Wie werden Erbansprüche von nichtehelichen oder adoptierten Kindern behandelt?

veröffentlicht am
aktualisiert am
Zusammenfassung

Nicht­eheliche Kinder haben in Deutschland die gleichen Erb­rechte wie eheliche Kinder, sowohl gegenüber Mutter als auch Vater, und können gesetzlich nicht benachteiligt werden. Adop­tierte Kinder erben von ihren Adoptiv­eltern wie leib­liche Kinder, verlieren jedoch das Erb­recht gegenüber ihren leib­lichen Eltern. Stief­kinder haben kein gesetz­liches Erb­recht, können aber durch Adoption oder Testament berücksichtigt werden.

Das Erbrecht für nicht­eheliche und adop­tierte Kinder hat sich über die Jahre stark gewandelt. Heute genießen diese Kinder weit­gehend gleiche Rechte wie leib­liche und eheliche Kinder. Dennoch gibt es einige Besonder­heiten, die betroffene Familien kennen sollten. Dieser Artikel erklärt, welche Rechte nicht­eheliche und adop­tierte Kinder im Erbfall haben und wie Sie als Eltern­teil vorsorgen können.

Erbrecht nicht­ehelicher Kinder

Rechtliche Gleich­stellung mit ehe­lichen Kindern

Nicht­eheliche Kinder haben heute grund­sätzlich die gleichen Erb­rechte wie eheliche Kinder. Seit 2009 sind nicht­eheliche Kinder den ehe­lichen Kindern im Erbrecht voll­ständig gleich­gestellt[7]. Dies betrifft sowohl das gesetzliche Erb­recht als auch den Pflicht­teils­anspruch.

Diese Gleich­stellung gilt für alle Erb­fälle nach dem 28. Mai 2009, und zwar rück­wirkend auch für Kinder, die vor dem 1. Juli 1949 geboren wurden[4][6]. Vorher gab es teilweise erhebliche Ein­schränkungen:

  • Für vor dem 01.07.1949 geborene nicht­eheliche Kinder bestand früher kein Erb­recht gegenüber dem Vater
  • Zwischen 1970 und 1998 erhielten nicht­eheliche Kinder unter bestimmten Umständen nur einen Erb­ersatz­anspruch statt des vollen Erbes[1]

Gesetzliche Erb­folge und Pflicht­teils­anspruch

Nicht­eheliche Kinder sind gesetz­liche Erben erster Ordnung - sowohl gegenüber der Mutter als auch dem leiblichen Vater. Sie schließen damit auto­matisch Erben zweiter und weiterer Ordnungen von der Erb­folge aus[1].

Der Pflicht­teils­anspruch nicht­ehelicher Kinder beträgt wie bei ehelichen Kindern die Hälfte des gesetz­lichen Erb­teils[4]. Wenn Sie als Eltern­teil Ihr nicht­eheliches Kind enterben möchten, können Sie dies durch ein Testament tun - allerdings bleibt der Pflicht­teils­anspruch bestehen.

Besondere Regelung: Der Erb­ersatz­anspruch

In bestimmten Konstellationen kann anstelle des gesetz­lichen Erb­teils ein Erb­ersatz­anspruch greifen:

Hat der leibliche Vater andere gesetz­liche Erben (Ehe­gatte, eheliche Kinder), steht dem nicht­ehelichen Kind in manchen Fällen anstelle des gesetz­lichen Erb­teils ein Erb­ersatz­anspruch in Höhe seines Erb­teils zu[1]. Dieser Anspruch stellt eine Geld­forderung dar, die aus dem Nach­lass bezahlt werden muss.

Erbrecht adop­tierter Kinder

Grund­sätzliche Gleich­stellung mit leib­lichen Kindern

Adop­tierte Kinder haben grund­sätzlich dieselben Erb­rechte wie leibliche Kinder[8]. Allerdings ist die Rechts­lage unter­schiedlich, je nachdem, ob die Adoption im Kindes- oder Erwachsenen­alter erfolgte.

Adoption minderjähriger Kinder

Bei der Adoption eines minderjährigen Kindes entstehen voll­ständige ver­wandtschaftliche Beziehungen:

  • Das adop­tierte Kind wird recht­lich in jeder Hinsicht wie ein leib­liches Kind behandelt[5]
  • Es erbt von seinen Adoptiv­eltern wie ein leib­liches Kind[2]
  • Es hat einen Pflicht­teils­anspruch in gleicher Höhe wie ein leib­liches Kind[3]

Die Adoption schafft eine neue recht­liche Familie. Mit der Adoption erlöschen die recht­lichen Ver­wandtschafts­verhältnisse zu den leib­lichen Eltern und zu den bisherigen Bluts­verwandten[3]. Dies bedeutet: Nach einer Adoption können Kinder nicht mehr gesetz­liche Erben ihrer leib­lichen Eltern werden.

Die leib­lichen Eltern können ihr adop­tiertes Kind jedoch durch Testament oder Erb­vertrag als Erben einsetzen[3].

Adoption erwachsener Personen

Bei der Adoption Erwachsener hängen die erb­rechtlichen Folgen davon ab, mit welchen Rechts­wirkungen die Adoption erfolgte. Wenn die Adoption mit den vollen Wirkungen einer Minderjährigen­adoption durch­geführt wurde, haben sie dieselben Erb­rechte wie bei einer Minderjährigen­adoption[5].

Gerichtliche Aus­legung bei unklaren Testament­formulierungen

Bei der Aus­legung von Testamenten gilt: Adop­tierte Kinder werden als “Ab­kömmlinge” betrachtet, auch wenn sie erst als Erwachsene adop­tiert wurden[5]. Ein Aus­schluss von Adoptiv­kindern muss im Testament klar erkennbar sein.

Gerichte gehen davon aus, dass Adoptiv­kinder wie leib­liche Kinder behandelt werden sollen, sofern keine eindeutigen gegen­teiligen Hinweise im Testament zu finden sind[5].

Erbrecht in besonderen Familien­konstellationen

Stief­kinder

Stief­kinder stehen in keinem Ver­wandtschafts­verhältnis zum Stief­eltern­teil und haben daher kein gesetz­liches Erb­recht gegenüber dem Stief­eltern­teil[3]. Sie erben nur vom leib­lichen Eltern­teil.

Wenn Sie als Stief­eltern­teil möchten, dass Ihr Stief­kind erbt, haben Sie zwei Möglich­keiten:

  1. Adoption des Stief­kindes (dann erbt es wie leib­liche Kinder)
  2. Testament oder Erb­vertrag, in dem Sie das Stief­kind als Erbe einsetzen[3]

Praktische Tipps für Betroffene

Testament richtig gestalten

Wenn Sie in einer Familie mit nicht­ehelichen oder adop­tierten Kindern leben, sollten Sie folgende Punkte bei der Testament­gestaltung beachten:

  • Vermeiden Sie miss­verständliche Formulierungen: Wenn Sie bestimmte Personen­gruppen (z.B. Adoptiv­kinder) aus­schließen möchten, muss dies im Testament eindeutig erkennbar sein[5]
  • Nennen Sie alle zu bedenkenden Personen namentlich: So vermeiden Sie Interpretations­spielraum
  • Aktualisieren Sie Ihr Testament bei Familien­veränderungen: Nach Adoptionen, Geburten oder Trennungen sollten Sie Ihr Testament überprüfen

Bei Konflikten um das Erbe

Kommt es zu Strei­tigkeiten über die Erb­ansprüche nicht­ehelicher oder adop­tierter Kinder:

  1. Prüfen Sie zunächst, ob ein Testament vorliegt
  2. Klären Sie, wann der Erb­fall eingetreten ist (vor oder nach dem 28.05.2009)
  3. Bei Adoptionen: Wann wurde die Adoption voll­zogen und mit welchen Rechts­wirkungen?
  4. Holen Sie juris­tischen Rat ein, um Ihre Ansprüche durch­zusetzen[4]

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick

  • Nicht­eheliche Kinder haben heute die gleichen Erb­rechte wie eheliche Kinder, sowohl gegenüber Mutter als auch Vater[4][7]
  • Adop­tierte Kinder haben gegenüber ihren Adoptiv­eltern die gleichen Erb­rechte wie leib­liche Kinder[2][8]
  • Mit der Adoption erlischt das Erb­recht gegenüber den leib­lichen Eltern[3]
  • Stief­kinder haben kein gesetz­liches Erb­recht gegenüber dem Stief­eltern­teil[3]
  • Pflicht­teils­ansprüche bleiben bestehen, auch wenn jemand durch Testament enterbt wird[4]
  • Bei unklaren Testament­formulierungen werden Adoptiv­kinder grund­sätzlich wie leib­liche Kinder behandelt[5]

Jede Familie ist anders. Bei Fragen zu Ihrer spezifischen Situation empfiehlt sich eine persönliche Rechts­beratung, um alle Aspekte Ihrer familiären Konstellation zu berücksichtigen.