be­ein­träch­ti­gungs­ab­sicht gegenüber den Ver­trags­er­ben können Ansprüche entstehen[7][14]

Für wen eignet sich welche Form der Nachlass­regelung?

Testament - geeignet für:

  • Personen, die Flexibilität wünschen und sich die Möglichkeit offen halten möchten, ihre Nach­lass­re­ge­lung später zu ändern[1]
  • Menschen in sich wandelnden Lebens­si­tua­tio­nen
  • Allein­ste­hen­de, die eine einfache Nach­lass­re­ge­lung benötigen
  • Ehe­part­ner:in­nen, die ein ge­mein­schaft­li­ches Testament errichten möchten[10]

Erbvertrag - geeignet für:

  • Unverheiratete Paare, die rechtlich ver­bind­li­che ge­mein­sa­me Regelungen treffen möchten[4][9]
  • Situationen, in denen gegenseitige Ver­pflich­tun­gen vereinbart werden sollen (z.B. Pflege gegen Erbeinsetzung)[7][13]
  • Unternehmer:innen, die ihre Nach­fol­ge verbindlich regeln möchten[12]
  • Personen, die einen Pflicht­teils­ver­zicht mit Berechtigten vereinbaren wollen[4]
  • Menschen, die Rechts­si­cher­heit über ihren Tod hinaus schaffen möchten[3]

Praktische Beispiele

Beispiel 1: Das unverheiratete Paar
Anna und Thomas leben seit 15 Jahren zusammen, sind aber nicht verheiratet. Sie möchten sich gegenseitig absichern. Ein Erbvertrag bietet ihnen die Möglichkeit, sich gegenseitig als Erb:innen einzusetzen, was ihnen mit einem ge­mein­schaft­li­chen Testament nicht möglich wäre[4][10].

Beispiel 2: Die Unter­neh­mens­nach­fol­ge
Ein Unternehmer möchte, dass sein Sohn den Familienbetrieb übernimmt. Im Erbvertrag kann er festlegen, dass der Sohn das Unternehmen nur erbt, wenn er bestimmte Voraus­set­zun­gen erfüllt, etwa ein Betriebs­wirt­schafts­stu­di­um abschließt[9][12].

Beispiel 3: Pflege gegen Erbe
Eine ältere Dame vereinbart mit ihrer Nichte in einem Erbvertrag, dass diese sie zu Hause pflegt und dafür als Gegen­leis­tung das Haus erbt. Die verbindliche Regelung schafft für beide Seiten Sicherheit[3][7].

Praktische Hinweise für Ihre Entscheidung

Für beide Formen gilt:

  • Früh­zei­ti­ge Planung: Je früher Sie Ihren Nachlass regeln, desto besser für alle Beteiligten[5].
  • Fach­li­che Beratung: Lassen Sie sich von Fachanwält:innen für Erbrecht oder No­tar:in­nen beraten, um die für Sie beste Lösung zu finden[8][12].
  • Regel­mä­ßi­ge Überprüfung: Lebens­um­stän­de ändern sich - prüfen Sie Ihre Nachlassregelung in regelmäßigen Abständen.
  • Pflichtteils­rechte beachten: Ehe­part­ner:in­nen und Kinder haben immer einen ge­setz­li­chen Pflicht­teils­an­spruch[3].

Checkliste: Was passt zu mir?

  • [ ] Möchte ich meine Nach­lass­re­ge­lung später noch ändern können? → Testament
  • [ ] Lebe ich in einer nicht-ehelichen Beziehung? → Erbvertrag erwägen
  • [ ] Möchte ich verbindliche Ge­gen­leis­tun­gen vereinbaren? → Erbvertrag
  • [ ] Habe ich ein Unternehmen, dessen Nachfolge ich regeln möchte? → Erbvertrag prüfen
  • [ ] Bin ich verheiratet und möchte eine gemeinsame Regelung? → Ge­mein­schaft­li­ches Testament möglich

Fazit

Die Entscheidung zwischen Testament und Erbvertrag hängt von Ihrer persönlichen Situation und Ihren Zielen ab. Das Testament bietet Ihnen mehr Flexi­bi­li­tät und ist einfacher zu erstellen, während der Erbvertrag eine höhere Rechts­si­cher­heit und verbindliche Ver­ein­ba­run­gen ermöglicht.

Unabhängig von Ihrer Entscheidung ist es empfehlenswert, sich fachkundig beraten zu lassen. Eine gut durchdachte Nach­lass­pla­nung kann späteren Streit ver­hin­dern und sicherstellen, dass Ihr Vermögen nach Ihren Wünschen verteilt wird.