Wann sind Zeugen bei einem Testament zwingend erforderlich?
Zeugen sind bei Testamenten in Deutschland vor allem in Notsituationen erforderlich, etwa beim Bürgermeistertestament (zwei Zeugen), beim Drei-Zeugen-Testament (drei Zeugen) oder beim Nottestament auf See. Diese Testamente kommen zum Einsatz, wenn eine akute Todesgefahr oder Testierunfähigkeit besteht und keine Zeit für ein reguläres Testament bleibt. Gemeinschaftliche Testamente von Ehepaaren oder eingetragenen Lebenspartner:innen benötigen hingegen keine Zeugen.
- Nottestament: Wenn die Zeit drängt
- Zeitliche Begrenzung von Nottestamenten
- Gemeinschaftliches Testament: Wann braucht man Zeugen?
- Zeugen bei der Testamentsauslegung
- Praktische Hinweise für Notsituationen
- Für wen ein Nottestament besonders relevant sein kann
- Rechtliche Besonderheiten bei Nottestamenten
- Fazit
Bei einem Testament denken die meisten Menschen an ein handgeschriebenes Dokument oder an eine notarielle Urkunde - beides Formen, die keine Zeugen erfordern. Doch es gibt Situationen, in denen ein Testament nur mit der Mitwirkung von Zeugen rechtswirksam erstellt werden kann. Dieser Artikel erläutert, in welchen Fällen Zeugen unbedingt nötig sind und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Nottestament: Wenn die Zeit drängt
Ein Nottestament kommt zum Einsatz, wenn sich jemand in akuter Lebensgefahr befindet und keine Möglichkeit hat, ein reguläres Testament zu errichten. Das Gesetz kennt drei verschiedene Arten von Nottestamenten, bei denen Zeugen eine entscheidende Rolle spielen.
Das Bürgermeistertestament
Wenn Sie befürchten, dass Sie sterben könnten, bevor Sie ein Testament vor einem Notar errichten können, erlaubt das Gesetz die Erstellung eines sogenannten Bürgermeistertestaments nach § 2249 BGB.
Formale Voraussetzungen:
- Der Erblasser oder die Erblasserin erklärt den letzten Willen mündlich vor dem Bürgermeister
- Zwei Zeugen müssen anwesend sein
- Die Zeugen dürfen im Testament nicht bedacht werden oder als Testamentsvollstrecker:innen eingesetzt sein
- Der Bürgermeister erstellt eine Niederschrift
- Diese wird vorgelesen, vom Erblasser genehmigt und von allen Beteiligten unterschrieben[4][7]
Wichtig: Die nahe Todesgefahr muss objektiv vorliegen. Auch die Gefahr einer dauernden Testierunfähigkeit kann als Grund ausreichen.[7]
Das Drei-Zeugen-Testament
Noch dringlicher ist die Situation beim sogenannten Drei-Zeugen-Testament nach § 2250 BGB. Es kommt zum Einsatz, wenn die Todesgefahr so unmittelbar ist oder der Sterbeort so abgelegen, dass weder ein eigenhändiges Testament möglich noch ein Notar oder Bürgermeister rechtzeitig erreichbar ist.
Formale Voraussetzungen:
- Der Erblasser oder die Erblasserin erklärt den letzten Willen mündlich vor drei Zeugen
- Die Zeugen müssen von der akuten Todesgefahr überzeugt sein
- Alternativ muss die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Testier- oder Geschäftsunfähigkeit bestehen[3][4]
Ein Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt, wie streng die Anforderungen sind: Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass selbst bei einer Krebserkrankung im Endstadium die Voraussetzungen für ein Nottestament nicht erfüllt waren, da keine unmittelbare Todesgefahr bestand.[3]
Das Nottestament auf See
Eine Sonderform ist das Nottestament auf See nach § 2251 BGB. Dieses kann während einer Seereise auf einem deutschen Schiff außerhalb eines inländischen Hafens erstellt werden.
Auch hier sind drei Zeugen erforderlich, die den letzten Willen des Erblassers oder der Erblasserin bestätigen können.[4][7]
Zeitliche Begrenzung von Nottestamenten
Nottestamente haben eine begrenzte Gültigkeitsdauer. Sie verlieren ihre Gültigkeit automatisch, wenn seit der Errichtung drei Monate vergangen sind und der Erblasser oder die Erblasserin noch lebt (§ 2252 BGB). Ein Beispiel:
Eine Person erleidet einen schweren Unfall und errichtet am 10. Januar 2025 ein Nottestament. Wenn sie sich erholt und am 10. April 2025 noch lebt, wird das Nottestament ungültig.[1][7]
Gemeinschaftliches Testament: Wann braucht man Zeugen?
Bei einem gemeinschaftlichen Testament - oft als “Berliner Testament” bekannt - sind grundsätzlich keine Zeugen erforderlich. Diese Testamentsform ist nur Eheleuten und eingetragenen Lebenspartner:innen vorbehalten.
Formale Voraussetzungen:
- Es genügt, wenn ein:e Partner:in das Testament handschriftlich verfasst
- Beide Partner:innen müssen das Dokument eigenhändig unterschreiben
- Die Person, die nur unterschreibt, sollte Datum und Ort der Unterschrift angeben[2][5]
Alternativ können beide Partner:innen auch getrennte Urkunden erstellen, die jeweils vollständig handgeschrieben und unterschrieben sein müssen. In diesem Fall müssen beide Dokumente erkennen lassen, dass sie auf einem gemeinsamen Willen beruhen.[2]
Zeugen bei der Testamentsauslegung
Auch wenn für ein reguläres Testament keine Zeugen nötig sind, können sie bei unklaren Formulierungen im Testament später wichtig werden. Wenn ein Testament mehrdeutige Aussagen enthält (wie “mein Lieblings-Neffe soll erben”), können Zeugen vor Gericht helfen, den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln.[4]
Praktische Hinweise für Notsituationen
Sollten Sie sich in einer Situation befinden, in der ein Nottestament erforderlich erscheint, beachten Sie folgende Punkte:
- Prüfen Sie, ob tatsächlich eine akute Todesgefahr besteht - eine schwere Erkrankung allein reicht nicht aus
- Ziehen Sie möglichst neutrale Zeugen hinzu, die selbst nicht im Testament bedacht werden
- Sprechen Sie Ihren letzten Willen klar und deutlich aus
- Bitten Sie die Zeugen, den Vorgang zu protokollieren und mit Datum und Unterschriften zu versehen
- Sobald möglich, ersetzen Sie das Nottestament durch ein reguläres Testament, um Rechtssicherheit zu schaffen
Für wen ein Nottestament besonders relevant sein kann
Nottestamente können in verschiedenen Lebenssituationen relevant werden:
- Für Menschen mit plötzlichen schweren Erkrankungen
- Für Personen vor risikoreichen Operationen
- Für Reisende in abgelegenen Gebieten
- Für Personen auf Seereisen oder Kreuzfahrten
Rechtliche Besonderheiten bei Nottestamenten
Bei Nottestamenten gelten einige Besonderheiten:
- Formverstöße, die nicht den Errichtungsakt selbst, sondern nur den Inhalt betreffen, machen das Testament nicht ungültig[7]
- Nottestamente sind immer nachrangig (subsidiär) - waren die Voraussetzungen nicht gegeben oder wäre ein notarielles Testament möglich gewesen, ist das Nottestament unwirksam[6]
- Die Beweislast für das Vorliegen einer Notsituation liegt bei der Person, die sich auf das Nottestament beruft
Fazit
Zeugen sind bei Testamenten in Deutschland vor allem in Notsituationen zwingend erforderlich: beim Bürgermeistertestament (zwei Zeugen) und beim Drei-Zeugen-Testament (drei Zeugen). Bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehepaaren oder eingetragenen Lebenspartner:innen sind hingegen keine Zeugen nötig.
Bedenken Sie: Ein Nottestament ist immer nur eine Notlösung. Sobald möglich, sollten Sie es durch ein formgerechtes Testament ersetzen. Am besten sorgen Sie frühzeitig vor und erstellen ein rechtsicheres Testament - entweder eigenhändig oder mit notarieller Unterstützung.