Gelten die formellen Vorschriften des Heimatlandes auch für im Ausland verfasste Testamente?

veröffentlicht am
aktualisiert am
Zusammenfassung

Die Formvorschriften des Heimatlandes gelten nicht automatisch für Testamente, die im Ausland verfasst werden. Stattdessen entscheidet das Haager Testamentsformübereinkommen, ob ein Testament gültig ist, basierend auf den Vorschriften des Errichtungsortes, der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes. Um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, können Sie eine Rechtswahl treffen und fachkundige Beratung in Anspruch nehmen.

Die grenz­über­schreitende Mobilität nimmt zu - viele Menschen verbringen ihren Lebens­abend im Ausland, andere besitzen Vermögen in verschiedenen Ländern. In solchen Fällen stellt sich die wichtige Frage: Gelten für ein Testament, das Sie im Ausland verfassen, die Form­vorschriften Ihres Heimat­landes oder die des Landes, in dem Sie es errichten? Die Antwort darauf kann ent­scheidend für die Wirk­samkeit Ihrer Nach­lass­planung sein.

Grundsätz­liche Regelungen für Testamente mit Auslands­bezug

Wenn Sie ein Testament im Ausland errichten, ist die Frage der Form­wirk­samkeit durch inter­nationale Ab­kommen geregelt. Die wichtigste Grund­lage bietet das Haager Testaments­form­über­ein­kommen vom 5. Oktober 1961[1][6]. Dieses inter­nationale Ab­kommen schafft Rechts­sicherheit, indem es mehrere An­knüpfungs­punkte für die Form­gültigkeit von Testamenten fest­legt.

Nach dem Haager Über­ein­kommen ist ein Testament form­wirksam, wenn es einem der folgenden Rechte entspricht[6]:

  • Des Ortes, an dem Sie Ihr Testament errichtet haben
  • Eines Staates, dessen Staats­angehörigkeit Sie zum Zeit­punkt der Test­aments­errichtung oder zum Zeit­punkt Ihres Todes besaßen
  • Eines Ortes, an dem Sie zum Zeit­punkt der Test­aments­errichtung oder zum Zeit­punkt Ihres Todes Ihren Wohn­sitz hatten
  • Eines Ortes, an dem Sie zum Zeit­punkt der Test­aments­errichtung oder zum Zeit­punkt Ihres Todes Ihren gewöhn­lichen Aufenthalt hatten
  • Bei un­beweglichem Vermögen: des Ortes, an dem sich die Immobilie befindet

Dies bedeutet: Wenn Sie beispiels­weise als deutsche:r Staats­angehörige:r in der Schweiz ein Testament nach Schweizer Form­vorschriften errichten, wird dieses grundsätz­lich auch in Deutschland an­erkannt[4].

Die EU-Erbrechts­verordnung und ihre Bedeutung

Seit dem 17. August 2015 gilt innerhalb der Europäischen Union (mit Ausnahme von Däne­mark und Irland) die Europäische Erbrechts­verordnung (EuErb-VO Nr. 650/2012)[2]. Diese Ver­ordnung regelt, welches nationale Erbrecht beim Tod einer Person an­zuwenden ist.

Die Grund­regel lautet: Das Erbrecht des Staates ist maß­gebend, in dem die ver­storbene Person zum Zeit­punkt ihres Todes ihren gewöhn­lichen Aufenthalt hatte[2][5]. Die Staats­angehörigkeit spielt dabei keine ent­scheidende Rolle mehr.

Form­vorschriften: Länder­übergreifende Unter­schiede verstehen

Die Form­vorschriften für Testamente unter­scheiden sich von Land zu Land erheb­lich. Während in Deutschland ein Testament entweder eigenhändig geschrieben und unter­schrieben oder notariell be­urkundet sein muss, gelten in anderen Ländern andere Regeln.

Beispiele für unter­schiedliche Form­vorschriften:

  • Deutschland: Voll­ständig handschrift­liches Testament mit Datum und Unter­schrift oder notarielle Be­urkundung[1]
  • Frankreich: Eigen­händiges Testament (handschrift­lich, datiert und unter­zeichnet) oder notarielles Testament (von einem oder zwei Notaren und eventuell zwei Zeugen auf­genommen)[3]
  • England & Wales: Schriftliches Testament mit Unter­schrift in Gegen­wart von zwei Zeugen, die das Testament ebenfalls unter­zeichnen müssen[6]
  • USA (z.B. Florida): Testament nur wirksam, wenn es vor mindestens zwei Zeugen errichtet wurde[1]

Was passiert mit einem bereits errichteten Testament beim Umzug ins Ausland?

Eine gute Nachricht: Wenn Sie ein in Deutschland form­wirksames Testament errichtet haben und später ins Ausland umziehen, bleibt dieses grund­sätzlich wirksam[1]. Dies wird durch das bereits erwähnte Haager Über­ein­kommen sicher­gestellt.

Dennoch sollten Sie prüfen, ob Ihr Testament auch inhalt­lich dem Recht des Landes entspricht, in dem Sie nun leben. Denn die Form­gültigkeit ist nur ein Aspekt - das an­zuwendende Erbrecht kann andere Regelungen vorsehen, die Ihren Nach­lassplan durch­kreuzen könnten.

Ihre Rechts­wahl: Wie Sie Rechts­sicherheit schaffen können

Um Unklarheiten und mögliche Probleme zu vermeiden, haben Sie als Erb­lasser:in eine wichtige Möglichkeit: Sie können durch eine ausdrück­liche Rechts­wahl in Ihrem Testament fest­legen, welches nationale Erbrecht auf Ihren Nach­lass an­gewendet werden soll[2][5].

Wenn Sie deutsche:r Staats­angehörige:r sind, können Sie bestimmen, dass deutsches Erbrecht gelten soll, unab­hängig davon, wo Sie zum Zeit­punkt Ihres Todes Ihren gewöhn­lichen Aufenthalt haben[2]. Diese Rechts­wahl sollten Sie aus­drücklich in Ihrem Testament fest­halten.

Die Rechts­wahl kann besonders sinnvoll sein, wenn Sie:

  • Mit den Regelungen des deutschen Erbrechts vertraut sind
  • Sicherstellen möchten, dass bestimmte deutsche Rechts­institute (wie z.B. das Berliner Testament) wirksam bleiben
  • Vermeiden möchten, dass aus­ländisches Erbrecht zur Anwendung kommt, das Ihren Wünschen nicht entspricht

Besondere Situationen und mögliche Problem­fälle

Nach­lass­spaltung bei Immobilien außerhalb der EU

Eine besondere Heraus­forderung ergibt sich, wenn Sie Grund­besitz in Ländern außerhalb der Europäischen Union besitzen. In solchen Fällen kann es zu einer Nach­lass­spaltung kommen[1]. Das bedeutet: Für ver­schiedene Teile Ihres Nach­lasses können unter­schiedliche Rechts­ordnungen gelten.

Beispiel: Sie leben als deutsche:r Staats­angehörige:r in Deutschland, besitzen aber eine Ferien­immobilie in den USA. Während für Ihren in Deutschland befind­lichen Nach­lass deutsches Erbrecht gilt, könnte für die Immobilie in den USA amerikanisches Erbrecht an­gewendet werden.

Ehe­gatten­testamente und gemein­schaft­liche Testamente

Besondere Vorsicht ist geboten bei Ehe­gatten­testamenten wie dem in Deutschland verbreiteten “Berliner Testament”. Nicht alle Länder kennen oder akzeptieren diese Form der gemein­schaft­lichen letzt­willigen Verfügung[2]. Wenn Sie also als Ehepaar ins Ausland ziehen oder umziehen möchten, sollten Sie unbedingt prüfen, ob Ihr gemein­schaft­liches Testament dort an­erkannt wird.

Praktische Empfehlungen für Ihre Nach­lass­planung mit Auslands­bezug

Um sicher­zustellen, dass Ihr Testament im Ausland wirksam ist, empfehlen wir Ihnen folgende Schritte:

  1. Lassen Sie sich fach­kundig beraten: Konsultieren Sie eine:n Rechts­anwalt:in, der:die sich mit inter­nationalem Erbrecht auskennt, wenn Sie im Ausland leben oder Ver­mögenswerte im Ausland besitzen.

  2. Treffen Sie eine Rechts­wahl: Wenn Sie deutsche:r Staats­angehörige:r sind, können Sie in Ihrem Testament fest­legen, dass deutsches Erbrecht gelten soll.

  3. Prüfen Sie die Form­vorschriften: Stellen Sie sicher, dass Ihr Testament den Form­vorschriften des Landes entspricht, in dem Sie es errichten.

  4. Gesonder­tes Testament für Auslands­vermögen: Bei Immobilien in Ländern außerhalb der EU kann es sinnvoll sein, für dieses Vermögen ein gesonder­tes Testament nach den dort geltenden Regeln zu errichten[1].

  5. Regel­mäßige Über­prüfung: Überprüfen Sie Ihre Nach­lass­planung regel­mäßig, besonders nach einem Umzug ins Ausland oder dem Erwerb von Auslands­vermögen.

  6. Dokumentieren Sie Ihren gewöhn­lichen Aufenthalt: Bei wechselnden Aufenthalts­orten (z.B. Winter in Spanien, Sommer in Deutschland) empfiehlt es sich, Ihren gewöhn­lichen Aufenthalt klar zu dokumentieren, um späteren Unklarheiten vorzubeugen.

Fazit: Ihr Testament im inter­nationalen Kontext

Die Form­vorschriften des Heimat­landes gelten grundsätz­lich nicht automatisch für im Ausland verfasste Testamente. Stattdessen greift das flexible System des Haager Testaments­form­über­ein­kommens, das verschiedene An­knüpfungs­punkte für die Form­gültigkeit bietet. Ein Testament ist demnach form­wirksam, wenn es den Vorschriften des Errichtungs­ortes, der Staats­angehörigkeit, des Wohn­sitzes oder des gewöhn­lichen Aufenthalts des Erb­lassers entspricht.

Für den Inhalt Ihres Testaments und die Erbfolge ist seit 2015 in der EU grund­sätzlich das Recht des letzten gewöhn­lichen Aufenthalts­ortes maßgebend. Sie können jedoch durch eine Rechts­wahl bestimmen, dass stattdessen das Recht Ihres Heimat­landes gelten soll.

Mit einer durch­dachten Nach­lass­planung und fach­kundiger Beratung können Sie sicher­stellen, dass Ihr letzter Wille auch in grenz­über­schreitenden Situationen respektiert und umgesetzt wird.