Welche Rechte haben Großeltern oder deren Abkömmlinge in der gesetzlichen Erbfolge?

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Zusammenfassung

Großeltern und ihre Nach­kommen erben in der gesetzlichen Erbfolge nur, wenn keine Erben erster (Kinder, Enkel) oder zweiter Ordnung (Eltern, Geschwister) vorhanden sind. Der Nachlass wird dann zwischen der väterlichen und mütterlichen Linie aufgeteilt, wobei verstorbene Großeltern durch ihre Nach­kommen vertreten werden. Ein Testament ist notwendig, um von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen und gezielt Großeltern oder Enkel zu begünstigen.

Wenn ein Mensch verstirbt, ohne ein Testament zu hinterlassen, regelt das deutsche Erbrecht genau, wer das Vermögen erbt. Großeltern und ihre Nach­kommen gehören zu den gesetzlichen Erben, kommen allerdings erst an dritter Stelle zum Zug. In diesem Artikel erfahren Sie alles über die Rechte von Großeltern oder deren Nach­kommen in der gesetzlichen Erbfolge und wann sie erben können.

Grundlagen der gesetzlichen Erbfolge in Deutschland

Das deutsche Erbrecht teilt die gesetzlichen Erben in verschiedene Ordnungen ein. Diese Ordnungen bestimmen, wer in welcher Reihenfolge erben kann.

Die verschiedenen Ordnungen im Überblick

  • Erben erster Ordnung: Kinder der verstorbenen Person und deren Nach­kommen (Enkel, Urenkel)[1][2]
  • Erben zweiter Ordnung: Eltern der verstorbenen Person und deren Nach­kommen (Geschwister, Neffen, Nichten)[1][2][10]
  • Erben dritter Ordnung: Großeltern der verstorbenen Person und deren Nach­kommen (Onkel, Tanten, Cousin:innen)[1][2][3][9]
  • Erben vierter Ordnung: Urgroßeltern der verstorbenen Person und deren Nach­kommen[2][9]
  • Weitere Ordnungen: Noch entferntere Verwandte[2]

Ein wichtiges Prinzip des deutschen Erbrechts: Erben einer höheren Ordnung schließen Erben der nachfolgenden Ordnungen komplett von der Erbfolge aus. Das bedeutet: Solange es Erben erster Ordnung gibt, erben die Erben der zweiten, dritten oder weiteren Ordnungen nichts[1][10].

Wann erben Großeltern und ihre Nach­kommen?

Großeltern und ihre Nach­kommen kommen als Erben dritter Ordnung nur unter bestimmten Bedingungen zum Zug:

  1. Es müssen keine Erben erster Ordnung (Kinder, Enkel) vorhanden sein oder diese haben das Erbe ausgeschlagen[1][3][9].
  2. Es müssen keine Erben zweiter Ordnung (Eltern, Geschwister, Neffen, Nichten) vorhanden sein oder diese haben das Erbe ausgeschlagen[1][3][9].
  3. Falls kein Ehe­partner oder ein­getragener Lebens­partner vorhanden ist (diese haben ein Sonder­erbrecht und erben neben den Verwandten)[2].

Ein Beispiel: Anton verstirbt ohne Testament. Er hat keine Kinder und keine Geschwister. Seine Eltern sind bereits verstorben. In diesem Fall würden seine Großeltern oder deren Nach­kommen als Erben dritter Ordnung erben.

Wie wird der Nachlass unter Großeltern und ihren Nach­kommen aufgeteilt?

Wenn Großeltern und ihre Nach­kommen als Erben dritter Ordnung zum Zug kommen, gelten folgende Regeln für die Aufteilung:

Wenn alle Großeltern noch leben

Leben alle vier Großeltern noch (väterliche und mütterliche Seite), erben sie zu gleichen Teilen, also jede:r ein Viertel des Nachlasses[3][13].

Wenn ein oder mehrere Großelternteile verstorben sind

  • Ist ein Großelternteil verstorben, treten dessen Nach­kommen an seine Stelle (Eintritts­recht)[3][9][13].
  • Sind keine Nach­kommen des verstorbenen Großelternteils vorhanden, fällt dessen Anteil an den anderen Großelternteil derselben Seite (z.B. vom verstorbenen Großvater väterlicherseits zur noch lebenden Großmutter väterlicherseits)[3][9][13].
  • Ist ein ganzes Großelternpaar (z.B. beide Großeltern väterlicherseits) verstorben und hat keine Nach­kommen, erben die anderen Großeltern (z.B. die Großeltern mütterlicherseits) oder deren Nach­kommen allein[3][9][13].

Beispiel: Marias Großvater väterlicherseits ist verstorben, hat aber zwei Kinder (Marias Vater und Marias Onkel). Der Vater ist ebenfalls verstorben. In diesem Fall würde der Anteil des verstorbenen Großvaters an seinen noch lebenden Sohn (Marias Onkel) gehen.

Besonderheiten beim Erbrecht der Großeltern

Das Repräsentations- und Eintritts­prinzip

Im deutschen Erbrecht gelten zwei wichtige Prinzipien:

  1. Repräsentations­prinzip: Ein noch lebender näherer Verwandter schließt seine eigenen Nach­kommen von der Erbfolge aus[6][10].
  2. Eintritts­prinzip: An die Stelle eines verstorbenen Erben treten dessen Nach­kommen[6][10].

Unterschied zur vierten und höheren Ordnungen

Ab der vierten Ordnung (Urgroßeltern und deren Nach­kommen) ändert sich das System: Es gilt nicht mehr die Erbfolge nach Stämmen, sondern ein graduelles System. Hier erben die nächsten Verwandten allein, und der Verwandtschafts­grad wird nach der Zahl der vermittelnden Geburten bemessen[9].

Aufteilung nach Linien

Der Nachlass wird bei den Großeltern in zwei Hälften geteilt:

  • Eine Hälfte für die großelterliche Linie väterlicherseits
  • Eine Hälfte für die großelterliche Linie mütterlicherseits[13]

Innerhalb dieser Linien erfolgt dann die weitere Aufteilung nach den oben genannten Regeln.

Haben Großeltern ein Anrecht auf den Pflichtteil?

Im Gegensatz zu Kindern, Ehe­partner:innen und Eltern haben Großeltern grundsätzlich keinen Anspruch auf den Pflichtteil[1]. Der Pflichtteil steht nur den nächsten Angehörigen zu, zu denen Großeltern nicht zählen.

Ein Pflichtteils­ergänzungs­anspruch kann für Großeltern jedoch unter bestimmten Umständen bestehen, etwa wenn die verstorbene Person ihnen zu Lebzeiten eine Schenkung gemacht hat und sie im gesetzlichen Erbfall als Erben dritter Ordnung berufen sind[1].

Erbrecht der Enkel gegenüber den Großeltern

Enkel können ihre Großeltern in zwei Fällen beerben:

  1. Wenn sie im Testament der Großeltern als Erben eingesetzt wurden[11].
  2. Bei der gesetzlichen Erbfolge, aber nur dann, wenn der Elternteil, der die Verwandtschaft zu den Großeltern vermittelt, bereits verstorben ist[11].

Die Höhe des gesetzlichen Erbteils hängt davon ab, wie viele weitere gesetzliche Erben vorhanden sind[11].

Was tun, wenn Sie als Großeltern oder Nach­komme erben?

Wenn Sie als Großelternteil oder als Nach­komme von Großeltern (z.B. als Nichte, Neffe, Cousin:in) von einem Erbfall betroffen sind, sollten Sie folgende Schritte beachten:

  1. Prüfen Sie die Erben­situation: Gibt es noch lebende Verwandte der ersten oder zweiten Ordnung?
  2. Erbschein beantragen: Um Ihre Rechte als Erb:in nachzuweisen, benötigen Sie in der Regel einen Erbschein.
  3. Fachmännische Beratung: Bei komplexen Familien­verhältnissen sollten Sie sich rechtlich beraten lassen.
  4. Erb­ausschlagung bedenken: Manchmal kann es sinnvoll sein, ein Erbe auszuschlagen, etwa wenn der Nachlass überschuldet ist.

Tipps für die Nachlass­planung

Möchten Sie sicherstellen, dass Ihr Vermögen nach Ihren Wünschen verteilt wird, ist ein Testament unverzichtbar. Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge, die möglicherweise nicht Ihren Vorstellungen entspricht[4].

Mit einem Testament können Sie:

  • Großeltern als Erben einsetzen, auch wenn es nähere Verwandte gibt
  • Enkel direkt als Erben bestimmen, ohne dass deren Eltern zunächst erben
  • Beliebige Personen, Vereine oder andere Organisationen als Erben einsetzen[4]

Fazit

Großeltern und ihre Nach­kommen kommen als Erben dritter Ordnung zum Zug, wenn keine Erben erster und zweiter Ordnung vorhanden sind oder diese das Erbe ausgeschlagen haben. Die Aufteilung des Erbes erfolgt nach klaren gesetzlichen Regeln, wobei der Nachlass zwischen der väterlichen und mütterlichen Linie aufgeteilt wird.

Möchten Sie selbst bestimmen, wer Ihr Vermögen erbt, sollten Sie ein Testament verfassen. So können Sie auch Großeltern oder Enkel begünstigen, die nach der gesetzlichen Erbfolge vielleicht nicht zum Zug kämen.