Brauche ich zwingend einen Notar oder Anwalt, oder kann ich ein Testament selbst verfassen?
Sie können ein Testament selbst verfassen, wenn Sie die gesetzlichen Formvorschriften wie Handschriftlichkeit und klare Formulierungen beachten. Für komplexe Vermögens- oder Familienverhältnisse sowie maximale Rechtssicherheit lohnt sich die Unterstützung durch einen Notar oder Anwalt. Beide Optionen haben Vor- und Nachteile, abhängig von Ihrer individuellen Situation.
- Das eigenhändige Testament - selbst verfasst und rechtlich gültig
- Wann macht professionelle Hilfe Sinn?
- Das notarielle Testament - Rechtssicherheit mit fachlicher Begleitung
- Die anwaltliche Beratung - Alternative mit steuerlichem Mehrwert
- Wann sollten Sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?
- Praktische Tipps für Ihre Entscheidung
- Fazit: Selbst verfassen oder Hilfe holen?
Ein Testament gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihren Nachlass nach Ihren persönlichen Wünschen zu regeln. Viele Menschen stellen sich dabei die Frage, ob sie für die Erstellung eines Testaments zwingend fachlichen Rat benötigen oder ob sie ihre letztwillige Verfügung auch eigenständig aufsetzen können. Die gute Nachricht: Sie haben verschiedene Optionen - vom handschriftlichen Testament bis zur notariellen Beurkundung.
Das eigenhändige Testament - selbst verfasst und rechtlich gültig
Sie können Ihr Testament durchaus selbst verfassen, ohne einen Notar oder Anwalt hinzuzuziehen. Für ein rechtlich gültiges eigenhändiges Testament müssen Sie allerdings einige grundlegende Formvorschriften beachten:
Formale Anforderungen für ein selbst verfasstes Testament
- Das Testament muss vollständig handschriftlich geschrieben sein[1][3]
- Es muss mit Ihrer eigenhändigen Unterschrift versehen sein[1][3][6]
- Sie sollten eine klare Überschrift wie “Mein Testament” oder “Mein letzter Wille” verwenden[1][4][7]
- Ort und Datum der Erstellung sollten angegeben werden[1][3][6]
- Ihre vollständigen Personalien (Name, Geburtsort) sollten enthalten sein[1]
Wichtig zu wissen: Ein mit dem Computer geschriebenes und nur unterschriebenes Dokument ist nicht gültig![1][3] Die Handschriftlichkeit dient dazu, die Echtheit des Testaments nachweisen zu können.
Vorteile des eigenhändigen Testaments
- Keine direkten Kosten für die Erstellung[1][8]
- Jederzeit und überall selbst verfassbar[1]
- Flexibel änderbar ohne erneute Kosten
- Wahrung der Privatsphäre
Für die sichere Aufbewahrung können Sie Ihr Testament gegen eine geringe Gebühr von etwa 75 Euro beim Amtsgericht hinterlegen[4]. Dies stellt sicher, dass Ihr Testament nach Ihrem Tod gefunden und beachtet wird.
Wann macht professionelle Hilfe Sinn?
Trotz der Möglichkeit zur Selbsterstellung gibt es gute Gründe, fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen:
Häufige Probleme bei selbst verfassten Testamenten
- Missverständliche Formulierungen führen oft zu Streit unter Erb:innen[2][5][8]
- Falsche Verwendung juristischer Begriffe wie “Nacherbe”, “Ersatzerbe” oder “Schlusserbe”[7]
- Ungültigkeit durch Formfehler[5]
- Keine Berücksichtigung steuerlicher Aspekte[2][8]
Erbrechtsanwalt Jan Bittler warnt: “In Laientestamenten werden oftmals Begriffe wie Nacherbe, Ersatzerbe und Schlusserbe verwechselt.”[7] Solche Unklarheiten können später zu kostspieligen Rechtsstreitigkeiten führen.
Das notarielle Testament - Rechtssicherheit mit fachlicher Begleitung
Ein notarielles Testament bietet Ihnen zusätzliche Sicherheit und Vorteile:
So funktioniert die notarielle Testamentserrichtung
Bei einem notariellen Testament haben Sie zwei Möglichkeiten:
- Sie vereinbaren einen Termin beim Notar und erklären mündlich Ihren letzten Willen, den der Notar dann aufschreibt[1]
- Sie bringen einen selbst verfassten Text mit, den der Notar formal prüft[1]
Vorteile des notariellen Testaments
- Rechtssicherheit: Der Notar stellt sicher, dass Ihr Testament formgerecht und eindeutig ist[5]
- Fachkundige Beratung: Individuelle Gestaltungsmöglichkeiten werden aufgezeigt[5]
- Amtliche Verwahrung: Automatische Hinterlegung beim Nachlassgericht[1][5]
- Ersparnis bei Erbschein: Ein notarielles Testament ersetzt den sonst nötigen Erbschein[8]
Kosten für das notarielle Testament
Die Kosten richten sich nach dem Wert Ihres Nachlasses:
- Bei einem Vermögen von 10.000 Euro: etwa 75 Euro[1]
- Bei einem Vermögen von 500.000 Euro: etwa 935 Euro[1]
Langfristig kann ein notarielles Testament kostengünstiger sein, da Ihren Erb:innen die oft höheren Kosten für einen Erbschein erspart bleiben[5][8].
Die anwaltliche Beratung - Alternative mit steuerlichem Mehrwert
Als Alternative zum Notar können Sie auch einen Rechtsanwalt konsultieren:
Was der Anwalt bietet
- Rechtliche und steuerliche Prüfung Ihrer Nachlassplanung[2][8]
- Erstellung eines Testamentsentwurfs[2]
- Auf Basis des anwaltlichen Entwurfs können Sie selbst ein eigenhändiges Testament verfassen[2]
Anders als Notare bieten viele Erbrechtsanwält:innen auch eine umfassende steuerliche Beratung an[2][8]. Dies kann bei größeren Vermögen besonders sinnvoll sein.
Kosten für anwaltliche Beratung
Die Vergütung wird in der Regel individuell mit dem Anwalt vereinbart[2]. Achten Sie darauf, dass Ihr:e Berater:in über besondere Erfahrung im Erbrecht verfügt.
Wann sollten Sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen?
In bestimmten Fällen ist fachliche Unterstützung besonders empfehlenswert:
Praktische Tipps für Ihre Entscheidung
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Abwägen nach Komplexität: Bei einfachen Verhältnissen kann ein eigenhändiges Testament ausreichen. Je komplexer die Situation, desto sinnvoller ist professionelle Hilfe.
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Kosten-Nutzen-Analyse: Vergleichen Sie die Kosten für notarielle/anwaltliche Beratung mit den möglichen Folgekosten eines missverständlichen oder anfechtbaren Testaments.
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Aufbewahrung sicherstellen: Hinterlegen Sie Ihr Testament beim Amtsgericht oder beim Notar, damit es nach Ihrem Tod sicher aufgefunden wird[4][5].
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Regelmäßige Überprüfung: Kontrollieren Sie Ihr Testament in regelmäßigen Abständen auf Aktualität und passen Sie es bei Bedarf an.
Fazit: Selbst verfassen oder Hilfe holen?
Ein Testament können Sie rechtlich gültig selbst verfassen. Achten Sie aber unbedingt auf die formalen Vorgaben und klare Formulierungen. Ist Ihnen Rechtssicherheit besonders wichtig oder ist Ihre Vermögens- und Familiensituation komplex, lohnt sich der Gang zum Notar oder Anwalt.
Die Entscheidung hängt letztlich von Ihrer persönlichen Situation ab - Ihr Ziel sollte sein, dass Ihr letzter Wille später genau so umgesetzt wird, wie Sie es sich wünschen, und nicht zu Streitigkeiten unter Ihren Hinterbliebenen führt.