Wie können Pflegebedürftige oder chronisch Kranke im Testament abgesichert werden?
Ein Testament bietet pflegebedürftigen oder chronisch kranken Menschen und ihren Angehörigen die Möglichkeit, finanzielle Absicherung, Pflegeleistungen und die Versorgung klar zu regeln. Besonders wichtig sind dabei spezielle Regelungen wie das Behindertentestament oder Ausgleichsansprüche für pflegende Angehörige. Eine rechtzeitige Beratung durch Fachleute stellt sicher, dass alle Wünsche rechtlich wirksam umgesetzt werden.
- Warum ein Testament bei Pflegebedürftigkeit besonders wichtig ist
- Pflegende Angehörige im Testament berücksichtigen
- Absicherung pflegebedürftiger oder behinderter Erb:innen
- Ergänzende Dokumente für umfassende Vorsorge
- Praktische Schritte zur Testamentsgestaltung
- Besondere Regelungen und Einschränkungen
- Fazit
Wenn Menschen pflegebedürftig oder chronisch krank werden, stellt sich häufig die Frage nach der finanziellen und rechtlichen Absicherung. Ein durchdachtes Testament kann dabei für alle Beteiligten Sicherheit schaffen - sowohl für pflegebedürftige Personen selbst als auch für deren Angehörige. Dieser Artikel zeigt Ihnen die wichtigsten Möglichkeiten, wie Sie per Testament vorsorgen können.
Warum ein Testament bei Pflegebedürftigkeit besonders wichtig ist
Für Menschen mit Pflegebedarf oder chronischen Erkrankungen hat ein Testament eine besondere Bedeutung. Es ermöglicht, frühzeitig festzulegen, wie das eigene Vermögen verteilt werden soll und wie die eigene Versorgung gesichert werden kann.
In einer Situation, in der körperliche oder geistige Gesundheit eingeschränkt ist, kann ein Testament Unsicherheiten und Konflikte vermeiden[8]. Besonders wenn Sie befürchten, künftig nicht mehr eigenständig entscheiden zu können, gibt Ihnen ein rechtsgültiges Testament die Möglichkeit, Ihren Willen festzuhalten.
Testierfähigkeit bei Krankheit beachten
Eine wichtige Voraussetzung für ein gültiges Testament ist die Testierfähigkeit. Sie müssen in der Lage sein, die Tragweite Ihres Handelns zu verstehen und Ihre Entscheidungen autonom zu treffen[6].
Bei schwerer Krankheit kann diese Fähigkeit eingeschränkt sein. Deshalb ist es ratsam, ein Testament frühzeitig zu erstellen. Bestehen gesundheitsbedingte Zweifel an Ihrer Testierfähigkeit, empfiehlt sich ein notarielles Testament[6]. Ein Notar hat die Aufgabe, Ihre Testierfähigkeit zu prüfen und zu dokumentieren, was spätere Anfechtungen erschwert.
Pflegende Angehörige im Testament berücksichtigen
Wenn Familienmitglieder Sie pflegen, können Sie diese Leistung im Testament würdigen.
Ausgleichsanspruch für pflegende Angehörige
Das Gesetz sieht vor, dass Abkömmlinge (Kinder, Enkel), die den Erblasser gepflegt haben, einen Ausgleichsanspruch haben können[1][3]. Dies bedeutet: Die Pflegeperson erhält aus dem Nachlass eine zusätzliche Entschädigung für ihre Leistungen.
Beispiel zur Veranschaulichung:
Ein Pflegebedürftiger hinterlässt seinen vier Kindern ein Vermögen von 300.000 Euro. Kind A hat den Vater jahrelang gepflegt und einen Ausgleichsanspruch von 60.000 Euro. Die Berechnung erfolgt so:
- Zu vererbendes Vermögen: 300.000 Euro
- Ausgleichsanspruch Kind A: 60.000 Euro
- Restliches Vermögen: 240.000 Euro (wird auf alle vier Kinder verteilt)
- Erbteil pro Kind: 60.000 Euro
- Kind A erhält insgesamt: 120.000 Euro (Ausgleichsanspruch plus Erbteil)
- Die anderen Kinder erhalten je: 60.000 Euro[1]
Testamentarische Regelung der Pflegezeit
Sie können im Testament festlegen, wie Ihre pflegenden Angehörigen entschädigt werden sollen. Dies ist besonders sinnvoll, wenn die pflegende Person:
- kein direkter Abkömmling ist (z.B. Lebenspartner:in, Nichte, Nachbar:in)
- eine angemessene Vergütung erhalten soll
Wichtig: Der gesetzliche Ausgleichsanspruch gilt nur für Abkömmlinge. Wenn Sie möchten, dass z.B. Ihre pflegende Lebensgefährtin entschädigt wird, müssen Sie dies im Testament festhalten[1].
Wenn die Pflegeperson bereits zu Lebzeiten eine angemessene Vergütung erhält, besteht kein zusätzlicher Anspruch auf Ausgleich aus dem Nachlass[1][3].
Absicherung pflegebedürftiger oder behinderter Erb:innen
Wenn Sie als Erblasser:in eine Person mit Pflegebedarf oder Behinderung absichern möchten, gibt es besondere Gestaltungsmöglichkeiten.
Das Behindertentestament
Eltern eines Kindes mit Behinderung stehen vor einer besonderen Herausforderung: Erbt ihr Kind direkt, wird das Vermögen auf staatliche Leistungen angerechnet. Mit einem Behindertentestament können Sie erreichen, dass Ihr Kind vom Erbe profitiert, ohne den Anspruch auf öffentliche Hilfe zu verlieren[2].
Kernelemente eines Behindertentestaments:
-
Testamentsvollstreckung anordnen
Um das Vermögen vor dem Zugriff durch den Staat zu schützen, sollten Sie eine lebenslange Testamentsvollstreckung anordnen. Der Testamentsvollstrecker verwaltet das vererbte Vermögen zugunsten der pflegebedürftigen Person[2]. -
Vor- und Nacherbschaft festlegen
Diese Regelung sorgt dafür, dass nach dem Tod Ihres Kindes niemand für die Kosten der Sozialhilfe aufkommen muss, die für seine Betreuung entstanden sind[2]. -
Nicht enterben
Es ist keine Lösung, Ihr pflegebedürftiges Kind zu enterben. Ihm steht dann immer noch der Pflichtteil zu, auf den der Sozialhilfeträger zugreifen kann[2].
Anspruch auf staatliche Hilfen
Menschen mit Behinderung oder Pflegebedarf sind oft auf staatliche Unterstützung angewiesen. Diese Leistungen - wie Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung oder Eingliederungshilfe - sind jedoch vermögensabhängig[2]. Ein gut gestaltetes Testament kann hier die Lebensqualität der erbenden Person deutlich verbessern.
Ergänzende Dokumente für umfassende Vorsorge
Ein Testament allein reicht oft nicht aus. Folgende Dokumente sollten Sie zusätzlich in Betracht ziehen:
Vorsorgevollmacht
Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmen Sie eine Person Ihres Vertrauens, die für Sie Entscheidungen treffen kann, wenn Sie dazu selbst nicht mehr in der Lage sind[4][7]. Dies betrifft gesundheitliche, finanzielle und rechtliche Angelegenheiten.
Patientenverfügung
In einer Patientenverfügung halten Sie fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, falls Sie sich nicht mehr selbst äußern können[4][7]. Dies gibt Ihnen Sicherheit, dass Ihre Wünsche berücksichtigt werden.
Betreuungsverfügung
Falls keine Vorsorgevollmacht existiert, kann das Gericht einen gesetzlichen Betreuer bestellen. Mit einer Betreuungsverfügung können Sie vorschlagen, wer diese Aufgabe übernehmen soll[4][7].
Praktische Schritte zur Testamentsgestaltung
Um Ihr Testament rechtssicher zu gestalten, empfehlen sich folgende Schritte:
-
Ihre Lebenssituation einschätzen
Überlegen Sie, welche Unterstützung Sie oder Ihre pflegebedürftigen Angehörigen benötigen und wer im persönlichen Umfeld helfen kann[4]. -
Fachliche Beratung einholen
Suchen Sie Unterstützung bei einem Fachanwalt für Erbrecht oder einem Notar. Ein Behindertentestament oder komplexe Pflegevereinbarungen gehören in die Hände von Expert:innen[2][5]. -
Klare Kommunikation
Sprechen Sie frühzeitig mit den Personen, die wichtige Entscheidungen treffen sollen. Kommunizieren Sie Ihre Wünsche und Vorstellungen deutlich[4]. -
Regelmäßige Aktualisierung
Überprüfen Sie Ihre testamentarischen Verfügungen regelmäßig, besonders wenn sich Ihre Lebensumstände oder gesetzliche Regelungen ändern.
Besondere Regelungen und Einschränkungen
Bei der Testamentsgestaltung gibt es einige Besonderheiten zu beachten:
Pflegende als Erb:innen
Verbringen Sie Ihre letzten Lebensjahre in einem Pflege- oder Seniorenheim, erscheint es naheliegend, das Pflegepersonal oder den Träger des Heims im Testament zu berücksichtigen. Dies ist rechtlich nicht erlaubt. Die Heimgesetze der Bundesländer verbieten es den Trägern, der Heimleitung und den Mitarbeitenden, Erbschaften anzunehmen. Ein Testament, in dem Sie beispielsweise Ihre Pflegekraft als Erb:in einsetzen, wäre nichtig[3].
Pflege als Auflage
Sie können in Ihrem Testament einem Angehörigen nicht zur Auflage machen, Sie bis zu Ihrem Ableben zu pflegen. Eine Auflage bezieht sich inhaltlich auf den Zeitpunkt nach Ihrem Tod. Sie können allenfalls Ihre Angehörigen verpflichten, die Pflege für eine Ihnen nahestehende Person nach Ihrem Tod zu übernehmen und für diesen Fall eine zusätzliche Entschädigung vorsehen[3].
Fazit
Ein durchdachtes Testament kann sowohl pflegebedürftige Menschen als auch deren Angehörige rechtlich und finanziell absichern. Es ermöglicht die Wertschätzung von Pflegeleistungen und schützt das Vermögen vor ungewolltem Zugriff.
Besonders bei komplexen Familienverhältnissen, bei Behindertentestamenten oder bei Zweifeln an der Testierfähigkeit sollten Sie rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige und sorgfältige Planung gibt allen Beteiligten Sicherheit und Frieden.