Was passiert, wenn eine Person ohne Testament verstirbt?
Wenn eine Person ohne Testament verstirbt, greift die gesetzliche Erbfolge, die den Nachlass nach festen Regeln an die nächsten Verwandten verteilt. Ehepartner:innen und leibliche Kinder haben Vorrang, während nichteheliche Partner:innen oder Stiefkinder leer ausgehen. Ein Testament ermöglicht es, individuelle Wünsche festzulegen und Streitigkeiten zu vermeiden.
- Die gesetzliche Erbfolge: Was das Gesetz vorsieht
- Wer erbt was? Die Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge
- Das besondere Erbrecht des Ehepartners
- Besondere Konstellationen
- Was nach dem Todesfall zu tun ist
- Mögliche Probleme der gesetzlichen Erbfolge
- Warum ein Testament sinnvoll sein kann
- Checkliste: Das sollten Sie bei der Nachlassplanung beachten
- Fazit
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn jemand stirbt, ohne ein Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen zu haben. In diesem Fall regelt das Gesetz genau, wer in welcher Reihenfolge erbt. Für viele Menschen, die sich zu Lebzeiten nicht mit dem Thema befassen wollen, kann dies zu überraschenden und manchmal auch unerwünschten Ergebnissen führen. Dieser Artikel erklärt, was Sie und Ihre Angehörigen wissen müssen, wenn kein Testament vorliegt.
Die gesetzliche Erbfolge: Was das Gesetz vorsieht
Wenn eine Person verstirbt, ohne eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) hinterlassen zu haben, greift automatisch die gesetzliche Erbfolge gemäß den §§ 1922 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)[1][3]. Diese Regelung soll sicherstellen, dass der Nachlass einer verstorbenen Person nach festen Grundsätzen an die nächsten Verwandten verteilt wird.
Die gesetzliche Erbfolge folgt zwei grundlegenden Prinzipien:
Wer erbt was? Die Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge
Das deutsche Erbrecht unterteilt die Verwandten in verschiedene Gruppen, sogenannte “Ordnungen”[4]. Diese bestimmen maßgeblich, wer erbberechtigt ist.
Erben erster Ordnung
Zu den Erben erster Ordnung zählen:
- Die Kinder des Verstorbenen
- Adoptivkinder und nichteheliche Kinder (nicht jedoch Stiefkinder)
- Enkel und Urenkel, falls ihre Eltern bereits verstorben sind[1][7]
Hat der Verstorbene mehrere Kinder, teilen diese sich den Nachlass zu gleichen Teilen. Ist eines der Kinder bereits verstorben, treten dessen Kinder (also die Enkel des Verstorbenen) an seine Stelle und erhalten gemeinsam den Anteil, der ihrem verstorbenen Elternteil zugestanden hätte[1].
Erben zweiter Ordnung
Wenn keine Erben erster Ordnung vorhanden sind, kommen die Erben zweiter Ordnung zum Zuge:
- Eltern des Verstorbenen
- Geschwister des Verstorbenen (falls ein Elternteil oder beide bereits verstorben sind)
- Neffen und Nichten (falls deren Eltern bereits verstorben sind)[5][7]
Erben dritter Ordnung
Gibt es keine Erben erster oder zweiter Ordnung, erben:
Wichtig: Solange auch nur ein Erbe einer vorrangigen Ordnung existiert, kommen Erben nachrangiger Ordnungen nicht zum Zuge. Das bedeutet: Hat der Verstorbene ein Kind, erben die Eltern des Verstorbenen nichts[3].
Das besondere Erbrecht des Ehepartners
Ehepartner:innen nehmen im Erbrecht eine Sonderstellung ein. Sie gelten nicht als Verwandte im Sinne des Erbrechts, sondern haben ein eigenständiges Ehegattenerbrecht[1].
Der Anteil, den der überlebende Ehepartner erhält, hängt von zwei Faktoren ab:
- Welche anderen gesetzlichen Erben existieren
- In welchem Güterstand die Ehe geführt wurde
Die Erbanteile gestalten sich wie folgt:
- Neben Erben erster Ordnung (z.B. Kindern): Der Ehepartner erbt 1/4 des Nachlasses[1]
- Neben Erben zweiter Ordnung (z.B. Eltern des Verstorbenen): Der Ehepartner erbt 1/2 des Nachlasses
- Bei kinderlosen Ehepaaren: Der Ehepartner kann bis zu 3/4 des Nachlasses erben, während der Rest an die Großeltern oder andere Verwandte geht[8]
Der Güterstand der Ehe kann diesen Anteil noch verändern. Bei einer Zugewinngemeinschaft erhält der überlebende Ehepartner einen zusätzlichen Viertelanteil[1].
Besondere Konstellationen
Nicht verheiratete Paare
Nichteheliche Lebensgefährten haben kein gesetzliches Erbrecht. Selbst wenn Sie jahrzehntelang zusammengelebt haben, erbt Ihr:e Partner:in ohne Testament nichts - stattdessen würden entfernte Verwandte erben[5][8].
Patchwork-Familien und Stiefkinder
Stiefkinder haben kein gesetzliches Erbrecht gegenüber dem Stiefelternteil. Nur leibliche und adoptierte Kinder gelten als Erben erster Ordnung[1][7].
Wenn es keine gesetzlichen Erben gibt
Gibt es keine lebenden Verwandten und keinen Ehepartner, fällt der Nachlass an den Staat (§ 1936 BGB)[7]. Dies kann auch passieren, wenn alle Erben die Erbschaft ausschlagen, etwa weil der Verstorbene verschuldet war[1].
Was nach dem Todesfall zu tun ist
Im Erbfall ohne Testament sind folgende Schritte zu beachten:
-
Das Nachlassgericht informieren: Das zuständige Amtsgericht wird über den Todesfall benachrichtigt und ermittelt die gesetzlichen Erben[6]
-
Erbschein beantragen: Als gesetzlicher Erbe sollten Sie beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen. Dieser dient als offizieller Nachweis Ihrer Erbeneigenschaft gegenüber Banken, Versicherungen und anderen Stellen[2][6]
-
Erbengemeinschaft regeln: Wenn mehrere Personen gemeinsam erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Diese Gemeinschaft muss den Nachlass gemeinsam verwalten, was oft zu Schwierigkeiten führen kann, da Entscheidungen einstimmig getroffen werden müssen[5]
Mögliche Probleme der gesetzlichen Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge kann zu verschiedenen unerwünschten Situationen führen:
-
Konflikte zwischen Erben: Ohne klare Anweisungen des Verstorbenen können Streitigkeiten entstehen, die bis zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen[5]
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Unerwünschte Erben: Verwandte, mit denen der Verstorbene keinen Kontakt hatte oder sogar im Streit lebte, können erben[5]
-
Lebenspartner:innen gehen leer aus: Ohne Testament erhalten nichteheliche Partner:innen nichts vom Nachlass[5][8]
-
Pflegekinder haben kein Erbrecht: Nicht adoptierte Pflegekinder werden bei der gesetzlichen Erbfolge nicht berücksichtigt[5]
Warum ein Testament sinnvoll sein kann
Ein Testament gibt Ihnen die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, wer was erben soll. Dies kann besonders wichtig sein, wenn:
- Sie nichtehelich mit Ihrem:r Partner:in zusammenleben
- Sie Stiefkinder oder Pflegekinder haben
- Sie bestimmte Personen oder Organisationen bedenken möchten
- Sie genaue Vorstellungen haben, wer welche Gegenstände erhalten soll
- Sie Streit unter den Erben vermeiden möchten[8]
Checkliste: Das sollten Sie bei der Nachlassplanung beachten
□ Machen Sie sich klar, wer bei der gesetzlichen Erbfolge erben würde
□ Überlegen Sie, ob dies Ihren Wünschen entspricht
□ Falls nicht: Erstellen Sie ein rechtsgültiges Testament
□ Informieren Sie eine Vertrauensperson über den Aufbewahrungsort
□ Überprüfen Sie Ihr Testament regelmäßig auf Aktualität
Fazit
Die gesetzliche Erbfolge bietet eine klare Regelung für den Fall, dass kein Testament vorliegt. Sie folgt dabei festen Grundsätzen, die nicht immer den persönlichen Wünschen entsprechen. Besonders für nichteheliche Lebensgemeinschaften, Patchwork-Familien oder bei komplizierten Familienverhältnissen kann ein Testament sinnvoll sein, um den eigenen Willen durchzusetzen.
Denken Sie daran: Ein Testament gibt Ihnen die Freiheit, selbst zu entscheiden, wer Ihr Vermögen erbt und verhindert mögliche Streitigkeiten unter den Hinterbliebenen. Lassen Sie sich bei Fragen von Fachleuten beraten, um rechtlich sichere Regelungen zu treffen.