Wie werden Betreuerinnen oder gesetzliche Vertreterinnen in das Testament eingebunden?

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Zusammenfassung

Betreute Personen können ihre Betreuer:innen grundsätzlich im Testament bedenken, wobei ehrenamtliche Betreuer:innen ohne Einschränkungen erben dürfen. Für berufliche Betreuer:innen gilt seit 2023 ein Annahmeverbot (§ 30 BtOG), das jedoch die Gültigkeit des Testaments nicht beeinträchtigt. Entscheidend sind die Testierfähigkeit der betreuten Person, die freie Willensbildung und die Einhaltung rechtlicher Vorgaben.

Die Frage, ob Sie Ihre Betreuer:in oder gesetzliche Vertreter:in im Testament bedenken können, beschäftigt viele Menschen in Betreuungssituationen. Gerade wenn sich eine enge persönliche Bindung entwickelt hat, entsteht oft der Wunsch, der betreuenden Person etwas zu hinterlassen. Doch was ist rechtlich möglich und wo liegen die Grenzen?

Die rechtliche Grundlage für Testamente von betreuten Personen

Wenn für Sie eine rechtliche Betreuung eingerichtet wurde, behalten Sie grundsätzlich Ihre Testierfreiheit. Das bedeutet: Sie können selbständig ein Testament errichten und darin frei bestimmen, wer Ihr Vermögen erben soll - sofern Sie testierfähig sind.

Testierfähig sind Sie, wenn Sie:

  • die Bedeutung und Tragweite eines Testaments verstehen können
  • frei von äußeren Einflüssen entscheiden können
  • nicht unter erheblichen geistigen Defiziten leiden

Es ist wichtig zu wissen: Eine angeordnete Betreuung schränkt Ihre Testierfreiheit nicht automatisch ein. Auch ein Einwilligungs­vorbehalt (§ 1825 Abs. 2 BGB) erstreckt sich nicht auf die Errichtung eines Testaments[4].

Unterschiede zwischen ehrenamtlichen und beruflichen Betreuer:innen

Bei der Frage, ob Sie Ihre:n Betreuer:in als Erb:in einsetzen können, müssen Sie zwischen verschiedenen Arten von Betreuer:innen unterscheiden:

Ehrenamtliche Betreuer:innen

Wenn Ihre Betreuer:in ehrenamtlich tätig ist - etwa ein:e Angehörige:r oder eine nahestehende Person - dürfen Sie diese:n ohne rechtliche Einschränkungen im Testament bedenken. Sie können sie/ihn als Erb:in einsetzen oder ihr/ihm ein Vermächtnis hinterlassen[4].

Berufliche Betreuer:innen

Bei beruflichen Betreuer:innen ist die Rechtslage seit dem 1. Januar 2023 anders. Mit dem neuen Betreuungs­organisations­gesetz (BtOG) gilt nach § 30 Abs. 1 BtOG folgende Regelung:

Einem beruflichen Betreuer ist es untersagt, von dem von ihm Betreuten Geld oder geldwerte Leistungen anzunehmen. Dies gilt auch für Zuwendungen im Rahmen einer Verfügung von Todes wegen.[4]

Das bedeutet: Berufliche Betreuer:innen dürfen grundsätzlich keine Erbschaften oder Vermächtnisse von ihren Betreuten annehmen.

Rechtliche Folgen bei Verstößen gegen das Annahme­verbot

Interessanterweise sind die rechtlichen Konsequenzen eines Verstoßes gegen dieses Verbot weniger gravierend als erwartet:

  • Das Testament selbst bleibt gültig
  • Die Erbeinsetzung der beruflichen Betreuer:in ist wirksam
  • Nimmt die Betreuer:in die Erbschaft trotz Verbot an, verstößt sie gegen ihre berufs­rechtlichen Pflichten[4]

Die Konsequenzen für die Betreuer:in können sein:

  • Berufs­rechtliche Sanktionen
  • Im wiederholten Fall: möglicher Widerruf der Betreuerlaubnis

Für Sie als testierenden Betreuten bedeutet dies: Ihr letzter Wille bleibt trotz des Verbots wirksam.

Wann ist ein Testament zugunsten einer Betreuer:in sittenwidrig?

Unabhängig vom neuen Annahme­verbot kann ein Testament unter bestimmten Umständen als sittenwidrig und damit nichtig eingestuft werden:

Ein Testament kann sittenwidrig sein, wenn eine Betreuer:in:

  • ihre gerichtlich verliehene Stellung ausnutzt
  • gezielt auf eine ältere, kranke oder alleinstehende Person einwirkt
  • diese Person dazu bewegt, sie als Erb:in einzusetzen[2][3]

Beispiel aus der Rechtsprechung

Das Oberlandesgericht Celle entschied in einem Fall gegen eine Berufs­betreuerin, die folgende Umstände schuf:

  • Sie ließ sich von einem 85-jährigen Mann mit erheblichen geistigen Defiziten als Erbin einsetzen
  • Sie kannte den Mann vor ihrer Bestellung als Betreuerin nicht
  • Sie organisierte selbst den Notar­termin zur Testament­errichtung
  • Sie holte keine ärztliche Bescheinigung über die Testier­fähigkeit ein
  • Sie informierte das Amtsgericht nicht über die Erbeinsetzung[3]

Das Gericht stufte das Testament als sittenwidrig ein, da die Betreuerin die Einsamkeit und Hilf­losigkeit des Mannes zu ihrem Vorteil ausgenutzt hatte[3].

Wie können Sie ein rechts­sicheres Testament errichten?

Wenn Sie als betreute Person ein Testament errichten möchten, in dem Sie Ihre:n Betreuer:in bedenken, sollten Sie folgende Punkte beachten:

Bei ehrenamtlichen Betreuer:innen

  1. Lassen Sie Ihre Testier­fähigkeit durch ein ärztliches Gutachten bestätigen
  2. Ziehen Sie einen neutralen Notar hinzu, der Ihre freie Willens­bildung dokumentiert
  3. Informieren Sie das Betreuungs­gericht über Ihre Absicht

Bei beruflichen Betreuer:innen

  1. Bedenken Sie die Annahme­beschränkung nach § 30 BtOG
  2. Prüfen Sie Alternativen wie die Begünstigung anderer nahestehender Personen
  3. Bei besonderen Gründen für die Erbeinsetzung: dokumentieren Sie diese ausführlich

Gerichtliche Entscheidungen zum Thema

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass die testamentarische Einsetzung eines Berufs­betreuers als Alleinerben rechtlich zulässig sein kann. Das Gericht betonte dabei:

  • Das Testament war formgültig, da der Erblasser die wesentlichen Verfügungen eigenhändig ergänzt hatte
  • Es lag keine Sittenwidrigkeit vor
  • Die Testier­freiheit des Erblassers hatte bei der Prüfung ein hohes Gewicht
  • Eine Sittenwidrigkeit sei nur in krassen Ausnahme­fällen anzunehmen[7]

Diese Entscheidung zeigt, dass jeder Fall individuell betrachtet werden muss und pauschale Verbote nicht immer angemessen sind.

Checkliste: Testament mit Betreuer:in als Erb:in

Testier­fähigkeit prüfen und dokumentieren lassen

  • Ärztliches Gutachten einholen
  • Im Zweifelsfall mehrere unabhängige Gutachten

Transparenz schaffen

  • Betreuungs­gericht informieren
  • Angehörige einbeziehen (wenn vorhanden und gewünscht)

Professionelle Beratung in Anspruch nehmen

  • Unabhängige:n Notar:in konsultieren
  • Eventuell zusätzlichen rechtlichen Rat einholen

Motivation dokumentieren

  • Gründe für die Erbeinsetzung schriftlich festhalten
  • Bei beruflicher Betreuung: besondere Umstände der Beziehung darlegen

Umstände der Testament­errichtung beachten

  • Keine Anwesenheit der begünstigten Betreuer:in beim Notar­termin
  • Freie Willens­bildung sicherstellen

Besondere Hinweise für Angehörige

Wenn Sie als Angehörige:r einer betreuten Person mit der Erbeinsetzung einer Betreuer:in konfrontiert sind, prüfen Sie:

  • Lag zum Zeitpunkt der Testament­errichtung Testier­fähigkeit vor?
  • Gab es Anzeichen für eine unzulässige Beeinflussung?
  • Handelt es sich um eine ehrenamtliche oder berufliche Betreuung?
  • Wurden die formalen Voraussetzungen für ein wirksames Testament erfüllt?

Wenn Sie Zweifel haben, können Sie nach dem Tod des Erblassers die Erteilung eines Erbscheins an die Betreuer:in anfechten.

Fazit

Die Einbindung von Betreuer:innen in ein Testament ist rechtlich unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Während ehrenamtliche Betreuer:innen ohne Einschränkungen bedacht werden können, gilt für berufliche Betreuer:innen seit 2023 ein Annahme­verbot nach § 30 BtOG.

Entscheidend für die Wirksamkeit eines solchen Testaments sind:

  • Die Testier­fähigkeit der betreuten Person
  • Die Freiheit von unzulässiger Beeinflussung
  • Die Transparenz im Betreuungs­verhältnis

Mit guter Vorbereitung und rechtlicher Beratung können Sie sicherstellen, dass Ihr letzter Wille respektiert wird und rechtlich Bestand hat.