Kann ein Testament mündlich verfasst werden und unter welchen Umständen ist dies gültig?

Zusammenfassung

Ein mündliches Testament ist in Deutschland nur unter außergewöhnlichen Umständen wie akuter Todesgefahr oder anderen Notlagen gültig. Es erfordert drei unabhängige Zeugen, eine sofortige schriftliche Dokumentation und hat eine zeitlich begrenzte Gültigkeit. Für dauerhafte Rechts­sicherheit wird empfohlen, ein handschriftliches oder notarielles Testament zu erstellen.

Ein mündliches Testament ist in Deutschland grundsätzlich möglich, aber nur unter sehr eng definierten Ausnahme­situationen rechtlich wirksam. Es handelt sich um eine Not­lösung, wenn die üblichen Testaments­formen nicht mehr umsetzbar sind. Vor allem bei plötzlicher Lebens­gefahr kann ein solches Not­testament die letzte Möglichkeit sein, den eigenen Willen rechts­verbindlich zu äußern. Die gesetzlichen Hürden sind jedoch hoch, und die zeitliche Gültig­keit ist stark begrenzt.

Was ist ein mündliches Testament?

Ein mündliches Testament - auch als Not­testament bezeichnet - ist eine Ausnahme­form im deutschen Erbrecht. Anders als das eigen­händige Testament, das vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben sein muss, oder das öffentliche Testament, das vor einem Notar errichtet wird, erfolgt das mündliche Testament durch verbale Äußerung des letzten Willens vor Zeugen.

Rechtlich gesehen stellt das mündliche Testament eine Sonder­regelung für außer­gewöhnliche Umstände dar. Es wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) reguliert und soll Menschen in extremen Situationen die Möglichkeit geben, ihren Nachlass zu regeln, ohne dass die sonst üblichen strengen Form­vorschriften eingehalten werden müssen[9].

Unter welchen Umständen ist ein mündliches Testament gültig?

Ein mündliches Testament ist nur unter sehr spezifischen Bedingungen rechtlich wirksam:

Vorliegen einer Not­situation

Das Nottestament kann nur errichtet werden, wenn sich der:die Erblasser:in in einer akuten Notlage befindet. Dies ist der Fall, wenn:

  • unmittelbare Todes­gefahr besteht (z.B. nach einem schweren Unfall)
  • die Gefahr besteht, dass die Person ihre Testier­fähigkeit verlieren könnte
  • außer­gewöhnliche Umstände wie Verkehrs­sperren, Epidemien oder Kriegs­ereignisse vorliegen[5][6]

Keine andere Testaments­form möglich

Zusätzlich muss die Errichtung eines handschriftlichen oder notariellen Testaments unmöglich oder unzumutbar sein. Das bedeutet:

  • Ein Notar kann nicht rechtzeitig erreicht werden
  • Die betroffene Person ist nicht mehr in der Lage, ein handschriftliches Testament zu verfassen
  • Es besteht keine Zeit für die Erstellung eines formgerechten Testaments[1][6]

Die Rechtsprechung legt diese Voraussetzungen sehr eng aus. Das Nottestament ist ausdrücklich als besondere Ausnahme­vorschrift konzipiert, deren Voraussetzungen strikt einzuhalten sind[6].

Formale Anforderungen an ein mündliches Testament

Die Rolle der Zeugen

Für die Gültigkeit eines mündlichen Testaments ist die Anwesenheit von Zeugen unerlässlich:

  • In Deutschland müssen drei Zeugen gleichzeitig anwesend sein[6][11][12]
  • In Österreich und der Schweiz sind zwei Zeugen erforderlich[1][2][5][8]

Die Zeugen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen:

  • Sie müssen geschäfts­fähig sein
  • Sie dürfen nicht mit dem:der Erblasser:in verwandt oder verheiratet sein
  • Sie dürfen nicht im Testament begünstigt sein
  • Sie dürfen keine Analphabeten sein (in der Schweiz)[5][11]

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln zeigt die Strenge dieser Vorschriften: Das Gericht erkannte ein Nottestament nicht an, weil die Lebens­gefährtin als Begünstigte und ihr Sohn als Zeuge fungierten. Zudem sprach eine weitere Zeugin kein Deutsch und konnte daher nicht beurteilen, ob die Niederschrift dem Willen des Kranken entsprach[11].

Dokumentation des letzten Willens

Nach der mündlichen Äußerung des letzten Willens muss dieser dokumentiert werden:

  • Ein Zeuge muss den geäußerten Willen sofort niederschreiben
  • Das Dokument muss Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung enthalten
  • Die Zeugen müssen das Dokument unterschreiben
  • Diese Unterlagen sollten anschließend bei den zuständigen Behörden eingereicht werden[1][5]

Zeitliche Begrenzung der Gültigkeit

Ein mündliches Testament hat keine unbegrenzte Gültigkeit:

  • In Deutschland gilt das Nottestament nur für eine bestimmte Zeitspanne nach Wegfall der Notlage
  • In Österreich ist das mündliche Testament drei Monate ab Wegfall der Gefahr gültig[8]
  • In der Schweiz verliert das Nottestament seine Gültigkeit 14 Tage nachdem dem Erblasser die Wahrnehmung einer anderen Testaments­form möglich geworden ist[1][5]

Nach Ablauf dieser Fristen muss das mündliche Testament durch ein formal korrektes Testament ersetzt werden. Andernfalls verliert es seine Rechtskraft, und die gesetzliche Erbfolge tritt ein[8].

Rechtliche Bewertung in der Praxis

Gerichte bewerten mündliche Testamente sehr kritisch. Das Landgericht Wuppertal stellte in einem Urteil klar:

  • Mündliche Anweisungen an Bevollmächtigte ersetzen kein Testament
  • Ohne ein formgerechtes Testament greift automatisch die gesetzliche Erbfolge
  • Selbst wenn der tatsächliche Wille des Verstorbenen klar war, kann ein mündliches Testament wegen Form­fehlern ungültig sein[4][7][11]

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Eine Frau hatte ihren zwei bevollmächtigten Freundinnen mündlich mitgeteilt, dass ihr Vermögen nach ihrem Tod zwischen ihnen und zwei weiteren Personen aufgeteilt werden sollte. Das Gericht entschied, dass diese mündlichen Anweisungen kein gültiges Testament darstellten, da weder ein handschriftliches noch ein notarielles Testament vorlag[7].

Alternativen zum mündlichen Testament

Angesichts der strengen Voraussetzungen und zeitlichen Begrenzungen eines mündlichen Testaments sollten Sie, wenn möglich, eine der folgenden Alternativen wählen:

Eigen­händiges Testament

Dies ist die einfachste Form des Testaments:

  • Muss vollständig handschriftlich verfasst sein
  • Muss mit Datum und Unterschrift versehen sein
  • Benötigt keine Zeugen oder notarielle Beglaubigung[3]

Öffentliches Testament

Diese Form bietet die größte Rechts­sicherheit:

  • Wird vor einem Notar errichtet
  • Der Notar berät zu rechtlichen Fragen
  • Wird automatisch beim Nachlassgericht hinterlegt
  • Gebühren fallen an, abhängig vom Vermögenswert[3]

Praktische Empfehlungen

Um Ihren letzten Willen rechts­sicher festzuhalten und Komplikationen für Ihre Angehörigen zu vermeiden, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Treffen Sie Vorsorge: Erstellen Sie frühzeitig ein gültiges Testament, bevor gesundheitliche Notfälle eintreten können.

  2. Bewahren Sie Ihr Testament sicher auf: Hinterlegen Sie Ihr Testament an einem gut zugänglichen Ort oder beim Amtsgericht zur amtlichen Verwahrung.

  3. Informieren Sie Vertrauens­personen: Teilen Sie ausgewählten Personen mit, wo Ihr Testament zu finden ist.

  4. Aktualisieren Sie Ihr Testament: Überprüfen Sie Ihren letzten Willen regelmäßig und passen Sie ihn bei Bedarf an veränderte Lebens­umstände an.

  5. Suchen Sie bei Bedarf rechtlichen Rat: Lassen Sie sich von Fachleuten beraten, besonders bei komplexen Vermögens­verhältnissen.

Fazit: Mündliches Testament nur als letzte Option

Ein mündliches Testament kommt ausschließlich als Not­lösung in Frage, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht, den letzten Willen festzuhalten. Die gesetzlichen Hürden sind hoch, die Gültigkeits­dauer ist begrenzt und die Gerichte prüfen diese Form des Testaments besonders kritisch.

Für Ihre persönliche Planung bedeutet das: Verlassen Sie sich nicht darauf, Ihren letzten Willen mündlich äußern zu können. Nutzen Sie stattdessen frühzeitig die Möglichkeit, ein handschriftliches oder notarielles Testament zu errichten. So stellen Sie sicher, dass Ihr Vermögen nach Ihren Wünschen verteilt wird und ersparen Ihren Angehörigen mögliche rechtliche Auseinander­setzungen.