Wie unterscheidet sich ein Testament von einem Erbvertrag?
Ein Testament ist eine einseitige, flexible Willenserklärung, die jederzeit geändert werden kann, während ein Erbvertrag eine verbindliche, notarielle Vereinbarung zwischen mehreren Parteien ist, die nur gemeinsam geändert werden kann. Ein Testament eignet sich für Personen, die ihre Nachlassregelung unkompliziert und anpassbar gestalten möchten, während ein Erbvertrag vor allem für unverheiratete Paare, Unternehmer:innen oder bei gegenseitigen Verpflichtungen sinnvoll ist. Beide Optionen sollten gut durchdacht und idealerweise mit fachlicher Beratung getroffen werden.
Wenn Sie sich mit der Regelung Ihres Nachlasses beschäftigen, stehen Ihnen im deutschen Erbrecht zwei grundlegende Instrumente zur Verfügung: das Testament und der Erbvertrag. Beide ermöglichen es Ihnen, Ihren letzten Willen festzuhalten und von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Doch wie unterscheiden sie sich, und welche Option ist für Ihre persönliche Situation besser geeignet?
Die Grundlagen des Testaments
Ein Testament ist eine einseitige Willenserklärung, mit der Sie als zukünftige:r Erblasser:in bestimmen, wer Ihr Vermögen nach Ihrem Tod erhalten soll. Es gibt zwei Hauptformen:
Eigenschaften des Testaments:
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Privatschriftliches Testament: Sie können es eigenhändig verfassen. Wichtig ist, dass es von Anfang bis Ende handschriftlich geschrieben, mit Ort und Datum versehen und von Ihnen unterschrieben ist[1].
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Notarielles Testament: Wird von einem Notar oder einer Notarin beurkundet und bietet zusätzliche Rechtssicherheit[5].
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Gemeinschaftliches Testament: Nur für Ehepartner:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen möglich. Das bekannteste Beispiel ist das “Berliner Testament”[1][10].
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Flexibilität: Sie können das Testament jederzeit ändern oder widerrufen - es gilt immer die aktuellste Fassung[1][9].
Der Erbvertrag als Alternative
Im Gegensatz zum Testament ist der Erbvertrag eine vertragliche Vereinbarung zwischen mindestens zwei Parteien - dem zukünftigen Erblasser und einem oder mehreren Erben.
Eigenschaften des Erbvertrags:
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Notarielle Beurkundung: Ein Erbvertrag muss zwingend von einem Notar oder einer Notarin beurkundet werden, um rechtsgültig zu sein[1][7].
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Vertragliche Bindung: Nach Abschluss sind die getroffenen Regelungen für alle Beteiligten verbindlich[2][4].
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Teilnehmer:innen: Auch nicht miteinander verheiratete Personen können einen Erbvertrag schließen[10].
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Gegenseitige Verpflichtungen: Im Erbvertrag können auch Gegenleistungen vereinbart werden, etwa Pflegeleistungen zu Lebzeiten[3][7].
Die wesentlichen Unterschiede im Überblick
1. Erstellung und Formvorschriften
Testament:
- Kann handschriftlich erstellt werden
- Keine notarielle Beurkundung zwingend erforderlich
- Muss mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein[1][9]
Erbvertrag:
- Muss notariell beurkundet werden
- Persönliche Anwesenheit aller Vertragsparteien bei der Beurkundung erforderlich
- Höhere Formanforderungen[4][7]
2. Bindungswirkung und Änderbarkeit
Testament:
- Kann jederzeit geändert oder widerrufen werden
- Völlige Freiheit des Testierenden, neue Entscheidungen zu treffen[1][5]
Erbvertrag:
- Hohe Bindungswirkung: Nach Abschluss einseitig grundsätzlich nicht mehr änderbar
- Änderungen nur mit Zustimmung aller Vertragsparteien möglich
- Rücktritt nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen (z.B. bei grober Pflichtverletzung) erlaubt[4][7][14]
3. Voraussetzungen und Geschäftsfähigkeit
Testament:
- Testierfähigkeit ist ausreichend
- Bereits ab 16 Jahren unter bestimmten Voraussetzungen möglich[11]
Erbvertrag:
- Volle Geschäftsfähigkeit aller Beteiligten erforderlich
- Muss persönlich abgeschlossen werden, keine Stellvertretung möglich[7][13]
4. Verfügungsmöglichkeiten zu Lebzeiten
Testament:
- Nach Erstellung bleibt volle Verfügungsfreiheit über das eigene Vermögen[1]
Erbvertrag:
Für wen eignet sich welche Form der Nachlassregelung?
Testament - geeignet für:
- Personen, die Flexibilität wünschen und sich die Möglichkeit offen halten möchten, ihre Nachlassregelung später zu ändern[1]
- Menschen in sich wandelnden Lebenssituationen
- Alleinstehende, die eine einfache Nachlassregelung benötigen
- Ehepartner:innen, die ein gemeinschaftliches Testament errichten möchten[10]
Erbvertrag - geeignet für:
- Unverheiratete Paare, die rechtlich verbindliche gemeinsame Regelungen treffen möchten[4][9]
- Situationen, in denen gegenseitige Verpflichtungen vereinbart werden sollen (z.B. Pflege gegen Erbeinsetzung)[7][13]
- Unternehmer:innen, die ihre Nachfolge verbindlich regeln möchten[12]
- Personen, die einen Pflichtteilsverzicht mit Berechtigten vereinbaren wollen[4]
- Menschen, die Rechtssicherheit über ihren Tod hinaus schaffen möchten[3]
Praktische Beispiele
Beispiel 1: Das unverheiratete Paar
Anna und Thomas leben seit 15 Jahren zusammen, sind aber nicht verheiratet. Sie möchten sich gegenseitig absichern. Ein Erbvertrag bietet ihnen die Möglichkeit, sich gegenseitig als Erb:innen einzusetzen, was ihnen mit einem gemeinschaftlichen Testament nicht möglich wäre[4][10].
Beispiel 2: Die Unternehmensnachfolge
Ein Unternehmer möchte, dass sein Sohn den Familienbetrieb übernimmt. Im Erbvertrag kann er festlegen, dass der Sohn das Unternehmen nur erbt, wenn er bestimmte Voraussetzungen erfüllt, etwa ein Betriebswirtschaftsstudium abschließt[9][12].
Beispiel 3: Pflege gegen Erbe
Eine ältere Dame vereinbart mit ihrer Nichte in einem Erbvertrag, dass diese sie zu Hause pflegt und dafür als Gegenleistung das Haus erbt. Die verbindliche Regelung schafft für beide Seiten Sicherheit[3][7].
Praktische Hinweise für Ihre Entscheidung
Für beide Formen gilt:
- Frühzeitige Planung: Je früher Sie Ihren Nachlass regeln, desto besser für alle Beteiligten[5].
- Fachliche Beratung: Lassen Sie sich von Fachanwält:innen für Erbrecht oder Notar:innen beraten, um die für Sie beste Lösung zu finden[8][12].
- Regelmäßige Überprüfung: Lebensumstände ändern sich - prüfen Sie Ihre Nachlassregelung in regelmäßigen Abständen.
- Pflichtteilsrechte beachten: Ehepartner:innen und Kinder haben immer einen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch[3].
Checkliste: Was passt zu mir?
- [ ] Möchte ich meine Nachlassregelung später noch ändern können? → Testament
- [ ] Lebe ich in einer nicht-ehelichen Beziehung? → Erbvertrag erwägen
- [ ] Möchte ich verbindliche Gegenleistungen vereinbaren? → Erbvertrag
- [ ] Habe ich ein Unternehmen, dessen Nachfolge ich regeln möchte? → Erbvertrag prüfen
- [ ] Bin ich verheiratet und möchte eine gemeinsame Regelung? → Gemeinschaftliches Testament möglich
Fazit
Die Entscheidung zwischen Testament und Erbvertrag hängt von Ihrer persönlichen Situation und Ihren Zielen ab. Das Testament bietet Ihnen mehr Flexibilität und ist einfacher zu erstellen, während der Erbvertrag eine höhere Rechtssicherheit und verbindliche Vereinbarungen ermöglicht.
Unabhängig von Ihrer Entscheidung ist es empfehlenswert, sich fachkundig beraten zu lassen. Eine gut durchdachte Nachlassplanung kann späteren Streit verhindern und sicherstellen, dass Ihr Vermögen nach Ihren Wünschen verteilt wird.