Wie wird der Nachlass aufgeteilt, wenn es mehrere Erben derselben Ordnung gibt?
Wenn mehrere Erben derselben Ordnung (z. B. Geschwister) vorhanden sind, wird der Nachlass nach den gesetzlichen Vorgaben zu gleichen Teilen aufgeteilt. Bereits erhaltene Vorempfänge können dabei ausgeglichen werden, um eine gerechte Verteilung zu gewährleisten. Die Erbengemeinschaft entscheidet gemeinsam über die Verwaltung und Aufteilung des Nachlasses, wobei eine einvernehmliche Lösung meist die beste Option ist.
- Grundlagen der Erbengemeinschaft bei mehreren Erben
- Die gesetzliche Erbfolge bei mehreren Erben
- Quotenberechnung bei mehreren Erben derselben Ordnung
- Gleichbehandlung und Ausgleich unter Geschwistern
- Verwaltung und Aufteilung des Nachlasses
- Praktische Beispiele zur Nachlassaufteilung
- Besonderheiten bei Testament und Erbvertrag
- Handlungsempfehlungen für Erben
- Fazit: Gleichmäßige Verteilung als Grundsatz
Wenn ein Mensch verstirbt und mehrere Personen als Erben der gleichen Ordnung hinterlässt, stellen sich viele Fragen zur gerechten Verteilung des Nachlasses. Besonders unter Geschwistern können Unsicherheiten entstehen, wie der Nachlass aufzuteilen ist und ob alle gleichberechtigt sind. Dieser Artikel erklärt, wie die Quotenberechnung funktioniert und welche Regelungen für die Gleichbehandlung der Erben gelten.
Grundlagen der Erbengemeinschaft bei mehreren Erben
Sobald mehrere Personen erben, entsteht automatisch eine Erbengemeinschaft. Diese bildet nach deutschem Erbrecht eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft[3]. Das bedeutet: Alle Miterben erhalten gemeinsam den gesamten Nachlass und müssen auch gemeinsam darüber entscheiden, wie dieser verwaltet und aufgeteilt wird.
Wichtig: Kein Mitglied der Erbengemeinschaft darf ohne Zustimmung der anderen Miterben über einzelne Nachlassgegenstände verfügen oder diese veräußern, solange keine Nachlassaufteilung stattgefunden hat[3].
Die gesetzliche Erbfolge bei mehreren Erben
Liegt kein Testament oder Erbvertrag vor, greift die gesetzliche Erbfolge. Das deutsche Erbrecht teilt die Verwandten in verschiedene Ordnungen ein:
- Erben 1. Ordnung: Kinder, Enkel, Urenkel des Erblassers
- Erben 2. Ordnung: Eltern, Geschwister, Nichten und Neffen des Erblassers
- Erben 3. Ordnung: Großeltern, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen[8]
Ein wichtiger Grundsatz: Erben niedrigerer Ordnung sind ausgeschlossen, wenn Erben höherer Ordnung vorhanden sind[5]. Das bedeutet: Geschwister des Verstorbenen erben nur, wenn keine Kinder (also Erben 1. Ordnung) existieren.
Quotenberechnung bei mehreren Erben derselben Ordnung
Wenn mehrere Personen der gleichen Ordnung erben, wird der Nachlass in gleiche Teile aufgeteilt. Die konkrete Berechnung hängt von der jeweiligen Ordnung ab:
Bei Erben 1. Ordnung (Kinder des Erblassers)
Hinterlässt der Verstorbene mehrere Kinder, erhält jedes Kind den gleichen Anteil am Nachlass[2]. Ist ein Kind bereits verstorben, treten dessen Kinder (die Enkel des Erblassers) an seine Stelle und teilen seinen Anteil untereinander auf (Repräsentationsprinzip).
Beispiel: Eine Verstorbene hinterlässt drei Kinder. Jedes Kind erhält 1/3 des Nachlasses. Falls ein Kind vorverstorben ist und zwei eigene Kinder hat, erhalten diese jeweils 1/6 des Nachlasses (zusammen also 1/3).
Bei Erben 2. Ordnung (Eltern und Geschwister)
Wenn der Erblasser keine Kinder, aber Eltern und Geschwister hinterlässt, gilt:
- Leben beide Elternteile, erhält jeder die Hälfte des Nachlasses
- Ist ein Elternteil bereits verstorben, erhalten die Geschwister des Erblassers dessen Anteil zu gleichen Teilen[2]
Beispiel: Bei verstorbenem Vater und lebender Mutter erhält die Mutter 1/2 des Nachlasses. Die andere Hälfte teilen sich die Geschwister zu gleichen Teilen. Bei drei Geschwistern erhält jedes 1/6 des Nachlasses.
Gleichbehandlung und Ausgleich unter Geschwistern
Das Gesetz sieht vor, dass zwischen formal quotengleich erbenden Abkömmlingen auch ein wertmäßiges Verteilungsgleichgewicht hergestellt werden soll[7]. Hat ein Geschwisterteil bereits zu Lebzeiten des Erblassers größere Vorempfänge erhalten, kann dies bei der Nachlassaufteilung berücksichtigt werden.
Ausgleichspflichtige Vorempfänge unter Geschwistern
Als ausgleichspflichtig gelten Zuwendungen, die als Ausstattung oder als übermäßiger Zuschuss zu den Einkünften eines Abkömmlings anzusehen sind[7]. Hierzu zählen beispielsweise:
- Finanzierung einer Ausbildung oder eines Studiums
- Hilfe zur Gründung eines eigenen Haushalts
- Unterstützung zum Erwerb einer Immobilie
- Größere Geldgeschenke
Die Ausgleichspflicht bewirkt eine Verschiebung der Erbquoten zugunsten der anderen Geschwister[7].
Verwaltung und Aufteilung des Nachlasses
Solange der Nachlass nicht aufgeteilt ist, müssen die Miterben gemeinsam über dessen Verwaltung entscheiden. Es gibt drei Arten der Verwaltung:
- Außerordentliche Verwaltung: Betrifft die Wirtschaftlichkeit des Erbes und erfordert Einstimmigkeit
- Ordnungsgemäße Verwaltung: Betrifft die Beschaffenheit des Erbgegenstandes und erfordert einen Mehrheitsbeschluss
- Notwendige Verwaltung: Bei Gefährdung des Nachlasses kann auch ein einzelner Miterbe handeln[3]
Jeder Erbe hat das Recht, jederzeit eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen[3]. Dies kann durch einen Vertrag zwischen allen Erben geschehen oder - wenn keine Einigung möglich ist - durch eine gerichtliche Teilungsversteigerung. Bei einer einvernehmlichen Auseinandersetzung ist ein notarieller Vertrag besonders bei Grundbesitz empfehlenswert[6].
Praktische Beispiele zur Nachlassaufteilung
Beispiel 1: Geschwister als Erben 2. Ordnung
Anton verstirbt ohne Kinder und Testament. Seine Eltern sind beide bereits verstorben. Er hinterlässt seine drei Geschwister Barbara, Christine und David. Als Erben 2. Ordnung erben die drei Geschwister zu gleichen Teilen, also jeweils 1/3 des Nachlasses.
Beispiel 2: Ausgleich unter Geschwistern
Familie Müller hat zwei Kinder: Tochter Eva und Sohn Frank. Die Eltern haben Eva bereits ein Studium im Ausland finanziert (Kosten: 30.000 Euro). Nach dem Tod beider Eltern hinterlassen diese ein Vermögen von 150.000 Euro. Bei der Nachlassaufteilung wird der Vorempfang von Eva berücksichtigt, sodass die Aufteilung wie folgt aussieht:
- Gesamtvermögen inkl. Vorempfang: 180.000 Euro
- Ideeller Anteil pro Kind: 90.000 Euro
- Da Eva bereits 30.000 Euro erhalten hat, bekommt sie aus dem Nachlass: 60.000 Euro
- Frank erhält 90.000 Euro
Besonderheiten bei Testament und Erbvertrag
Wichtig zu wissen: Die Regeln der gesetzlichen Erbfolge gelten nur, wenn der Erblasser kein Testament oder Erbvertrag hinterlassen hat[5]. Liegt eine solche Verfügung vor, richtet sich die Erbfolge nach deren Inhalt, denn: Das Testament geht vor[1].
In einem Testament kann der Erblasser festlegen:
- Wer Erbe werden soll
- In welchen Anteilen der Nachlass aufgeteilt werden soll
- Ob bestimmte Gegenstände einzelnen Erben zugewiesen werden sollen (Teilungsanordnung)
- Ob Vor- und Nacherbschaft angeordnet werden soll
Handlungsempfehlungen für Erben
Als Mitglied einer Erbengemeinschaft sollten Sie folgende Schritte beachten:
-
Nachlassverzeichnis erstellen: Verschaffen Sie sich einen vollständigen Überblick über alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Verstorbenen.
-
Offene Kommunikation pflegen: Sprechen Sie mit den anderen Miterben über Ihre Wünsche und Vorstellungen bezüglich der Nachlassaufteilung.
-
Notariellen Rat einholen: Bei wertvollen Nachlassgegenständen oder Immobilien empfiehlt sich die Beratung durch eine:n Notar:in.
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Einvernehmliche Lösung anstreben: Eine vertragliche Einigung ist meist günstiger und weniger belastend als eine gerichtliche Auseinandersetzung.
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Vorempfänge dokumentieren: Listen Sie alle größeren Zuwendungen auf, die einzelne Miterben bereits zu Lebzeiten des Erblassers erhalten haben.
Fazit: Gleichmäßige Verteilung als Grundsatz
Das deutsche Erbrecht orientiert sich am Grundsatz der gleichmäßigen Verteilung unter Erben derselben Ordnung. Mehrere Erben bilden eine Erbengemeinschaft, die gemeinsam über den Nachlass entscheiden muss. Die Quotenberechnung erfolgt nach klaren gesetzlichen Vorgaben, wobei zu Lebzeiten erhaltene Vorempfänge für einen gerechten Ausgleich berücksichtigt werden können.
Eine einvernehmliche Lösung innerhalb der Erbengemeinschaft ist immer der beste Weg, um langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und den Nachlass im Sinne des Verstorbenen zu regeln.